Ersatzfähigkeit fiktiver Mängelbeseitigungskosten
im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung im Kaufrecht
BGH, Urteil vom 12. März 2021 - V ZR 33/19 - OLG
Düsseldorf
Fundstelle:
noch nicht bekannt
für BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
Der kaufvertragliche Anspruch auf Schadensersatz
statt der Leistung (kleiner Schadensersatz) gemäß § 437 Nr. 3, §§ 280, 281
BGB kann anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber (noch) nicht
aufgewendeten („fiktiven“) Mängelbeseitigungskosten bemessen werden
(Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 22. Februar 2018 -
VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 und Beschluss vom 8.
Oktober 2020 - VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53). Allerdings muss die
Umsatzsteuer nur ersetzt werden, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen
ist.
Zentrale Probleme:
Eine kluge und lehrreiche Entscheidung des für das
Grundstükckaufrecht zuständigen V. Zivilsenats, die eine
Meinungsverschiedenheit mit dem VII. Senat (Werkvertrag) beendet. Der VII.
Senat hat für das Bauvertragsrecht einen Schadensersatz statt der Leistung
anhand der fiktiven Mängelbeseitigungskosten ausgeschlossen und dem
Besteller im Fall der Mangelhaftigkeit des Bauwerks nur den mangelbedingten
Minderwert als Schadensersatz zugesprochen, wenn er den Mangel nicht
beseitigen lässt. Er hat das u.a. damit begründet, dass im Baurecht das
Problem besteht, dass nicht selten der Bauherr mit dem Mangel "leben könne"
und deshalb die Mängelbeseitigungskosten geltend mache, die häufig über dem
mangelbedingten Minderwert lägen. Wolle der Bauherr den Mangel beseitigen,
müsse er auch nicht in Vorleistung gehen, weil er - selbst wenn er schon
Schadensersatz statt der Leistung verlangt hat und der Erfüllungsanspruch
daher nach § 281 IV BGB bereits erloschen sei - den Vorschussanspruch aus §
637 III BGB geltend machen könne (BGH
v. 22.2.2018 - VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1). Der V. Senat
hat das anders gesehen und an den VII. Senat eine Divergenzanfrage gerichtet
(s. dazu die Anm. zu Beschluss vom 13. März 2020 - V
ZR 33/19). Daraufhin hat der VII. Senat an seiner Rspr. zwar
festgehalten, diese aber allein werkvertraglich begründet und dem V. Senat
damit freie Hand gelassen, für das Kaufrecht anders zu entscheiden (Beschluss
vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ 1/20). Genau dies geschieht in
der vorliegenden Entscheidung, in welcher der V. Senat klar darlegt, dass
sich das spezifisch werkvertragliche Problem im Kaufrecht nicht stellt und
dass deshalb auch eine Vorlage an den Großen Senat nach § 132 II GVG nicht
erfodferlich ist. Die zentralen Argumente bestehen darin, dass das Kaufrecht
einen Vorschussanspruch nicht kennt und sich die Situation, dass ein Käufer
mit dem Mangel "leben" kann und sich damit an den Nacherfüllungskosten
"bereichert" kaum eintreten kann. Kann nämlich der Käufer die Nacherfüllung
nach § 439 IV BGB wegen unverhältnismäßiger Kosten verweigern, besteht auch
im Kaufrecht der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung nur in Höhe
des mangelbedingten Minderwerts, nicht aber in Höhe der (nach § 439 IV BGB)
gerade nicht geschuldeten Nacherfüllung (BGH, Urteil
vom 4. April 2014 - V ZR 275/12). Das ist im Werkvertragsrecht, speziell
beim Bauvertrag häufig nicht der Fall, weil wegen der dort anzutreffenden
spezifischen Beschaffenheitsvereinbarungen die Einrede der
Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung nur selten eingreift. Allerdings
ist analog § 249 II 2 BGB die Mehrwertsteuer nur ersetzbar, wenn die
Mängelbeseitigung tatsächlich erfolgt.
©sl 2021
Tatbestand:
1 Die Kläger erwarben von dem Beklagten
mit notariellem Kaufvertrag vom 27. Februar 2014 eine Eigentumswohnung zum
Preis von 79.800 € unter Ausschluss der Sachmängelhaftung. In dem
Kaufvertrag heißt es in Nr. III.1:
„(Abs. 4) Der Verkäufer
verpflichtet sich, die Fassade zur Gartenseite und die rechte Fassadenseite
zum Stellplatz hin bis zum 1. April 2014 auf seine Kosten sach- und
fachgerecht zu isolieren und zu verputzen. Für diese Arbeiten übernimmt der
Verkäufer die Gewährleistung nach den Regeln des Werkvertragsrechts des
Bürgerlichen Gesetzbuches.
(Abs. 5) Dem Verkäufer ist bekannt, dass
es in der Vergangenheit an der Schlafzimmerwand Feuchtigkeit gab. Sollte es
bis zum 31. Dezember 2015 erneut zu einer Feuchtigkeit im Schlafzimmer
kommen, verpflichtet sich der Verkäufer, diese auf seine eigenen Kosten zu
beheben.“
2 Nach Übergabe der Wohnung trat Ende 2014 Feuchtigkeit in
dem Schlafzimmer der Kläger auf, zu deren Beseitigung die Kläger den
Beklagten erfolglos unter Fristsetzung aufforderten. Die Wohnungseigentümer
ermächtigten die Kläger durch Beschluss auch insoweit zur Behebung der
Schäden, als das Gemeinschaftseigentum betroffen ist. Mit der Klage
verlangen die Kläger von dem Beklagten die Zahlung der voraussichtlichen
Mängelbeseitigungskosten ohne Umsatzsteuer in Höhe von 12.312,90 € und den
Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten; ferner wollen sie feststellen
lassen, dass der Beklagte weitere Schäden ersetzen muss.
3 Das
Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 7.972,68 € nebst
vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt und die Ersatzpflicht für
weitere Schäden festgestellt; dabei hat es die Forderung, soweit sie Schäden
am Gemeinschaftseigentum betrifft, auf den Kostenanteil der Kläger
beschränkt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten - soweit
von Interesse - zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision, deren
Zurückweisung die Kläger beantragen, will der Beklagte die Abweisung der
Klage insgesamt erreichen.
Entscheidungsgründe:
I.
4 Das Berufungsgericht legt die in Nr. III.1 Abs. 5 des
notariellen Vertrags vom 27. Februar 2014 getroffene Regelung dahingehend
aus, dass der Beklagte im Hinblick auf die Beseitigung der
Feuchtigkeitsschäden im Schlafzimmer keine werkvertragliche
Herstellungspflicht übernommen hat, sondern nach den Regeln der
kaufrechtlichen Sachmängelhaftung haftet; nach dem Parteiwillen habe
der Beklagte das Risiko erneut auftretender Feuchtigkeit als Verkäufer
tragen sollen. Die Verpflichtung zur Behebung der Feuchtigkeit umfasse die
Behebung der Schadensursache auch insoweit, als diese im
Gemeinschaftseigentum liege. Nach fruchtloser Fristsetzung sei der Beklagte
aufgrund der festgestellten Feuchtigkeitsmängel verpflichtet, Schadensersatz
statt der Leistung gemäß § 437 Nr. 3, § 280, § 281 Abs. 1 BGB zu leisten.
Dieser Anspruch könne - anders als im Werkvertragsrecht - anhand der
voraussichtlich entstehenden Mängelbeseitigungskosten bemessen werden, und
er setze nicht voraus, dass die Mängelbeseitigung bereits durchgeführt sei.
II.
5 Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand.
6 1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts haftet der Beklagte für die
Feuchtigkeitsschäden in dem Schlafzimmer nach den Bestimmungen des
Kaufrechts. Dies ergebe sich unter anderem daraus, dass die
Herstellungsverpflichtung des Beklagten im Hinblick auf die Fassade (III.1
Abs. 4 des Vertrags) ausdrücklich dem Werkvertragsrecht unterstellt worden
sei, während eine solche Regelung hinsichtlich der Feuchtigkeit im
Schlafzimmer (III.1 Abs. 5 des Vertrags) fehle. Diese tatrichterliche
Auslegung, die revisionsrechtlich ohnehin nur eingeschränkt überprüfbar ist
(st. Rspr., vgl. nur Senat, Urteil vom 16. Oktober 2009 - V ZR 203/08, NJW
2010, 146 Rn. 10), lässt Rechtsfehler nicht erkennen und wird auch von der
Revision nicht beanstandet; dasselbe gilt für die Ansicht
des Berufungsgerichts, wonach der Haftungsausschluss nicht eingreift.
7 2. Infolgedessen ist der Beklagte aufgrund der festgestellten
Feuchtigkeitsmängel gemäß § 437 Nr. 3, § 280, § 281 Abs. 1 BGB zum
Schadensersatz verpflichtet. Der kaufvertragliche Anspruch auf
Schadensersatz statt der Leistung (kleiner Schadensersatz)
gemäß § 437 Nr. 3, §§ 280, 281 BGB kann - wie es die Kläger
verlangen - anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber (noch)
nicht aufgewendeten („fiktiven“) Mängelbeseitigungskosten bemessen werden.
8 a) Die von dem Berufungsgericht vorgenommene
Bemessung des kaufvertraglichen Schadensersatzes statt der Leistung gemäß §
437 Nr. 3, § 280, § 281 Abs. 1 BGB entspricht der gefestigten
höchstrichterlichen Rechtsprechung. Danach kann der Käufer im Rahmen des
kleinen Schadensersatzes entweder Ausgleich des mangelbedingten Minderwerts
oder Ersatz der voraussichtlich erforderlichen Mängelbeseitigungskosten
verlangen, wobei es unerheblich ist, ob der Mangel tatsächlich beseitigt
wird. Dies haben der V. und anschließend der VIII. Zivilsenat im
Wesentlichen mit dem Gleichlauf zwischen werkvertraglichem und
kaufrechtlichem Nacherfüllungsanspruch infolge der Schuldrechtsreform
begründet; dabei haben sie sich auf die bisherige Rechtsprechung des VII.
Zivilsenats zum Werkvertragsrecht in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden
Fassung bezogen (vgl. Senat, Urteil vom 15. Juni 2012 - V ZR 198/11, BGHZ
193, 326 Rn. 31; Urteil vom 4. April 2014 - V ZR 275/12, BGHZ 200, 350 Rn.
33; Urteil vom 11. Dezember 2015 - V ZR 26/15, BauR 2016, 1035 Rn. 21; BGH,
Urteil vom 29. April 2015 - VIII ZR 104/14, NJW 2015, 2244 Rn. 12).
9
b) Für den werkvertraglichen Anspruch auf kleinen Schadensersatz
gemäß § 634 Nr. 4, § 280, § 281 Abs. 1 BGB in der seit dem 1. Januar 2002
geltenden Fassung hat der VII. Zivilsenat seine langjährige Rechtsprechung,
nach der der Schaden anhand der voraussichtlich erforderlichen
Mängelbeseitigungskosten bemessen werden konnte, allerdings inzwischen
aufgegeben (Urteil vom 22. Februar 2018 -
VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 31 ff.). Wie das Berufungsgericht
zutreffend erkennt, lässt sich dies auf die kaufrechtliche
Sachmängelhaftung gemäß § 437 Nr. 3, § 280, § 281 Abs. 1 BGB nicht
übertragen. Ein Abgehen von der Kontinuität der Rechtsprechung kann nur
ausnahmsweise hingenommen werden, wenn deutlich überwiegende oder sogar
schlechthin zwingende Gründe dafür sprechen (vgl. BGH, Beschluss vom 4.
Oktober 1982 - GSZ 1/82, BGHZ 85, 64, 66). Diese Voraussetzungen sind für
die mittlerweile langjährig anerkannte und praktizierte kaufrechtliche
Schadensbemessung zu verneinen.
10 aa) Dass für das Kaufrecht
die weitaus überwiegenden Argumente für die bisherige Lösung sprechen, hat
der Senat bereits in seinem Beschluss vom 13. März 2020 ausführlich
begründet (V ZR 33/19, ZfIR 2020, 501 Rn. 33
ff.), und er hält an diesen Erwägungen uneingeschränkt fest.
11 (1) Der Schadensersatz kann anhand der Kosten für die
(ausgebliebene) Nachlieferung oder Nachbesserung bemessen werden, für die
der Käufer nunmehr selbst Sorge tragen muss. Diese Kosten werden durch die
Mängelbeseitigungskosten zutreffend abgebildet, ohne dass es darauf ankommt,
ob sie tatsächlich aufgewendet werden. Ein Ergebnis, wonach der Käufer einer
Sache die beabsichtigte Mängelbeseitigung vorfinanzieren muss, wäre nicht
vertretbar. Hierzu wäre der Käufer nach der klaren gesetzlichen Regelung
gezwungen, und er müsste Nachteile und Risiken der Vorfinanzierung tragen,
nachdem und weil der Verkäufer die ihm obliegenden Pflichten nicht erfüllt
hat. Denn ein Selbstvornahmerecht mit einem Vorschussanspruch, wie er in §
637 Abs. 3 BGB vorgesehen ist, gibt es im Kaufrecht nicht (näher
Senat, Beschluss vom 13. März 2020 - V ZR 33/19,
ZfIR 2020, 501 Rn. 41 ff. mwN).
12 (2) Das
Vorfinanzierungsrisiko wird auch nicht dadurch kompensiert, dass der Käufer
vor Durchführung der Mängelbeseitigung den Ausgleich des mangelbedingten
Minderwerts verlangen könnte. Zwar hält es auch der VII. Zivilsenat
in geeigneten Fällen nach wie vor für zulässig, den mangelbedingten
Minderwert anhand der Mängelbeseitigungskosten zu schätzen (BGH,
Beschluss vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 81 ff.).
Im Kaufrecht ist aber kein Anlass dafür ersichtlich, den Käufer, der
vollen Ersatz seines Schadens verlangt, zunächst auf den Ersatz des
mangelbedingten Minderwerts zu beschränken und erst dann, wenn im Zuge der
Mängelbeseitigung höhere Kosten entstehen, eine spätere Änderung der
zunächst gewählten Schadensbemessung zuzulassen. Denn der mangelbedingte
Minderwert lässt sich - wovon auch der VII. Zivilsenat ausgeht - nur in
geeigneten Fällen anhand der Mängelbeseitigungskosten schätzen; ist er
geringer, müsste der Käufer ggf. erhebliche Vorleistungen erbringen. Ohnehin
ist in der Sache für das Kaufrecht nicht erkennbar, dass die
bisherige Rechtsprechung zu unangemessenen Ergebnissen geführt hätte. Auch
insoweit nimmt der Senat Bezug auf seine Ausführungen in dem Beschluss
vom 13. März 2020 (V ZR 33/19, ZfIR
2020, 501 Rn. 45 ff.).
13 bb) Allerdings muss
die Umsatzsteuer nur ersetzt werden, wenn und soweit sie tatsächlich
angefallen ist. Dies hat der VII. Zivilsenat für das Werkvertragsrecht in
Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB bereits im Jahr
2010 entschieden (vgl. BGH, Urteil vom
22. Juli 2010 - VII ZR 176/09, BGHZ 186, 330 Rn. 12 ff.). Der V.
Zivilsenat hat diese Sichtweise für das Kaufrecht übernommen
(Senat, Urteil vom 11. Dezember 2015 - V ZR 26/15, BauR 2016, 1035 Rn.
26; Urteil vom 9. Februar 2018 - V ZR 274/16,
NJW 2018, 1954 Rn. 29). Da die Umsatzsteuer einen durchlaufenden und
abgrenzbaren Posten darstellt, ist in diesem Punkt der Rechtsgedanke des §
249 Abs. 2 Satz 2 BGB übertragbar, und die Erwägungen, die den Gesetzgeber
zu der Einfügung dieser Norm bewogen haben (BT-Drucks. 14/7752 S.
13 f.), können herangezogen werden; auf diese Weise wird
insoweit ein Gleichlauf mit dem deliktischen Rechtsschutz hergestellt.
14 3. Eine Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen
ist weder wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 GVG) noch wegen grundsätzlicher
Bedeutung (§ 132 Abs. 4 GVG) erforderlich, nachdem der VII. Zivilsenat die
Begründung der Rechtsprechungsänderung in seinem Beschluss vom 8. Oktober
2020 (VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53) im Hinblick
auf die Verankerung im Werk- und Architektenvertragsrecht vertieft und
ergänzt hat.
15 a) Der V. Zivilsenat kann an der bisherigen
kaufrechtlichen Rechtsprechung festhalten, ohne im Sinne von § 132 Abs. 2
GVG von der mit Beschluss vom 8. Oktober 2020 (VII
ARZ 1/20, NJW 2021, 53) präzisierten Rechtsprechung des VII.
Zivilsenats abzuweichen.
16 aa) Zu seinem Anfragebeschluss vom 13.
März 2020 hat sich der V. Zivilsenat in erster Linie wegen der Begründung,
die der VII. Zivilsenat zunächst für seine Rechtsprechungsänderung gegeben
hatte, veranlasst gesehen (V ZR 33/19, ZfIR
2020, 501 Rn. 10, 23). Er hat zugleich darauf
hingewiesen, dass Regelungen des besonderen Schuldrechts Unterschiede in der
Schadensbemessung rechtfertigen könnten, weil die §§ 437, 634 BGB jeweils
nur unter dem Vorbehalt, dass „nicht ein anderes bestimmt ist“, auf die §§
280, 281 BGB verweisen (V ZR 33/19
aaO Rn. 26).
17 bb) In seinem Beschluss vom 8. Oktober
2020 (VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53)
hat der VII. Zivilsenat nunmehr vertiefend erläutert, dass und warum er
die Änderung seiner Rechtsprechung maßgeblich auf die Neugestaltung der
werkvertraglichen Mängelrechte durch die Schuldrechtsmodernisierung und
insbesondere auf die Ausgestaltung des Vorschussanspruchs stützt.
18
(1) Danach beschränkt sich der werkvertragliche Vorschussanspruch
gemäß § 634 Nr. 2, § 637 Abs. 3 BGB nicht auf das Erfüllungsstadium. Er
stehe dem Besteller auch dann zu, wenn dieser bereits Schadensersatz statt
der Leistung verlangt habe und ein Anspruch auf die Leistung infolgedessen
gemäß § 281 Abs. 4 BGB ausgeschlossen sei (Beschluss
vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 54 ff.). Aus
dem letzten Halbsatz des § 637 Abs. 1 BGB lasse sich nichts Anderes
herleiten (so bereits Urteil vom 22.
Februar 2018 - VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 50 f.). Diese
zentrale Prämisse des VII. Zivilsenats ist spezifisch werkvertraglicher
Natur und fällt in dessen alleinigen Zuständigkeitsbereich.
19 (2) Darüber hinaus hat der VII. Zivilsenat klargestellt, dass er
im Hinblick auf die Haftung des Architekten (bzw. des Ingenieurs) - für die
er ebenfalls allein zuständig ist - einen Vorschussanspruch zwar auf den
Schadensersatzanspruch gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB stützt, dies aber
wegen der besonders engen Verknüpfung von Werk- und Architektenvertrag
allein aus dem Rechtsgedanken des (nicht direkt anwendbaren) § 634 Nr. 2, §
637 Abs. 3 BGB ableitet, um auf diese Weise der gesamtschuldnerischen
Haftung von Architekt und Unternehmer Rechnung zu tragen (Beschluss
vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 77). Eine
allgemeine schadensersatzrechtliche Aussage, die folgerichtig auf andere
Vertragstypen und insbesondere auf das Kaufrecht zu übertragen wäre, soll
damit ausdrücklich nicht verbunden sein (Beschluss
vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ 1/20, aaO Rn. 78).
20 (3) Insgesamt
stützt sich der VII. Zivilsenat in seinem Beschluss vom 8. Oktober 2020
maßgeblich auf den normativen Schadensbegriff; es
sei stets eine schadensrechtliche Wertung erforderlich, die neben den
allgemeinen Grundsätzen auch die Besonderheiten des jeweiligen Vertragstyps
in den Blick zu nehmen habe (VII ARZ 1/20,
NJW 2021, 53 Rn. 25). Sein Konzept, wonach der
Schadensersatzanspruch nur bereits aufgewandte Mängelbeseitigungskosten
umfasst, leitet der VII. Zivilsenat aus der Ausgestaltung der
werkvertraglichen Mängelrechte, insbesondere des Selbstvornahmerechts (§ 637
BGB), und nicht mehr (auch) aus verallgemeinerungsfähigen
schadensrechtlichen Überlegungen wie dem Zeitpunkt der Schadensentstehung
(vgl. Urteil vom 22. Februar 2018 - VII ZR
46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 32) oder dem Herausforderungsgedanken
(vgl. Urteil vom 22. Februar 2018 - VII ZR
46/17, aaO Rn. 46) her.
21 cc) Ausgehend von den genannten -
durch den V. Zivilsenat hinzunehmenden - werkvertraglichen Prämissen
bestehen Unterschiede, die im Kaufrecht eine andere Schadensbemessung
erfordern. Ein mit einem Vorschussanspruch flankiertes Selbstvornahmerecht
gibt es - wie oben ausgeführt (Rn. 11) - im Kaufrecht nicht.
Aus grundsätzlichen Erwägungen lässt sich ein zweckgebundener und
abzurechnender Vorfinanzierungsanspruch auch nicht aus dem
allgemeinen Schadensersatzrecht herleiten. Dies stünde nämlich nicht nur im
Widerspruch zu allgemeinen Grundsätzen des Schadensersatzrechts, namentlich
der Dispositionsfreiheit des Geschädigten, sondern verwischte auch die
dogmatischen Unterschiede zwischen Vorschuss- und Schadensersatzansprüchen
(näher Senat, Beschluss vom 13. März 2020 - V ZR
33/19, ZfIR 2020, 501 Rn. 44 mwN). Eine Ausnahme im Bereich der
Architektenhaftung lässt sich nur werkvertraglich in dem Rechtsgedanken des
§ 634 Nr. 2, § 637 Abs. 3 BGB verankern; dass der Vorschussanspruch gegen
den Architekten in diesen Normen wurzelt, hat der VII. Zivilsenat nunmehr
klargestellt. Auf andere Vertragstypen und insbesondere auf das Kaufrecht
sind diese Erwägungen nicht übertragbar und sollen es auch nach Ansicht des
VII. Zivilsenats nicht sein. Dieser hat für das
Werkvertragsrecht ausdrücklich klargestellt, dass der Besteller, soweit er
Schadensersatz verlangen könne, in der Verwendung des von dem Unternehmer
geschuldeten Betrags frei sei (Beschluss
vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ 1/20, aaO Rn. 33 a.E.).
Anders sieht es der VII. Zivilsenat bei dem Schadensersatzanspruch gegen den
Architekten nur deshalb, weil dieser wie ein werkvertraglicher
Vorschussanspruch behandelt werden soll. Damit bleiben die grundsätzlichen
dogmatischen Unterschiede zwischen Vorschuss- und Schadensersatzansprüchen
gewahrt.
22 b) Ebenso wenig bedarf es einer Vorlage
an den Großen Senat für Zivilsachen wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 132
Abs. 4 GVG).
23 aa) Allerdings steht einer Vorlage wegen
Grundsatzbedeutung nicht von vornherein entgegen, dass die Rechtsfrage
einerseits das Kaufrecht, andererseits das Werkvertragsrecht und damit
unterschiedliche Normen betrifft. Denn die gleiche Rechtsfrage kann
auch dann zur Entscheidung stehen, wenn der gleiche Rechtsgrundsatz, mag er
auch in mehreren Gesetzesbestimmungen seinen Niederschlag gefunden haben,
von zwei Senaten unterschiedlich aufgefasst und gehandhabt wird
(vgl. BGH, Beschluss vom 30. März 1953 - GSZ 1-3/53, BGHZ 9, 179, 181;
Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 6.
Februar 1973 - GmS-OGB 1/72, BGHZ 60, 392, 394; BVerfG, wistra 2009, 307,
309). Aus diesem Grund setzt die Zulässigkeit einer Vorlage gemäß §
132 Abs. 4 GVG (im Unterschied zu einer Divergenzvorlage gemäß § 132 Abs. 2
GVG) richtigerweise auch nicht die Ergebnisrelevanz im konkreten Einzelfall
voraus (eingehend Groß/Pamp, ZZP 113 [2000], 467, 473 ff. mwN). Eine
Grundsatzbedeutung kam schon deshalb ernsthaft in Betracht, weil die
zunächst gegebene Begründung des VII. Zivilsenats für die
Rechtsprechungsänderung eine breite Diskussion in Rechtsprechung und
Literatur zu deren Übertragbarkeit auf andere Vertragstypen des besonderen
Schuldrechts angestoßen hat (näher Senat,
Beschluss vom 13. März 2020 - V ZR 33/19, ZfIR 2020, 501 Rn. 28 mwN; aus
jüngster Zeit LG Nürnberg-Fürth, NJW 2020, 251, 252; Riehm, NJW 2021, 27
f.). Zudem war ein stärkerer Gleichlauf von Kauf- und
Werkvertragsrecht erklärtes Ziel der Schuldrechtsreform (näher
Senat, Beschluss vom 13. März 2020 - V ZR 33/19,
aaO Rn. 25 mwN).
24 bb) Diese Aspekte führen im Ergebnis nicht dazu,
dass den maßgeblichen Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung zukommt.
25 (1) Die von dem VII. Zivilsenat vorgenommene Bemessung des
kleinen Schadensersatzes statt der Leistung ist angesichts der präzisierten
und klarer konturierten werkvertraglichen Verankerung nicht auf andere
Vertragstypen des besonderen Schuldrechts übertragbar. Insbesondere ist für
die Rechtspraxis nunmehr eindeutig geklärt, dass die Rechtsprechung des VII.
Zivilsenats dogmatisch nicht im allgemeinen Leistungsstörungsrecht (§§ 280,
281 BGB), sondern im besonderen Schuldrecht zu verorten ist; das besondere
Schuldrecht ist den für den jeweiligen Vertragstyp zuständigen Senaten des
Bundesgerichtshofs in alleiniger Verantwortung zugewiesen.
26 (2) Ebenso wenig begründet der fehlende Gleichlauf zwischen Werk-
und Kaufvertragsrecht die Grundsatzbedeutung. Allerdings kann eine
unterschiedliche Schadensbemessung gerade in Grenzbereichen zwischen Werk-
und Kaufvertragsrecht, etwa bei dem Erwerb relativ neuer Immobilien oder bei
Werklieferungsverträgen (§ 650 BGB), zu misslichen
Abgrenzungsschwierigkeiten führen (vgl. hierzu Senat,
Beschluss vom 13. März 2020 - V ZR 33/19, ZfIR 2020, 501 Rn. 27). Eine
unterschiedliche Behandlung von Kauf- und Werkvertragsrecht erfordert daher
zumindest triftige Gründe. Solche Gründe liegen vor. Denn der VII.
Zivilsenat hat sein zentrales Argument, wonach die Schadensbemessung anhand
noch nicht aufgewandter Mängelbeseitigungskosten im Werkvertragsrecht zu
einer erheblichen und mit dem Bereicherungsverbot unvereinbaren
Überkompensation führen könne, näher begründet und nachvollziehbar
erläutert, und seine Erwägungen sind auf das Kaufrecht nicht übertragbar.
Die durch den V. Zivilsenat insoweit erhobenen Bedenken (Beschluss
vom 13. März 2020 - V ZR 33/19, aaO Rn. 27) sind damit
ausgeräumt.
27 (a) Der VII. Zivilsenat hat
herausgearbeitet, dass individuelle Leistungsbeschreibungen für das
Werkvertragsrecht weitaus größere Bedeutung haben als für das Kaufrecht.
Infolgedessen komme es bei Abweichungen von der vereinbarten Beschaffenheit
häufig zu Sachmängeln, mit denen der Besteller „leben“ könne. Dadurch
entstehe ein (Fehl-)Anreiz, die ggf. hohen Mängelbeseitigungskosten zu
vereinnahmen und von der Beseitigung abzusehen (eingehend
BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ 1/20,
NJW 2021, 53 Rn. 41 bis 53). Gesteigert werde diese Problematik
durch die Reichweite des Nacherfüllungsanspruchs. Da die
Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung gemäß § 635 Abs. 3 BGB nur in
seltenen Ausnahmefällen angenommen werde, treffe den Unternehmer eine nahezu
unbegrenzte Nacherfüllungspflicht (näher
BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ 1/20, aaO Rn. 64 bis 66; zu
diesem Aspekt bereits BGH, Urteil vom 22. Februar
2018 - VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 71).
28 (b) Die
Ausgangslage im Kaufrecht ist grundlegend anders. Namentlich beim Kauf
gebrauchter Immobilien, der eine besondere Nähe zum Baurecht aufweist,
stellen diejenigen Mängel, mit denen der Käufer „leben kann“,
jedenfalls nicht die Regel dar. Da ein mit einem
Bestandsgebäude bebautes Grundstück regelmäßig in dem vorhandenen Zustand
verkauft wird, spielen individuelle Leistungsbeschreibungen eine weitaus
geringere Rolle als bei einem zu errichtenden Gebäude.
Selbst objektiv nachteilige Eigenschaften einer gebrauchten
Immobilie begründen nicht ohne weiteres einen Sachmangel, sofern sie
bauzeittypisch sind (vgl. Senat, Beschluss
vom 10. Oktober 2019 - V ZR 4/19, NJW-RR 2020, 121 Rn. 14; näher Krüger,
ZNotP 2010, 42 ff.). Zudem haftet der Verkäufer wegen des in der
Praxis üblichen Haftungsausschlusses vornehmlich dann, wenn er einen
Sachmangel arglistig verschwiegen hat (§ 444 BGB). Aus diesen Gründen kommt
praktische Bedeutung nach der Erfahrung des V. Zivilsenats vor allem solchen
Sachmängeln zu, die die Eignung der Kaufsache für die nach dem Vertrag
vorausgesetzte oder die gewöhnliche Verwendung in Frage stellen (§ 434 Abs.
1 Satz 2 BGB), wie etwa Feuchtigkeit, Schadstoffbelastung, Schädlingsbefall
oder auch eine fehlende Baugenehmigung. Das sind regelmäßig Mängel,
mit denen der Immobilienkäufer nicht oder jedenfalls deutlich schlechter
„leben“ kann als mit der mangelfreien Immobilie, und die durch die
Mängelbeseitigungskosten meist angemessen abgebildet werden.
Gerade insoweit sind die Unterschiede zum Baurecht deshalb gering,
weil der VII. Zivilsenat, wie er ausdrücklich klargestellt hat, in
Fallgestaltungen dieser Art die Schätzung des mangelbedingten Minderwerts
anhand der Mängelbeseitigungskosten weiterhin für zulässig hält
(vgl. BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ
1/20, NJW 2021, 53 Rn. 81; Urteil vom 22.
Februar 2018 - VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 27 und 30 und dazu Senat,
Beschluss vom 13. März 2020 - V ZR 33/19, ZfIR 2020, 501 Rn. 53).
Infolgedessen müssen in solchen Fällen - jedenfalls im Ergebnis - die noch
nicht angefallenen Mängelbeseitigungskosten unabhängig von der Rechtsnatur
des Vertrags ersetzt werden.
29 (c) Daneben gibt es aber auch
beim Kauf beweglicher oder unbeweglicher Sachen nicht selten
Fallgestaltungen, in denen die Mängelbeseitigungskosten den mangelbedingten
Minderwert nicht zutreffend abbilden, sondern diesen erheblich
überschreiten. Vornehmlich in solchen Fällen wirkt sich die Einordnung des
Vertrags in das Kauf- oder in das Werkvertragsrecht künftig auf die
Ersatzfähigkeit noch nicht angefallener Mängelbeseitigungskosten aus. Dafür
gibt es aber triftige Gründe. Der Käufer kann den Ersatz der voraussichtlich
entstehenden Mängelbeseitigungskosten, wie bereits ausgeführt, schon deshalb
verlangen, weil ihm die Vorfinanzierung der Mängelbeseitigung nicht
zuzumuten wäre (vgl. Rn. 11). Darüber hinaus wird einer
unangemessenen Überkompensation im Kaufrecht durch die Begrenzung des
Nacherfüllungsanspruchs entgegengewirkt. Aus der Reichweite
des jeweiligen Nacherfüllungsanspruchs in § 439 BGB und in § 635 BGB ergeben
sich - wie der VII. Zivilsenat zutreffend darlegt (vgl.
BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ 1/20,
NJW 2021, 53 Rn. 63 ff.) - entscheidende Unterschiede zwischen
Kauf- und Werkvertragsrecht, die einem Gleichlauf beider Rechtsgebiete
gerade bei einem Auseinanderfallen von Mängelbeseitigungskosten und
mangelbedingtem Minderwert ohnehin entgegenstehen.
30 (aa)
Für das Kaufrecht hat der V. Zivilsenat den Nacherfüllungsanspruch
begrenzt, indem er aus § 439 Abs. 4 Satz 2 BGB Vorgaben für die
Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung abgeleitet hat (vgl.
Senat, Urteil vom 4. April 2014 - V ZR 275/12, BGHZ
200, 350 Rn. 41 ff.). Diese Begrenzung wirkt sich unmittelbar
auf die Höhe des nachfolgenden Schadensersatzanspruchs aus und verhindert
eine Überkompensation des Käufers. Kann nämlich der Verkäufer die
Nacherfüllung verweigern, weil sie mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden
ist, beschränkt sich der Schadensersatzanspruch des Käufers auf den Ersatz
des mangelbedingten Minderwerts (vgl.
Senat, Urteil vom 4. April 2014 - V ZR 275/12, aaO Rn. 34 ff.). Als
erster Anhaltspunkt kann davon ausgegangen werden, dass die Kosten der
Mängelbeseitigung unverhältnismäßig sind, wenn sie den Verkehrswert
des Grundstücks in mangelfreiem Zustand oder 200 % des mangelbedingten
Minderwerts übersteigen (vgl. Senat, Urteil
vom 4. April 2014 - V ZR 275/12, aaO Rn. 41 ff.).
31
Infolgedessen weicht die Schadensbemessung im Kaufrecht jedenfalls nicht
signifikant von derjenigen nach altem Schuldrecht ab.
Beispielsweise spricht viel dafür, dass der Sachverhalt, der dem von dem
VII. Zivilsenat mehrfach herangezogenen Urteil des V. Zivilsenats vom 16.
November 2007 (V ZR 45/07, NJW 2008, 436) zugrunde lag, nach neuem Kaufrecht
nicht anders zu beurteilen wäre. Damals hatte der Senat die nach altem
Schuldrecht allein zulässige vereinfachte Berechnung des Minderwerts anhand
der Mängelbeseitigungskosten deshalb versagt, weil die mangelbedingte
Wertminderung des verkauften Grundstücks (46.016,27 €) deutlich hinter den
Kosten für die Herstellung der fehlenden, aber zugesicherten
Dachgeschosswohnungen (217.099,78 €) zurückblieb (Urteil vom 16. November
2007 - V ZR 45/07, aaO Rn. 11 f.). Auch nach heutiger Rechtslage
könnte der Käufer nicht ohne weiteres den Ersatz
der Mängelbeseitigungskosten als Schadensersatz verlangen. Da die
Mängelbeseitigungskosten den mangelbedingten Minderwert um mehr als 400 %
überstiegen, läge nämlich ein erster Anhaltspunkt für die
Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung vor, so dass - vorbehaltlich
besonderer Umstände des Einzelfalls - heute wie damals nur der Ersatz des
mangelbedingten Minderwerts geschuldet wäre.
32 (bb)
Im Werkvertragsrecht hat eine solche Begrenzung der Nacherfüllung - und
damit zugleich des nachfolgenden Schadensersatzanspruchs - keine
Entsprechung (näher BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2020 - VII ARZ
1/20, NJW 2021, 53 Rn. 43, 66). Wird, wie es der VII. Zivilsenat
aufgrund des Erfolgsversprechens des Unternehmers nachvollziehbar für
richtig hält, der Nacherfüllungsanspruch hochgehalten, indem der Unternehmer
die Nacherfüllung nur in seltenen Ausnahmefällen wegen unverhältnismäßiger
Kosten (§ 635 Abs. 3 BGB) verweigern darf, ergibt sich ein dem Kaufrecht
fremdes Dilemma. Denn je strenger die Anforderungen an die
Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung ausgestaltet werden, desto höher
können die Mängelbeseitigungskosten ausfallen und desto größer wird das
Problem der schadensersatzrechtlichen Überkompensation durch eine von der
Durchführung der Mängelbeseitigung losgelöste Ersatzfähigkeit der
Mängelbeseitigungskosten. Das gilt insbesondere bei solchen Sachmängeln, mit
denen der Besteller „leben“ kann und die er daher - zumal, wenn die
Beseitigung tiefgreifende Eingriffe in das Bauwerk unter Einschluss anderer
Gewerke erfordert - nicht ohne weiteres beseitigen wird.
33
(d) Schließlich stellen sich auch die Probleme der Leistungskette,
deren praktische Relevanz im Werkvertragsrecht der VII. Zivilsenat eingehend
dargelegt hat (BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2020 -
VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 48 ff.), im Kaufrecht nicht in gleicher
Weise.
34 4. Die angefochtene Entscheidung hält auch im Übrigen der
rechtlichen Überprüfung stand. Im Hinblick auf die Anspruchshöhe, die
Nebenforderungen sowie die Zuerkennung des Feststellungsantrags erhebt auch
die Revision keine Einwendungen. Soweit das Gemeinschaftseigentum betroffen
ist, ist die Verurteilung des Beklagten in den Vorinstanzen auf den Ersatz
der nach dem Miteigentumsanteil bestimmten anteiligen Kosten beschränkt
worden.
III.
35 Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1
ZPO.
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