Ersatzfähigkeit des abstrakten Nutzungsausfalls
bei Beschädigung eines Motorrads
BGH v. 23.1.2018 - VI ZR 57/17 - LG
Stade
Fundstelle:
noch nicht bekannt
für BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
a) Der vorübergehende Entzug der
Gebrauchsmöglichkeit eines Motorrads, das dem Geschädigten als einziges
Kraftfahrzeug zur Verfügung steht und nicht reinen Freizeitzwecken dient,
stellt einen Vermögensschaden dar und kann einen Anspruch auf
Nutzungsausfallentschädigung begründen. b) Der Umstand, dass der
Geschädigte das Motorrad nur bei günstigen Witterungsbedingungen nutzt,
spielt erst im Rahmen der konkreten Schadensbetrachtung bei der Frage eine
Rolle, ob der Geschädigte - auch im Hinblick auf die Wetterlage -zur Nutzung
willens und in der Lage war.
Zentrale Probleme:
Es geht - einmal mehr - um die Frage des abstrakten
Nutzungsausfalls bei Beschädigung einer Sachen. Im
Zentrum steht immer die Abgrenzung zum Nichtvermögensschaden, der nach § 253
BGB eben nur in bestimmten Fällen ersetzbar ist. Daher muss hergeleitet
werden, dass die bloße Möglichkeit der Nutzung eines Gegenstandes bereits
einen Vermögenswert hat, der dann ohne die Einschränkung des § 253 BGB
ersetzbar ist. Da man sich hart an der Grenze zu § 253 BGB bewegt (wenn sie
nicht schon überschritten ist), kommt das nur in denjenigen Ausnahmefällen
in Betracht, in welchen die Verfügbarkeit des Gegenstandes für die
eigenwirtschaftliche Lebenshaltung von zentraler Bedeutung ist. Hier ging es
um den Nutzungsausfall eines Motorrads. Der Senat bejaht einen solchen
abstrakten Nutzungsausfall hier nur deshalb, weil das Motorrad das einzige
Kraftfahrzeug des Klägers war. S. dazu auch
BGH v. 20.2.2014 - VII ZR 172/13 (Eigentumswohnung);
BGH v. 10.6.2008 - VI ZR 248/07 (Wohnmobil);
BGH v. 24.1.2013 - III ZR 98/12 (DSL-Anschluss).
©sl 2019
Tatbestand:
1 Der Kläger ist Eigentümer
und Halter eines Motorrads, einer Honda CBF 1000, das nicht ganzjährig,
sondern in der Zeit von März bis Ende Oktober zugelassen ist. Am 5.
September 2014 stieß der Beklagte das Motorrad aus Unachtsamkeit um,
so dass dieses erheblich beschädigt wurde; für den Schaden ist der Beklagte
dem Grunde nach voll einstandspflichtig. Nachdem der von der
Haftpflichtversicherung des Beklagten beauftragte Sachverständige das
Motorrad am 30. September 2014 besichtigt hatte und sein Gutachten dem
Kläger am 11. Oktober 2014 zugegangen war, ließ der Kläger am 13. Dezember
2014 das Motorrad soweit instand setzen, dass die Fahrbereitschaft wieder
hergestellt war. Die Haftpflichtversicherung des Beklagten zahlte die
Not(teil)reparaturkosten in Höhe von rund 93 € und auf die geltend gemachte
Nutzungsausfallentschädigung einen Betrag von 25 €. Mit der Klage hat der
Kläger den Beklagten auf Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung für die
Zeit vom 5. September 2014 bis 14. Oktober 2014 (= 40 Tage) in Höhe von 45 €
pro Tag, insgesamt also - unter Berücksichtigung der vorgerichtlichen
Zahlung von 25 € -auf 1.775 €, sowie auf Ersatz der Kosten eines
Kostenvoranschlags in Höhe von 45 € und seiner vorgerichtlichen
Rechtsanwaltskosten in Anspruch genommen.
2 Das Amtsgericht hat dem
Kläger die Kosten des Kostenvoranschlags nebst Zinsen zugesprochen und im
Übrigen die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das
Landgericht das Urteil des Amtsgerichts lediglich im Zinsausspruch
abgeändert und im Übrigen die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom
Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel
(1.775 € Nutzungsausfallentschädigung nebst Ersatz vorgerichtlicher
Rechtsanwaltskosten) weiter. Entscheidungsgründe:
I.
3 Das
Berufungsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass
ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den
Voraussetzungen des Anspruchs auf Ersatz einer Nutzungsausfallentschädigung
und bei der gebotenen Anlegung eines strengen Maßstabes sich nicht
hinreichend feststellen lasse, dass der Kläger das Motorrad in dem
streitgegenständlichen Zeitraum wirklich gebraucht hätte und auf dessen
ständige Verfügbarkeit für seine eigenwirtschaftliche Lebenshaltung
angewiesen gewesen wäre und deshalb der Entzug der Nutzungsmöglichkeit für
ihn in einer solchen Art und Weise "fühlbar" geworden wäre, dass ihm
Nutzungsausfallentschädigung zuzusprechen wäre. Der Kläger sei auf
den alltäglichen Gebrauch des Motorrads nicht angewiesen gewesen, weil er im
Rahmen seiner täglichen Lebensgestaltung in der Regel mit einer Jahreskarte
die öffentlichen Verkehrsmittel und nur ausnahmsweise unter bestimmten
Bedingungen das Motorrad nutze, nämlich nur in der Zeit von März bis Ende
Oktober und nur bei gutem Wetter, um damit zur Arbeit oder zu weiter
entfernt wohnenden Bekannten zu fahren oder um Einkäufe zu tätigen. Bei
schlechtem Wetter in diesem Zeitraum nutze der Kläger ebenfalls öffentliche
Verkehrsmittel. Die Benutzbarkeit des Motorrads sei für ihn nicht
vorhersehbar und planbar, so dass er regelmäßig von der Nutzung öffentlicher
Verkehrsmittel ausgehen müsse. Er nutze daher das Motorrad nicht wie einen
Pkw. Dass er nicht auf den alltäglichen Gebrauch des Motorrads angewiesen
sei, zeige sich auch daran, dass er sich bis zum 13. Dezember 2014 nicht
bzw. nicht mit Nachdruck um die Not(teil)reparatur bemüht habe, obwohl ihm
spätestens seit dem Zugang des Gutachtens am 11. Oktober 2014 bekannt
gewesen sei, dass für die Wiederherstellung der Fahrbereitschaft lediglich
der Ersatz des Handbremshebels erforderlich gewesen sei. Die Beschädigung
des Motorrads habe sich nicht signifikant auf die materiale Grundlage der
Lebenshaltung des Klägers ausgewirkt. Dies gelte auch unter Berücksichtigung
des Umstandes, dass mit der Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel
regelmäßig erheblich längere Fahrzeiten verbunden sein mögen. Dieser Umstand
stelle keinen messbaren wirtschaftlichen Vermögensnachteil dar, der
vorliegend den geltend gemachten Anspruch begründen könnte.
II.
4 Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung
nicht stand. Die Gebrauchsmöglichkeit des Motorrads, das dem Kläger
als einziges Kraftfahrzeug zur Verfügung steht, ist als geldwerter Vorteil
anzusehen, so dass der vorübergehende Entzug einen Vermögensschaden
darstellt. Der Umstand, dass der Kläger sein Motorrad nur bei
günstigen Witterungsbedingungen nutzt, spielt erst im Rahmen der konkreten
Schadensbetrachtung bei der Frage eine Rolle, ob der Kläger im
streitgegenständlichen Zeitraum - auch im Hinblick auf die Wetterlage - zur
Nutzung willens und in der Lage war. Die hierzu erforderlichen
Feststellungen sind noch nicht getroffen.
5 1. Ersatz für
den Ausfall der Nutzungsmöglichkeit eines Wirtschaftsguts kommt nur für
einen der vermögensmehrenden, erwerbswirtschaftlichen Verwendung
vergleichbaren eigenwirtschaftlichen, vermögensmäßig erfassbaren Einsatz der
betreffenden Sache in Betracht. Der Ersatz für den Verlust der Möglichkeit
zum Gebrauch einer Sache muss grundsätzlich Fällen vorbehalten bleiben, in
denen die Funktionsstörung sich typischerweise als solche auf die materiale
Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt. Andernfalls
bestünde die Gefahr, unter Verletzung des § 253 BGB die Ersatzpflicht auf
Nichtvermö-gensschäden auszudehnen. Auch würde dies mit den
Erfordernissen von Rechtssicherheit und Berechenbarkeit des Schadens in
Konflikt geraten (Senatsurteil
vom 10. Juni 2008 - VI ZR 248/07, NJW-RR 2008, 1198 Rn.
7; BGH, Urteil vom 24.
Januar 2013 - III ZR 98/12, BGHZ 196, 101 Rn. 9).
Deshalb beschränkt sich der Nutzungsausfallersatz auf Sachen, deren ständige
Verfügbarkeit für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise von
zentraler Bedeutung ist (Senatsurteil vom
10. Juni 2008 - VI ZR 248/07,
NJW-RR 2008, 1198 Rn. 7; BGH,
Urteil vom 24. Januar 2013 - III ZR
98/12, BGHZ 196, 101 Rn. 9; Beschluss des Großen Senats
für Zivilsachen vom 9. Juli 1986 - GSZ 1/86, BGHZ 98, 212, 222 f.).
Dabei müssen die Nutzungseinbußen an objektiven Maßstäben gemessen werden
können. Der Tatrichter soll den Schadensersatz nicht an unkontrollierbaren
subjektiven Wertschätzungen festmachen müssen, die ihm der Geschädigte
angibt, sondern an Werten, die der Verkehr dem Interesse an der konkreten
Nutzung beimisst (Senatsurteil
vom 10. Juni 2008 - VI ZR 248/07, NJW-RR 2008, 1198 Rn.
7; BGH, Urteil vom 24.
Januar 2013 - III ZR 98/12, BGHZ 196, 101 Rn. 9;
Beschluss des Großen Senats für Zivilsachen vom 9. Juli 1986 - GSZ 1/86,
BGHZ 98, 212, 222). Hierzu kann auf die
Verkehrsanschauung abgehoben werden, wenn diese auch nicht darüber
entscheiden kann, wo die Grenze des § 253 BGB verläuft (Senatsurteil
vom 10. Juni 2008 - VI ZR 248/07, aaO, mwN).
6 Bei
der Prüfung, ob nach der Verkehrsauffassung der vorübergehende Verlust der
Nutzungsmöglichkeit eines Gegenstandes als wirtschaftlicher Schaden gewertet
werden kann, ist ein strenger Maßstab anzulegen.
Das verlangt die in § 253 BGB getroffene
gesetzgeberische Entscheidung, wonach immaterieller Schaden nur
ausnahmsweise, nämlich in den gesetzlich geregelten Fällen, zu ersetzen ist
(Senatsurteil vom
10. Juni 2008 - VI ZR 248/07, NJW-RR 2008, 1198 Rn. 9;
BGH, Urteil vom 24. Januar
2013 - III ZR 98/12, BGHZ 196, 101 Rn. 10). Dieser
restriktive Maßstab hat dazu geführt, dass der Bundesgerichtshof
mehrfach für den Nutzungsausfall von Gegenständen eine Entschädigungspflicht
verneint hat (vgl. Senatsurteile vom 10. Juni 2008 - VI ZR 248/07,
NJW-RR 2008, 1198 Rn. 10 ff. - Wohnmobil; vom 15. November
1983 - VI ZR 269/81, BGHZ 89, 60 - Motorsportboot; BGH,
Urteile vom 15. Dezember 1982 - VIII ZR 315/80, BGHZ 86, 128 -
Wohnwagen; vom 28. Februar 1980 - VII ZR 183/79, BGHZ 76, 179 -
privates Schwimmbad; vom 12. Februar 1975 - VIII ZR 131/73,
BGHZ 63, 393 - Pelzmantel). In den genannten Fällen ist die
Zuerkennung eines Entschädigungsanspruchs für den Nutzungsverlust letztlich
daran gescheitert, dass sich der zeitweise Verlust unter Berücksichtigung
der Verkehrsauffassung nicht als wirtschaftlicher Schaden
dargestellt hat, sondern als individuelle Genussschmälerung und
damit als nicht vermögensrechtlicher Schaden.
7 Demgegenüber hat der
Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung einen Anspruch auf
Entschädigung für den Fortfall der Nutzungsmöglichkeit von
Kraftfahrzeugen grundsätzlich bejaht (z.B. Senatsurteile vom 15.
April 1966 - VI ZR 271/64, BGHZ 45, 212, 215; vom 18. Mai 1971 - VI ZR
52/70, BGHZ 56, 214, 215; vom 23. November 2004 - VI ZR 357/03, BGHZ 161,
151, 154; vom 10. Juni 2008 - VI ZR 248/07, NJW-RR 2008, 1198 Rn. 6, 8 mwN;
BGH, Urteil vom 30. September 1963 - III ZR 137/62, BGHZ 40, 345, 348 ff.).
Nach der Verkehrsauffassung und allgemeiner Rechtsauffassung stellt
die Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftfahrzeugs grundsätzlich ein
vermögenswertes Gut dar und ist als geldwerter Vorteil anzusehen, so dass
sich bei vorübergehender Entziehung ein Vermögensschaden ergeben kann.
Dies ergibt sich vor allem daraus, dass die Verfügbarkeit
eines Kraftfahrzeugs innerhalb und außerhalb des Erwerbslebens geeignet ist,
Zeit und Kraft zu sparen und damit - in Unabhängigkeit von öffentlichen
Verkehrsmitteln (BGH, Urteil vom 30. September 1963 - III ZR
137/62, BGHZ 40, 345, 349) - das Fortkommen im allgemeinsten Sinne
zu fördern (Senatsurteile vom 10. Juni 2008 - VI ZR 248/07, NJW-RR
2008, 1198 Rn. 6 mwN; vom 18. Mai 1971 - VI ZR 52/70, BGHZ 56, 214, 215 f.).
Dass der Gebrauch eines Kraftfahrzeugs für den Benutzer daneben
einen Gewinn an Bequemlichkeit bedeuten kann, steht bei der gebotenen
generalisierenden Betrachtungsweise nicht im Vordergrund, weil Anschaffung
und Unterhaltung eines Kraftfahrzeugs in erster Linie um des
wirtschaftlichen Vorteils willen erfolgen, der in der Zeitersparnis liegt
(Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - VI ZR 248/07, NJW-RR 2008, 1198 Rn. 8
mwN). Dient ein Kraftfahrzeug aber reinen
Freizeitzwecken, so betrifft dieser Gesichtspunkt nicht die alltägliche
Nutzbarkeit zur eigenwirtschaftlichen Lebensführung und entzieht sich
deshalb einer vermögensrechtlichen Bewertung (Senatsurteil
vom 10. Juni 2008 - VI ZR 248/07, NJW-RR 2008, 1198 Rn.
10 - Wohnmobil).
8 Um sicherzustellen, dass der Geldersatz für
Verluste im eigenwirtschaftlichen Einsatz der Sache ungeachtet der
notwendigen Typisierung und Pauschalierung einer konkreten, auf das jeweils
betroffene Vermögen bezogenen Schadensbetrachtung verhaftet bleibt, und um
dem schadensrechtlichen Grundsatz des Bereicherungsverbots gerecht zu
werden, ist die Zuerkennung der Entschädigung weiter davon abhängig,
dass der Eigentümer sein Fahrzeug in der fraglichen Zeit benutzen wollte und
hierzu in der Lage war. Darüber hinaus muss die Entbehrung
der Nutzung auch deshalb "fühlbar" geworden sein, weil der Geschädigte das
Fahrzeug mangels eines weiteren geeigneten Kraftfahrzeugs für seine
alltägliche Lebensführung wirklich gebraucht hätte (Senatsurteil
vom 10. Juni 2008 - VI ZR 248/07, NJW-RR 2008, 1198 Rn. 7; Beschluss des
Großen Senats für Zivilsachen vom 9. Juli 1986 - GSZ 1/86, BGHZ 98, 212,
220; vgl. auch Senatsurteil vom 4. Dezember 2007 - VI ZR 241/06, NJW 2008,
913 Rn. 10 für gewerblich genutztes Kfz).
9 2. Diese
Grundsätze gelten auch für die Gebrauchsmöglichkeit eines Motorrads, das als
Kraftfahrzeug ebenfalls geeignet ist, Zeit und Kraft zu sparen und
unabhängige Mobilität zu gewährleisten. Verfügt allerdings der Geschädigte
neben dem Motorrad über einen Pkw und stützt er die Wertschätzung des
Motorrads vor allem darauf, dass das Motorradfahren sein Hobby sei oder im
Vergleich zur Fahrt mit einem Pkw ein anderes Fahrgefühl vermittle, betrifft
dieser Gesichtspunkt nicht die alltägliche Nutzbarkeit zur
eigenwirtschaftlichen Lebensführung und entzieht sich daher einer
vermögensrechtlichen Bewertung (Senatsbeschlüsse vom 11. September
2012 - VI ZR 92/12, Schaden-Praxis 2012, 438; vom 13. Dezember 2011 - VI ZA
40/11, NZV 2012, 223). Der Entzug der Gebrauchsmöglichkeit eines Motorrads
hingegen, das als einziges dem Geschädigten zur Verfügung stehendes
Kraftfahrzeug nicht ausschließlich zu Freizeitzwecken genutzt wird,
stellt sich nicht lediglich als individuelle Genussschmälerung dar und kann
ebenso wie der Entzug der Gebrauchsmöglichkeit eines Pkw den Anspruch auf
Nutzungsausfallentschädigung begründen (vgl. OLG Hamm, MDR 1983, 932;
einschränkend: OLG Saarbrücken, NZV 1990, 312; OLG Düsseldorf, NJW 2008,
1964 sogar für den Fall, dass ein Zweitfahrzeug vorhanden ist;
Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 5. Aufl., § 25 Rn. 51).
Im Rahmen der im ersten Schritt anzustellenden typisierenden
Betrachtungsweise ergibt sich anderes nicht daraus, dass die Nutzung eines
Motorrads häufig - insoweit anders als in der Regel die Nutzung eines Pkw -
von den Wetter- und Witterungsbedingungen abhängig gemacht wird. Auch der
Gebrauch eines Motorrads, das nur in der wärmeren Jahreszeit zugelassen ist
und auch in diesem Zeitraum nur bei geeignetem Wetter gefahren wird, spart
Zeit und Kraft und ermöglicht es seinem Nutzer, sein Ziel unabhängig von
öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Zwar muss er sich von vornherein
damit arrangieren, dass er bei ungeeignetem Wetter sein Fahrzeug nicht
nutzen und damit von der mit dem Gebrauch des Fahrzeugs verbundenen
Zeitersparnis nur unter Umständen profitieren kann, die er weder
beeinflussen noch sicher vorhersehen kann. Auch muss er seine Lebensführung
so gestalten, dass er jederzeit - ggf. auch kurzfristig - auf ein anderes
Fortbewegungsmittel, zum Beispiel öffentliche Verkehrsmittel, ausweichen
kann. In der Zeit, in der er das Motorrad nutzt, profitiert er aber von dem
Vorteil unabhängiger Mobilität und dem Zeitgewinn ebenso wie ein Pkw-Fahrer.
Der hierin liegende geldwerte Vorteil kann ihm ebenso wenig wie einem
Pkw-Fahrer mit der Begründung abgesprochen werden, dass er ersatzweise die
öffentlichen Verkehrsmittel nutzen könnte.
10 Der Umstand, dass das
Motorrad nur eingeschränkt - bei geeignetem Wetter - genutzt wird, spielt
erst im zweiten Schritt, nämlich im Rahmen der konkreten Schadensbetrachtung
bei der Frage eine Rolle, ob der Geschädigte im streitgegenständlichen
Zeitraum zur Nutzung willens und in der Lage gewesen wäre und der
Gebrauchsentzug für ihn fühlbar geworden ist. Dass dies im Einzelfall - bei
einem Motorrad anders als bei einem Pkw möglicherweise unter Einbeziehung
der Wetterbedingungen in dem maßgeblichen Zeitraum - festgestellt werden
muss, läuft entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung den
Erfordernissen der Rechtssicherheit und der Berechenbarkeit des Schadens
nicht zuwider.
11 3. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts
nutzt der Kläger in der Zeit von März bis Ende Oktober bei gutem Wetter das
Motorrad, um damit zur Arbeit oder zu weiter entfernt wohnenden Bekannten zu
fahren oder um Einkäufe zu tätigen. Die übrige Zeit nutzt er
öffentliche Verkehrsmittel. Damit stellt die
Gebrauchsmöglichkeit seines Motorrads nach der Verkehrsauffassung einen
geldwerten Vorteil dar, so dass sich bei vorübergehender Entziehung ein
Vermögensschaden ergeben kann. Dies gilt unabhängig davon, ob die
Nutzung des Motorrads über das Jahr betrachtet eher die Regel oder die
Ausnahme ist und ob der Kläger, der im Besitz einer Jahreskarte ist, in dem
streitgegenständlichen Zeitraum die öffentlichen Verkehrsmittel hätte nutzen
können.
12 Feststellungen dazu, ob der Kläger, wie von ihm
unter Verweis auf Wetterberichte und -statistiken behauptet, in dem
streitgegenständlichen Zeitraum sein Motorrad hätte nutzen können und
wollen, sind bislang nicht getroffen; sie werden, soweit im Rahmen der
Schadensschätzung nach § 287 ZPO erforderlich, nachzuholen sein.
Der Nutzungswille lässt sich jedenfalls nicht allein mit der vom
Berufungsgericht unter einem anderen Gesichtspunkt angeführten Begründung
ausschließen, dass der Kläger sich erst Mitte Dezember 2014 um die
Not(teil)reparatur kümmerte. Denn es ist bereits nicht festgestellt, dass
dem Kläger, der nach seinem im Berufungsurteil festgestellten Vortrag in der
zweiten Oktoberhälfte - also bis zum Ende der Zulassungsperiode - im Urlaub
war, schon vor dem Zugang des Gutachtens am 11. Oktober 2014 bekannt war,
dass für die Wiederherstellung der Fahrbereitschaft des erheblich
beschädigten Motorrads lediglich der Ersatz des Handbremshebels erforderlich
war. Zu der erforderlichen Ausfallzeit, für die Ersatz des Nutzungsausfalls
verlangt werden kann, zählt grundsätzlich auch die Zeit für die
Schadensfeststellung (Senatsurteil vom 5. Februar 2013 - VI ZR 363/11, VersR
2013, 471 Rn. 22).
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