Sittenwidrigkeit (§ 138
I BGB) wegen Einschränkung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit
("Knebelung"); Sittenwidrigkeit einer Verfallklausel; Voraussetzungen der
Teilnichtigkeit (§ 139 BGB) bei sittenwidrigen Vertragsklauseln;
quantitative Teilbarkeit; Grenzen richterlicher Vertragsgestaltung;
Treuwidrigkeit der Berufung auf die Gesamtnichtigkeit
BGH, Urteil vom 17. Oktober
2008 - V ZR 14/08
Fundstelle:
NJW 2009, 1135
Amtl. Leitsatz:
Die Aufspaltung einer
sittenwidrigen Vertragsklausel in einen wirksamen und einen unwirksamen Teil
(sog. quantitative Teilbarkeit) kommt nur in Betracht, wenn konkrete, über
allgemeine Billigkeitserwägungen hinausgehende Anhaltspunkte die Annahme
rechtfertigen, dass die Aufspaltung dem entspricht, was die Parteien bei
Kenntnis der Nichtigkeit ihrer Vereinbarung geregelt hätten.
Zentrale Probleme:
Eine sehr lehrreiche Entscheidung, die grundsätzliche
Ausführungen zur Sittenwidrigkeit, insbesondere aber zur Aufrechterhaltung
von Verträgen bei Teilnichtigkeit (§ 139 BGB). S. insbesondere die fett
markierten Passagen. Zur Treuwidrigkeit
der Berufung auf die Gesamtnichtigkeit s. auch
BGH/ 176, 198.
S. dazu auch BGH v.
6.7.2012 - V ZR 122/11.
©sl 2008
Tatbestand:
1 Die Beklagten betrieben etwa 30 Jahre lang auf ihnen gehörenden
Grundstücken ein Hotel mit angeschlossenem Restaurant. Mit notariellem
Vertrag vom 10. Januar 1992 verkauften sie das Anwesen an den Kläger zu 2.
Seine Ehefrau, die Klägerin zu 1, erwarb das Inventar des Hotels. Als
Kaufpreis wurden 450.000 DM für die Grundstücke und 171.000 DM für das
Inventar vereinbart. Außerdem verpflichteten sich die Kläger, den Beklagten
eine wertgesicherte Rente von 5.000 DM monatlich zu zahlen. Zur Absicherung
dieser Verpflichtung bestellten die Kläger den Beklagten eine Reallast an
den zu übertragenden Grundstücken.
2 Ferner enthält der Vertrag ein Belastungsverbot und eine Verfallklausel,
die wie folgt lauten:
"Der Käufer…verpflichtet sich, die Vertragsgrundstücke zu Lebzeiten der
Eheleute K. [= Bekl.] weder ganz noch teilweise zu veräußern und nicht mit
Grundpfandrechten zu belasten, ausgenommen eine Grundschuld bis zu 80.000 DM
ohne Zinsen und ohne Nebenleistungen. Wenn der Käufer gegen diese
Verpflichtung verstößt…. oder der Käufer mit der… Rentenzahlung mit mehr als
zwei Monatsbeträgen im Rückstand ist, sind alle Grundstücke samt Zubehör an
die Eheleute K., nach dem Tod eines Ehegatten auf den überlebenden Teil
allein, ohne Gegenleistung zurückzuübertragen. Die bezahlten Kaufpreise von
450.000 DM und 171.000 DM und die bezahlten Rentenbeträge sind nicht
zurückzuerstatten.
Zur Sicherung dieses Anspruchs der Eheleute K. wird die Eintragung einer
Auflassungsvormerkung….bewilligt und beantragt…"
3 Der Vertrag wurde durchgeführt. Bis zum Jahr 2001 erbrachten die Kläger
die monatlichen, sich zuletzt auf 3.128,55 € belaufenden Rentenzahlungen
ordnungsgemäß. Die nachfolgenden Erhöhungen leisteten sie nicht mehr; ab
Mitte 2005 stellten sie ihre Zahlungen ganz ein. Die Beklagten betreiben
deshalb die Zwangsvollstreckung aus der Kaufvertragsurkunde.
4 Hiergegen wenden sich die Kläger mit einer Zwangsvollstreckungsgegenklage.
Sie möchten ferner festgestellt wissen, dass sie nicht verpflichtet
sind, die monatlichen Rentenzahlungen zu erbringen. Das Landgericht hat der
Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Mit der von
dem Senat zugelassenen Revision erstreben die Kläger die Wiederherstellung
des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung
der Revision.
Entscheidungsgründe:
I.
5 Das Berufungsgericht meint, das Belastungsverbot und die Verfallklausel
führten zu einer sittenwidrigen Übersicherung der Beklagten im Sinne des §
138 Abs. 1 BGB. Die Rentenzahlungspflicht der Kläger bestehe jedoch fort,
denn die aus der Sittenwidrigkeit folgende Nichtigkeit erfasse nicht den
gesamten Vertrag. Zwar sei nicht anzunehmen, dass die Beklagten den Vertrag
ohne das Belastungsverbot und die Verfallklausel abgeschlossen hätten. Beide
Regelungen ließen sich aber in eindeutig abgrenzbarer Weise in einen
nichtigen und einen wirksamen Teil aufteilen und daher nach § 139 BGB
aufrechterhalten. Das Belastungsverbot sei nichtig, soweit es Belastungen
betreffe, die Investitionen in die verkauften Grundstücke und den
Hotelbetrieb absicherten; im Übrigen sei es wirksam. Die Verfallklausel sei
wirksam, soweit die von den Beklagten erhaltenen und zurück zu gewährenden
Leistungen den Wert der zurück zu übertragenden Grundstücke überstiegen. Im
Übrigen sei die Berufung der Kläger auf die Gesamtnichtigkeit des Vertrages
treuwidrig (§ 242 BGB), weil die sittenwidrigen Regelungen ausschließlich
den Interessen der Beklagten dienten.
II.
6 Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
7 1. Nicht zu beanstanden und auch von der Revisionserwiderung nicht in
Zweifel gezogen ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts,
wonach das Belastungsverbot und die Verfallklausel sittenwidrig im Sinne des
§ 138 Abs. 1 BGB sind.
8 a) Das Belastungsverbot beschränkt die wirtschaftlichen
Entfaltungsmöglichkeiten der Kläger in einem Maße, dass diese ihre
Selbständigkeit und wirtschaftliche Handlungsfreiheit in einem wesentlichen
Teil eingebüßt haben, und stellt sich damit als sittenwidrige Knebelung dar
(vgl. BGH, Urt. v. 7. Januar 1993, IX ZR 199/91, NJW 1993, 1587, 1588
m.w.N.). Da das Grundstück als Sicherheit für Kredite nicht zur Verfügung
steht und ein erheblicher Teil der laufenden Einnahmen an die Beklagten zu
zahlen ist, können die Kläger - obwohl sie als Grundstückseigentümer und
Betriebsinhaber das volle unternehmerische Risiko tragen - zu Lebzeiten der
Beklagten keine größeren Mittel aufbringen, um das Hotel durch laufende
Investitionen auf einem neuzeitlichen Stand zu halten und für Gäste
attraktiv zu gestalten. Ihr wirtschaftlicher Misserfolg war durch die
Vertragsgestaltung vorgezeichnet. Dies war auch für die Beklagten erkennbar,
da sie nach den Feststellungen des Landgerichts wussten, dass die Kläger
über keine finanziellen Reserven verfügten, sondern sie - im Gegenteil
-eindringlich darum gebeten hatten, die Grundstücke in größerem Umfang
belasten zu dürfen. Die weitreichende Beschränkung der wirtschaftlichen
Handlungsfreiheit der Kläger war auch nicht durch ein Sicherungsbedürfnis
der Beklagten gerechtfertigt. Ihrem Interesse, die Grundstücke zur Sicherung
ihres Rentenanspruchs zu nutzen, war bereits durch die zur ihren Gunsten
eingetragene, etwaigen späteren Belastungen des Grundstücks im Rang
vorgehende Reallast Rechnung getragen.
9 b) Die Verfallklausel stellt eine gänzlich unangemessene, die Beklagten
einseitig begünstigende Regelung dar und ist deshalb ebenfalls nicht mit den
guten Sitten zu vereinbaren. Ihre - scheinbare - Zielrichtung, die Kläger zu
einer ordnungsgemäßen Zahlung der monatlichen Rente anzuhalten und den
Beklagten im Verletzungsfall eine erleichterte Schadloshaltung zu
ermöglichen, ist zwar nicht zu missbilligen. Tatsächlich ist die Klausel
aber nicht an diesem Zweck ausgerichtet worden. Denn die bei einem Verzug
mit der Rentenzahlung verfallende Summe entspricht den bis dahin erbrachten
Leistungen, wächst also mit der Höhe der auf den Kaufpreis erbrachten
Zahlungen. Die Kläger stehen mithin umso schlechter, je vertragstreuer sie
sich verhalten, und desto besser, je früher sie die Rentenzahlungen
einstellen. Damit wird die Druckfunktion der Verfallklausel in ihr
Gegenteil verkehrt. Entsprechendes gilt für die Schadenspauschalierung.
Indem die Beklagten im Fall ihres Rücktritts vom Vertrag die bis dahin
erlangten Leistungen behalten dürfen, wird ihr Vorteil umso größer, je
vertragstreuer sich die Kläger verhalten haben. Jegliche Verknüpfung mit
dem tatsächlichen oder nach den Umständen zu erwartenden Schaden der
Beklagten fehlt. Damit dient die Verfallklausel nur dazu, den Beklagten im
Fall einer Rückabwicklung zu Lasten der Kläger den größtmöglichen Vorteil zu
sichern: Sie sollen die von ihnen erbrachte Leistung zurückverlangen können,
ohne die empfangenen Leistungen herausgeben zu müssen. Eine solche
einseitige und völlig unverhältnismäßige Regelung verstößt gegen die guten
Sitten und ist damit nichtig (vgl. BGH Urt. v. 8. Oktober 1992, IX ZR
98/91, NJW-RR 1993, 243, 247).
10 2. Nicht frei von Rechtsfehlern ist dagegen die Anwendung des § 139 BGB
durch das Berufungsgericht. Die Vorschrift besagt, dass ein
Rechtsgeschäft bei Nichtigkeit eines Teils des Geschäfts insgesamt nichtig
ist, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil
vorgenommen sein würde. Von Letzterem ist bei einem einheitlichen
Rechtsgeschäft auszugehen, wenn die nach Abtrennung des von dem
Nichtigkeitsgrund betroffenen Vertragsteils verbleibenden Vereinbarungen ein
selbständiges Rechtsgeschäft bilden und anzunehmen ist, dass die Parteien
bei Kenntnis der teilweisen Nichtigkeit ihrer Vereinbarungen dieses
Rechtsgeschäft abgeschlossen hätten.
11 a) Bezogen auf das Belastungsverbot und auf die Verfallklausel im
Ganzen ist hiernach von einer Nichtigkeit des gesamten Kaufvertrages
auszugehen. Denn das Berufungsgericht hat sich erklärtermaßen nicht
davon überzeugen können, dass die Beklagten den Vertrag auch ohne diese
Klauseln abgeschlossen hätten.
12 b) Im Ansatz zutreffend nimmt das Berufungsgericht weiter an, dass die
für eine Aufrechterhaltung eines Vertrages notwendige Abtrennung des von dem
Nichtigkeitsgrund betroffenen Teils nicht ausschließlich durch das
"Hinausstreichen" der nichtigen Regelung erfolgen kann. Nach Sinn und Zweck
von § 139 BGB, ein teilweise nichtiges Rechtsgeschäft nach Möglichkeit
aufrechtzuerhalten, wenn dies dem tatsächlichen oder hypothetischen
Parteiwillen entspricht, ist grundsätzlich auch eine sog. quantitative
Teilbarkeit möglich, also eine Aufspaltung der nichtigen Regelung in einen
wirksamen und einen unwirksamen Teil. Sie kommt vor allem in
Betracht, wenn eine Vertragsklausel wegen des Übermaßes der in ihr
enthaltenen Rechte oder Pflichten nichtig ist und angenommen werden kann,
dass die Parteien bei Kenntnis dieses Umstands an ihrer Stelle eine auf das
zulässige Maß beschränkte Regelung getroffen hätten (BGHZ 105, 213, 220
ff.; 107, 351, 355 ff.; 146, 37, 47 f.).
13 Eine solche quantitative Teilbarkeit von Vertragsklauseln ist jedoch nur
möglich, wenn sich feststellen lässt, was die Parteien bei Kenntnis der
Nichtigkeit einer Regelung an deren Stelle gesetzt hätten. Das folgt aus
Sinn und Zweck der Vorschrift des § 139 BGB, den hypothetischen Willen der
Vertragsparteien zu verwirklichen (BGH, Urt. v. 13. März 1986, III ZR
114/84, NJW 1986, 2576, 2577). Wo dieser Wille nicht zu ermitteln ist,
weil mehrere Möglichkeiten zur Ersetzung der nichtigen Bestimmung gegeben
sind und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, welche von ihnen die Parteien
gewählt hätten, ist der Regelungsbereich der Vorschrift überschritten (BGHZ
107, 351, 356). In einem solchen Fall kommt nur ein "Hinausstreichen" der
nichtigen Bestimmung oder aber die Gesamtnichtigkeit des Rechtsgeschäfts in
Betracht.
14 Der Grenze zwischen der Verwirklichung des hypothetischen
Parteiwillens und einer unzulässigen richterlichen Vertragsgestaltung
(vgl. dazu BGHZ 107, 351, 357) kommt bei sittenwidrigen Regelungen
besondere Bedeutung zu. Könnte ein Gericht bereits daraus, dass eine von
ihm erwogene Aufspaltung in einen wirksamen und einen nichtigen Teil zu
einem vernünftigen Interessenausgleich führt, folgern, diese entspräche dem
hypothetischen Willen der Parteiwillen, verlören sittenwidrige
Rechtsgeschäfte das Risiko, mit dem sie infolge der gesetzlich angeordneten
Nichtigkeitssanktion behaftet sind (vgl. BGHZ 146, 37, 47 f.). Der
Begünstigte könnte nämlich damit rechnen, schlimmstenfalls durch
gerichtliche Festsetzung das zu bekommen, was die Parteien nach Auffassung
des Gerichts bei redlicher Denkweise als gerechten Interessenausgleich
hätten akzeptieren sollen. Fast jede sittenwidrige Vertragsklausel ließe
sich auf diese Weise im Wege der quantitativen Teilbarkeit aufrechterhalten.
Hierzu darf eine entsprechende Anwendung von § 139 BGB nicht führen. Im
Grundsatz ist deshalb von der Nichtigkeit einer sittenwidrigen Klausel
auszugehen. Nur ausnahmsweise kommt eine Aufspaltung in einen wirksamen und
einen unwirksamen Teil entsprechend § 139 BGB in Betracht, wenn konkrete,
über allgemeine Billigkeitserwägungen hinausgehende Anhaltspunkte den
Schluss rechtfertigen, dass die Aufspaltung dem entspricht, was die Parteien
bei Kenntnis der Nichtigkeit ihrer Vereinbarung geregelt hätten (vgl.
BGHZ aaO, 48).
15 c) Entsprechende Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
Soweit es davon ausgeht, die unwirksamen Teile des Belastungsverbots und der
Verfallklausel ließen sich im Wege der quantitativen Teilbarkeit genau
bestimmen und abtrennen, beruht dies ersichtlich auf eigenen
Billigkeitserwägungen. Dies wird darin offenbar, dass das
Berufungsgericht die auf der Hand liegenden vielfältigen anderen
angemessenen Regelungen, die die Parteien an Stelle der unwirksamen hätten
vereinbaren können, nicht ansatzweise erwägt. Beispielsweise hätte eine
gleichwertige Möglichkeit, die Wirkungen des Belastungsverbots zu
reduzieren, in einer deutlichen, unter Umständen nach Zeitabschnitten
gestaffelten, Erhöhung des auf 80.000 DM beschränkten Betrages bestanden.
Eine solche Lösung hätte Streit darüber vermieden, ob bestimmte Belastungen
tatsächlich Investitionen in den Hotelbetrieb absicherten, und wäre von den
Parteien möglicherweise gegenüber einer an dem Zweck der gesicherten
Verbindlichkeit ausgerichteten Regelung bevorzugt worden. Entsprechendes
gilt für die Verfallklausel. Das Berufungsgericht nennt wiederum nur eine
der möglichen Regelungen, die die Parteien anstelle der getroffenen Regelung
hätten vereinbaren können. Gemeint ist offenbar eine Begrenzung der im Fall
eines Rücktritts der Beklagten nach den Vorschriften der §§ 346 ff. BGB a.F.
geschuldeten Leistungen auf den aktuellen Wert der von den Klägern
zurückzuübertragenden Grundstücke. Es kann schon bezweifelt werden, ob mit
einer solchen Regelung dem Interesse der Beklagten hinreichend Rechung
getragen gewesen wäre, die Kläger durch Vereinbarung einer Sanktion dazu
anzuhalten, ihrer Rentenzahlungspflicht nachzukommen. Jedenfalls wäre dieses
Ziel durch andere wirksame Regelungen zu erreichen gewesen. Hierzu zählt
insbesondere die Vereinbarung einer - wiederum in verschiedensten
Ausgestaltungen denkbaren - Vertragsstrafe.
16 Konnte an die Stelle der nichtigen Bestimmungen aber jeweils eine von
mehreren denkbaren Möglichkeiten gesetzt werden, wäre die von dem
Berufungsgericht vorgenommene Aufspaltung in einen wirksamen und einen
unwirksamen Teil, wie ausgeführt, nur zulässig, wenn sich ein entsprechender
(hypothetischer) Wille der Parteien nicht nur an allgemeinen
Billigkeitserwägungen, sondern an bestimmten objektiven Verhältnissen und
Umständen festmachen ließe. Daran fehlt es vorliegend.
17 d) Hierin besteht zugleich der maßgebliche Unterschied zu den von dem
Berufungsgericht herangezogenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs.
Dort waren anderen Rechtsbeziehungen der Parteien oder einer gesetzlichen
Regelung konkrete Anhaltspunkte für das zu entnehmen, worauf sich die
Parteien bei Kenntnis der Unwirksamkeit ihrer Vereinbarung verständigt
hätten (sog. Vorregelung, vgl. BGHZ 107, 351, 358). So wurde die in
einem Gesellschaftsvertrag enthaltene sittenwidrige Regelung, die einem
Gesellschafter das Recht einräumte, Mitgesellschafter nach freiem Ermessen
aus der Gesellschaft auszuschließen, vor dem Hintergrund von § 140 HGB mit
dem Inhalt aufrechterhalten, dass dieses Recht nur bei Vorliegen eines
wichtigen Grunds gegeben war (BGHZ aaO). Beispiele für die Reduzierung einer
Klausel auf das nach der gesetzlichen Regelung zulässige Maß sind ferner die
teilweise Aufrechterhaltung einer über drei Monatsmieten hinausgehenden
Kautionsabrede (BGH, Urt. v. 30. Juni 2004, VIII ZR 243/03, NJW 2004, 3045)
und des Kündigungsverzichts eines Mieters im Rahmen eines
Staffelmietvertrages (BGH, Urt. v. 16. Juni 2006, VIII ZR 257/04, NJW 2006,
2696) sowie die Befristung der Laufzeit einer Rückverkaufsverpflichtung
(Senat, Urt. v. 22. Juni 2007, V ZR 260/06, NJW-RR 2007, 1608, 1610). Im
Fall der sittenwidrigen Überforderung einer Ehefrau durch einen
Schuldbeitritt konnte aus den bisherigen Rechtsverhältnissen der Beteiligten
geschlossen werden, dass die Ehefrau dem Schuldbeitritt zugestimmt hätte,
soweit dieser über den Geschäftskredit ihres Ehemanns hinaus die Haftung für
gemeinsame, wirksam begründete Verbindlichkeiten der Eheleute betraf (BGHZ
146, 37).
18 3. Rechtsfehlerhaft ist ferner die Annahme, die Berufung der Kläger
auf die Gesamtnichtigkeit des Vertrages sei treuwidrig. Sie lässt sich
insbesondere nicht auf die von dem Berufungsgericht herangezogene
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stützen, wonach es einer
Vertragspartei verwehrt ist, sich unter Berufung auf § 139 BGB ihrer
Vertragspflichten insgesamt zu entledigen, wenn lediglich eine allein den
anderen Teil begünstigende, abtrennbare Regelung unwirksam ist und dieser
andere Teil am Vertrag festhalten will (vgl. BGH, Urt. v. 30. Januar
1997, IX ZR 133/96, NJW-RR 1997, 684, 686; Urt. v. 7. Januar 1993, IX ZR
199/91, NJW 1993, 1587 1588; Urt. v. 25. April 1985, III ZR 27/84, WM 1985,
993, 994).
19 Dieser Rechtsprechung liegt der Gedanke zugrunde, dass die Regelung
des § 139 BGB offenkundig als Vorwand benutzt wird, um sich von einem
missliebig gewordenen Vertrag zu lösen, wenn der sich auf die
Gesamtnichtigkeit berufende Vertragspartner durch die unwirksame Regelung
nicht nachteilig betroffen ist. Das kommt vor allem in Betracht, wenn die
Regelung allein die andere Vertragspartei begünstigt (vgl. BGH, Urt. v.
27. Januar 1983, IX ZR 95/81, WM 1983, 267, 268) oder wenn sie bei der
Durchführung des Vertrages bedeutungslos geblieben ist (vgl. BGHZ 112,
288, 296).
20 So liegt es hier indessen nicht. Das Belastungsverbot und die
Verfallklausel begünstigen zwar allein die Beklagten. Darauf kommt es aber
nicht an. Entscheidend ist, ob sie sich auch nur zugunsten der Beklagten
auswirken, die Kläger also nicht beeinträchtigen können oder sie in der
Vergangenheit jedenfalls in tatsächlicher Hinsicht nicht beeinträchtigt
haben. Hiervon kann zumindest hinsichtlich des Belastungsverbots, das die
wirtschaftliche Handlungsfreiheit der Kläger seit Abschluss des
Rechtsgeschäfts nachhaltig beschränkt und damit jahrelang zu ihren Lasten
gewirkt hat, keine Rede sein. Die während des Rechtsstreits geäußerte
Bereitschaft der Beklagten, künftig auf die Einhaltung des Belastungsverbots
zu verzichten, steht dem Recht der Kläger, sich (weiterhin) auf die
Gesamtnichtigkeit des Vertrages zu berufen, daher nicht entgegen.
III.
21 Das angefochtene Urteil ist somit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der
Senat kann in der Sache abschließend entscheiden, weil weitere
Feststellungen nicht zu erwarten sind (§ 563 Abs. 3 ZPO). Insbesondere zeigt
die Revisionserwiderung keinen von dem Berufungsgericht unberücksichtigt
gelassenen Vortrag zu objektiven Umständen und Verhältnissen auf, aus denen
sich ergibt, dass die Parteien, wäre ihnen die teilweise Nichtigkeit ihrer
Vereinbarungen bekannt gewesen, diese auf ein bestimmtes Maß reduziert
hätten. Das führt zur Wiederherstellung des auf der Annahme einer
Gesamtnichtigkeit des Vertrages beruhenden erstinstanzlichen Urteils.
IV.
22 Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 Halbs. 2
ZPO.
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