Erwerb von Miteigentum an einem Grundstück durch
Minderjährige: Vertretung durch die Eltern, lediglich rechtliche
Vorteilhaftigkeit; Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB)
BGH, Beschluss vom 18. April 2024 - V ZB 51/23 - KG
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
a) Der Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem
nicht vermieteten oder verpachteten Grundstück durch einen Minderjährigen
ist lediglich rechtlich vorteilhaft i.S.v. § 107 BGB. b) Möchte ein
Elternteil einen Miteigentumsanteil an einem ihm gehörenden - weder
vermieteten noch verpachteten - Grundstück auf sein minderjähriges Kind
übertragen, muss die von den Eltern des Minderjährigen in dessen Namen
erklärte Auflassung nicht durch einen Ergänzungspfleger genehmigt werden
(Bestätigung von Senat, Beschluss vom 25. November
2004 - V ZB 13/04, BGHZ 161, 170).
Zentrale Probleme:
S. die Anm. zu BGH
vom 25. November 2004 - V ZB 13/04, BGHZ 161, 170. Das Problem
im vorliegenden Fall ist, dass die Übereignung an die minderjährigen
Kinder zu Miteigentum erfolgte. In diesem Fall könnte der Erwerb gerade
deshalb nicht lediglich rechtlich vorteilhaft sein, weil sich aus der
Stellung als Miteigentümer kraft Gesetzes eine Bruchteilsgemeinschaft nach §
741 BGB, aus der persönliche Verpflichtungen erwachsen können. Nicht
überzeugen kann dabei das Argument, dass Miteigentumsanteile typischerweise innerhalb einer Familie - etwa im Wege der vorweggenommenen
Erbfolge - übertragen werden, so dass eine Inanspruchnahme zwischen den
Miteigentümern in aller Regel "fernliegend" sei. Dabei geht der Senat von
der empirisch wohl kaum nachzuweisenden und auch lebensfernen Typizität aus,
dass sich Geschwister nicht streiten ...
©sl 2024
Gründe:
I.
1 Der Beteiligte zu 1 ist Eigentümer des im
Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Grundstücks. Die Beteiligten zu 3
und 4 sind die gemeinsamen minderjährigen Kinder des Beteiligten zu 1 und
seiner Ehefrau, der Beteiligten zu 2. Mit notariell beurkundeter
Vereinbarung vom 20. Dezember 2022 übertrug der Beteiligte zu 1 das
Grundstück schenkweise zu je hälftigem Miteigentum an die Kinder.
Diese wurden durch die Beteiligten zu 1 und 2 vertreten, zu deren
Gunsten zugleich die Eintragung eines lebenslangen Nießbrauchs bewilligt
wurde. Der Notar reichte die Urkunde mit der Bitte um entsprechende
Eintragungen bei dem Grundbuchamt ein.
2 Das Grundbuchamt hat durch
Zwischenverfügung vom 2. Januar 2023 die Eintragung der Rechtsänderung -
soweit noch von Interesse - von der Genehmigung der Auflassung an die
Beteiligten zu 3 und 4 durch einen für jedes Kind noch zu bestellenden
Ergänzungspfleger abhängig gemacht. Das Kammergericht hat die Beschwerde
zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die
Beteiligten ihren Eintragungsantrag weiter.
II.
3 Das
Beschwerdegericht meint, das Grundbuchamt habe zu Recht die Genehmigung der
Auflassung durch einen Ergänzungspfleger (§ 1809 Abs. 1 BGB) verlangt,
weil die Beteiligten zu 1 und 2 gemäß § 1629 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. §
1824 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 181 BGB von der Vertretung ihrer Kinder
ausgeschlossen seien. Der Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem
Grundstück sei für Minderjährige auch nicht lediglich rechtlich vorteilhaft.
Insoweit verhalte es sich nämlich grundsätzlich nicht anders als bei dem
Erwerb einer Eigentumswohnung, die wegen der Mitgliedschaft in einer
Wohnungseigentümergemeinschaft zu einer persönlichen Haftung des Erwerbers
führe und deshalb rechtlich nachteilig sei. Auch Bruchteilseigentümer
hafteten nicht nur mit dem erworbenen Vermögensgegenstand. Vielmehr sei der
Bruchteilseigentümer nach § 748 BGB den anderen Teilhabern gegenüber
verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Gegenstands sowie die Kosten
der Erhaltung, der Verwaltung und einer gemeinschaftlichen Benutzung nach
dem Verhältnis seines Anteils - in der Höhe jedoch nicht auf den Wert seines
Anteils beschränkt - zu tragen. Ein Miteigentümer könne zudem anders als ein
Alleineigentümer jedenfalls nach entsprechenden Beschlüssen der
Gemeinschafter gemäß § 745 Abs. 1 BGB gegen seinen Willen im Außenverhältnis
wirksam rechtsgeschäftlich verpflichtet werden, ohne sich von der
Verbindlichkeit durch Dereliktion des Grundstücks befreien zu können. Der
somit gegebene Nachteil entfalle hier auch nicht deshalb, weil der den
Beteiligten zu 1 und 2 vorbehaltene lebenslange Nießbrauch die Vereinbarung
enthalte, dass der Nießbraucher die privaten Lasten in Bezug auf den
Übertragungsgegenstand, insbesondere die außergewöhnlichen Ausbesserungen
und Erneuerungen zu tragen habe. Dies entlaste die Beteiligten zu 3 und 4
nicht im Verhältnis zu Gläubigern; im Übrigen ende die Entlastung im
Innenverhältnis mit dem Ende des Nießbrauchs.
III.
4 Die nach
§ 78 Abs. 1 GBO statthafte und gemäß § 78 Abs. 3 GBO i.V.m. § 71 FamFG auch
im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde zu Unrecht zurückgewiesen, weil das
in der Zwischenverfügung des Grundbuchamts aufgeführte
Eintragungshindernis nicht besteht (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2
GBO). Der Eigentumserwerb der Beteiligten zu 3 und 4 bedarf nicht
der Genehmigung durch für die Beteiligten zu 3 und 4 noch zu bestellende
Ergänzungspfleger.
5 1. Der rechtliche Ausgangspunkt des
Beschwerdegerichts ist allerdings richtig.
6 a) Nach § 20 GBO darf im
Falle der Auflassung eines Grundstücks die Eintragung in das Grundbuch nur
erfolgen, wenn die erforderliche Einigung des Berechtigten und des
anderen Teils erklärt ist. Im Vertretungsfall - wie hier - hat das
Grundbuchamt auch die Vertretungsmacht zu prüfen. Nach §
1629 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Halbsatz 1 BGB sind die Beteiligten zu 1 und 2
als Sorgeberechtigte der Beteiligten zu 3 und 4 zwar berechtigt,
Willenserklärungen in deren Namen als ihre gesetzlichen Vertreter abzugeben.
Da der Beteiligte zu 1 die Auflassung (§ 925 BGB) aber zugleich als
Veräußerer im eigenen Namen und als Vertreter für die Beteiligten zu 3 und 4
als Erwerber erklärte, ist er nach § 1629 Abs. 2 Satz 1 BGB, § 1824 Abs. 2
BGB i.V.m. § 181 BGB (Insichgeschäft) grundsätzlich von der Vertretung
ausgeschlossen. Für die Beteiligte zu 2 ergibt sich der grundsätzliche
Vertretungsausschluss aus § 1629 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1824 Abs. 1 Nr. 1 BGB,
wonach ein Elternteil ein minderjähriges Kind (hier: die Beteiligten zu 3
und 4) bei einem Rechtsgeschäft zwischen seinem Ehegatten einerseits und dem
Kind andererseits nicht vertreten kann, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft
ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht. Die
Wirksamkeit der Verfügung setzt deshalb grundsätzlich die Genehmigung durch
einen Ergänzungspfleger voraus (§ 1809 Abs. 1 BGB), die auch Gegenstand
einer Zwischenverfügung i.S.v. § 18 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GBO sein kann. Mit
der Genehmigung würde die Auflassung rückwirkend (§ 184 Abs. 1 BGB) wirksam.
7 b) Zutreffend legt das Beschwerdegericht seiner Beurteilung § 1824
und § 1809 Abs. 1 BGB zugrunde, auch wenn diese Vorschriften durch das
Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 4. Mai 2021
(BGBl. I S. 882) neu gefasst worden und erst am 1. Januar 2023 in Kraft
getreten sind, während die Auflassung bereits vor diesem Zeitpunkt erklärt
wurde. Entsprechendes gilt für den Eingang des Eintragungsantrags. Da es
nämlich an einer Übergangsvorschrift fehlt und es sich im Hinblick auf die
noch ausstehende Eintragung nicht um einen abgeschlossenen Sachverhalt
handelt, finden die neuen Vorschriften Anwendung (vgl. zur Anwendbarkeit des
§ 1854 Nr. 4 BGB nF in Übergangsfällen auch OLG München, MittBayNot 2023,
599 Rn. 10). In der Sache ändert sich hierdurch allerdings nichts, da § 1824
Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BGB inhaltlich mit der Vorgängerregelung in § 1795 Abs.
1 Nr. 1, Abs. 2 BGB aF übereinstimmt und § 1809 Abs. 1 BGB dem früheren §
1909 Abs. 1 Satz 1 BGB aF entspricht.
8 c) Das
Beschwerdegericht verkennt auch nicht, dass der sich aus § 1824 BGB
ergebende Vertretungsausschluss nicht eingreifen würde, wenn sich der Erwerb
des Miteigentums an dem Grundstück des Beteiligten zu 1 für die Beteiligten
zu 3 und 4 als lediglich vorteilhaft i.S.v. § 107 BGB darstellte.
Diese Ausnahme ist zwar in § 1824 BGB nicht aufgeführt, entspricht aber der
ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der Vorgängernorm des §
1795 BGB aF und beruht auf der Überlegung, dass für ein Vertretungsverbot
kein Bedürfnis besteht, wenn nach der Natur des Rechtsgeschäfts eine
Gefährdung der Vermögensinteressen des Vertretenen nicht nur im konkreten
Einzelfall, sondern abstrakt-generell ausgeschlossen ist (vgl.
Senat, Beschluss vom 16. April 1975 - V ZB 15/74, NJW 1975, 1885, 1886;
Beschluss vom 30. September 2010 - V ZB 206/10, BGHZ
187, 119 Rn. 16 mwN). Hieran wollte der Gesetzgeber nichts ändern (vgl.
BT-Drucks. 19/24445 S. 259).
9 2. Die weiteren Überlegungen des
Beschwerdegerichts halten einer rechtlichen Überprüfung aber nicht stand.
Der Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem nicht vermieteten oder
verpachteten Grundstück durch einen Minderjährigen ist lediglich rechtlich
vorteilhaft i.S.v. § 107 BGB. Möchte ein Elternteil einen
Miteigentumsanteil an einem ihm gehörenden - weder vermieteten noch
verpachteten - Grundstück auf sein minderjähriges Kind übertragen, muss die
von den Eltern des Minderjährigen in dessen Namen erklärte Auflassung nicht
durch einen Ergänzungspfleger genehmigt werden.
10 a) Nach
der Rechtsprechung des Senats ist die Übereignung eines Grundstücks an einen
Minderjährigen bei der gebotenen isolierten Betrachtung der Auflassung
grundsätzlich lediglich vorteilhaft (vgl.
Senat, Beschluss vom 25. November 2004 - V ZB 13/04, BGHZ 161, 170, 175
ff.). Dieser Entscheidung lag ein Sachverhalt zu Grunde, in dem eine Mutter
an ihre beiden minderjährigen Kinder einen jeweils hälftigen
Miteigentumsanteil an einem ihr gehörenden Grundstück übertragen wollte. In
den Gründen seiner Entscheidung ist der Senat auf den Erwerb eines
Miteigentumsanteils nicht weiter eingegangen, sondern hat sich allgemein -
ohne zwischen dem Erwerb eines Miteigentumsanteils und dem
des Alleineigentums an einem Grundstück zu differenzieren - unter anderem
mit der Frage befasst, ob der Umstand, dass der
Grundstückseigentümer für die Erfüllung seiner auf öffentlichem Recht
beruhenden Abgabeverpflichtungen nicht nur dinglich, sondern auch persönlich
haftet, einen Nachteil i.S.v. § 107 BGB zu begründen vermag. Dies
hat er unter Hinweis auf den Schutzzweck der Vorschrift verneint, weil die
Tragung der laufenden öffentlichen Grundstückslasten nach ihrer
abstrakten Natur typischerweise keine Gefährdung des Minderjährigen mit sich
bringt und ihretwegen ein auf das Wohl des Minderjährigen bedachter
gesetzlicher Vertreter oder Ergänzungspfleger seine Zustimmung zu einem
Grundstückserwerb nicht verweigern würde. Es wäre reiner Formalismus, würde
man die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts von der Erteilung einer Genehmigung
abhängig machen, obwohl das Ergebnis der dabei vorzunehmenden Prüfung von
vornherein feststünde (vgl. Senat, Beschluss vom 25.
November 2004 - V ZB 13/04, BGHZ 161, 170, 177 f.).
11 b) Anders
ist es, wenn das Grundstück vermietet oder verpachtet ist.
Der Erwerb eines solchen Grundstücks stellt sich für den Minderjährigen
nicht als lediglich vorteilhaft dar, weil der Erwerb gemäß § 566
(Mietvertrag), § 581 Abs. 2 (Pachtvertrag) und § 593b BGB (Landpachtvertag)
zum Eintritt des Erwerbers in den Mietvertrag bzw. Pachtvertrag auf
Vermieter- bzw. Verpächterseite führt (vgl. Senat, Beschluss vom 3. Februar
2005 - V ZB 44/04, BGHZ 162, 137, 140 f.). Die aus dem Eintritt in
ein Miet- oder Pachtverhältnis resultierenden Pflichten sind ihrem Umfang
nach nicht begrenzt. Ob die von ihnen ausgehenden Gefahren für das Vermögen
des Minderjährigen im Hinblick auf die mit dem Grundstückserwerb verbundenen
Vorteile hingenommen werden können, lässt sich deshalb nicht abstrakt
beurteilen, sondern erfordert eine entsprechende einzelfallbezogene Prüfung
durch den gesetzlichen Vertreter bzw. einen Ergänzungspfleger. Diese
Überlegungen gelten in gleicher Weise dann, wenn der Minderjährige nicht das
Alleineigentum, sondern lediglich einen Miteigentumsanteil an einem
vermieteten oder verpachteten Grundstück erwerben soll (vgl. Senat,
Beschluss vom 28. April 2022 - V ZB 4/21, NJW-RR 2022, 1027 Rn. 9). Ebenso
liegt es bei dem Erwerb einer Eigentumswohnung. Hierdurch wird der
Minderjährige Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Damit treffen
ihn kraft Gesetzes persönliche Verpflichtungen, die ein ganz erhebliches
Ausmaß annehmen können und der Annahme eines lediglich rechtlichen Vorteils
i.S.v. § 107 BGB entgegenstehen (vgl. Senat,
Beschluss vom 30. September 2010 - V ZB 206/10, BGHZ 187, 119 Rn. 11,
13).
12 c) Dass zwischen der Übertragung des Alleineigentums an einem
Grundstück und der Übertragung eines Miteigentumsanteils bei der Prüfung des
§ 107 BGB nicht zu differenzieren ist, entspricht auch der ganz
überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur. Soweit die
Übertragung eines Miteigentumsanteils ausdrücklich thematisiert wird, wird
davon ausgegangen, dass (auch) der Erwerb eines Miteigentumsanteils
lediglich rechtlich vorteilhaft sei. Es gelte nichts anderes als bei der
Übertragung von Alleineigentum. Der Erwerber müsse aus seinem Vermögen, das
er vor Abschluss des Vertrags besaß, nichts aufgeben und auch keine neuen
Belastungen auf sich nehmen (vgl. BayObLGZ 1998, 139, 143 f.;
MüKoBGB/Spickhoff, 9. Aufl., § 107 Rn. 72; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht,
16. Aufl., Rn. 3610l; Keller, JA 2009, 561, 565 f.). Demgegenüber möchte das
Beschwerdegericht (vgl. auch KG, ZEV 2024, 185 Rn. 10 ff.), dem sich das
Oberlandesgericht München jedenfalls für die Veräußerung eines
bebauten Grundstücks angeschlossen hat (MDR 2024, 293 f.;
zustimmend wohl auch BeckOGK/Duden, BGB [1.2.2024], § 107 Rn. 95.1: „liegt
nahe“), den Erwerb eines Miteigentumsanteils in gleicher Weise wie
den Erwerb einer Eigentumswohnung als nicht lediglich rechtlich vorteilhaft
qualifizieren und verweist zur Begründung auf die Verpflichtungen, die mit
dem Eintritt in eine Bruchteilsgemeinschaft verbunden sind
(insbesondere: Lastentragung nach § 748 BGB).
13 d) Der Senat hält an
seiner Rechtsprechung fest, wonach der Erwerb eines Miteigentumsanteils an
einem nicht vermieteten oder verpachteten Grundstück ebenso
wie der Erwerb des Alleineigentums an einem solchen Grundstück lediglich
rechtlich vorteilhaft i.S.v. § 107 BGB ist.
14 aa) Richtig ist, dass
zwischen dem Erwerb des Alleineigentums an einem Grundstück und dem Erwerb
eines Miteigentumsanteils Unterschiede bestehen. Überträgt der Eigentümer
sein Grundstück - wie hier - an zwei Erwerber zu Miteigentum,
entsteht zwischen den Erwerbern kraft Gesetzes eine Bruchteilsgemeinschaft
nach § 741 BGB, aus der persönliche Verpflichtungen erwachsen können.
So ist insbesondere nach § 748 BGB jeder Teilhaber den anderen
Teilhabern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen
Gegenstands sowie die Kosten der Erhaltung, der Verwaltung und einer
gemeinschaftlichen Benutzung nach dem Verhältnis seines Anteils zu tragen.
15 bb) Diese Unterschiede rechtfertigen es jedoch nicht, die Übereignung
eines Miteigentumsanteils an einen Minderjährigen anders als die Übertragung
von Alleineigentum als rechtlich nachteilig anzusehen.
16 (1) Bei der
Prüfung, ob der Eigentumserwerb für den Minderjährigen (auch) rechtlich
nachteilig ist, ist grundsätzlich auf den Eigentumserwerb als solchen
abzustellen (vgl. allgemein Senat, Beschluss vom 25.
November 2004 - V ZB 13/04, BGHZ 161, 170, 177 f.). Mittelbare
Folgen müssen demgegenüber bei der Beurteilung außer Betracht bleiben.
17 (aa) Soweit es um die in § 748 BGB angesprochenen Lasten geht,
treffen diese den Minderjährigen zwar unmittelbar mit Erwerb des Eigentums.
Bei der gebotenen wertenden Betrachtung stellen sie jedoch keinen
rechtlichen Nachteil i.S.v. § 107 BGB dar, auch wenn sie aus dem sonstigen
Vermögen des Minderjährigen zu tragen sind (vgl. Senat,
Beschluss vom 25. November 2004 - V ZB 13/04, BGHZ
161, 170, 177 f.). Ein Unterschied zwischen dem Erwerb des
Alleineigentums und dem Erwerb eines Miteigentumsanteils besteht insoweit
nicht.
18 (bb) Aber auch die Kosten der Erhaltung, der Verwaltung und
einer gemeinschaftlichen Benutzung, die der Minderjährige bei dem Erwerb
eines Miteigentumsanteils nach § 748 BGB zu tragen hat, rechtfertigen keine
gegenüber dem Alleineigentum abweichende Beurteilung. Eine Verpflichtung des
Minderjährigen nach § 748 BGB tritt nämlich nicht bereits mit dem Erwerb des
Miteigentumsanteils ein. Vielmehr müssen weitere Voraussetzungen
hinzutreten. Die anteilige Tragung von notwendigen Erhaltungsmaßnahmen
i.S.v. § 744 Abs. 2 BGB setzt die Vornahme einer entsprechenden Maßnahme
durch den Miteigentümer voraus. Ansprüche aus § 748 i.V.m. § 745 BGB sind
von einem Beschluss der Miteigentümer abhängig, wobei nach § 745 Abs. 3 Satz
1 BGB eine wesentliche Veränderung des Gegenstands (hier: des Grundstücks)
nicht beschlossen werden kann. Der Schutz des Minderjährigen
erfordert es vor diesem Hintergrund nicht, bereits den Erwerb des
Miteigentumsanteils als solchen als rechtlich nachteilig i.S.v. § 107 BGB zu
qualifizieren. Auch bei dem Erwerb des Alleineigentums sind solche
Nachteile außer Betracht zu lassen, die eine persönliche Haftung
des Minderjährigen nur unter weiteren Voraussetzungen zu begründen
vermögen, wie dies beispielsweise bei Ansprüchen der Fall ist, die auf die
Verletzung der Verkehrssicherungspflicht gestützt werden.
19 (2)
Ganz anders stellt sich die Sachlage bei dem Erwerb einer
Eigentumswohnung durch einen Minderjährigen dar. Ein solcher Erwerb
ist im Hinblick auf mögliche Gefährdungen des Vermögens des Minderjährigen
mit dem Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück oder des
Alleineigentums nicht vergleichbar.
20 (aa) Die Mitgliedschaft in
einer GdWE ist mit erheblichen persönlichen Verpflichtungen verbunden, die
bereits unmittelbar mit dem Eigentumserwerb eintreten. Denn als
Mitglied der GdWE wäre der Minderjährige nicht nur verpflichtet, sich
entsprechend seinem Anteil an den Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums zu
beteiligen. Er hätte vielmehr anteilig auch die Kosten der Instandhaltung,
Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs
des gemeinschaftlichen Eigentums zu tragen (vgl. § 16 Abs. 2 Satz
1 WG; Senat, Beschluss vom 30. September 2010 - V ZB 206/10, BGHZ 187,
119 Rn. 13 zu § 16 Abs. 2 WEG aF). Dafür werden in dem Wirtschaftsplan
Vorschüsse festgelegt; die damit verbundene Zahlungspflicht trifft den
Erwerber bereits unmittelbar mit dem Eigentumsübergang (vgl. Senat, Urteil
vom 15. Dezember 2017 - V ZR 257/16, NZM 2018, 2044 Rn. 13 mwN). Zudem
müsste er sich - ggf. im Wege der Sonderumlage - an Wohngeldausfällen
beteiligen. Schließlich haftet der Minderjährige als Wohnungseigentümer nach
§ 9a Abs. 4 WEG (= § 10 Abs. 8 WEG aF) infolge des Erwerbs der
Eigentumswohnung kraft Gesetzes den Gläubigern der GdWE für
Verbindlichkeiten, die während seiner Zugehörigkeit zur Gemeinschaft
entstehen oder während dieses Zeitraums fällig werden (vgl. Senat, Beschluss
vom 30. September 2010 - V ZB 206/10, BGHZ 187, 119 Rn. 14).
21 (bb)
Hinzu kommt, dass bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise das
Schutzbedürfnis des Minderjährigen bei dem Erwerb eines Miteigentumsanteils
an einem Grundstück regelmäßig erheblich geringer ist als bei dem Erwerb
einer Eigentumswohnung. Miteigentumsanteile werden
typischerweise innerhalb einer Familie - etwa im Wege der vorweggenommenen
Erbfolge - übertragen, so dass eine Inanspruchnahme zwischen den
Miteigentümern in aller Regel fernliegend ist. Bei dem Erwerb einer
Eigentumswohnung und dem Eintritt in eine GdWE ist dies im Hinblick auf eine
unter Umständen hohe Anzahl von Wohnungseigentümern und die Gefahr von den
Minderjährigen belastenden Mehrheitsentscheidungen anders.
22 (cc)
Dass der Erwerb eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück wertungsmäßig
mit dem Erwerb einer Eigentumswohnung nicht gleichgestellt werden kann, die
Unterscheidung vielmehr dem Willen des Gesetzgebers entspricht, lässt sich
mittelbar auch der Regelung in § 1850 Nr. 4 BGB entnehmen. Nach dieser
Vorschrift bedarf (nur) der unentgeltliche Erwerb von Wohnungsoder
Teileigentum der gerichtlichen Genehmigung. Der Gesetzgeber begründet dies
mit den umfangreichen Haftungsfolgen des Erwerb einer Eigentumswohnung (vgl.
BT-Drucks. 19/24445 S. 286 f.). Demgegenüber wird der unentgeltliche
Erwerb von Eigentum an einem Grundstück ausdrücklich als genehmigungsfrei
bezeichnet (vgl. BT-Drucks. 19/24445 S. 286). Eine Differenzierung
zwischen dem Erwerb des Alleineigentums an dem Grundstück und dem Erwerb
eines Miteigentumsanteils erfolgt nicht.
23 (3) Schließlich könnte
eine solche Differenzierung auch wertungsmäßig nicht überzeugen. Übertrüge
beispielsweise ein Elternteil ein Grundstück auf das einzige Kind zu
Alleineigentum, bedürfte es keines Ergänzungspflegers, da der Erwerb
lediglich rechtlich vorteilhaft wäre. Warum dies anders sein soll,
wenn das Grundstück auf zwei Kinder zu einem Miteigentumsanteil von je 1/2
übertragen wird, erschließt sich nicht.
24 3. Da die
Auflassung an die Beteiligten zu 3 und 4 lediglich rechtlich vorteilhaft
ist, stellt sich die weitere Frage nicht, ob für die Beteiligten zu 3 und 4
jeweils ein Ergänzungspfleger zu bestellen ist - so die Auffassung des
Grundbuchamts - oder ob die Bestellung eines Ergänzungspflegers für beide
Kinder genügt. Nach § 1813 Abs. 1 i.V.m. § 1775 Abs. 2 BGB soll für
Geschwister allerdings nur ein Ergänzungspfleger bestellt werden, es sei
denn, es liegen besondere Gründe vor, jeweils einen Ergänzungspfleger für
einzelne Geschwister zu bestellen.
IV. 25 1. Da das
Beschwerdegericht hiernach die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des
Grundbuchamtes zu Unrecht zurückgewiesen hat, ist seine Entscheidung
insoweit aufzuheben (§ 78 Abs. 3 GBO i.V.m. § 74 Abs. 5 FamFG). Unter
Berücksichtigung der bereits von dem Beschwerdegericht ausgesprochenen
Teilaufhebung der Zwischenverfügung ist diese auch im Hinblick auf den noch
verbleibenden Inhalt und damit insgesamt aufzuheben. Das Grundbuchamt darf
deshalb den Vollzug der beantragten Grundbucheintragung nicht aus den in der
Zwischenverfügung genannten Gründen verweigern. Eine Entscheidung in der
Sache ist dem Rechtsbeschwerdegericht nicht möglich, da der Gegenstand des
Rechtsmittelverfahrens nur die Zwischenverfügung und nicht der
Eintragungsantrag selbst ist (Senat, Beschluss vom 11. März 2021 - V ZB
127/19, WM 2021, 1964 Rn. 17).
26 2. Eine Kostenentscheidung ist
nicht veranlasst.
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