Schadensersatz statt der Leistung bei
mangelhaftem Werk (§ 634 Nr. 4, 280 I, III, 281); keine Schadensberechnung
nach fiktiven Mängelbeseitigungskosten; Haftung des Architekten
BGH, Urteil vom 22. Februar 2018 -
VII ZR 46/17 - OLG Düsseldorf
Fundstelle:
noch nicht bekannt
für BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
1. Der Besteller, der das Werk behält und den
Mangel nicht beseitigen lässt, kann im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs
statt der Leistung (kleiner Schadensersatz) gegen den Unternehmer gemäß §
634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB seinen Schaden nicht nach den fiktiven
Mängelbeseitigungskosten bemessen (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung).
2. a) Der Besteller, der das Werk behält und den Mangel nicht beseitigen
lässt, kann den Schaden in der Weise bemessen, dass er im Wege einer
Vermögensbilanz die Differenz zwischen dem hypothetischen Wert der durch das
Werk geschaffenen oder bearbeiteten, im Eigentum des Bestellers stehenden
Sache ohne Mangel und dem tatsächlichen Wert der Sache mit Mangel ermittelt.
Hat der Besteller die durch das Werk geschaffene oder bearbeitete Sache
veräußert, ohne dass eine Mängelbeseitigung vorgenommen wurde, kann er den
Schaden nach dem konkreten Mindererlös wegen des Mangels der Sache bemessen.
b) Der Schaden kann in Anlehnung an § 634 Nr. 3, § 638 BGB auch in der Weise
bemessen werden, dass ausgehend von der für das Werk vereinbarten Vergütung
der Minderwert des Werks wegen des (nicht beseitigten) Mangels geschätzt
wird. Maßstab ist danach die durch den Mangel des Werks erfolgte Störung des
Äquivalenzverhältnisses.
3. a) Der Besteller, der das Werk behält und den Mangel beseitigen lässt,
kann die von ihm aufgewandten Mängelbeseitigungskosten als Schaden gemäß §
634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB ersetzt verlangen. Vor Begleichung der Kosten
kann der Besteller Befreiung von den zur Mängelbeseitigung eingegangenen
Verbindlichkeiten verlangen.
b) Darüber hinaus hat der Besteller, der Schadensersatz statt der Leistung
in Form des kleinen Schadensersatzes gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB
verlangt hat, grundsätzlich weiterhin das Recht, Vorschuss gemäß § 634 Nr.
2, § 637 BGB zu fordern, wenn er den Mangel beseitigen will.
4. Auch im Verhältnis zum Architekten scheidet hinsichtlich der von ihm zu
vertretenden Planungs- oder Überwachungsfehler, die sich im Bauwerk bereits
verwirklicht haben, ein Zahlungsanspruch in Höhe der fiktiven
Mängelbeseitigungskosten betreffend das Bauwerk aus.
5. a) Lässt der Besteller den Mangel des Bauwerks nicht beseitigen, kann er
seinen Schaden gegenüber dem Architekten im Wege einer Vermögensbilanz nach
dem Minderwert des Bauwerks im Vergleich zu dem hypothetischen Wert des
Bauwerks bei mangelfreier Architektenleistung bemessen oder gegebenenfalls -
bei Veräußerung des Objekts - nach dem konkreten Mindererlös.
b) Hat der durch die mangelhafte Architektenleistung verursachte Mangel des
Bauwerks zur Folge, dass eine Störung des Äquivalenzverhältnisses des
Bauvertrags vorliegt, kann der Besteller stattdessen seinen Schaden auch in
der Weise bemessen, dass er ausgehend von der mit dem Bauunternehmer
vereinbarten Vergütung den mangelbedingten Minderwert des Werks des
Bauunternehmers ermittelt.
6. a) Lässt der Besteller den Mangel des Bauwerks beseitigen, sind die von
ihm aufgewandten Kosten als Schaden gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB vom
Architekten zu ersetzen. Vor Begleichung der Kosten kann der Besteller
Befreiung von den eingegangenen Verbindlichkeiten verlangen.
b) Darüber hinaus hat der Besteller wegen Planungs- oder
Überwachungsfehlern, die sich im Bauwerk bereits verwirklicht haben, einen
Schadensersatzanspruch gemäß § 634 Nr. 4, § 280 BGB auf Vorfinanzierung in
Form der vorherigen Zahlung eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrags
gegen den Architekten.
Zentrale Probleme:
Eine wichtige Entscheidung zum Werkvertragsrecht. Im Kern
geht es um eine Neubestimmung des Schadensersatzes statt der Leistung bei
einem mangelhaften Werk. Der Besteller, der den Mangel nicht beseitigt, kann
im Wege des Schadensersatzes statt der Leistung nicht (mehr) die fiktiven
Nacherfüllungskosten, sondern nur im Wege des "kleinen Schadensersatzes" den
Minderwert des Werks geltend machen. Hat er das Werk verkauft, besteht der
Schaden im Mindererlös. Lässt er ihn beseitigen, kann die (konkreten) Kosten
im Wege des Schadensersatzes statt der Leistung verlangen. Daneben soll er -
trotz § 281 IV BGB - auch noch den Vorschuss nach § 637 BGB verlangen
können.
Ähnliches gilt bei einer (parallelen) Haftung des planenden Architekten. Der
Schadensersatzanspruch ist hier ein einfacher Schadensersatz neben der
Leistung (§ 280 BGB), weil der Architekt ja nicht das Bauwerk selbst
schuldet, sondern nur die Planung. Das defekte Bauwerk ist damit ein
Mangelfolgeschaden seiner fehlerhaften Planung.
Im Kaufrecht ist bislang noch die Schadensberechnung aufgrund der fiktiven
Mängelbeseitigungskosten anerkannt. Wegen der Eigenheiten des Werkvertrags
sah der Senat aber keine Veranlassung zum Verfahren nach § 132 II GVG. Der
V. Senat hat daraufhin eine solche Divergenzanfrage gestellt (BGH v. 13.3.2020 -
V ZR 33/19), die durch BGH v. 8.10.2020 - VII
ARZ 1/20 in dem Sinne beantwortet wurde, dass zwar der VII. Senat an
seiner Rspr. festhält, dies aber allein aus spezifisch werkvertraglichen
Erwägungen begründet. Damit ist der V. Senat frei, im Kaufrecht weiter die
Ersatzfähigkeit fiktiver Mängelbeseitigungskosten im Rahmen des "kleinen"
Schadensersatzes statt der Leistung zu bejahen. Das hat er in
BGH, Urteil v. 12.3.2021 - V ZR 33/19 dann auch
getan.
©sl 2018
Tatbestand:
1
Die Klägerin begehrt von den Beklagten zu 1 und 5 aus eigenem und aus
abgetretenem Recht Schadensersatz wegen Mängeln an den im
Außenbereich eines Einfamilienhauses verlegten Natursteinplatten.
2 Die Klägerin und ihr inzwischen verstorbener Ehemann ließen ab dem Jahr
2003 ein viergeschossiges Einfamilienhaus in D. errichten. Sie beauftragten
mit Vertrag vom 24. Juli 2002 den Beklagten zu 5 mit der Planung der
Freianlagen und der Überwachung ihrer Herstellung sowie mit Vertrag
vom 16./20. April 2004 unter Einbeziehung der VOB/B (2002) die
Beklagte zu 1 mit der Ausführung der Naturstein-, Fliesen- und
Abdichtungsarbeiten im Innen-und Außenbereich des Objekts. Die
Streithelfer zu 1 und 2 waren mit der Gebäudeplanung betraut.
3 Die Beklagte zu 1 ließ die Natursteinplatten des Typs "Crema Romano" und "Crema
Romana", einen römischen Travertin, durch ihre Nachunternehmerin verlegen.
Die Klägerin nahm die Arbeiten ab und bezahlte die im Jahr 2005 erstellte
Schlussrechnung der Beklagten zu 1.
4 Im Jahr 2007 zeigten sich erste Mängel der Natursteinarbeiten, die sich in
der Folgezeit verstärkten. Es kam unter anderem zu Rissen und Ablösungen der
Platten, zu Kalk- und Salzausspülungen, Farb- und Putzabplatzungen sowie zu
starken Durchfeuchtungen des Putzes.
5 Die Klägerin hat in der ersten Instanz von der Beklagten zu 1 unter
Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils von 25 % wegen Planungsfehlern
Vorschuss in Höhe von 91.792,58 € nebst Zinsen für die Durchführung der
Mängelbeseitigung begehrt. Gegenüber dem Beklagten zu 5 hat sie
Schadensersatz in Höhe von 122.390,11 € nebst Zinsen - in Höhe von 91.792,58
€ als Gesamtschuldner neben der Beklagten zu 1 - geltend gemacht. Darüber
hinaus hat sie Feststellung einer entsprechenden Ersatzpflicht der Beklagten
zu 1 und 5 hinsichtlich aller weiteren, anlässlich der Mängelbeseitigung
entstehenden Schäden begehrt.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
6 Während des Berufungsverfahrens veräußerte die Klägerin mit
Kaufvertrag vom 17. August 2015 das Objekt. Sie hat in der Folge die
Vorschussklage gegen die Beklagte zu 1 auf Schadensersatz in Höhe von 75 %
der fiktiven Mängelbeseitigungskosten umgestellt. Den
Feststellungsantrag haben die Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt.
7 Das Berufungsgericht hat auf die Berufungen der Beklagten zu 1 und 5 das
erstinstanzliche Urteil insoweit abgeändert, als es jeweils die Umsatzsteuer
auf die fiktiven Mängelbeseitigungskosten nicht zuerkannt hat. Unter
Zurückweisung der weitergehenden Berufungen hat es die Beklagten zu 1 und 5
als Gesamtschuldner zur Zahlung von 77.429,21 € nebst Zinsen, den Beklagten
zu 5 zur Zahlung von weiteren 25.809,74 € nebst Zinsen an die Klägerin
verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen.
8 Das Berufungsgericht hat die Revision zur Schadenshöhe zugelassen wegen
der Frage, wie der Schaden zu bemessen sei, wenn der Besteller auf die
Beseitigung des Werkmangels verzichte. Die Beklagten zu 1 und 5 haben
uneingeschränkt Revision eingelegt mit dem Ziel der vollständigen
Klageabweisung. Die Klägerin hat auf die Revisionen der Beklagten zu 1 und 5
Anschlussrevision eingelegt, soweit das Berufungsgericht abändernd die Klage
(teilweise) abgewiesen hat. Der Senat hat die Revisionen der Beklagten zu 1
und 5 durch Beschluss vom 13. Dezember 2017 teilweise als unzulässig
verworfen, soweit sie über die beschränkt zugelassene Revision
hinausgegangen sind. Zugleich hat der Senat die von den Beklagten zu 1 und 5
vorsorglich eingelegten Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision im
Urteil des Berufungsgerichts zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe:
9 Die im Umfang der Zulassung weiterverfolgten Revisionen der Beklagten zu 1
und 5 und die Anschlussrevision der Klägerin führen zur Aufhebung der
angefochtenen Entscheidung im tenorierten Umfang und zur Zurückverweisung
der Sache an das Berufungsgericht.
I.
10 Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren von
Interesse - Folgendes ausgeführt:
11 1. Die Klägerin habe gegen die Beklagte zu 1 wegen der Mängel der
Natursteinarbeiten einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 77.429,21 €
gemäß § 13 Nr. 7 Abs. 3 VOB/B (2002) in Verbindung mit §§ 398, 1922 BGB.
12 a) Die Klägerin sei berechtigt, ihren Schaden auf Basis der fiktiven
Mängelbeseitigungskosten zu bemessen. Sie könne abweichend von § 249 Abs. 1
BGB verlangen, dass der Schaden mit dem für die Mängelbeseitigung
erforderlichen Geldbetrag abgegolten werde. Unerheblich sei, ob der zur
Verfügung gestellte Betrag zur Mängelbeseitigung verwendet werde.
13 Dies entspreche der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der zu dem
Schadensersatzanspruch nach § 635 BGB a.F. die Ansicht vertreten habe,
dieser erfasse die zur Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten und der
Schädiger habe keinen Anspruch darauf, dass der Geschädigte das ihm als
Schadensersatz gezahlte Geld zur Beseitigung des Schadens verwende (BGH,
Urteil vom 24. Mai 1973 - VII ZR 92/71, BGHZ 61, 28). Im Jahr 2007 habe der
Bundesgerichtshof erneut betont, dass der Besteller seinen
Schadensersatzanspruch nach den Kosten berechnen könne, die für eine
Mängelbeseitigung er forderlich seien (BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 - VII
ZR 81/06, BGHZ 173, 83). In der Literatur werde zwar teilweise die
Auffassung vertreten, dass sich jedenfalls seit der Schuldrechtsreform der
Schaden an dem mangelbedingten Minderwert orientiere, wenn der Besteller auf
die Beseitigung des Werkmangels verzichte (Halfmeier, BauR 2013, 320, 325).
Indes finde diese Auffassung in der höchstrichterlichen Rechtsprechung
bislang keine Stütze. Denn auch unter Geltung des
Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes habe der Bundesgerichtshof in der
sogenannten "Umsatzsteuer-Entscheidung" (Urteil vom 22. Juli 2010 - VII ZR
176/09, BGHZ 186, 330) ausgeführt, dass der Schadensersatzanspruch nach Wahl
des Bestellers entweder nach dem mangelbedingten Minderwert des Werks oder
nach den Kosten berechnet werde, die für eine ordnungsgemäße
Mängelbeseitigung erforderlich seien. Letzteres gelte unabhängig davon, ob
und in welchem Umfang der Besteller den Mangel tatsächlich beseitigen lasse.
Der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung wegen Mängeln sei
abweichend von § 249 Abs. 1 BGB nicht auf Naturalrestitution in Form der
Mängelbeseitigung, sondern auf Zahlung eines Geldbetrags gerichtet. Das
folge aus § 281 Abs. 4 BGB. Die Rechtslage unterscheide sich insofern nicht
von derjenigen, die bis zum 31. Dezember 2001 gegolten habe. Bei der
Schadensbemessung sei die berechtigte Erwartung des Bestellers zu
berücksichtigen, den Schaden nach seiner Wahl nach den Kosten bemessen zu
können, die eine Mängelbeseitigung erfordere, weil der Anspruch an die
Stelle des geschuldeten Erfüllungsanspruchs trete.
14 b) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme seien die fiktiven
Mängelbeseitigungskosten einschließlich Regiekosten auf 100.844,26 € netto
zu beziffern. Hinzu komme ein Anspruch auf Ersatz der gezahlten
Privatgutachterkosten in Höhe von 2.394,69 € brutto.
15 Da die Klägerin nicht (mehr) beabsichtige, Mängelbeseitigungsarbeiten
vornehmen zu lassen, habe sie nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
allerdings keinen Anspruch auf Ersatz der insoweit nicht angefallenen
Umsatzsteuer (BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 - VII ZR 176/09, BGHZ 186, 330).
16 Danach sei die Höhe des Schadens gemäß § 287 ZPO auf insgesamt 103.238,95
€ zu schätzen, so dass abzüglich eines Mitverschuldensanteils von 25 % wegen
Planungsfehlern ein Zahlbetrag von 77.429,21 € verbleibe.
17 c) Die Klägerin berufe sich demgegenüber ohne Erfolg auf einen Schaden in
Höhe des erstinstanzlich zuerkannten Betrages. Sie habe sich, was sie in der
mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ausdrücklich erklärt habe,
für eine Bemessung des Schadens nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten
entschieden und könne daher die Umsatzsteuer nicht geltend machen. Dies
könne sie nicht damit kompensieren, dass sie die Minderung des Verkehrswerts
des Objekts als weitere Schadensposition anführe. Die Klägerin könne ihren
Schadensersatzanspruch nach Wahl entweder nach dem mangelbedingten
Minderwert des Werks oder nach den Kosten berechnen, die für eine
Mängelbeseitigung erforderlich seien. Eine Kombination der
Schadensberechnungsmethoden sei nicht möglich und berge die Gefahr der
Überkompensation.
18 2. Die Klägerin habe ferner gegen den Beklagten zu 5 wegen mangelhafter
Planung und Überwachung der Natursteinarbeiten einen Schadensersatzanspruch
in Höhe von 103.238,95 € gemäß § 634 Nr. 4, § 280 BGB. Wegen der Höhe des
Schadens werde auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.
II.
19 Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
20 1. Klage gegen die Beklagte zu 1
21 a) Aufgrund der wirksamen Beschränkung der Zulassung der Revision durch
das Berufungsgericht und der Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde
durch den Senat steht rechtskräftig fest, dass die Klägerin gegen
die Beklagte zu 1 dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch statt der
Leistung in Form des kleinen Schadensersatzes wegen der mangelhaften
Natursteinarbeiten im Außenbereich des Einfamilienhauses in D. gemäß § 13
Nr. 7 Abs. 3 VOB/B (2002) hat. Mit der vom Berufungsgericht
gegebenen Begründung zur Höhe des Schadensersatzanspruchs kann das
Berufungsurteil indes keinen Bestand haben.
22 b) Ist ein Werk mangelhaft, kann der Besteller vom Unternehmer im
VOB/B-Vertrag gemäß § 13 Abs. 7 Nr. 3 VOB/B und im Übrigen gemäß §
634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangen.
23 Wie der Schaden zu bemessen ist, ist indes weder in § 634 Nr. 4 BGB noch
in §§ 280, 281 BGB geregelt. Aus § 281 Abs. 4 BGB ergibt sich
lediglich, dass Naturalrestitution gemäß § 249 Abs. 1 BGB nicht in der Form
möglich ist, dass der Mangel beseitigt wird (Nacherfüllung) (vgl.
z.B. BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 - VII ZR 176/09, BGHZ 186, 330 Rn. 10).
Dies gilt auch für den VOB/B-Vertrag.
24 Der Besteller, der sich dafür entscheidet, das mangelhafte Werk
zu behalten, und Schadensersatz statt der Leistung geltend macht (kleiner
Schadensersatz), kann vielmehr Ersatz in Geld verlangen, soweit er durch den
Mangel einen Vermögensschaden erleidet. Lässt er den Mangel nicht im Wege
der Selbstvornahme beseitigen, ist der bereits durch den Mangel des Werks
selbst entstandene Vermögensschaden festzustellen und in Geld zu bemessen.
Die Bemessung kann im Wege der Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO
erfolgen. Sie hat sich am Leistungsinteresse des Bestellers zu
orientieren. Denn der Schadensersatzanspruch statt der
Leistung gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB tritt an die Stelle des
Anspruchs auf Leistung und ersetzt diesen
.
25 Verfahrensrechtlich ist für die Schadensbemessung der Zeitpunkt der
letzten mündlichen Verhandlung maßgebend (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 6.
November 1986 - VII ZR 97/85, BGHZ 99, 81, 86 f., juris Rn. 9 und vom 23.
Januar 1981 - V ZR 200/79, BGHZ 79, 249, 257 f., juris Rn. 27).
26 c) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats stehen dem Besteller,
der das Werk behält und den Mangel nicht beseitigen lässt, zwei
Möglichkeiten zur Verfügung, seinen Vermögensschaden zu bemessen.
27 aa) Der Besteller hat die Möglichkeit, den Schaden nach
allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen in der Weise zu bemessen, dass
er im Wege einer Vermögensbilanz die Differenz zwischen dem hypothetischen
Wert der durch das Werk geschaffenen oder bearbeiteten, im Eigentum des
Bestellers stehenden Sache ohne Mangel und dem tatsächlichen Wert der Sache
mit Mangel ermittelt (vgl. BGH, Urteile vom 11. Oktober 2012 - VII
ZR 179/11, BauR 2013, 81 Rn. 10 = NZBau 2013, 99 m.w.N.; vom 8. Januar 2004
- VII ZR 181/02, BauR 2004, 847, 850, juris Rn. 29 = NZBau 2004, 269 und vom
16. November 2007 - V ZR 45/07, NJW 2008, 436 Rn. 11 f. m.w.N.).
Diese Art der Schadensbemessung ist ausschließlich auf Ausgleich des
Wertunterschieds gerichtet.
28 Hat der Besteller - wie hier im Laufe des Rechtsstreits - die
durch das Werk geschaffene oder bearbeitete Sache veräußert, ohne dass eine
Mängelbeseitigung vorgenommen wurde, kann er den Schaden nach dem konkreten
Mindererlös wegen des Mangels der Sache bemessen. Der Mindererlös
wird typischerweise anhand der Differenz zwischen dem hypothetischen Wert
der Sache ohne Mangel und dem gezahlten Kaufpreis ermittelt werden können.
Da der Kaufpreis den tatsächlichen Wert der Sache indiziert,
entspricht der so ermittelte Mindererlös im Regelfall dem Minderwert der
betroffenen Sache. Haben neben dem vom Unternehmer zu
verantwortenden Mangel auch andere Mängel zu dem Mindererlös geführt, ist zu
ermitteln, welcher Anteil des Mindererlöses auf den vom Unternehmer zu
verantwortenden Mangel entfällt.
29 Dem Besteller bleibt bei Veräußerung der Sache die Möglichkeit,
den Schaden nach einem den konkreten Mindererlös übersteigenden Minderwert
zu bemessen, wenn er nachweist, dass der erzielte Kaufpreis den
tatsächlichen Wert der Sache übersteigt. Denn der in Höhe
des Minderwerts bestehende Schaden wird durch ein vom Besteller
abgeschlossenes günstiges Geschäft grundsätzlich nicht gemindert.
Nach den normativen von Treu und Glauben geprägten schadensrechtlichen
Wertungen unter Berücksichtigung des in § 254 Abs. 2 BGB zum Ausdruck
kommenden Gedankens sollen dem Ersatzpflichtigen solche Vorteile
grundsätzlich nicht zugutekommen, die sich der Ersatzberechtigte durch
Abschluss eines - den Ersatzpflichtigen nicht berührenden - Vertrags mit
einem Dritten erarbeitet hat (vgl. BGH, Urteile vom 14. Januar 2016
- VII ZR 271/14, BauR 2016, 852 Rn. 25 = NZBau 2016, 304 m.w.N.; ferner vom
19. September 1980 - V ZR 51/78, NJW 1981, 45, 46 f., juris Rn. 28).
Wendet demgegenüber der Unternehmer ein, der Minderwert sei geringer, weil
der erzielte Kaufpreis den tatsächlichen Wert der Sache unter schreite, ist
der infolge der Veräußerung entstandene (höhere) Mindererlös insoweit nicht
als Schaden zu ersetzen, als dem Besteller ein Verstoß gegen die
Obliegenheit zur Schadensminderung gemäß § 254 Abs. 2 BGB vorzuwerfen ist.
30 bb) Der Senat hat dem Besteller bisher alternativ auch einen
Zahlungsanspruch in Höhe der fiktiven Mängelbeseitigungskosten zugebilligt.
Dabei handelte es sich nicht um die Zubilligung einer vereinfachten Form der
Bemessung des mangelbedingten Wertunterschieds im Rahmen einer
Vermögensbilanz (vgl. zu dieser Form der Bemessung BGH, Urteil vom 16.
November 2007 - V ZR 45/07, NJW 2008, 436 Rn. 12). Vielmehr war der
Besteller danach stets berechtigt, bis zur Grenze der Unverhältnismäßigkeit
(§ 251 Abs. 2 Satz 1 BGB) Zahlung in Höhe der fiktiven
Mängelbeseitigungskosten zu verlangen, auch wenn diese den Minderwert im
Vermögen des Bestellers überstiegen. Denn bereits der Mangel des
Werks selbst sei - unabhängig von dessen Beseitigung -der Schaden, und zwar
in Höhe dieser Kosten (vgl. z.B. BGH, Urteile vom 28. Juni 2007 - VII ZR
8/06, BauR 2007, 1567, 1568, juris Rn. 12 f. = NZBau 2007, 580; vom 10. März
2005 - VII ZR 321/03, BauR 2005, 1014, juris Rn. 11 = NZBau 2005, 390; vom
10. April 2003 - VII ZR 251/02, BauR 2003, 1211, 1212, juris Rn. 13 = NZBau
2003, 375 und vom 6. November 1986 - VII ZR 97/85, BGHZ 99, 81, 84 f., juris
Rn. 6).
31 Hieran hält der Senat jedenfalls für ab dem 1. Januar 2002
geschlossene Werkverträge nicht mehr fest. Dies beruht auf
folgenden Erwägungen:
32 (1) Der Besteller, der keine Aufwendungen zur Mängelbeseitigung
tätigt, hat keinen Vermögensschaden in Form und Höhe dieser (nur fiktiven)
Aufwendungen. Sein Vermögen ist im Vergleich zu einer
mangelfreien Leistung des Unternehmers nicht um einen Betrag in Höhe solcher
(fiktiven) Aufwendungen vermindert. Erst wenn der Besteller den Mangel
beseitigen lässt und die Kosten hierfür begleicht, entsteht ihm ein
Vermögensschaden in Höhe der aufgewandten Kosten (Halfmeier, BauR
2013, 320, 322 f.).
33 (2) Entgegen der bisherigen Auffassung kann die Schadensbemessung nach
fiktiven Mängelbeseitigungskosten nicht damit begründet werden, dass der
Mangel selbst der Vermögensschaden in Höhe dieser Kosten sei. Ein
Mangel des Werks ist zunächst nur ein Leistungsdefizit, weil das Werk hinter
der geschuldeten Leistung zurückbleibt (vgl. Knütel, BauR 2004,
591, 593). Auch wenn es gerechtfertigt ist, bereits dieses Leistungsdefizit
mit der Folge der Störung des Äquivalenzverhältnisses als einen beim
Besteller eingetretenen Vermögensschaden zu bewerten (vgl. dazu unten II. 1.
c) cc)), ist damit gerade nicht geklärt, in welcher Höhe ein solcher
Vermögensschaden besteht.
34 Eine Schadensbemessung nach fiktiven Mängelbeseitigungskosten bildet das
Leistungsdefizit im Werkvertragsrecht - insbesondere im Baurecht -auch bei
wertender Betrachtung nicht zutreffend ab. Vielmehr führt sie häufig zu
einer Überkompensation und damit einer nach allgemeinen schadensrechtlichen
Grundsätzen (vgl. Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., S. 9 f.)
nicht
gerechtfertigten Bereicherung des Bestellers. Denn der (fiktive) Aufwand
einer Mängelbeseitigung hängt von verschiedenen Umständen ab, zum Beispiel
von der Art des Werks, dem Weg der Mängelbeseitigung, dem Erfordernis der
Einbeziehung anderer Gewerke in die Mängelbeseitigung, und kann die
vereinbarte Vergütung, mit der die Parteien das mangelfreie Werk bewertet
haben, (nicht nur in Ausnahmefällen) deutlich übersteigen. Er ist daher
nicht geeignet, ein beim Besteller ohne Mängelbeseitigung verbleibendes
Leistungsdefizit und die hierdurch eingetretene Äquivalenzstörung der Höhe
nach zu bestimmen.
35 (3) Auf den Gesichtspunkt der Überkompensation hat der Senat bereits in
den Entscheidungen vom 22. Juli 2010 (VII ZR 176/09, BGHZ 186, 330 Rn. 14
f.) und vom 11. März 2015 (VII ZR 270/14, BauR 2015, 1321 Rn. 5 = NZBau
2015, 419) hingewiesen und im Hinblick darauf eine Ersatzpflicht jedenfalls
in Höhe der Umsatzsteuer verneint, wenn diese wegen nicht durchgeführter
Mängelbeseitigung nicht anfällt. Auch die Entscheidungen des Senats zum
Schaden in der Leistungskette (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 1. August 2013
- VII ZR 75/11, BGHZ 198, 150; Urteile vom 28. Juni 2007 - VII ZR 8/06, BauR
2007, 1567 = NZBau 2007, 580 und VII ZR 81/06, BGHZ 173, 83; vgl. ferner
Urteil vom 10. Juli 2008 - VII ZR 16/07, BauR 2008, 1877 = NZBau 2009, 34)
sind dadurch gekennzeichnet, dass sie eine Überkompensation durch Ersatz
fiktiver Mängelbeseitigungskosten zu vermeiden suchen.
36 In Fortführung dieser Rechtsprechung hält es der Senat für notwendig, den
Umfang des Schadensersatzes statt der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280,
281 BGB noch stärker daran auszurichten, welche Dispositionen der Besteller
tatsächlich zur Mängelbeseitigung trifft. Dies entspricht dem
Regelungskonzept des § 634 BGB, der das Leistungsinteresse des Bestellers
schützt und den Ausgleich bei Verletzung daran orientiert, ob eine
Mängelbeseitigung durchgeführt wird. Ersatz fiktiver Kosten für nicht
getroffene Dispositionen scheidet danach aus.
37 (4) Diese Erwägungen gelten im VOB/B-Vertrag entsprechend. Auch nach dem
Regelungskonzept des § 13 VOB/B ist ein Ersatz fiktiver
Mängelbeseitigungskosten aus den genannten Gründen abzulehnen.
38 cc) Dem Besteller bleibt jedoch eine im Einzelfall unter Umständen
einfachere Möglichkeit, auch ohne eine Vermögensbilanz seinen
Vermögensschaden darzutun und zu bemessen, wenn er den Mangel nicht
beseitigen lässt. Denn er kann sich auf die Betrachtung des mangelhaften
Werks selbst im Vergleich zu dem geschuldeten (also mangelfreien) Werk
beschränken und aus einer Störung des werkvertraglichen Äquivalenzverhältnisses einen Anspruch ableiten.
39 (1) Die Feststellung eines hierin liegenden Vermögensschadens und seine
Bemessung sind - wie im gesamten Schadensrecht (vgl. Lange/Schiemann,
Schadensersatz, 3. Aufl., S. 38 f.) - aufgrund einer Wertung vorzunehmen.
Diese hat sich am Leistungsinteresse des Bestellers zu orientieren (vgl.
oben II. 1. b)).
40 Aus § 634 BGB folgt, dass sich der Ausgleich des verletzten
Leistungsinteresses des Bestellers, der das mangelhafte Werk behalten will,
daran orientiert, ob er die Mängel beseitigen lässt oder nicht. Sieht der Besteller von
der Mängelbeseitigung ab, kann er nach § 634 Nr. 3, § 638 BGB als Ausgleich
für das verletzte Leistungsinteresse die Vergütung mindern. Diese Wertungen
sind bei der Bemessung des Schadens im Rahmen des Schadensersatzanspruchs
statt der Leistung in Form des kleinen Schadensersatzes gemäß § 634 Nr. 4,
§§ 280, 281 BGB zu berücksichtigen. Denn der Besteller soll diesbezüglich
durch die Wahl des - im Hinblick auf das Verschuldenserfordernis strengeren
Voraussetzungen unterliegenden - Schadensersatzanspruchs nicht schlechter
gestellt werden als im Fall der Geltendmachung des Rechts zur Minderung
gemäß § 634 Nr. 3, § 638 BGB.
41 Der Schaden kann deshalb in Anlehnung an § 634 Nr. 3, § 638 BGB in der
Weise bemessen werden, dass ausgehend von der für das Werk vereinbarten
Vergütung der Minderwert des Werks wegen des (nicht beseitigten) Mangels
geschätzt wird. Maßstab ist danach die durch den Mangel des Werks erfolgte
Störung des Äquivalenzverhältnisses. Die von den Parteien durch den
Werkvertrag zum Ausdruck gebrachte Bewertung des (mangelfreien) Werks in
Höhe der Vergütung rechtfertigt es, bereits das Ausbleiben der vollständigen
(mangelfreien) Gegenleistung mit der Folge der Störung des Äquivalenzverhältnisses - unabhängig von einer objektivierten Bewertung
durch einen "Markt" -als einen beim Besteller eingetretenen Vermögensschaden
anzusehen.
42 Der mangelbedingte Minderwert des Werks ist danach ausgehend von der
Vergütung als Maximalwert nach § 287 ZPO unter Berücksichtigung der Umstände
des Einzelfalls zu schätzen. Im Rahmen dieser - sich an § 634 Nr. 3, § 638
BGB anlehnenden - Schadensbemessung können die fiktiven
Mängelbeseitigungskosten nicht als Maßstab herangezogen werden.
Soweit dem Urteil des Senats vom 24. Februar 1972 (VII ZR 177/70, BGHZ 58,
181) entnommen werden kann, dass die Berechnung einer Minderung regelmäßig
durch den Abzug fiktiver Mängelbeseitigungskosten erfolgen könne, hält der
Senat auch hieran aus den bereits oben unter II. 1. c) bb) ausgeführten Erwägungen nicht
fest. Dagegen kommt beispielsweise eine Schadensbemessung anhand der
Vergütungsanteile in Betracht, die auf die mangelhafte Leistung entfallen
(vgl. z.B. BGH, Urteil vom 9. Januar 2003 - VII ZR 181/00, BGHZ 153, 279,
284, juris Rn. 21 für die Ausführung mit minderwertigem Material). Ergeben
sich die Vergütungsanteile nicht aus dem Vertrag, sind sie zu schätzen (vgl.
zum Reisevertragsrecht BGH, Urteil vom 21. November 2017 - X ZR 111/16 Rn.
10; zu optischen Fehlern z.B. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1994, 341; zu möglichen
Schätzmethoden ferner Messerschmidt/Voit/Moufang/Koos, Privates Baurecht, 2.
Aufl., § 638 BGB Rn. 24; Kapellmann/Messerschmidt/Langen, VOB Teile A und B,
6. Aufl., § 13 VOB/B Rn. 386; Genius in jurisPK-BGB, 8. Aufl., § 638 Rn. 18
a.E., 20; Staudinger/Peters/Jacoby, 2014, BGB, § 634 Rn. 113-115, jeweils
m.w.N.).
43 (2) Für den VOB/B-Vertrag ergeben sich insoweit keine Besonderheiten, die
zu abweichenden Erwägungen führen. Der Umstand, dass die Minderung gemäß §
13 Abs. 6 VOB/B nur in den dort genannten Fällen möglich ist, hindert nicht
die Geltendmachung eines an der Vergütung orientierten Minderwerts des Werks
wegen des nicht beseitigten Mangels (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1982 -
VII ZR 161/80, BauR 1982, 277, 279, juris Rn. 31 f.; vgl. auch
Kapellmann/Messerschmidt/Langen, VOB Teile A und B, 6. Aufl., § 13
VOB/B Rn. 392 m.w.N.)
44 dd) Diese unter aa) und cc) dargestellten Möglichkeiten stellen eine
vollständige und damit ausreichende Kompensation des Vermögensschadens des
Bestellers dar, der das Werk behält und den Mangel nicht beseitigt.
45 Die Zuerkennung eines Anspruchs auf Erstattung fiktiver
Mängelbeseitigungskosten ist auch nicht notwendig, um dem Besteller, der vom
Unternehmer Schadensersatz fordert, die Dispositionsfreiheit zu belassen,
den Mangel (noch) selbst auf Kosten des Unternehmers zu beseitigen.
Entscheidet der Besteller
sich dafür, kann er eine vollständige, ausreichende Kompensation seines
Vermögensschadens wie folgt erlangen:
46 (1) Lässt der Besteller die Mängelbeseitigung durchführen, sind die von
ihm aufgewandten Mängelbeseitigungskosten, die er bei verständiger Würdigung
für erforderlich halten durfte, nicht nur gemäß § 634 Nr. 2, § 637 BGB zu
erstatten. Der Besteller kann in diesem Fall die von ihm aufgewandten
Mängelbeseitigungskosten vielmehr auch als Schaden gemäß § 634 Nr. 4, §§
280, 281 BGB ersetzt verlangen (allgemeine Meinung, vgl. z.B. Messerschmidt/
Voit/Drossart, Privates Baurecht, 2. Aufl., § 634 BGB Rn. 87; für den
VOB/B-Vertrag vgl. Kapellmann/Messerschmidt/Langen, VOB Teile A und B, 6.
Aufl., § 13 VOB/B Rn. 412, jeweils m.w.N.). Denn ihm ist in Höhe der
Aufwendungen ein Vermögensschaden entstanden, den er ohne das mangelhafte
Werk nicht gehabt hätte. Der Umstand, dass er die Aufwendungen freiwillig
erbracht hat, steht dem nicht entgegen. Er durfte sich hierzu aufgrund des
Verhaltens des Unternehmers, der die ihm vom Gesetz eingeräumte Möglichkeit,
sein mangelhaft abgeliefertes Werk nachzubessern (Nacherfüllung), nicht
wahrgenommen hat, herausgefordert fühlen (Halfmeier, BauR 2013, 320, 323
f.). Auf den Ersatz eines geringeren Minderwerts muss er sich in diesem
Fall, vorbehaltlich der Unverhältnismäßigkeit der Aufwendungen (vgl. auch
BGH, Urteil vom 11. Oktober 2012 - VII ZR 179/11, BauR 2013, 81 Rn. 11 =
NZBau 2013, 99), nicht verweisen lassen.
47 Vor Begleichung der Kosten kann der Besteller zudem bereits Befreiung von
den zur Mängelbeseitigung eingegangenen Verbindlichkeiten verlangen.
48 (2) Darüber hinaus hat der Besteller, der Schadensersatz statt der
Leistung in Form des kleinen Schadensersatzes gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281
BGB verlangt hat, grundsätzlich weiterhin das Recht, Vorschuss gemäß § 634
Nr. 2, § 637 BGB zu fordern, wenn er den Mangel beseitigen will.
49 § 281 Abs. 4 BGB steht dem nicht entgegen. Danach ist zwar der Anspruch
auf Leistung ausgeschlossen, sobald der Besteller Schadensersatz statt der
Leistung verlangt hat. Der Besteller kann mithin nicht mehr Nacherfüllung
gemäß § 634 Nr. 1, § 635 BGB verlangen. Die Geltendmachung eines Vorschusses
ist nach dem Wortlaut dieser Vorschrift jedoch nicht ausgeschlossen.
50 Aus § 634 Nr. 2, § 637 BGB ergibt sich - anders als aus § 633 Abs. 3 BGB
a.F. - nichts anderes. Danach entstehen das Selbstvornahmerecht und der
Vorschussanspruch mit erfolglosem Ablauf der zur Nacherfüllung bestimmten
angemessenen Frist, wenn nicht der Unternehmer die Nacherfüllung zu Recht
verweigert (§ 637 Abs. 1 letzter Halbsatz BGB). Soweit aus § 637 Abs. 1
letzter Halbsatz BGB abgeleitet wird, dass diese Rechte einen im Zeitpunkt
ihrer Geltendmachung noch bestehenden Nacherfüllungsanspruch voraussetzen
und deshalb das Verlangen von Schadensersatz statt der Leistung in Form des
kleinen Schadensersatzes mit der Folge des § 281 Abs. 4 BGB weiter dazu
führt, dass auch das Selbstvornahmerecht und der Vorschussanspruch erlöschen
(vgl. z.B. Kniffka/Krause-Allenstein, Bauvertragsrecht, 2. Aufl., § 637 Rn.
10; Palandt/Sprau, BGB, 77. Aufl., § 637 Rn. 1), folgt der Senat dem nicht.
Aus der Begründung zu § 637 BGB ergibt sich ein solcher gesetzgeberischer
Wille nicht (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 266).
51 Demgegenüber ist es nach Sinn und Zweck des Gesetzes gerechtfertigt, dem
Besteller den Vorschussanspruch auch dann noch zuzubilligen, wenn er bereits
Schadensersatz statt der Leistung in Form des kleinen Schadensersatzes
verlangt hat. Aus § 634 Nr. 2, § 637 BGB ergibt sich, dass der Schutz des
Leistungsinteresses im Werkvertragsrecht einen Vorschussanspruch des
Bestellers erfordert, um diesem Nachteile und Risiken einer Vorfinanzierung
der Mängelbeseitigung abzunehmen. Diese gesetzgeberische Wertung
ist bei der Frage zu berücksichtigen, wie im Rahmen des Schadensersatzes ein
möglichst umfassender Ausgleich des verletzten Leistungsinteresses des
Bestellers erreicht werden kann, der den Mangel beseitigen will. Denn der Besteller soll
durch die Wahl des Schadensersatzanspruchs nicht schlechter gestellt werden
(vgl. dazu bereits II. 1. c) cc)). Lässt der Besteller die Mängel
beseitigen, umfasst der Schadensersatzanspruch - wie ausgeführt - die
Erstattung der mit Durchführung der Mängelbeseitigung angefallenen Kosten.
Da dem Besteller nach der gesetzgeberischen Wertung auch die Nachteile und
Risiken einer Vorfinanzierung der Mängelbeseitigung abgenommen werden
sollen, ist ein umfassender Ausgleich des verletzten Leistungsinteresses nur
dann gewährleistet, wenn er - auch nach Wahl des kleinen Schadensersatzes -
weiterhin Vorschuss verlangen kann, allerdings ohne die Möglichkeit, wieder
auf den Nacherfüllungsanspruch zurückzukommen, § 281 Abs. 4 BGB.
52 (3) Auch insoweit gilt für einen VOB/B-Vertrag nichts anderes.
53 ee) Verfahrensrechtlich ist ein im Rahmen des Schadensersatzanspruchs
statt der Leistung in Form des kleinen Schadensersatzes erfolgender Wechsel
der Schadensbemessung, der auf einer Änderung der Disposition des Bestellers
zur Durchführung der Mängelbeseitigung beruht, gemäß § 264 Nr. 3 ZPO
(gegebenenfalls in Verbindung mit § 264 Nr. 2 ZPO) nicht als Klageänderung
anzusehen, sofern der Lebenssachverhalt im Übrigen unverändert ist. Das
Gleiche gilt für den auf einer entsprechenden Änderung der Disposition
beruhenden Wechsel vom Vorschussanspruch auf den Schadensersatzanspruch
statt der Leistung in Form des kleinen Schadensersatzes und umgekehrt.
54 Verlangt etwa ein Besteller, der zunächst von der Mängelbeseitigung
abgesehen und seinen Schaden nach dem Minderwert der mangelhaften Sache
bemessen hat, nach durchgeführter Mängelbeseitigung nunmehr Schadensersatz
in Höhe der aufgewandten Mängelbeseitigungskosten, liegt eine später
eingetretene Veränderung vor, die die Anwendung des § 264 Nr. 3 ZPO
rechtfertigt. Nichts anderes gilt, wenn der Besteller in dieser
Konstellation vor Durchführung der Mängelbeseitigung auf den Vorschussanspruch zurückkommt. Bereits
die Entscheidung, nunmehr die Mängel beseitigen und Vorschuss verlangen zu
wollen, wird von § 264 Nr. 3 ZPO erfasst. Der Umstand, dass der Vor-schuss
zweckgebunden ist und abgerechnet werden muss, während der
Schadensersatzanspruch grundsätzlich auf endgültige Abwicklung des Schadens
gerichtet ist, stellt sich als bloße Beschränkung des Klageantrags im Sinne
des § 264 Nr. 2 ZPO dar. Soweit sich aus den Entscheidungen des Senats vom
11. November 2004 (VII ZR 95/04, BauR 2005, 386, 387, juris Rn. 7 = NZBau
2005, 151) und vom 13. November 1997 (VII ZR 100/97, BauR 1998, 369, 370,
juris Rn. 11) etwas anderes ergibt, wird hieran nicht festgehalten.
55 Hieraus folgt, dass es einem Besteller, der auf der Grundlage der
bisherigen Rechtsprechung noch Schadensersatz in Höhe der fiktiven
Mängelbeseitigungskosten geltend gemacht hat, nicht nur möglich ist, eine
andere Form der Schadensbemessung zu wählen, sondern gegebenenfalls auch auf
den Vorschussanspruch zurückzukommen.
56 2. Klage gegen den Beklagten zu 5
57 a) Aufgrund der wirksamen Beschränkung der Zulassung der Revision durch
das Berufungsgericht und der Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde
durch den Senat steht weiter rechtskräftig fest, dass die Klägerin gegen den
Beklagten zu 5 dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch neben der
Leistung wegen mangelhafter Planung und Überwachung der Natursteinarbeiten
im Außenbereich des Einfamilienhauses in D. gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1
BGB hat. Auch im Verhältnis zum Architekten kann das Berufungsurteil mit der
gegebenen Begründung zur Höhe des Schadensersatzanspruchs indes keinen
Bestand haben.
58 b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs schuldet der Architekt
dem Besteller gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB Schadensersatz wegen der von ihm zu vertretenden Planungs- oder Überwachungsfehler, die sich
im Bauwerk bereits verwirklicht haben. Bei dem gegen den Architekten
gerichteten Schadensersatzanspruch wegen Mängeln des Bauwerks, die auf seine
Planungs- oder Überwachungsfehler zurückzuführen sind, handelt es sich der
Sache nach um einen Schadensersatz neben der Leistung nach § 280 Abs. 1 BGB,
denn die Mängel des Bauwerks können nicht durch Nacherfüllung der
Architektenleistung noch beseitigt werden. Mit dem Schadensersatzanspruch
neben der Leistung gemäß § 280 Abs. 1 BGB kann Schadensersatz für Schäden
beansprucht werden, die an anderen Rechtsgütern des Bestellers oder an
dessen Vermögen eintreten (vgl. BGH, Urteil vom 16. Februar 2017 - VII ZR
242/13, BauR 2017, 1061 Rn. 23 = NZBau 2017, 555 m.w.N.).
59 Dieser Schadensersatzanspruch ist auf Zahlung eines Geldbetrags ge-
richtet. Hat der Architekt die von ihm geschuldeten Planungs- oder
Überwachungsleistungen mangelhaft erbracht und hat der Besteller deswegen
das bei einem Dritten in Auftrag gegebene Bauwerk nicht so erhalten wie als
Ziel der vom Architekten geschuldeten Mitwirkung vereinbart, ist das
hierdurch geschützte Interesse des Auftraggebers an einer entsprechenden
Entstehung des Bauwerks verletzt. Der Schaden des Bestellers besteht darin,
dass er im Ergebnis ein Bauwerk erhält, das hinter dem im Architektenvertrag
als Ziel vereinbarten Bauwerk zurückbleibt. Für den sich daraus ergebenden
Vermögensnachteil hat der Architekt Schadensersatz in Geld zu leisten. Nach
§ 249 Abs. 1 BGB muss der Architekt den Zustand herstellen, der bestehen
würde, wenn er nicht mangelhaft geleistet hätte. Hätte der Architekt die von
ihm geschuldeten Architektenleistungen mangelfrei erbracht, wäre es dem
Auftraggeber möglich gewesen, das Bauwerk wie gewünscht, insbesondere ohne
Mängel, durch den Bauunternehmer entstehen zu lassen. Der Architekt hat dem
Besteller als Schadensersatz daher die Mittel zur Verfügung zu stellen, die
dieser zur Kompensation des verletzten Interesses benötigt (vgl. BGH, Urteil
vom 16. Februar 2017 - VII ZR 242/13, aaO Rn. 24 m.w.N.).
60 c) Auch im Verhältnis zum Architekten scheidet hinsichtlich der von ihm
zu vertretenden Planungs- oder Überwachungsfehler, die sich im Bauwerk
bereits verwirklicht haben, ein Zahlungsanspruch in Höhe der fiktiven
Mängelbeseitigungskosten betreffend das Bauwerk aus.
61 aa) Eine solche Bemessung lässt sich - ungeachtet der Ausführungen unter
II. 1. - mit der bisherigen Rechtsprechung des Senats, wonach ein Mangel
selbst ein Vermögensschaden in Höhe der notwendigen Mängelbeseitigungskosten
sei, ohnehin nicht begründen. Denn es geht im Verhältnis zum Architekten
nicht um die Bemessung eines Mangelschadens, weil der Architekt nicht die
Errichtung des Bauwerks selbst schuldet (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Februar
1965 - GSZ 1/64, BGHZ 43, 227, 229 f., juris Rn. 10). Mängel des
Architektenwerks sind nur die Defizite in Planung oder Überwachung.
62 bb) Für die Frage, wie der durch die im Bauwerk verwirklichten Planungs-
oder Überwachungsfehler (Mängel des Architektenwerks) verursachte Schaden
vermögensmäßig zu bemessen ist, können die obigen Erwägungen betreffend das
Verhältnis des Bestellers zum Bauunternehmer entsprechend herangezogen
werden. Danach ist die Schadensbemessung auch im Verhältnis zum Architekten
daran auszurichten, welche Dispositionen der Besteller zur
Schadensbeseitigung trifft, und sie hat einen vollen Ausgleich bei
Vermeidung einer Überkompensation zu erreichen.
63 cc) Nach diesen Maßstäben gilt hinsichtlich dieser Schäden Folgendes:
64 (1) Lässt der Besteller den Mangel des Bauwerks nicht beseitigen, kann er
seinen Schaden im Wege einer Vermögensbilanz nach dem Minderwert des
Bauwerks im Vergleich zu dem hypothetischen Wert des Bauwerks bei
mangelfreier Architektenleistung bemessen oder gegebenenfalls - bei
Veräußerung des Objekts - nach dem konkreten Mindererlös (dazu II. 1. c) aa)).
65 Hat der durch die mangelhafte Architektenleistung verursachte Mangel des
Bauwerks - wie hier - zur Folge, dass eine Störung des
Äquivalenzverhältnisses des Bauvertrags vorliegt, kann der Besteller
stattdessen seinen Schaden auch in der Weise bemessen, dass er ausgehend von
der mit dem Bauunternehmer vereinbarten Vergütung den mangelbedingten
Minderwert des Werks des Bauunternehmers ermittelt (dazu II. 1. c) cc)).
Denselben Vermögensschaden hat der Architekt, vermittelt durch den Mangel
des Werks des Bauunternehmers, durch seine mangelhafte Architektenleistung
verursacht und deshalb zu ersetzen.
66 (2) Lässt der Besteller den Mangel des Bauwerks beseitigen, sind die von
ihm aufgewandten Kosten als Schaden gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB zu
ersetzen. Denn ihm ist in Höhe der Aufwendungen ein Vermögensschaden
entstanden, den er ohne die mangelhafte Architektenleistung nicht gehabt
hätte. Vor Begleichung der Kosten kann der Besteller zudem Befreiung von den
eingegangenen Verbindlichkeiten verlangen.
67 Hierin erschöpft sich der Vermögensschaden des Bestellers jedoch nicht.
Er muss nunmehr auch Nachteile und Risiken einer Vorfinanzierung der
Arbeiten am Bauwerk tragen, die ohne die mangelhafte Architektenleistung
nicht entstanden wären. Nach § 634 Nr. 2, § 637 BGB werden dem Besteller im
Verhältnis zu dem mangelhaft leistenden Bauunternehmer die Nachteile und
Risiken einer Vorfinanzierung durch die Gewährung eines Vorschussanspruchs
abgenommen. Diese für das Werkvertragsrecht getroffene Wertung des
Gesetzgebers ist auch für Planungs- oder Überwachungsfehler des Architekten,
die sich im Bauwerk bereits verwirklicht haben, zu berücksichtigen. Ein
umfassender Ausgleich des verletzten Interesses des Bestellers im Rahmen des
Schadensersatzanspruchs gemäß § 634 Nr. 4, § 280 BGB wegen Planungs- oder
Überwachungsfehlern, die sich im Bauwerk bereits verwirklicht haben,
erfordert danach auch die Überwälzung der Vorfinanzierung auf den
Architekten in Form
der vorherigen Zahlung eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrags an
den Besteller.
68 (3) Architekt und Bauunternehmer haben insoweit gegenüber dem Besteller
gemeinsam für die Mängel des Bauwerks und den hierdurch entstandenen Schaden
(wegen §§ 254, 278 BGB gegebenenfalls in unterschiedlicher Höhe)
einzustehen, wenn jeder von ihnen seine Pflichten mangelhaft erfüllt hat
(vgl. BGH, Beschluss vom 1. Februar 1965 - GSZ 1/64, BGHZ 43, 227, 230 f., juris Rn. 12).
69 3. a) Zum Schadensersatz gemäß § 437 Nr. 3, §§ 280, 281 BGB aus
Kaufverträgen wegen des Mangels einer Kaufsache nehmen der V. und VIII.
Zivilsenat (seit der Einführung eines Nacherfüllungsanspruchs im Kaufrecht
zum 1. Januar 2002) an, dass ein Käufer seinen zu ersetzenden Schaden im
Rahmen des kleinen Schadensersatzes auf der Grundlage der
Mängelbeseitigungskosten unabhängig von einer Beseitigung des Mangels
berechnen kann. Hierzu haben sie sich auf die bisherige Rechtsprechung des
erkennenden Senats zur Bemessung des Schadens im Werkvertragsrecht nach
fiktiven Mängelbeseitigungskosten bezogen (vgl. BGH, Urteile vom 15. Juni
2012 - V ZR 198/11, BGHZ 193, 326 Rn. 31; vom 4. April 2014 - V ZR 275/12,
BGHZ 200, 350 Rn. 33; vom 11. Dezember 2015 - V ZR 26/15, BauR 2016, 1035
Rn. 21 und vom 29. April 2015 - VIII ZR 104/14, NJW 2015, 2244 Rn. 12).
70 Das veranlasst nicht, beim V. und VIII. Zivilsenat anzufragen, ob sie
auch unter Berücksichtigung der obigen Erwägungen an dieser Rechtsprechung
festhalten möchten, und gegebenenfalls die Rechtsfrage dem Großen Senat für
Zivilsachen vorzulegen, § 132 Abs. 2 GVG. Denn die Änderung der
Rechtsprechung des Senats beruht auf Besonderheiten des Werkvertragsrechts,
die es auch dann rechtfertigen würden, die Bemessung des Schadensersatzes
statt der Leistung im Werkvertragsrecht anders vorzunehmen, wenn für das
Kaufrecht an der bisherigen Auffassung festzuhalten wäre.
71 Einerseits sind die Gefahren einer erheblichen Überkompensation eines
Schadens des Bestellers - wie die Erfahrungen in vielen Fällen zeigen - im
Werkvertragsrecht deutlich größer als im Kaufrecht in Bezug auf den Schaden
des Käufers. Das beruht vor allem darauf, dass es im Werkvertragsrecht
regelmäßig schon faktisch nicht die Möglichkeit gibt, vergleichsweise
kostengünstiger ein neues Werk herzustellen, als den Mangel am Werk zu
beseitigen. Die Unverhältnismäßigkeit im Sinne von § 635 Abs. 3 BGB tritt
zudem nur selten ein, weil sich ein Mangel des Werks üblicherweise an Sachen
des Bestellers auswirkt und sich deshalb der (isolierte) Wert des
mangelfreien Werks anders als im Kaufrecht (vgl. § 439 Abs. 4 Satz 2 BGB;
BGH, Urteil vom 4. April 2014 - V ZR 275/12, BGHZ 200, 350 Rn. 41 ff.) nicht
einmal als Faustregel für einen Grenzwert der Unverhältnismäßigkeit eignet.
Schließlich sind Werkverträge regelmäßig dadurch gekennzeichnet, dass ein
individuell gewünschter Erfolg mit bestimmten vereinbarten Beschaffenheiten
versprochen wird und zu erreichen ist; dabei muss nicht jedes Verfehlen
dieses Ziels, also jeder Mangel im Sinne von § 633 BGB, ohne Weiteres im
Markt überhaupt als vermögensrelevant angesehen werden. Das ist
üblicherweise anders, wenn die Übereignung einer Sache im Mittelpunkt steht.
72 Andererseits bedarf es im Werkvertragsrecht eines Anspruchs auf
Erstattung fiktiver Mängelbeseitigungskosten auch nicht, um dem Besteller
die Dispositionsfreiheit zu belassen, den Mangel (noch) selbst auf Kosten
des Unternehmers zu beseitigen. Hier ist er ausreichend durch die Rechte der
Vorschrift des § 637 BGB, die im Kaufrecht keine Entsprechung hat, vor allem
auch durch den Vorschussanspruch des § 637 Abs. 3 BGB, geschützt (vgl. oben
II. 1. c) dd)).
73 b) Soweit gemäß § 249 Abs. 2 BGB nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs auch fiktive Kosten als Schadensersatz verlangt werden
können, steht dies nicht in Widerspruch zur vorliegenden Entscheidung, bei
der es nicht um die Beschädigung einer Sache geht.
III.
74 Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben, soweit dort die
Höhe des Schadens nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten bemessen worden
ist. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, § 563 Abs. 3 ZPO.
Die Klägerin wird zunächst Gelegenheit bekommen müssen, ihren Schaden nach
den oben ausgeführten Grundsätzen darzulegen.
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