IZPR: Internationale Zuständigkeit kraft
rügeloser Einlassung nach Art. 26 EuGVVO unabhängig vom Beklagtenwohnsitz in
einem Mitgliedstaat; IPR: Qualifikation eines Beseitungs- und
Unterlassungsanspruchs wegen Eigentumsverletzung (§ 1004 I BGB), anwendbares
Recht (offengelassen); Eintragung in der lost-Art-Datenbank keine
Eigentumsbeeinträchtigung i.S.v. § 1004 Abs. 1 BGB
BGH, Urteil vom 21. Juli 2023 - V ZR 112/22 - OLG
Naumburg
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
a) Die internationale Zuständigkeit deutscher
Gerichte wird unter den Voraussetzungen des Art. 26 EuGVVO auch dann
begründet, wenn der sich rügelos einlassende Beklagte seinen Wohnsitz nicht
im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats der Europäischen Union hat. b) Die
auf wahren Tatsachen beruhende Suchmeldung eines Kulturgutes auf der
Internetseite der Lost Art-Datenbank stellt keine
Eigentumsbeeinträchtigung i.S.v. § 1004 Abs. 1 BGB dar und begründet daher
keinen auf Beantragung der Löschung gerichteten Anspruch des gegenwärtigen
Eigentümers gegen den Veranlasser der Meldung.
Zentrale Probleme:
Es geht um
diesen Eintrag in der Lost-Art-Datenbank. Der Eigentümer des Bildes
sieht darin sowie in einer von der Beklagten veranlassten Interpol-Fahndung
eine nach § 1004 Abs. 1 BGB unzulässige Eigentumsanmaßung der Beklagten. Die
Entscheidung ist zunächst aus der Sicht des IZPR und des IPR von Interesse.
Im Rahmen der Internationalen Zuständigkeit steht im Mittelpunkt die
Zuständigkeit nach Art. 26 EuGVVO kraft rügeloser Einlassung. Zu Recht hält
der Senat hier die EuGVVO trotz des Beklagtenwohnsitzes in einem
Nicht-Mitgliedstaat der EU in Bezug auf die Zuständigkeit kraft rügeloser
Einlassung für anwendbar. Dieses Ergebnis hält er zu recht frü so eindeutig,
dass eine Vorlage an den EuGH nach Art. 267 AEUV entbehrlich ist ("acte
clair"). In Bezug auf das anwendbare Recht lässt der Senat letztlich
offen, ob Ansprüche aus § 1004 BGB deliktisch (dann Anwendbarkeit der Rom
II-VO) oder sachenrechtlich (dann Art. 43 EGBGB) zu qualifizieren sind, weil
beide Anknüpfungen vorliegend zur Anwendbarkeit deutschen Rechts führen. Das
gilt auch insoweit, als man den Fall unter das Persönlichkeitsrecht des
Eigentümers fassen wollte, weil die dann nach Art. 40 EGBGB vorzunehmende
deliktische Anknüpfung ebenfalls zur Anwendbarkeit deutschen Rechts führt
(zur Nichtanwendbarkeit der Rom II-VO auf Verletzungen des
Persönlichkeitsrecht s. Art. 1 Abs. 2 Buchst. g) Rom II-VO).
Materiellrechtlich wird es ebenso speziell wie interessant: § 1004 BGB
gewährt einen Unterlassungsanspruch u.a. auch bei einer sog.
"Eigentumsanmaßung", d.h. wenn jemand sich das Eigentum eines anderen
bestreitet und Dritten gegenüber behauptet, Eigentümer zu sein. Das aber
sieht der Senat durch den Eintrag in der Lost-Art-Datenbank als nicht
gegeben an. Dass das Eigentum des Klägers dadurch beeinträchtigt sein kann,
weil es entsprechend bemakelt schwerer veräußerbar ist, erkennt der Senat
zwar an. Ein entsprechender Anspruch aus § 823 I BGB würde sich aber gegen
den Datenbankbetreiber und nicht den Beklagten richten (s. dazu bei Rn. 40
ff).
©sl 2023
Tatbestand:
1 Der Kläger, ein Kunstsammler, erwarb im
Jahr 1999 im Rahmen einer Auktion in London das Gemälde „Kalabrische Küste“
des Malers Andreas Achenbach. Das Gemälde befand sich in der Zeit
von 1931 bis 1937 im Besitz der Galerie Stern in Düsseldorf, die der
jüdische Kunsthändler Dr. Max Stern in dieser Zeit von seinem Vater
übernahm. Bereits im Jahre 1935 wurde Dr. Stern durch die Reichskammer der
bildenden Künste die weitere Berufsausübung untersagt, die Verfügung wurde
jedoch zunächst nicht vollzogen. Im März 1937 verkaufte Dr. Stern
das Gemälde an eine Privatperson aus Essen. Im September 1937 wurde er
endgültig gezwungen, seine Galerie aufzugeben, woraufhin er über England
nach Kanada emigrierte. Sein Nachlass wird von einem kanadischen Trust
verwaltet, dessen Treuhänder die Beklagten sind.
2
Im
Juni 2016 wurde auf Veranlassung der Beklagten eine Suchmeldung für das
Gemälde auf der Internetseite der Lost Art-Datenbank (www.lostart.de) veröffentlicht.
Auf dieser werden Such- und Fundmeldungen zu Kulturgütern veröffentlicht,
die jüdischen Eigentümern infolge des Nationalsozialismus verfolgungsbedingt
entzogen wurden oder für die ein Verlust vermutet wird bzw.
nicht ausgeschlossen werden kann. Die Datenbank wird von einer von Bund,
Ländern und kommunalen Spitzenverbänden errichteten Stiftung bürgerlichen
Rechts mit Sitz in Magdeburg betrieben. Mithilfe der
Veröffentlichungen sollen frühere Eigentümer bzw. deren Erben mit heutigen
Besitzern zusammengeführt und beim Finden einer gerechten und fairen Lösung
über den Verbleib des Kulturgutes unterstützt werden. Im Rahmen
einer Ausstellung des Gemäldes in Baden Baden wurde der Kläger über die
Suchmeldung und darüber in Kenntnis gesetzt, dass Interpol nach dem Gemälde
fahnde, da es in Kanada als gestohlen gemeldet worden sei.
3
Der Kläger sieht sich durch den Eintrag in der Datenbank und die
InterpolFahndung in seinem Eigentum an dem Gemälde gestört und verlangt von
den Beklagten, es zu unterlassen, sich des Eigentums an dem Gemälde zu
berühmen. Hilfsweise begehrt er, sie zu verurteilen, die Löschung der
Suchmeldung in der Lost Art-Datenbank zu beantragen. Die Klage ist
bei dem Landgericht und dem Oberlandesgericht erfolglos geblieben. Mit der
von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein
Begehren weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des
Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
4 Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in MDR 2022, 1411
ff. veröffentlicht ist, bejaht die internationale Zuständigkeit deutscher
Gerichte und ist der Ansicht, dass die nach deutschem Recht zu beurteilende
Klage unbegründet ist. Dem Kläger stehe gegen die Beklagten der mit dem
Hauptantrag geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2
BGB nicht zu. Er sei zwar - zumindest durch Ersitzung (§ 937 BGB) -
Eigentümer des Gemäldes. Es liege aber keine Eigentumsbeeinträchtigung vor,
denn die Beklagten hätten sich weder mit der Suchmeldung in der Lost
Art-Datenbank noch durch die allein außerhalb Deutschlands eingeleitete
Fahndung das Eigentum an dem Gemälde angemaßt. Nach den Grundsätzen zur
Eintragung und Löschung von Meldungen in der Lost Art-Datenbank bringe ihre
Suchmeldung lediglich zum Ausdruck, dass Dr. Max Stern früher Eigentümer des
Gemäldes gewesen und zu vermuten sei bzw. nicht ausgeschlossen werden könne,
dass das Gemälde ihm aufgrund nationalsozialistischer Verfolgung entzogen,
kriegsbedingt verbracht oder abhandengekommen sei. Das Eigentum des Klägers
an dem Bild in der Gegenwart werde hierdurch nicht in Frage gestellt. Den
Beklagten gehe es in Übereinstimmung mit den sog. Washingtoner Prinzipien -
in dem Bewusstsein, hierauf keinen Anspruch zu haben - lediglich um die
Erzielung einer gerechten und fairen Lösung. Dieses Ansinnen und die
Konfrontation des Klägers mit der Provenienz des von ihm erworbenen Bildes
stellten keine Eigentumsanmaßung dar.
5 Der Kläger könne auch nicht
hilfsweise gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 823 Abs. 1, § 826 BGB
verlangen, dass die Beklagten die Löschung der in der Lost Art-Datenbank
veröffentlichten Suchmeldung beantragen. Er könne nicht untersagen, dass
marktrelevante Informationen über sein Bild publik gemacht würden. Bei
Kulturgütern bestehe ein anzuerkennendes Interesse der Allgemeinheit an dem
Objekt, seiner Geschichte und Provenienz. Eine Eigentumsbeeinträchtigung
scheide insoweit von vornherein aus, wenn lediglich zutreffend und sachlich
über einen bestehenden Verdacht des NS-verfolgungsbedingten Entzugs von
Kulturgut informiert werde. Ein solcher Verdacht begründe im gewerblichen
Kunsthandel gemäß § 44 Satz 1 Nr. 1, § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
des Kulturgutschutzgesetzes erhöhte Sorgfaltspflichten bei der Prüfung der
Provenienz. Bereits hierdurch werde die Marktgängigkeit des Kunstwerks
eingeschränkt. Es könne offenbleiben, ob ein Anspruch auf Löschung bestehe,
wenn in der Suchmeldung unrichtige Angaben gemacht würden oder die
Plausibilität der Meldung entkräftet werde. Denn so liege es hier nicht. Es
bestehe die Vermutung, dass das Gemälde dem früheren Eigentümer im Jahr 1937
aufgrund der Verfolgung durch den Nationalsozialismus entzogen worden sei.
Der Kläger habe seine Behauptung, Dr. Stern habe das Gemälde lediglich im
Rahmen eines Kommissionsgeschäfts in Besitz gehabt, nicht zur Überzeugung
des Berufungsgerichts bewiesen. Dem Bild hafte ein marktrelevanter Makel an,
den der Kläger auch ohne die Suchmeldung offenbaren müsse.
II.
6 Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand.
7 1.
Die auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfende
(vgl. Senat, Urteil vom 23. September 2022 - V ZR
148/21, NJW 2023, 781 Rn. 6 mwN) internationale Zuständigkeit
der deutschen Gerichte ist gegeben. Sie folgt allerdings entgegen
der Auffassung des Berufungsgerichts nicht aus § 32 ZPO, wonach für Klagen
aus unerlaubten Handlungen das Gericht zuständig ist, in dessen Bezirk die
Handlung begangen ist. Es ist umstritten, ob die Vorschrift auch rein
negatorische (vorbeugende) Unterlassungsklagen erfasst, die - wie hier - auf
einen von einem Verschulden unabhängigen Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2
BGB gestützt werden (vgl. zum Streitstand etwa BeckOK ZPO/Toussaint
[1.3.2023], § 32 Rn. 5.1; Jayme, IPRax 2020, 544 Fn. 4 jeweils mwN).
Der Streit bedarf vorliegend keiner Entscheidung, denn die
Zuständigkeit deutscher Gerichte folgt aus dem vorrangig anwendbaren
(vgl. BGH, Urteil vom 21. November 1996 - IX ZR 264/95, BGHZ 134, 127, 133;
Beschluss vom 27. Juni 2007 - X ZR 15/05, BGHZ 173, 40 Rn. 16) Art.
26 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 über die gerichtliche
Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in
Zivil- und Handelssachen (Brüssel Ia-VO, nachfolgend EuGVVO).
Nach dieser Vorschrift wird die Zuständigkeit eines nicht bereits
nach anderen Vorschriften der Verordnung zuständigen Gerichts
eines Mitgliedstaats begründet, wenn sich der Beklagte vor diesem Gericht
auf das Verfahren einlässt, ohne den Mangel der Zuständigkeit zu rügen und
keine anderweitige ausschließliche Zuständigkeit besteht. So liegt es hier.
Dass die Beklagten ihren Wohnsitz nicht in einem Mitgliedstaat der
Europäischen Union haben, steht dem nicht entgegen.
8 a) Der
(räumliche) Anwendungsbereich des Art. 26 EuGVVO ist eröffnet. Die
internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte wird unter den
Voraussetzungen des Art. 26 EuGVVO auch dann begründet, wenn der sich
rügelos einlassende Beklagte seinen Wohnsitz nicht im Hoheitsgebiet eines
Mitgliedstaats der Europäischen Union hat. Zu der inhaltlich
entsprechenden Vorschrift in Art. 18 des Übereinkommens vom 27. September
1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher
Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (nachfolgend EuGVÜ) hat der
Bundesgerichtshof zwar entschieden, dass diese Bestimmung dann nicht
anwendbar ist, wenn allein der Kläger in einem Vertragsstaat wohnt und - wie
hier - ein Auslandsbezug nur zu Nichtvertragsstaaten besteht (vgl. BGH,
Urteil vom 21. November 1996 - IX ZR 264/95, BGHZ 134, 127, 133 mwN).
Daran ist aber für Art. 26 EuGVVO nicht festzuhalten.
9 aa) Ein weites Verständnis des Anwendungsbereichs legt bereits
der Wortlaut des Art. 26 Abs. 1 Satz 1 EuGVVO nahe. Danach setzt eine
Zuständigkeitsbegründung durch rügeloses Einlassen lediglich die
Klageerhebung vor einem mitgliedstaatlichen Gericht voraus, ohne dass der
Wohnsitz des Beklagten - anders als etwa bei den in Art. 7 ff. geregelten
besonderen Zuständigkeiten -von Bedeutung ist (vgl.
Gebauer/Wiedmann in Gebauer/Berner, Europäisches Zivilrecht, 3. Aufl., Art.
26 Brüssel Ia-VO Rn. 2). Der Gerichtshof der Europäischen Union hat
deshalb - wenngleich nicht tragend - schon in Bezug auf Art. 18 Satz 1 EuGVÜ
angenommen, dass es auf den Wohnsitz des Beklagten nicht ankomme
(vgl. EuGH, Urteil vom 13. Juli 2000, Group Josi Reinsurance Company SA und
Universal General Insurance Company, C-412/98, EU:C:2000:399 Rn. 44).
10 bb) Nach heutiger Rechtslage kann kein Zweifel an der
Richtigkeit dieser Sichtweise bestehen. Dies zeigt der Vergleich mit der
ebenfalls im siebten Abschnitt zu findenden Regelung in Art. 25 EuGVVO.
Unter den Voraussetzungen dieser Vorschrift können die Parteien eine
ausdrückliche Vereinbarung über die Zuständigkeit schließen, ohne dass es -
anders als noch nach Art. 17 EuGVÜ und Art. 23 der Verordnung (EG) Nr.
44/2001 (Brüssel I-VO) - auf deren Wohnsitz ankommt. Die Regelung stellt
gemäß Art. 6 Abs. 1 EuGVVO eine Ausnahme von dem ansonsten geltenden
Grundsatz dar, dass die internationale Zuständigkeit nach der lex fori zu
bestimmen ist, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz nicht in einem
Mitgliedstaat hat. In Art. 6 Abs. 1 EuGVVO wird zwar lediglich auf
Art. 25 EuGVVO und nicht auf Art. 26 EuGVVO verwiesen. Neben der formalen
Nähe zeigt aber insbesondere der sachliche Zusammenhang beider
Vorschriften, dass der Wohnsitz des Beklagten in Art. 26 Abs. 1 Satz
1 EuGVVO ebenfalls ohne Bedeutung ist (vgl. BeckOK ZPO/Gaier
[1.3.2023], Art. 26 Brüssel Ia-VO Rn. 6; Gebauer/Wiedmann in Gebauer/Berner,
Europäisches Zivilrecht, 3. Aufl., Art. 26 Brüssel Ia-VO Rn. 2;
MüKoZPO/Gottwald, 6. Aufl., Art. 26 Brüssel Ia-VO Rn. 4; E. Pfeiffer/M.
Pfeiffer in Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr [Mai 2022], Art.
26 EuGVVO Rn. 7 f.; Schlosser/Hess, EU-Zivilprozessrecht, 5. Aufl., Art. 26
EuGVVO Rn. 1; Staudinger in Rauscher, Europäisches Zivilprozess-
und Kollisionsrecht, 5. Aufl., Art. 26 Brüssel Ia-VO Rn. 3). Denn Art. 26
Abs. 1 Satz 1 EuGVVO stellt - wie der Europäische Gerichtshof zu der
gleichlautenden Regelung in Art. 24 Satz 1 Brüssel I-VO entschieden hat -
eine stillschweigende Anerkennung der Zuständigkeit des angerufenen
Gerichts und damit eine Vereinbarung der Zuständigkeit dieses Gerichts dar
(vgl. EuGH, Urteil vom 17. März 2016, Taser International und SC
Gate 4 Business u.a., C-175/15, EU:C:2016:176 Rn. 21 und 33 mwN).
Ein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung ausdrücklicher und
stillschweigender Vereinbarungen über die Zuständigkeit besteht nicht.
In beiden Fällen wird mit der Begründung der Zuständigkeit
dem Grundsatz der Privatautonomie Rechnung getragen, der nach dem
Erwägungsgrund 14 der Brüssel I-Verordnung (jetzt: Erwägungsgrund 19 EuGVVO)
eine Ausnahme von der Bestimmung der internationalen Zuständigkeit nach der
lex fori rechtfertigt.
11 cc) Es entspricht auch dem Zweck der
Verordnung, einen weiten Anwendungsbereich des Art. 26 EuGVVO anzunehmen.
Der Erlass von Zuständigkeitsregeln soll für die damit zusammenhängenden
Rechtsstreitigkeiten das Funktionieren des Binnenmarktes erleichtern (vgl.
EuGH, Urteil vom 1. März 2005, Owusu und Jackson, C-281/02, EU:C:2005:120
Rn. 33 zum EuGVÜ). Diesem Anliegen wird dadurch entsprochen, dass die
Hemmnisse beseitigt werden, die sich aus der Anwendbarkeit der lex fori und
den Unterschieden in den jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften zu der
rügelosen Einlassung des Beklagten ergeben können; die Rechtssicherheit und
Voraussehbarkeit der Zuständigkeitsbegründung durch rügelose Einlassung
werden durch einen weiten Anwendungsbereich am besten gewährleistet (vgl.
Stein/Jonas/Thole, ZPO, 23. Aufl., Art. 26 EuGVVO Rn. 14).
12 dd)
Anlass für eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art.
267 AEUV besteht nicht. Die richtige Auslegung des Art. 26 Abs.
1 Satz 1 EuGVVO ist insbesondere im Hinblick darauf, dass es nach Ansicht
des Gerichtshofs für die Zuständigkeitsbegründung durch Einlassung auf das
Verfahren schon nach der früheren Rechtslage nicht auf den Wohnsitz des
Beklagten ankam (vgl. Rn. 9), derart offenkundig zu beantworten, dass für
vernünftige Zweifel kein Raum bleibt („acte claire“; vgl. EuGH,
Urteil vom 9. September 2015, van Dijk, C-72/14 und C-197/14, EU:C:2015:564
Rn. 55 ff.; BGH, Urteil vom 30. November 2022 - IV ZR 143/21, NJW-RR 2023,
177 Rn. 24 mwN).
13 b) Die Voraussetzungen des Art. 26 Abs. 1 EuGVVO
sind erfüllt.
14 aa) Die internationale Zuständigkeit ergibt sich
nicht bereits aus anderen Vorschriften der Verordnung, insbesondere ist Art.
7 Nr. 2 EuGVVO nicht einschlägig, weil die Beklagten ihren Wohnsitz nicht in
einem Mitgliedstaat haben; die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen
Gerichts gemäß Art. 24 EuGVVO besteht ebenfalls nicht.
15 bb) Die
Beklagten haben sich auf das Verfahren eingelassen. Von einer Einlassung auf
das Verfahren ist auszugehen, wenn die Zuständigkeitsrüge nicht spätestens
in der Stellungnahme erhoben wird, die nach dem innerstaatlichen
Prozessrecht als das erste Verteidigungsvorbringen vor dem angerufenen
Gericht anzusehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 2015 - XI ZR 27/14, WM
2015, 1381 Rn. 17 mwN). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist
es zudem erforderlich, die Rüge in der Rechtsmittelinstanz rechtzeitig zu
wiederholen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juli 2018 - I ZR 226/14, WRP 2019, 82
Rn. 27 mwN). Da es sich bei der internationalen Zuständigkeit um eine von
Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung handelt, kann der Senat in
tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ohne Bindung an die Feststellungen
des Berufungsgerichts prüfen und würdigen, ob nach diesem Maßstab eine
Zuständigkeitsrüge rechtzeitig erhoben wurde (vgl. BGH, Urteil vom 10.
Februar 2021 - KZR 66/17, WM 2022, 1551 Rn. 30 mwN zu einer
Gerichtsstandsvereinbarung).
16 Dies ist nicht der Fall. Dabei kann
dahinstehen, ob die von den Beklagten in erster Instanz erhobene Rüge der
örtlichen Unzuständigkeit zugleich eine Rüge nach Art. 26 Abs. 1 Satz 2
EuGVVO darstellt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 1. Juni 2005 - VIII ZR 256/04,
IPRax 2006, 594, 595). Denn die Beklagten haben sich jedenfalls mit
der Berufungserwiderung auf das Verfahren eingelassen, ohne die
internationale Zuständigkeit (erneut) infrage zu stellen; ihre pauschale
Bezugnahme auf das Vorbringen in der ersten Instanz ist für eine
Wiederholung der Rüge jedenfalls nicht ausreichend (vgl. BGH,
Urteil vom 26. Juli 2018 - I ZR 226/14, aaO). Zu der Erweiterung des
Klageantrags haben sich die Beklagten in dem ersten Erwiderungsschriftsatz
ebenfalls eingelassen, ohne die Zuständigkeit des Gerichts zu rügen, so dass
es nicht darauf ankommt, ob eine Zuständigkeitsrüge insoweit überhaupt
möglich war (vgl. dazu Musielak/Voit/Stadler, ZPO, 19. Aufl., Art. 26 EuGVVO
Rn. 1a mwN).
17 2. Das Berufungsgericht sieht die Klage zu
Recht als unbegründet an.
18 a) Zutreffend und von
der Revision nicht beanstandet beurteilt das Berufungsgericht die von dem
Kläger geltend gemachten Ansprüche nach deutschem Recht.
19
aa) Soweit die Klage auf eine Eigentumsverletzung gestützt wird, folgt
die Anwendbarkeit des deutschen Rechts - was im Ergebnis offenbleiben kann -
entweder aus Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf
außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (nachfolgend: Rom
II-VO) oder aus Art. 43 Abs. 1 EGBGB.
20 (1) Nach den
maßgeblichen Vorschriften der Rom II-VO wäre vorliegend deutsches Recht
anwendbar.
21 (a) Der Anwendungsbereich der Rom II-VO ist
nach deren Art. 1 Abs. 1 Satz 1 grundsätzlich eröffnet, da die Beklagten
ihren Wohnsitz nicht in Deutschland haben und die Sache deshalb eine
Verbindung zum Recht verschiedener Staaten, die nicht sämtlich
Mitgliedstaaten der Europäischen Union sein müssen (vgl. BGH,
Urteil vom 9. August 2022 - VI ZR 1244/20, ZIP 2022, 2548 Rn. 17), aufweist.
22 (b) Nach Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO ist auf ein außervertragliches
Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung grundsätzlich das Recht des
Staates anzuwenden, in dem der Schaden eintritt, unabhängig davon, in
welchem Staat das schadensbegründende Ereignis oder indirekte Schadensfolgen
eingetreten sind. Dies führt zur Anwendung des deutschen Sachrechts.
23 (aa) Der Bundesgerichtshof hat zur internationalen Zuständigkeit nach
Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 (jetzt: Art. 7 Nr. 2
EuGVVO) entschieden, dass der Begriff der unerlaubten Handlung
aufgrund seiner autonomen Auslegung die nach deutschem Recht als dinglich zu
qualifizierende Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche gemäß § 1004 BGB
erfasst (vgl. Senat, Urteil vom 18. Juli
2008 - V ZR 11/08, NJW 2008, 3502 Rn. 11; BGH,
Urteil vom 24. Oktober 2005 - II ZR 329/03, NJW 2006, 689
Rn. 6 f.).
Ob dies gleichermaßen für die Bestimmung des anwendbaren Rechts
gemäß Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO gilt, ist bislang nicht höchstrichterlich
entschieden (dafür etwa Jayme, IPRax 2020, 544, 546).
24
(bb) Findet die Regelung Anwendung, dann ist an den Erfolgsort
anzuknüpfen, also den Ort, an dem der erste Verletzungserfolg im Hinblick
auf den Geschädigten eingetreten ist; dabei kommt es auf den vom Kläger
behaupteten Schadenserfolg an (vgl. BGH, Urteil vom 8. Februar 2018
- IX ZR 103/17, BGHZ 217, 300 Rn. 83 f.). Danach wäre deutsches
Recht anzuwenden, weil sich der Kläger durch das Verhalten der Beklagten in
seinem Eigentum an dem Gemälde gestört sieht, das sich bei ihm in
Deutschland befindet.
25 (2) Sollten Unterlassungs-
und Beseitigungsansprüche gemäß § 1004 BGB hingegen nicht unter Art. 4 Abs.
1 Rom II-VO fallen, fände, weil der Anspruch auf das Eigentum an einer Sache
gestützt wird, die Vorschrift des Art. 43 Abs. 1 EGBGB Anwendung
(vgl. etwa BeckOGK/Spohnheimer, BGB [1.5.2023], § 1004 Rn. 327;
BeckOGK/Prütting/A. Zimmermann, EGBGB [1.12.2022], Art. 43 Rn. 127 ff.;
MüKoBGB/Raff, 9. Aufl., § 1004 Rn. 305; Staudinger/Thole, BGB [1.7.2022], §
1004 Rn. 621). Nach dieser Vorschrift unterliegen Rechte an
einer Sache dem Recht des Staates, in dem sich die Sache befindet. Damit
wäre hier ebenfalls deutsches Recht anwendbar.
26 bb)
Für das von der Revision durch die Suchmeldung ebenfalls als
verletzt angesehene Allgemeine Persönlichkeitsrecht ist der
Anwendungsbereich der Rom II-Verordnung nach deren Art. 1 Abs. 2 lit. g
nicht eröffnet. Der Persönlichkeitsschutz und die sich daraus herleitenden
Ansprüche unterfallen Art. 40 EGBGB (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juli
2018 - VI ZR 330/17, ZIP 2019, 1172 Rn. 27 mwN), so dass sich die
Anwendbarkeit des deutschen Rechts aus der ebenfalls an den Erfolgsort
anknüpfenden Regelung in Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB ergibt.
27 b) Frei von Rechtsfehlern verneint das Berufungsgericht einen
Anspruch des Klägers aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB auf die mit dem
Hauptantrag verlangte Unterlassung. Die Beklagten haben sich nicht des
Eigentums an dem Gemälde des Klägers berühmt, so dass eine mit der
Unterlassungsklage abzuwehrende (künftige) Eigentumsanmaßung nicht zu
besorgen ist.
28 aa) Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs stellt die Anmaßung fremden Eigentums eine
Eigentumsbeeinträchtigung dar, die der wahre Eigentümer nicht hinzunehmen
braucht und, sofern derartige die dingliche Rechtslage falsch darstellende
Äußerungen gegenüber Dritten fallen, mit einer auf § 1004 Abs. 1 BGB
gestützten Klage abwehren kann (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober
2005 - II ZR 329/03, NJW 2006, 689 Rn. 13). Ob ein Verhalten
als Eigentumsanmaßung anzusehen ist, hängt von den Umständen des
Einzelfalls ab und ist daher eine Frage der tatrichterlichen Würdigung.
Diese ist revisionsrechtlich nur darauf überprüfbar, ob der
Tatrichter wesentliche Umstände übersehen oder nicht vollständig gewürdigt,
Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt oder von der Revision gerügte
Verfahrensfehler begangen hat (vgl. Senat, Urteil vom 16. April 2021 - V ZR
17/20, NJW 2021, 3060 Rn. 8 mwN). Ein solcher Fehler liegt hier nicht vor.
29 bb) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, mit der Suchmeldung des
Gemäldes auf der Internetseite der Lost Art-Datenbank und der Fahndung über
Interpol werde ohne gegenwärtige Eigentumsanmaßung lediglich an das
früher bestehende Eigentum des Dr. Max Stern angeknüpft, ist nicht zu
beanstanden.
30 (1) Die Lost Art-Datenbank dient der
Umsetzung der völkerrechtlich nicht bindenden sog. Washingtoner Erklärung
aus dem Jahr 1998 über den Umgang mit während der NS-Zeit abhanden
gekommenen Kunstwerken sowie der dazu ergangenen Gemeinsamen Erklärung von
Bundesregierung, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden vom Dezember 1999
(vgl. dazu Heidt, Restitutionsbegehren bei NS-Raubkunst, 2017, S.
26 f.). Die früheren Eigentümer bzw. die Erben NS-verfolgungsbedingt
entzogener Kulturgüter sollen ausfindig gemacht werden, um mit diesen eine
gerechte und faire Lösung zu erzielen. Auf der Grundlage, dass die
Restitution und Entschädigung in Deutschland im Rückerstattungsrecht und den
allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften abschließend geregelt ist, wird in
der Gemeinsamen Erklärung vom Dezember 1999 öffentlichen Einrichtungen wie
Museen, Archiven und Bibliotheken unabhängig von dem Bestehen oder der
Durchsetzbarkeit etwaiger Ansprüche empfohlen, NS-verfolgungsbedingt
entzogene Kulturgüter an die früheren Eigentümer bzw. deren Erben
zurückzugeben oder eine anderweitige Wiedergutmachung
vorzunehmen; Privatpersonen werden aufgefordert, sich den Grundsätzen und
Verfahrensweisen anzuschließen. Rechtsansprüche auf eine
Rückerstattung werden indes durch keine der beiden Erklärungen begründet
(vgl. etwa Wasmuth, NJW 2014, 747, 751).
31 Zweck der
Veröffentlichung auf der Internetseite der Lost Art-Datenbank ist es, die
früheren Eigentümer bzw. deren Erben sowie die heutigen Besitzer eines
Kulturgutes zusammen zu bringen und diese bei der Erarbeitung einer
gerechten und fairen Lösung im Sinne der Washingtoner Erklärung zu
unterstützen (vgl. BVerwGE 151, 228 Rn. 31 f.). Hiervon
ausgehend nimmt das Berufungsgericht zu Recht an, dass mit der Suchmeldung
lediglich auf das frühere Eigentum an dem Kunstwerk und die Umstände des
Verlustes Bezug genommen wird; eine Aussage über das gegenwärtig bestehende
Eigentum oder etwaige daran anknüpfende Ansprüche ist damit weder verbunden
noch beabsichtigt (vgl. auch BVerwGE 151, 228 Rn. 41; Jayme, IPRax
2020, 544, 547; ders. in Festschrift Ebke, 2021, S. 453, 457).
32 (2)
Eine andere Betrachtung ist entgegen der Ansicht der Revision auch nicht
hinsichtlich der Eintragung des Gemäldes in der Fahndungsdatenbank
von Interpol geboten.
33 (a) Allerdings ist mangels
entgegenstehender Feststellungen des Berufungsgerichts zugunsten des Klägers
für das Revisionsverfahren zu unterstellen, dass die Interpol-Fahndung durch
die Beklagten veranlasst wurde. Zudem ist davon auszugehen, dass - was die
Beklagten in der mündlichen Revisionsverhandlung auch nicht in Abrede
gestellt haben - dem Kläger polizeiliche Maßnahmen bis hin zu einer
Beschlagnahme des Gemäldes drohen, falls er dieses in die Vereinigten
Staaten von Amerika oder nach Kanada verbringen sollte. Das
Berufungsgericht schließt lediglich aus, dass der Kläger derzeit in
Deutschland aufgrund der Interpol-Fahndung polizeiliche Maßnahmen zu
befürchten hat.
34 (b) Gleichwohl stellt die Meldung
bei Interpol keine Eigentumsanmaßung durch die Beklagten dar. Inhalt der
Eintragung in der Datenbank ist ausweislich des von dem Kläger vorgelegten
und von dem Berufungsgericht in Bezug genommenen Auszugs aus der Datenbank
lediglich das Abhandenkommen des Gemäldes am 13. November 1937 in Düsseldorf
mit dem Zusatz „Type of event: theft“. Auch mit dieser Meldung wird
folglich nur an das frühere Eigentum von Dr. Stern angeknüpft, ohne dass
hiermit eine Aussage darüber verbunden wäre, dass sich die Beklagten nach
heutiger Rechtslage als Eigentümer des Gemäldes ansehen und darstellen.
Auch die Verwendung des Begriffes „theft“ (Diebstahl) ändert hieran
nichts.
35 (c) Als Eigentumsanmaßung ist die Meldung
auch nicht deshalb anzusehen, weil der Kläger bei einer Verbringung des
Gemäldes nach Kanada oder in die Vereinigten Staaten von Amerika
polizeiliche Maßnahmen zu befürchten hätte, die ihn in der Verfügungsgewalt
über das Gemälde einschränken würden. Denn insoweit handelt es sich
lediglich um eine Folge des Umstandes, dass die Rechtsordnungen einzelner
Staaten an das Abhandenkommen von Kulturgütern und spätere Erwerbsvorgänge
unterschiedliche Rechtsfolgen knüpfen. So sollen nach Darstellung in der
Literatur zum einen in den Vereinigten Staaten die Begriffe „theft“ und
„stolen“ wesentlich weiter verstanden werden als die Begriffe Diebstahl (§
242 StGB) und Abhandenkommen (§ 935 BGB) im deutschen Recht, und
namentlich auch Vorgänge erfassen, die nach deutschem Verständnis
als freiwillige Besitzaufgabe anzusehen wären. Zum anderen soll es
selbst bei einer Vielzahl von Erwerbsakten über Jahrzehnte hinweg - anders
als nach deutschem Recht (vgl. § 937 BGB) - für niemanden in der
Erwerbskette möglich sein, an einem in diesem Sinne „gestohlenen“
Kunstgegenstand Eigentum zu erwerben (vgl. zum Ganzen Rapp, NS-Raubkunst vor
amerikanischen Gerichten, 2021, S. 40 f.; zur „Klägerfreundlichkeit“ der
US-amerikanischen Gerichte bei Restitutionsstreitigkeiten S. 70 ff. mwN;
vgl. auch OLG Köln, NJOZ 2017, 994 Rn. 28 ff.). Selbst wenn sich die
Beklagten diesen Umstand bewusst zunutze gemacht hätten, stellte ihre
Meldung keine Eigentumsanmaßung dar, weil sie lediglich (wahre) Tatsachen zu
Vorgängen aus dem Jahre 1937 enthält und die rechtliche Bewertung dieser
Vorgänge den Behörden - bzw. gegebenenfalls den Gerichten - überlassen wird.
Ob in der Fahndungsmeldung eine Eigentumsanmaßung liegen könnte, wenn auch
nach amerikanischem und kanadischem Recht völlig ausgeschlossen wäre, dass
die Beklagten als Eigentümer des Gemäldes anzusehen sind, kann dahinstehen.
Denn dies ist nach dem soeben Gesagten nicht der Fall.
36 c) Dem
Kläger steht auch der mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch auf
Beantragung der Löschung der Suchmeldung des Gemäldes in der Lost
Art-Datenbank nicht zu.
37 aa) Zu Recht verneint das
Berufungsgericht einen Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Die auf wahren Tatsachen beruhende Suchmeldung eines Kulturgutes auf der
Internetseite der Lost Art-Datenbank stellt keine Eigentumsbeeinträchtigung
i.S.v. § 1004 Abs. 1 BGB dar und begründet daher keinen auf Beantragung der
Löschung gerichteten Anspruch des gegenwärtigen Eigentümers gegen den
Veranlasser der Meldung.
38 (1) Richtig ist zunächst der
Ausgangspunkt des Berufungsgerichts. Die Ansprüche gemäß § 1004 Abs.
1 BGB dienen dem Schutz des Eigentümers vor Beeinträchtigungen der Befugnis
aus § 903 BGB, mit der Sache nach Belieben zu verfahren und andere von jeder
Einwirkung auszuschließen. Die Rechte aus dem Eigentum haben nur insoweit
zurückzutreten, als das Gesetz oder Rechte Dritter der Ausübung der Rechte
aus dem Eigentum entgegenstehen (§ 903 Satz 1, §§ 1004, 986 Abs. 1
BGB; vgl. Senat, Urteil vom 16. April 2010 - V ZR 171/09, NJW 2010, 1808 Rn.
7).
39 (2) Hiervon ausgehend nimmt das Berufungsgericht
rechtsfehlerfrei an, dass die Veröffentlichung einer Suchmeldung in der Lost
Art-Datenbank die Ausschließungsbefugnis des Eigentümers nicht berührt, weil
die Eigentumszuordnung nicht infrage gestellt wird (s.o. Rn. 29
ff.). Auch die Verfügungsbefugnis wird jedenfalls in rechtlicher
Hinsicht nicht eingeschränkt (vgl. auch BVerwGE 151, 228 Rn. 41).
Richtig ist auch, dass eine auf wahren Tatsachen beruhende sachliche
Information über den Verdacht des NS-verfolgungsbedingten Verlustes eines
Kulturgutes die Rechte aus dem Eigentum gemäß § 903 Satz 1 BGB schon deshalb
nicht beeinträchtigt, weil der Betroffene die Behauptung und
Verbreitung wahrer Tatsachen in der Regel hinzunehmen hat, auch wenn dies
für ihn nachteilig ist (Art. 5 Abs. 1 GG; vgl. etwa BVerfG, NJW-RR
2010, 470 Rn. 62). Das berechtigte und mit der Gemeinsamen Erklärung von
Bundesregierung, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden vom Dezember 1999
zur Umsetzung der Washingtoner Erklärung (https://www.kulturgutverluste.de/Webs/DE/Stiftung/Grundlagen/Gemeinsame-Erklaerung/Index.html,
zuletzt abgerufen am 30. Mai 2023) anerkannte Interesse früherer Eigentümer
von Kulturgut bzw. ihrer Rechtsnachfolger sowie das allgemeine öffentliche
Interesse an der Provenienz NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter
überwiegen jedenfalls ein in der Regel allein auf wirtschaftlichen
Erwägungen beruhendes Interesse des gegenwärtigen Eigentümers an der
Geheimhaltung solcher Tatsachen.
40 (3) Ob eine
Eigentumsbeeinträchtigung anzunehmen ist, wenn in Bezug auf die Sache
unwahre marktrelevante Tatsachen behauptet bzw. wertbildende Faktoren falsch
dargestellt werden (so etwa MüKoBGB/Wagner, 8. Aufl., § 823 Rn.
268; Staudinger/Hager, BGB [2017], § 823 Rn. B 78; Larenz/Canaris, Lehrbuch
des Schuldrechts II 2, 13. Aufl., § 76 II 3 d; Jayme, IPrax 2020, 544,
547), ist fraglich. Die Veröffentlichung einer Suchmeldung schränkt
zwar die Marktfähigkeit bzw. Marktgängigkeit des Kulturgutes ein, wodurch es
zu einer nachteiligen Wertbeeinflussung kommt (vgl.
Elmenhorst/Wiese, KGSG, § 44 Rn. 15; Elmenhorst/Heimann, NJW 2016, 3398,
3403). Die Schmälerung der Gewinnerwartung aus einem Verkauf
betrifft den Eigentümer des Kulturgutes aber in seinen Vermögensinteressen.
Diese werden nicht durch die dinglichen Abwehransprüche des Eigentümers aus
§ 1004 Abs. 1 BGB, sondern allenfalls durch § 823 Abs. 1 (unter dem
Gesichtspunkt des Schutzes des eingerichteten und ausgeübten
Gewerbebetriebs), § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 185 ff. StGB bzw. §§ 824,
826 BGB, § 4 Nr. 2 UWG bzw. daran anknüpfende quasi-negatorische
Ansprüche geschützt.
41 (4) Die Frage, ob unwahre
Tatsachenbehauptungen in Bezug auf eine Sache eine Eigentumsbeeinträchtigung
darstellen können, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Denn dem
Kläger geht es nicht um die Abwehr unzutreffender Tatsachenbehauptungen über
das Gemälde. Er wehrt sich dagegen, dass mit der Veröffentlichung aus seiner
Sicht zu Unrecht verbreitet wird, es bestehe jedenfalls die Vermutung, das
Gemälde sei einem früheren Eigentümer NS-verfolgungsbedingt entzogen worden.
Diese Vermutung ist jedoch im Sinne des § 44 Satz 1 Nr. 1 des
Kulturgutschutzgesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl I S. 1914 ff.; nachfolgend:
KGSG) wegen der Umstände des Verkaufs im Jahr 1937 begründet. Diese
sind, jedenfalls soweit sie die Grundlage der Vermutung darstellen, vom
Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt und werden auch von dem
Kläger nicht infrage gestellt.
42 (a) Die Regelung in § 44 Satz 1 Nr.
1 KGSG ergänzt die bei einem gewerblichen Inverkehrbringen von Kulturgut
bestehenden Sorgfaltspflichten gemäß § 42 Abs. 1 KGSG, wonach der
gewerbliche Kunsthandel u.a. die Provenienz des Kulturgutes (§ 42 Abs. 1
Satz 1 Nr. 3 KGSG) und die Eintragung in öffentlich zugänglichen
Verzeichnissen und Datenbanken (§ 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 KGSG) zu prüfen
hat. Diese Pflichten sind grundsätzlich nach Maßgabe des zumutbaren
(wirtschaftlichen) Aufwandes zu erfüllen (§ 42 Abs. 1 Satz 3 KGSG). Ist
allerdings gemäß § 44 Satz 1 Nr. 1 KGSG nachgewiesen oder zu vermuten, dass
das Kulturgut zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 aufgrund der
Verfolgung durch den Nationalsozialismus entzogen worden ist, besteht
grundsätzlich ein erhöhter Recherchebedarf zur Herkunftsgeschichte und
Provenienz; es kommt dann nicht auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit des
Aufwandes der Recherche an (vgl. BT-Drucks. 18/7456 S. 100). Ausgenommen von
der erhöhten Sorgfaltspflicht ist lediglich solches Kulturgut, das an seinen
ursprünglichen Eigentümer oder dessen Erben zurückgegeben oder zu dem eine
andere abschließende Regelung im Hinblick auf den Entzug getroffen worden
ist.
43 (b) Für die Frage, wann ein NS-verfolgungsbedingter Entzug
vermutet wird, kann auf die von der Provenienzforschung entwickelten
Grundsätze zurückgegriffen werden, wie sie in der Handreichung zur Umsetzung
der „Erklärung der Bundesregierung, der Länder und der kommunalen
Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt
entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz“ vom Dezember 1999
(Neufassung 2019, herausgegeben von der Beauftragten der Bundesregierung für
Kultur und Medien; nachfolgend: Handreichung) und dem Leitfaden
Provenienzforschung (herausgegeben von dem Deutschen Zentrum
Kulturgutverluste gemeinsam mit verschiedenen Institutionen und
Organisationen aus dem Bereich der Provenienzforschung, nachfolgend:
Leitfaden) zusammengefasst sind (vgl. Elmenhorst/Wiese, KGSG, § 44 Rn. 7;
von der Decken/Fechner/Weller, KGSG, § 44 Rn. 10). Danach besteht in
Anlehnung an die Rückerstattungsregelungen in den früheren Besatzungszonen
(vgl. dazu Heidt, Restitutionsbegehren bei NS-Raubkunst, 2017, S. 39 f.) bei
Vermögensverlusten von NS-Verfolgten aufgrund eines Rechtsgeschäfts (Kauf,
Tausch, Schenkung) im Zeitraum vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945
die tatsächliche Vermutung, dass es sich um eine ungerechtfertigte
Entziehung von Kulturgut handelt; für jüdische Geschädigte gilt zudem für
die Zeit ab dem 30. Januar 1933 die Vermutung der Kollektivverfolgung (vgl.
Handreichung, S. 34 f.; Leitfaden, S. 105 f.; Heidt, Restitutionsbegehren
bei NS-Raubkunst, 2017, S. 43; vgl. auch BVerwG, DtZ 1997, 71, 72).
44 (c) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze wird ein früherer
NS-verfolgungsbedingter Entzug des im Eigentum des Klägers stehenden
Gemäldes bereits aufgrund des Verkaufs im Jahr 1937 i.S.d. § 44 Satz
1 Nr. 1 KGSG vermutet mit der Folge erhöhter Sorgfaltspflichten; die
individuelle NS-Verfolgung des früheren Besitzers Dr. Max Stern, der gemäß §
1006 Abs. 1 Satz 1 BGB als damaliger Eigentümer anzusehen ist, ist
offensichtlich und wird von dem Kläger nicht infrage gestellt. Die
Veröffentlichung der Suchmeldung in der Lost Art-Datenbank macht damit
lediglich publik, was aufgrund der bekannten Umstände des Verkaufs des
Gemäldes im Jahr 1937 ohnehin vermutet wird und - jedenfalls im Fall eines
gewerblichen Inverkehrbringens - näherer Aufklärung bedarf. Zutreffend nimmt
das Berufungsgericht daher an, dass der wertbeeinflussende Makel des
Gemäldes nicht erst durch die Veröffentlichung der Suchmeldung
begründet wird. Dabei kommt es noch nicht einmal darauf an, ob - wie das
Berufungsgericht meint und wofür vieles spricht - den Kläger zudem im Falle
des Verkaufs auch ohne Eintragung in der Lost Art-Datenbank eine
Offenbarungspflicht hinsichtlich der bemakelten Provenienz träfe.
45
(d) Eine andere Betrachtung ist auch nicht gerechtfertigt, soweit sich
der Kläger darauf beruft, das Gemälde sei bereits unmittelbar nach dem Krieg
nicht rückerstattungsfähig gewesen. Es ist zwar zutreffend, dass
nach den Rückerstattungsregelungen in der US-amerikanischen und britischen
Besatzungszone sowie im Großraum Berlin bewegliche Gegenstände, die im Wege
eines ordnungsgemäßen Geschäftsverkehrs aus einem einschlägigen Unternehmen
erworben worden sind, grundsätzlich nicht der Rückerstattung unterlagen
(vgl. dazu Heidt, Restitutionsbegehren bei NS-Raubkunst, 2017, S.
46, 53 und 56). Darauf kommt es aber schon deshalb nicht an, weil die in den
Rückerstattungsgesetzen der einzelnen Besatzungszonen geregelten
Ausnahmetatbestände (vgl. Art. 15 des britischen bzw. Art. 19 des
US-amerikanischen Rückerstattungsgesetzes [jeweils Gesetz Nr. 59,
Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände an Opfer der
nationalsozialistischen Unterdrückungsmaßnahmen] sowie Art. 16 der
Rückerstattungsanordnung für den Großraum Berlin [Anordnung BK/O [49]
180]) keine Aussage zu der Vermutung des verfolgungsbedingten Entzugs
enthalten. Es sollte lediglich den normalen geschäftlichen Bedürfnissen
Rechnung getragen werden, nach denen der Käufer regelmäßig keine
Überlegungen dazu angestellt hatte, wie die Waren vom Inhaber eines
einschlägigen Unternehmens erworben worden waren; lagen die Voraussetzungen
- was hier schon im Hinblick auf die in den Regelungen enthaltenen
Rückausnahmen für Kunstwerke zweifelhaft ist -vor, war zwar eine Rückgabe,
nicht aber eine sonstige Entschädigung ausgeschlossen (vgl.
Harmening/Hartenstein/Osthoff, Rückerstattungsgesetz, 2. Aufl., 1952, Art.
15 Bl. Nr. 100 Rs.).
46 (e) Nach den Grundsätzen der
Provenienzforschung kann die Vermutung dagegen durch den Nachweis widerlegt
werden, dass der Veräußerer einen angemessenen Kaufpreis erhalten hat und
über diesen frei verfügen konnte; bei Veräußerungen nach dem 15. September
1935 ist zudem nachzuweisen, dass das Rechtsgeschäft seinem wesentlichen
Inhalt nach auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus stattgefunden
hätte oder die Wahrung der Vermögensinteressen des Verfolgten in besonderer
Weise und mit wesentlichem Erfolg vorgenommen wurde (vgl. Handreichung, S.
38 f.; Leitfaden, S. 106).
47Sollte der Kläger - etwa durch ein
Sachverständigengutachten zur Provenienz - diesen Nachweis erbringen können,
könnte das zwar dazu führen, dass die Vermutung in tatsächlicher Hinsicht
widerlegt wäre, so dass die erhöhten Sorgfaltspflichten nach § 44 Satz 1 Nr.
1 KGSG entfielen. Das könnte ggf. auch dazu führen, dass der Zweck
der Veröffentlichung in der Lost Art-Datenbank nachträglich wegfiele. Selbst
dann läge aber in der Aufrechterhaltung der Suchmeldung keine
Beeinträchtigung des Eigentums des Klägers an dem Gemälde durch die
Beklagten (hierzu sogleich).
48 (5) Anders als die Revision
meint, kann eine Eigentumsbeeinträchtigung nicht mit der Begründung bejaht
werden, die Aufrechterhaltung der Suchmeldung in der Lost Art-Datenbank
führe zu einem rechtswidrigen Zustand.
49 (a) Richtig ist daran, dass
Eintragungen und Meldungen zu Kulturgütern in der Lost Art-Datenbank
staatliches Informationshandeln darstellen (vgl. Papier, in
Interessengemeinschaft Deutscher Kunsthandel [Hrsg.], Fair und gerecht -
Restitution und Provenienz im Kunstmarkt, 2021, S. 79, 85) und
deshalb nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu der damals
noch von einer Arbeitsgruppe (sog. Koordinierungsstelle) bei dem
Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt betriebenen Lost Art-Datenbank
ein im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durchzusetzender
öffentlich-rechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch in Betracht kommt, wenn
sich die Aufrechterhaltung der Suchmeldung nicht (mehr) im Rahmen des
Widmungszwecks der Datenbank hält und mit höherrangigem Recht, insbesondere
den Grundrechten nicht zu vereinbaren ist (vgl. BVerwGE 151, 228
Rn. 28 ff.). Eine Überschreitung des Widmungszwecks erscheint
hinsichtlich der in Rede stehenden Datenbank-Eintragung zumindest denkbar,
weil - anders als in dem von dem Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall
(vgl. BVerwGE 151, 228 Rn. 39) - die Frage, wem das Eigentum an dem Gemälde
zusteht, jedenfalls nach deutschem Recht geklärt und die Einigung zwischen
den Parteien, die die Datenbank befördern soll, nicht zustande gekommen ist.
50 Allerdings ist, nachdem die Datenbank inzwischen durch eine
Stiftung bürgerlichen Rechts betrieben wird, umstritten, ob
Veröffentlichungen in der Datenbank weiterhin öffentlich-rechtlich zu
beurteilen sind und somit der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist (so
VG Magdeburg, KUR 2022, 69, 72), oder ob über Rechtsfragen im
Zusammenhang mit der Einstellung von Werken mit Verdacht auf NS-Raubkunst in
die Datenbank nunmehr die Zivilgerichte zu entscheiden haben (so
Dörig, jM 2015, 252, 254). Sollte letzteres zutreffen, würde sich
die Frage stellen, ob und inwieweit die öffentlich-rechtlichen Bindungen,
denen der Staat bei seinem Informationshandeln unterworfen ist, auch die die
Datenbank in Privatrechtsform betreibende Stiftung treffen und dazu führen,
dass diese zivilrechtlich zur Löschung eines Eintrags verpflichtet ist, wenn
der Widmungszweck der Datenbank die Aufrechterhaltung des Eintrags nicht
(mehr) rechtfertigt (vgl. allgemein zu den Grundsätzen des sog.
Verwaltungsprivatrechts Senat, Urteil vom 21. September 2018 - V ZR 68/17,
NZM 2019, 380 Rn. 42 mwN; zur Grundrechtsbindung siehe auch BVerfGE 128, 226
Rn. 46 ff.).
51 All dies bedarf hier aber keiner Klärung.
Denn selbst wenn die Überschreitung des Widmungszwecks der Datenbank durch
die Eintragung einer Suchmeldung bezüglich eines Kunstwerks einen
Löschungsanspruch des Eigentümers zur Folge hätte, könnte sich dieser -
gleich ob der Anspruch öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur
ist - nur gegen die Stiftung als Betreiberin der Datenbank richten, nicht
aber gegen die Beklagten als bloße Veranlasser der Meldung, die lediglich
das Angebot der Datenbank wahrnehmen. Wenn der Staat eine
Internetdatenbank einrichtet, in der Such- und Fundmeldungen von
Privatpersonen zu Kulturgütern veröffentlicht werden, dann ist er
bzw. die von ihm als Betreiberin der Datenbank errichtete Stiftung dafür
verantwortlich, dass sich die veröffentlichte Meldung innerhalb der Grenzen
hält, die das öffentliche Recht und namentlich die Grundrechte - hier der
Eigentümer der betroffenen Gemälde - dem staatlichen Informationshandeln
ziehen. Es ist Sache der Betreiberin der Datenbank zu entscheiden, ob sie
eine Meldung veröffentlicht und ob bzw. wann sie sie wieder löscht.
Es liegt in ihrer Verantwortung, die fortdauernde Einhaltung des Zwecks der
Veröffentlichung zu überwachen und sicherzustellen, dass die
Aufrechterhaltung der Veröffentlichung gegenüber dem Eigentümer des
Kunstwerks weiterhin zu rechtfertigen ist. Wird durch die Aufrechterhaltung
einer Meldung das Eigentum an einem Kunstwerk beeinträchtigt, dann trifft
die Verantwortung hierfür folglich allein die Stiftung. Ob hier eine
solche Eigentumsbeeinträchtigung vorliegt, bedarf keiner Entscheidung, weil
sich die Klage gegen die Beklagten als Veranlasser der Meldung richtet.
52 (b) Zur Begründung des Beseitigungsanspruchs kann sich der Kläger
auch nicht, was das Berufungsgericht erwogen hat, auf die „Grundsätze der
Eintragung und Löschung von Meldungen in die Lost Art-Datenbank“ berufen.
Danach werden Suchmeldungen von der die Datenbank betreibenden Stiftung zwar
u.a. dann gelöscht, wenn die Meldung nicht entsprechend dem Zweck der
Datenbank erfolgt ist oder wenn die Plausibilität der Meldung nach
Eintragung durch neue Erkenntnisse entfällt. Bei diesen Grundsätzen
handelt es sich aber um bloße stiftungsinterne Regeln (vgl. Jayme in
Festschrift Ebke, 2021, S. 453, 457), die den Kläger nicht direkt
begünstigen. Es ist auch nichts dafür ersichtlich und die Revision
zeigt keinen Vortrag dazu auf, dass der Kläger in den Schutzbereich einer
etwa zwischen den Beklagten und der Stiftung bestehenden vertraglichen
Vereinbarung einbezogen wäre. Ob die Suchmeldung dem Zweck der
Datenbank entspricht, ist - wie dargelegt - allein im Verhältnis zwischen
dem Kläger und der Stiftung als Betreiberin der Datenbank, nicht aber im
Verhältnis zwischen dem Kläger und den Beklagten von Belang.
53 bb)
Ein Anspruch des Klägers entsprechend § 1004 Abs. 1 Satz 1, § 823
Abs. 1 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art.
2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK) besteht ebenfalls
nicht. Denn die Veröffentlichung der Suchmeldung enthält bereits keine
personenbezogenen Daten des Klägers (vgl. auch BVerwGE 151, 228 Rn.
34).
III.
54 Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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