Naturalrestitution und Wertinteresse; Bereicherungsverbot im Schadensrecht:
Kein Ersatz fiktiver Reparaturkosten über dem Wiederbeschaffungswert eines
Kfz bei nicht fachgerechter Reparatur
BGH, Urteil
vom 15. Februar 2005 - VI ZR 70/04
Fundstelle:
NJW 2005, 1108
BGHZ 162, 161
s. auch BGH, Urteil vom 15. Februar 2005 - VI ZR
172/04
Amtl. Leitsatz:
Ersatz von Reparaturaufwand bis zu 30%
über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs kann nur verlangt werden, wenn
die Reparatur fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt wird, wie ihn der
Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat
(Fortführung des Senatsurteils BGHZ 154, 395 ff.).
Zentrale Probleme:
In der sehr lehreichen Entscheidung, welche die bisherige Entwicklung
von Rechtsprechung und Literatur hervorragend wiedergibt, geht es um
grundsätzliche Fragen des Schadensersatzrechts der §§ 249 ff BGB. Von
Bedeutung ist insbesondere die Abgrenzung zwischen Integritäts- und
Wertinteresse, d.h. Naturalrestitution und Wertersatz (s. dazu bereits
BGHZ 115, 364): Erstere kann der Geschädigte
auch verlangen, wenn sie den Wert übersteigt, Grenze ist § 251 II BGB. Der
BGH ist der Ansicht, daß auch der Ersatz fiktiver Reparaturkosten eine Form
der Naturalrestitution ist. Sie können aber nach der Grundaussage der
vorliegenden Entscheidung nur in Anspruch genommen werden, wenn der
Geschädigte sein Interesse an der Wiederherstellung auch betätigt, d.h. das
Fahrzeug auch fachgerecht repariert bzw. reparieren läßt. Tut er dies, kann
er bis zur Grenze des § 251 II BGB, welche die Rspr. bei 130 % des
Wiederbeschaffungswertes zieht, fiktive Reparaturkosten auch verlangen,
soweit sie über den tatsächlich angefallenen Kosten liegen. S. dazu auch
BGH v. 10.7.2007 - VI ZR 258/06.
©sl 2005
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Ersatz restlichen Sachschadens aus einem
Verkehrsunfall, für den die Beklagten als Unfallgegner und
Haftpflichtversicherer in vollem Umfang einzustehen haben.
Die für die fachgerechte und vollständige Reparatur des klägerischen
Fahrzeugs erforderlichen Kosten schätzte der KFZ-Sachverständige auf
18.427,37 DM inklusive der gesetzlichen Mehrwertsteuer. Den
Wiederbeschaffungswert schätzte er auf 13.800 DM und den Restwert auf 2.500
DM. Der Kläger reparierte das Fahrzeug in Eigenregie teilweise und nutzt es
weiter. Die Beklagte zu 1 erstattete vorprozessual 11.300 DM.
Der Kläger vertritt die Ansicht, daß ihm die geschätzten Reparaturkosten bis
zur Höhe von 30% über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs zu erstatten
seien. Er hat u.a. weitere Reparaturkosten von 3.394,98 € (= 6.640 DM)
eingeklagt. Das Landgericht hat der Klage zuerst in vollem Umfang
stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das
Urteil aufgehoben, soweit es zum Nachteil der Beklagten ergangen ist, und
die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht
zurückverwiesen. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage
des Umfangs der durchgeführten Reparatur hat das Landgericht dem Kläger den
von der Beklagten zu 1 in Abzug gebrachten Restwert in Höhe von 1.278,23 €
(= 2.500 DM) zugesprochen. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Das
Berufungsgericht hat die Revision beschränkt auf den Anspruch auf Ersatz
weiterer Reparaturkosten zugelassen. Der Kläger verfolgt mit seinem
Rechtsmittel sein Klagebegehren hinsichtlich des Reparaturkostenersatzes
weiter.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht verneint
einen Anspruch auf Ersatz weiterer Reparaturkosten, weil dem Kläger nach den
Umständen des Falles kein Integritätszuschlag von 30% über dem
Wiederbeschaffungswert zugebilligt werden könne. Für diesen Zuschlag sei
erforderlich, daß das Fahrzeug fachgerecht und vollständig repariert werde,
auch wenn eine Selbstreparatur vorgenommen werden dürfe. Hinsichtlich des
Reparaturbedarfs habe sich der Geschädigte an den im Schadensgutachten
enthaltenen fachhandwerklichen Vorgaben zu orientieren. Bei einer nur die
Fahrbereitschaft wiederherstellenden Teilreparatur komme ein schutzwürdiges
Integritätsinteresse des Geschädigten nicht zum Tragen. Allerdings sei in
einem solchen Fall der für die Schadensbehebung erforderliche Geldbetrag bis
zum Wiederbeschaffungswert, also ohne Abzug des Restwerts, zu erstatten.
II. Die Revision bleibt erfolglos. Die Auffassung des Berufungsgerichts, daß
der Geschädigte nicht Ersatz von den Wiederbeschaffungswert übersteigenden
Reparaturkosten verlangen kann, wenn er den Schaden auf der Basis eines
Sachverständigengutachtens abrechnet, die Reparatur jedoch nicht im
entsprechenden Umfang und fachgerecht durchführt, erweist sich als
zutreffend.
1. a) Gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB ist der Geschädigte, der es nach
einem Sachschaden selbst in die Hand nimmt, den früheren Zustand
herzustellen, berechtigt, vom Schädiger den dazu erforderlichen Geldbetrag
zu verlangen. Der Schädiger kann ihn auf eine Entschädigung in Geld für den
erlittenen Wertverlust nur dann verweisen, wenn und soweit die Herstellung
nicht möglich oder zur Entschädigung nicht genügend ist (§ 251 Abs. 1 BGB)
oder unverhältnismäßige Aufwendungen erfordert (§ 251 Abs. 2 Satz 1 BGB).
Erst die Unverhältnismäßigkeit bildet also bei möglicher
Naturalrestitution die Grenze, ab welcher der Ersatzanspruch des
Geschädigten sich nicht mehr auf Herstellung (Naturalrestitution), sondern
allein noch auf Wertausgleich des Verlustes in der Vermögensbilanz
(Kompensation) richtet. Insoweit hat Naturalrestitution Vorrang vor
Kompensation (Senatsurteil BGHZ 115, 364, 367).
b) Bei einem Schaden an einem Kraftfahrzeug kann der Geschädigte auf
zweierlei Weise Naturalrestitution erreichen: er kann die Kosten für die
Reparatur oder für die Anschaffung eines (gleichwertigen) Ersatzfahrzeugs
verlangen.
Auch die letztere Art der Schadensbeseitigung ist, wie der Senat
wiederholt ausgesprochen hat und woran er weiter festhält, eine Form der
Naturalrestitution (Senatsurteile BGHZ 154, 395, 397;
115, 364, 368; 115, 375 ff.). Denn das Ziel
der Restitution beschränkt sich nicht auf eine (Wieder)Herstellung der
beschädigten Sache; es besteht in umfassenderer Weise gemäß § 249 Abs. 1 BGB
darin, den Zustand herzustellen, der, wirtschaftlich gesehen, der ohne das
Schadensereignis bestehenden Lage entspricht (Senatsurteil
BGHZ 115, 364, 368 m.w.N.).
aa) Unter den zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten der
Naturalrestitution hat der Geschädigte grundsätzlich diejenige zu wählen,
die den geringsten Aufwand erfordert. Auch dieses
Wirtschaftlichkeitspostulat hat der Senat mehrfach betont (Senatsurteile
BGHZ 155, 1, 3; 154, 395, 387; 115, 364, 373;
115, 375 ff.; 66, 239, 248 f.; 63, 182, 186 f.; 61, 346, 349 ff. und vom 5.
März 1985 - VI ZR 204/83 - VersR 1985, 593, 594). Es findet seinen
gesetzlichen Niederschlag in dem Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit in
§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, ergibt sich aber letztlich schon aus dem Begriff
des Schadens selbst. Denn die Einbuße des Geschädigten ist, auch unter
Berücksichtigung des für § 249 BGB in Frage stehenden Interesses an dem
Erhalt seines Vermögens in dessen gegenständlicher Zusammensetzung, nicht
größer als das, was er aufwenden muß, um sein Vermögen auch hinsichtlich des
beschädigten Bestandteils in zumutbarer Weise in einen dem früheren
wirtschaftlich gleichwertigen Zustand zu versetzen.
bb) Das Gebot zu wirtschaftlich vernünftiger Schadensbehebung verlangt
vom Geschädigten allerdings nicht, zugunsten des Schädigers zu sparen oder
sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen
hätte (Senatsurteile BGHZ 63, 295, 300; vom 30. Mai 1961 - VI ZR 139/60
- VersR 1961, 707, 708 und vom 4. März 1976 - VI ZR 14/75 - VersR 1976, 732,
734).
Immerhin kann dem letzteren Gesichtspunkt Bedeutung für die Beurteilung der
Frage zukommen, ob der Geschädigte den Aufwand in vernünftigen Grenzen
gehalten hat (Senatsurteile vom 20. Juni 1972 - VI ZR 61/71 - VersR 1972,
1024 f. und vom 2. März 1982 - VI ZR 35/80 - VersR 1982, 548, 549). Denn nur
diejenigen Aufwendungen sind ihm nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB vom Schädiger
abzunehmen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden
Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig
und angemessen erscheinen (vgl. Senatsurteile BGHZ 115, 375, 378; vom 2.
März 1982 - VI ZR 35/80 - aaO und vom 20. Juni 1989
- VI ZR 334/88 - VersR 1989,1056 f. m.w.N.). Bei der Prüfung, ob der
Geschädigte sich in diesem Rahmen gehalten hat, ist Rücksicht auf seine
spezielle Situation, also insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis-
und Einflußmöglichkeiten sowie die möglicherweise gerade für ihn bestehenden
Schwierigkeiten zu nehmen; denn § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB stellt auf eine
Restitution in Eigenregie des Geschädigten ab. Die Schadensersatzpflicht
besteht aber von vornherein nur insoweit, als sich die Aufwendungen im
Rahmen wirtschaftlicher Vernunft halten (Senatsurteile BGHZ 115, 375, aaO;
vom 5. März 1985 - VI ZR 204/83 - aaO).
cc) Das Wahlrecht des Geschädigten findet seine Schranke außerdem an dem
Verbot, sich durch Schadensersatz zu bereichern. Denn auch wenn er vollen
Ersatz verlangen kann, soll er an dem Schadensfall nicht "verdienen"
(vgl. Senatsurteile BGHZ 154, 395, 398; 115, 364, 368; 115, 375, 378 jeweils
m.w.N.; vom 5. März 1985 - VI ZR 204/83 - aaO; vom 21. Januar 1992 - VI ZR
142/91 - VersR 1992, 457, 458 und vom 17. März 1992 - VI ZR 226/91 -VersR
1992, 710, 711).
c) In den durch das Wirtschaftlichkeitsgebot und das Verbot der Bereicherung
durch Schadensersatz gezogenen Grenzen ist der Geschädigte grundsätzlich
frei in der Wahl und in der Verwendung der Mittel zur Schadensbehebung (vgl.
Senatsurteile BGHZ 154, 395, 397 f. und vom 20. Juni 1989 - VI ZR 334/88 -
VersR 1989, 1056 f. m.w.N.; Weber, VersR 1990, 934, 938 ff.; Steffen, NZV
1991, 1, 2; ders. NJW 1995, 2057, 2059 f.). Er ist weder dazu verpflichtet,
sein Fahrzeug zu reparieren noch es zur Reparatur in eine
Kundendienstwerkstatt zu geben, deren Preise in der Regel Grundlage der
Kostenschätzung sind. Es bleibt vielmehr ihm überlassen, ob und auf welche
Weise er sein Fahrzeug wieder instand setzt (vgl. Senatsurteile BGHZ 155, 1,
3; 154, 395, 398; 54, 82, 86; vom 17. März 1992 - VI ZR 226/91 - VersR 1992,
710 und vom 20. Juni 1989 - VI ZR 334/88 - VersR 1989, 1056 f. m.w.N.).
2. Mit diesen schadensrechtlichen Grundsätzen ist es vereinbar, daß dem
Geschädigten, der sich zu einer Reparatur entschließt und diese auch
nachweislich durchführt, Kosten der Instandsetzung zuerkannt werden, die den
Wiederbeschaffungswert bis zu 30% übersteigen (Senatsurteil
BGHZ 115, 364, 371). Denn bei der
Entscheidung, ob und gegebenenfalls welchen Aufwand der Geschädigte für die
Reparatur seines Fahrzeugs ersetzt verlangen kann, ist zum einen die
Verhältnismäßigkeit des Reparaturaufwands zum Wiederbeschaffungswert des
Fahrzeugs zu berücksichtigen (Senatsurteil BGHZ 115, 364, 367); zum anderen
ist auch zu bedenken, daß nur die Reparatur des dem Geschädigten vertrauten
Fahrzeugs regelmäßig sein Integritätsinteresse zu befriedigen vermag (vgl.
Senatsurteile BGHZ 115, 364, 371; vom 8. Dezember 1998 - VI ZR 66/98 - VersR
1999, 245 f. und vom 17. März 1992
- VI ZR 226/91 - aaO; OLG Hamm, NZV 1991, 351, 352 = DAR 1991, 333, 334;
Medicus, Jus 1973, 211, 212; Weber, DAR 1991, 11).
a) In diesem Zusammenhang weist das Berufungsgericht zu Recht darauf hin,
daß sich das Integritätsinteresse des Geschädigten nicht nur in dem Wunsch
auf reine Herstellung der Mobilität mit einem gleichwertigen PKW erschöpft.
Ihm liegen durchaus wirtschaftliche Gesichtspunkte zugrunde (vgl.
Senatsurteil BGHZ 115, 364, 371 mit Anm. von
Lipp in NZV 1992, 70 ff.; Senatsurteile vom 8. Dezember 1998 - VI ZR 66/98 -
und vom 17. März 1992 - VI ZR 226/91 - jeweils aaO; vom 18. Juni 1985 - VI
ZR 168/84 - VersR 1985, 865, 866 und vom 5. März 1985 - VI ZR 204/83 - aaO).
Selbst wenn bei voller Berücksichtigung des Vorteilsausgleichs "neu für alt"
insbesondere bei älteren Fahrzeugen die Reparaturkosten die Kosten der
Wiederbeschaffung in aller Regel deutlich übersteigen, ist eine Abrechnung
von Reparaturkosten in solchen Fällen nicht generell ausgeschlossen. Denn
der Eigentümer eines Kraftfahrzeugs weiß, wie dieses ein- und
weitergefahren, gewartet und sonst behandelt worden ist, ob und welche
Mängel dabei aufgetreten und auf welche Weise sie behoben worden sind.
Demgegenüber sind dem Käufer eines Gebrauchtwagens diese Umstände, die dem
Fahrzeug ein individuelles Gepräge geben (vgl. Jordan, VersR 1978, 688,
691), zumeist unbekannt. Daß ihnen ein wirtschaftlicher Wert zukommt, zeigt
sich auch darin, daß bei dem Erwerb eines Kraftfahrzeugs aus "erster Hand"
regelmäßig ein höherer Preis gezahlt wird (vgl. Senatsurteil vom 8.
Dezember 1998 - VI ZR 66/98 - aaO). Hierbei handelt es sich somit
keineswegs um immaterielle Erwägungen, wie etwa die Anerkennung einer
"eigentlich unsinnigen emotionalen Bindung des Geschädigten an einen
technischen Gegenstand" (Freundorfer, VersR 1992, 1332, 1333). Ein
derartiges Affektionsinteresse könnte schadensrechtlich keine Anerkennung
finden.
b) Sind es mithin die dargelegten wirtschaftlichen Aspekte, die den Zuschlag
von bis zu 30% zum Wiederbeschaffungswert aus schadensrechtlicher Sicht
gerechtfertigt erscheinen lassen, sind diese auch von Bedeutung für die
bisher vom Senat nicht ausdrücklich entschiedene Frage, welche Qualität und
welchen Umfang die Reparatur haben muß, um im Rahmen des Schadensersatzes
diesen Zuschlag zu rechtfertigen.
aa) Entgegen der Auffassung der Revision können Umfang und Qualität der
Reparatur nicht schon deshalb außer Betracht bleiben, weil der Geschädigte
sein Fahrzeug selbst instand setzen darf, also nicht in einer anerkannten
Fachwerkstatt reparieren lassen muß. Insoweit ist nicht maßgebend, ob dem
Geschädigten der entsprechende finanzielle Aufwand tatsächlich entstanden
ist. Auch eine Eigenreparatur kann eine Abrechnung auf der Basis fiktiver
Reparaturkosten bis zu 130% des Wiederbeschaffungswerts rechtfertigen, wenn
der Geschädigte mit ihr sein Integritätsinteresse bekundet hat. Das aber
ist nur dann der Fall, wenn er durch eine fachgerechte Reparatur zum
Ausdruck bringt, daß er das Fahrzeug in einen Zustand wie vor dem Unfall
versetzen will. Nur unter diesen Umständen hat der Schädiger
Reparaturkostenersatz bis zur Grenze von 130% des Wiederbeschaffungswerts zu
leisten.
bb) Setzt jedoch der Geschädigte nach einem Unfall sein Kraftfahrzeug nicht
vollständig und fachgerecht instand, ist regelmäßig die Erstattung von
Reparaturkosten über dem Wiederbeschaffungswert nicht gerechtfertigt. Im
Hinblick auf den Wert der Sache wäre eine solche Art der Wiederherstellung
im allgemeinen unverhältnismäßig und kann dem Geschädigten nur ausnahmsweise
im Hinblick darauf zugebilligt werden, daß der für ihn gewohnte und von ihm
gewünschte Zustand des Kraftfahrzeugs auch tatsächlich wie vor dem
Schadensfall erhalten bleibt bzw. wiederhergestellt wird (vgl. Senatsurteile
vom 20. Juni 1972 - VI ZR 61/71 - VersR 1972, 1024 f.; vom 5. März 1985 - VI
ZR 204/83 - VersR 1985, 593, 594; Lipp, NJW 1990, 104, 105; Medicus, Jus
1973, aaO). Stellt der Geschädigte lediglich die Fahrbereitschaft, nicht
aber den früheren Zustand des Fahrzeugs wieder her, so beweist er dadurch
zwar ein Interesse an der Mobilität durch sein Fahrzeug, das jedoch in
vergleichbarer Weise auch durch eine Ersatzbeschaffung befriedigt werden
könnte. Der für die Zubilligung der "Integritätsspitze" von 30%
ausschlaggebende weitere Gesichtspunkt, daß der Geschädigte besonderen Wert
auf das ihm vertraute Fahrzeug lege (vgl. Senatsurteil vom 8. Dezember 1998
- VI ZR 66/98 - aaO), verliert bei einer unvollständigen und vor allem nicht
fachgerechten Reparatur eines total beschädigten Fahrzeugs in entscheidendem
Maß an Bedeutung.
cc) Daß der Geschädigte Schadensersatz erhält, der den
Wiederbeschaffungswert übersteigt, ist deshalb mit dem
Wirtschaftlichkeitsgebot und Bereicherungsverbot nur zu vereinbaren, wenn er
den Zustand des ihm vertrauten Fahrzeugs wie vor dem Unfall wiederherstellt.
Nur zu diesem Zweck wird die "Opfergrenze" des Schädigers erhöht.
Anderenfalls wäre ein solcher erhöhter Schadensausgleich verfehlt. Er hätte
eine ungerechtfertigte Aufblähung der Ersatzleistungen zur Folge, führte zu
einer vom Zweck des Schadensausgleichs nicht gebotenen Belastung des
Schädigers und jedenfalls in dem über den Wiederbeschaffungswert
hinausgehenden Betrag zur Bereicherung des Geschädigten.
c) Dem entspricht die Auffassung des Berufungsgerichts, die von anderen
Oberlandesgerichten und im Schrifttum geteilt wird (vgl. OLG Hamm, NZV 2002,
272; OLG Dresden, NZV 2001, 346; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht,
VersR 1999, 202; OLG Saarbrücken, MDR 1998, 1346; OLG Düsseldorf,
Schaden-Praxis 1998, 390; Thüringer OLG, OLGR Jena 1998, 15; OLG Karlsruhe,
ZfS 1997, 53; OLG Koblenz, NZV 1995, 355; vgl. dazu auch Eggert, DAR 2001,
20, 21 f.; Luckey, VersR 2004, 1525 f.). Ihr folgt auch der erkennende
Senat. Danach kann Ersatz von Reparaturkosten bis zu 30% über dem
Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs dann verlangt werden, wenn die
Reparatur fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt wird, wie ihn der
Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat.
d) Im Streitfall hat der Geschädigte nach den nicht angegriffenen
tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts das Fahrzeug weder
vollständig noch fachgerecht repariert. Es sind Restunfallschäden vorhanden,
die nur in einer Fachwerkstatt unter Einsatz einer Richtbank zu beheben
wären. Insbesondere am Längsträger und am Radeinbau vorne rechts sowie an
den Verbindungsstellen zum Frontblech befinden sich noch unfallbedingte
Beschädigungen, deren Beseitigung einen Kostenaufwand von 3000 € erfordern
würde. Entgegen der Auffassung der Revision handelt es sich hierbei nicht um
unmaßgebliche Restarbeiten. Da der Kläger sie nicht vorgenommen hat, hat er
auch keinen Anspruch auf Ersatz von den Wiederbeschaffungswert
übersteigenden Reparaturkosten. Die Beklagte zu 1 hat bereits Schadensersatz
in Höhe des Wiederbeschaffungswerts des Fahrzeugs geleistet. Das
Berufungsgericht hat deshalb zu Recht weiteren Reparaturkostenersatz
versagt.
e) Ob - wie das Berufungsgericht meint - ein Abzug des Restwerts nicht
geboten war, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, da die
Beklagte zu 1 an den Kläger Schadensersatz in Höhe des
Wiederbeschaffungswerts des PKW ohne Berücksichtigung des Restwerts gezahlt
hat (vgl. zum Abzug des Restwerts Senatsurteil vom 15. Februar 2005 - VI ZR
172/04).
3. Nach allem ist die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO
zurückzuweisen.
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