Voraussetzungen des
arglistigen Verschweigens eines Mangels; Vorrang der Nacherfüllung:
Entbehrlichkeit der Fristsetzung zur Nacherfüllung gem. § 323 Abs. 2 Nr. 3
bzw. § 281 Abs. 2 Alt. 2 BGB bei arglistiger Täuschung über das Vorliegen
eines Sachmangels
BGH, Beschl. v. 8. Dezember
2006 - V ZR 249/05
Fundstelle:
NJW 2007, 835
Amtl. Leitsatz:
1. Ein die sofortige
Rückabwicklung des Kaufvertrages rechtfertigendes Interesse des Käufers bzw.
ein entsprechendes Interesse, ohne vorherige Fristsetzung Schadensersatz
statt der Leistung verlangen zu können, ist im Regelfall anzunehmen, wenn
der Verkäufer dem Käufer einen Mangel bei Abschluss des Kaufvertrages
arglistig verschwiegen hat.
2. Haben die Parteien einen Vergleich geschlossen und die Kostenentscheidung
dem Gericht überlassen, so entscheidet dieses nach übereinstimmender
Erledigungserklärung nach § 91a Abs. 1 ZPO, nicht nach § 98 Satz 2 ZPO.
3. Bei dieser Entscheidung kann im Rahmen des billigen Ermessens
berücksichtigt werden, welche Kostentragungsregelung die Parteien selbst
angestrebt haben, etwa durch eine im Vergleich vereinbarte Anregung an das
Gericht.
Zentrale Probleme:
Im Zentrum der sehr lehrreichen Entscheidung,
bei der es eigentlich nur um eine Kostenfestsetzung geht, steht eine
zentrales Problem des Kaufrechts. Es geht die Frage der Entbehrlichkeit der
Setzung einer Nacherfüllungsfrist durch den Käufer bei Geltendmachung von
Schadensersatz statt der Leistung bzw. beim Rücktritt wegen eines
Sachmangels (und damit auch bei der Minderung, die nach § 441 I BGB an das
Rücktrittsrecht anknüpft, s. BGH v. 9.1.2008 -
VIII ZR 210/06). Vollkommen zu Recht ist der Senat mit der ganz hM der Ansicht,
daß eine solche Fristsetzung im Falle einer arglistigen Täuschung zumindest
idR entbehrlich ist. Das kann man - wie der Senat hier - bereits auf § 323
Abs. 2 Nr. 3 bzw. § 281 Abs. 2 Alt. 2 BGB stützen mit dem Argument, die
Täuschung sei ein "besonderer Umstand". Andernfalls kann man hierfür auch §
440 S. 1 Alt. 2 BGB (Unzumutbarkeit) heranziehen. Die materiellen Argumente
sind dabei gleich. Offenbar will der Senat den Wegfall des "Rechts zur
zweiten Andienung", das sich aus dem Erfordernis einer Fristsetzung ergibt,
wohl generell bejahen und nicht danach differenzieren, ob nicht im
Einzelfall dem Käufer eine Fristsetzung, dh eine Nacherfüllung zumutbar ist
(auch
LG
Bonn NJW 2004, 74 hatte dieses offengelassen).
Hierauf läßt jedenfalls die Argumentation schließen, daß der Verkäufer, der
vor Lieferung die Chance zur Fehlerbeseitigung nicht wahrnehme, das
Nacherfüllungsrecht gleichsam "verwirke". S. zum Ganzen auch die Anm. zu
LG
Bonn NJW 2004, 74 sowie PdW
SchuldR II Fälle 32 und 38. S. auch die Bestätigung der Entscheidung in
BGH NJW 2007, 1534. Zur
Rechtslage, wenn dennoch eine Frist gesetzt wird vgl.
BGH v. 12.3.2010 - V ZR 147/09.
©sl 2007
Gründe:
I. 1 Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache
übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist über die Kosten unter
Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem
Ermessen zu entscheiden, § 91a Abs. 1 ZPO. Dem steht § 98 Satz 2 ZPO nicht
entgegen, wonach die Kosten eines Rechtsstreits, der sich - wie hier - durch
Vergleich erledigt hat, als gegeneinander aufgehoben anzusehen sind, ohne
dass es auf weiteres ankäme (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 26. Juni 2003, III ZB
57/02, BGHReport 2003, 1046). Denn diese Norm kommt nicht zur Anwendung,
wenn die Parteien sie ausgeschlossen und die Kostentragung einer
gerichtlichen Entscheidung unterstellt haben (Musielak/Wolst, ZPO, 5. Aufl.,
§ 98 Rdn. 3; Thomas/ Putzo/Hüßtege, ZPO, 27. Aufl., § 98 Rdn. 4; Zöller/Herget,
ZPO, 26. Aufl., § 98 Rdn. 3, jew. mit weit. Nachw.). So liegt es hier. Der
Vergleich enthält die Regelung, dass die Parteien übereinstimmend
beantragen, "durch Beschluss gemäß § 91a ZPO die Kosten des Rechtsstreits
gegeneinander aufzuheben". Es soll danach eine Kostenentscheidung durch das
Gericht nach dem Maßstab des § 91a ZPO herbeigeführt werden. Hätten die
Parteien die Geltung des § 98 Satz 2 ZPO gewollt, wäre eine gerichtliche
Entscheidung nicht in Betracht gekommen; die Rechtsfolge wäre unmittelbar
eingetreten (daher ist die Entscheidung BGH, Beschl. v. 26. Juni 2003, III
ZB 57/02, BGH Report 2003 in einem solchen Fall ausdrücklich nur zur
Klarstellung ergangen). Dass in dem Vergleich das Ziel bestimmt ist, "die
Kosten … gegeneinander aufzuheben", kann folglich nur - wie stets bei
beiderseitiger Erledigungserklärung - als Anregung verstanden werden, die
der Kläger mit seinem Kostenantrag aufgenommen hat, während sich der
Beklagte darauf beschränkt hat, um eine "Kostenentscheidung nach § 91a ZPO"
nachzusuchen.
II.
2 Vorliegend entspricht es unter Berücksichtigung des bisherigen Sach-und
Streitstandes billigem Ermessen, die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander
aufzuheben. Die Revision hätte zur Aufhebung und Zurückverweisung geführt,
die Entscheidung über die Gegenansprüche der Beklagten wäre offen geblieben.
3 1. Mit notariellem Vertrag kaufte der Kläger von den Beklagten ein
Hausgrundstück unter Ausschluss der Haftung für Sachmängel. Gestützt auf die
Behauptung, bei starken Regenfällen dringe - was die Beklagten arglistig
verschwiegen hätten - Oberflächen- und Grundwasser in die Garage und den
Keller des Hauses ein, hat der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt.
Er hat die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 257.030, 38 €
(Kaufpreis und Erstattung von Vertragskosten) Zug um Zug gegen
Rückübereignung des Grundstücks sowie die Feststellung beantragt, dass die
Beklagten zum Ersatz weiteren Schadens verpflichtet seien und sich mit der
Rücknahme des Grundstücks in Verzug befänden.
4 Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben, das
Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen
Revision hat der Kläger, bevor der Rechtsstreit für erledigt erklärt worden
ist, die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt.
5 2. Das Berufungsgericht hat einen Sachmangel des Kaufgrundstücks bejaht.
Es hat ferner angenommen, dass sich die Beklagten auf den vereinbarten
Haftungsausschluss nicht berufen könnten, da sie den Mangel arglistig
verschwiegen hätten. Es hat ein Rücktrittsrecht gleichwohl nicht für gegeben
erachtet, weil der Kläger keine nach § 323 Abs. 1 BGB erforderliche Frist
zur Nacherfüllung gesetzt habe. Die Nacherfüllung sei weder unmöglich noch
unzumutbar gewesen noch sei die Fristsetzung ausnahmsweise nach Absatz 2 der
Vorschrift entbehrlich gewesen. Eine ernsthafte und endgültige
Erfüllungsverweigerung seitens der Beklagten liege nicht vor. Das arglistige
Verschweigen des Mangels allein mache die Nacherfüllung bei nicht persönlich
zu erbringenden Leistungen in der Regel nicht unzumutbar.
6 3. Diese Ausführungen hätten einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht
standgehalten. Die von dem Kläger geltend gemachten Ansprüche auf
Rückzahlung des Kaufpreises nach §§ 437 Nr. 2, 323, 346 BGB und auf
Aufwendungs- bzw. Schadensersatz nach §§ 437 Nr. 3, 280, 281, 284 BGB
konnten mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht verneint
werden.
7 a) Allerdings ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass
der unzureichende Schutz der Garage und des Kellers vor Überschwemmungen
einen Mangel des verkauften Hausgrundstücks darstellt, den die Beklagten bei
dem Abschluss des Kaufvertrags arglistig verschwiegen haben, so dass sie
sich nach § 444 BGB auf den vereinbarten Haftungsausschluss nicht berufen
können.
8 Ein arglistiges Verschweigen setzt voraus, dass der Verkäufer den
Fehler kennt oder ihn zumindest für möglich hält, wobei es genügt, dass er
die den Fehler begründenden Umstände kennt (oder für möglich hält). Ob er
sie rechtlich zutreffend als Fehler im Sinne des Gesetzes einordnet, ist
demgegenüber ohne Belang (Senat, Urt. v. 7. März 2003, V ZR 437/01,
NJW-RR 2003, 989, 990). Damit kann - entgegen der Auffassung der
Revisionserwiderung - ein arglistiges Verhalten nicht mit dem Argument
verneint werden, die Beklagten hätten die Gefahr gelegentlicher
Überschwemmungen für den "Normalfall" gehalten. Maßgeblich und ausreichend
ist vielmehr allein, dass ihnen diese Gefahr, die allein schon den
Sachmangel begründet, nach den Feststellungen des Berufungsgerichts
tatsächlich bekannt war.
9 Neben der Kenntnis des Mangels setzt ein arglistiges Handeln des
Verkäufers weiter voraus, dass dieser weiß oder doch damit rechnet und
billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Fehler nicht kennt und bei
Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt
geschlossen hätte (st. Rspr. des BGH, vgl. nur Senat, Urt. v. 10. Juni
1983, V ZR 292/81, WM 1983, 990; Urt. v. 20. März 1987, V ZR 27/86, NJW
1987, 2511; Urt. v. 7. Juli 1989, V ZR 21/88, NJW 1989, 42; Urt. v. 7. März
2003, V ZR 437/01 NJW-RR 2003, 989, 990). Von einem solchen jedenfalls
bedingten Vorsatz der Beklagten ist das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler
ausgegangen.
10 b) Nicht zu folgen wäre ihm indes gewesen, soweit es gemeint hat, die
verlangte Rückabwicklung des Kaufvertrages sowie der geltend gemachte
Schadens- und Aufwendungsersatzanspruch scheiterten daran, dass der Kläger
den Beklagten keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat.
11 aa) Zutreffend ist lediglich der Ausgangspunkt, dass nämlich der
Rücktritt vom Kaufvertrag wegen eines Sachmangels wie auch das darauf
gestützte Verlangen von Schadensersatz statt der Leistung sowie von
Aufwendungsersatz seit Inkrafttreten des Schuldrechtmodernisierungsgesetzes
in grundlegender Abkehr vom früheren Recht im Regelfall den erfolglosen
Ablauf einer Frist zur Nacherfüllung voraussetzt. Der Vorrang der
Nacherfüllung ergibt sich für den Rücktritt aus §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1 BGB
und für den Schadensbzw. Aufwendungsersatz aus §§ 437 Nr. 3, 281 Abs. 1 Satz
1, 284 BGB.
12 bb) Er gilt indessen nicht ausnahmslos, §§ 281 Abs. 2, 323 Abs. 2,
440 BGB. Eine Ausnahme greift namentlich dann ein, wenn besondere
Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die
sofortige Ausübung des Rücktrittsrechts oder Geltendmachung des Schadens-
bzw. Aufwendungsersatzanspruchs rechtfertigen (§§ 281 Abs. 2 Alt. 2, 323
Abs. 2 Nr. 3 BGB). Gemessen an den anderen normierten
Ausnahmetatbeständen kommt diesen Regelungen Auffangcharakter zu. Sie sollen
den Gerichten Bewertungsspielräume eröffnen und Einzelfälle erfassen.
Beispielhaft wird dabei die verspätete und daher nicht mehr verwendbare
Lieferung von Saisonware oder Dünger für die Landwirtschaft genannt (BT-Drucks.
14/6040, S. 186). Ein die sofortige Rückabwicklung des Kaufvertrages
rechtfertigendes überwiegendes Käuferinteresse wird von der Literatur und
der untergerichtlichen Rechtsprechung ganz überwiegend auch dann bejaht,
wenn der Verkäufer dem Käufer einen ihm bekannten Mangel bei Abschluss des
Kaufvertrags verschwiegen hat (AnwKomm-BGB/Dauner-Lieb, § 281 Rdn. 42
und § 323 Rdn. 28; Henssler/Graf von Westphalen/Dedek, Praxis der
Schuldrechtsreform, 2. Aufl., § 281 Rdn. 36; Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum
neuen Schuldrecht, Rdn. 521; KK-Schuldrecht/Willingmann/Hirse, § 281 Rdn. 16
und § 323 Rdn. 17; im Ergebnis ebenso, doch gestützt auf § 440 Satz 1 BGB
[Unzumutbarkeit der Nacherfüllung], LG Köln, Urt. v. 30. August 2005, 5 O
479/04, Rdn. 25, zitiert nach juris; LG Bonn, NJW 2004, 74, 75; AnwKomm-BGB/Büdenbender
§ 440 Rdn. 18; AnwKomm-BGB/Raab § 636 Rdn. 23; Bamberger/Roth/Faust, BGB, §
440 Rdn. 37; Erman/Grunewald, BGB, 11. Aufl., § 440 Rdn. 3; Gruber,
JbjZivRWiss 2001, 187, 199; KK-Schuldrecht/Tonner/Crellwitz § 440 Rdn. 16,
MünchKomm-BGB/Westermann, 4. Aufl., § 440 Rdn. 8; Palandt/Putzo, BGB, 65.
Aufl., § 440 Rdn. 8; Prütting/Wegen/Weinreich/Schmidt, BGB, § 440 Rdn. 8;
Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB [2004], § 440 Rdn. 22; Schur, ZGS 2002,
243, 248; vgl. ferner zum internationalen Recht Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen,
Kommentar zum einheitlichen UN-Kaufrecht, 4. Aufl., Art. 46 Rdn. 30 und Art.
49 Rdn. 9; differenzierend OLG Celle, OLGR 2005, 185, 186; Lorenz, NJW 2004,
26 f; ders., NJW 2006, 1925, 1927; MünchKomm-BGB/Ernst, § 281 Rdn. 60 und §
323 Rdn. 130; a.A. lediglich LG Berlin, Urt. v. 1. Februar 2005, 5 O 176/04,
Rdn. 161, zitiert nach juris).
13 Dem tritt der Senat bei. Hat der Verkäufer beim Abschluss eines
Kaufvertrags eine Täuschungshandlung begangen, so ist in der Regel davon
auszugehen, dass die für eine Nacherfüllung erforderliche
Vertrauensgrundlage beschädigt ist (so bereits BGHZ 46, 242, 246 zu §
634 Abs. 2 BGB a.F.). Dies gilt insbesondere, aber nicht nur, dann, wenn
die Nacherfüllung durch den Verkäufer selbst oder unter dessen Anleitung im
Wege der Mängelbeseitigung erfolgen soll (Lorenz, NJW 2004, 26, 27). In
solchen Fällen hat der Käufer ein berechtigtes Interesse daran, von einer
weiteren Zusammenarbeit mit dem Verkäufer Abstand zu nehmen, um sich vor
eventuellen neuerlichen Täuschungsversuchen zu schützen.
14 Dem stehen regelmäßig keine maßgebenden Interessen des Verkäufers
gegenüber. Nach den Materialien zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz
dient der Vorrang der Nacherfüllung allein dem Zweck, dem Verkäufer eine
Chance zu geben, den mit der Rückabwicklung verbundenen wirtschaftlichen
Nachteil abzuwenden (BT-Drucks.
14/6040 S. 221). Diese Chance zur nachträglichen Fehlerbeseitigung
verdient der Verkäufer allerdings nur dann, wenn ihm der Mangel bei
Abschluss des Kaufvertrags nicht bekannt war. Kannte er ihn, so kann er ihn
vor Abschluss des Vertrages beseitigen und die Sache in einem
vertragsgemäßen Zustand leisten. Die Chance, eine spätere Rückabwicklung des
Vertrages zu vermeiden, wird dem Verkäufer daher in diesem Fall bereits im
Vorfeld der vertraglichen Beziehungen eingeräumt. Entschließt sich der
Verkäufer jedoch, den Mangel nicht zu beseitigen und die Sache in einem
vertragswidrigen Zustand zu veräußern, so besteht keine Veranlassung, ihm
nach Entdeckung des Mangels durch den Käufer eine zweite Chance zu gewähren.
Der so handelnde Verkäufer verdient keinen Schutz vor den mit der
Rückabwicklung des Vertrages verbundenen wirtschaftlichen Nachteilen
(vgl. hierzu auch Senat, Urt. v. 24. März 2006, V ZR
173/05, NJW 2006, 1960, 1961 mit zust. Anm. Saenger, BGHReport 2006,
826, 827; Urt. v. 11. Mai 1979, V ZR 75/78, NJW 1979, 1983, 1984).
15 cc) Gemessen daran war auch im vorliegenden Fall eine Frist zur
Nacherfüllung entbehrlich, da die Beklagten bei Abschluss des Kaufvertrags
die bestehende Überschwemmungsgefahr nicht offenbart haben. Ohne Belang ist
dabei, aus welchem Grund die Beklagten ihrer Offenbarungspflicht nicht
nachgekommen sind, so dass nicht zu beanstanden ist, dass das
Berufungsgericht auf diesbezügliche tatsächliche Feststellungen verzichtet
hat. Die nach §§ 281 Abs. 2 2. Alt., 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB gebotene
Interessenabwägung rechtfertigte nämlich eine sofortige Geltendmachung von
Rücktritt, Schadens- und Aufwendungsersatz selbst dann, wenn die Beklagten -
wie von der Revisionserwiderung angeführt - die ihnen bekannte
Überschwemmungsgefahr als "Normalfall" und damit nicht als Mangel im
Rechtssinne bewertet haben sollten. Das lässt weder den Vorwurf der Arglist
entfallen (s. o.) noch erhält das Verhalten der Beklagten aus der Sicht des
Klägers ein für die Bewertung der Zumutbarkeit wesentlich anderes Gewicht.
16 4. Das angefochtene Urteil hätte daher keinen Bestand gehabt. Eine
abschließende Entscheidung wäre dem Senat aber nicht möglich gewesen, da das
Berufungsgericht - aus seiner rechtlichen Sicht folgerichtig - keine
Feststellungen zu den von den Beklagten geltend gemachten Gegenansprüchen
auf Nutzungsersatz sowie auf Wertersatz wegen angeblicher Verschlechterungen
des Grundstücks getroffen hat. Insoweit bestand Erfolgsaussicht.
17 Obwohl diese Gegenansprüche, misst man sie am Gebührenstreitwert, nicht
annähernd den Wert der Klage erreichen, entspricht es billigem Ermessen, die
Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben. Dafür spricht zum einen,
dass die Parteien selbst eine solche Kostenverteilung in dem geschlossenen
Vergleich als angemessen und daher anzustreben angesehen haben. Ist der
Senat hieran auch nicht gebunden, so kann er diese Einschätzung aber im
Rahmen des billigen Ermessens berücksichtigen (vgl. Zöl-ler/Vollkommer aaO,
§ 91a Rdn. 58 "Vergleich"; Thomas/Putzo/Hüßtege aaO, § 91a Rdn. 48; s. auch
OLG Brandenburg NJW-RR 1999, 654). Zum anderen sind, wirtschaftlich
betrachtet, die negativen Auswirkungen bei einer die Gegenansprüche
zusprechenden Entscheidung für den Kläger wenigstens ebenso erheblich wie
die positiven Auswirkungen eines dem Klageantrag stattgebenden Urteils. Denn
die in erster Linie verfolgte Rückabwicklung des Kaufvertrages hat nur den
Leistungsaustausch zum Gegenstand, ohne dass damit eine wesentliche Änderung
im Vermögen einhergeht. Was vermögensrechtlich zu Buche schlägt, sind
einerseits die Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche des Klägers und
andererseits die Schadensersatz- und Nutzungsherausgabeansprüche der
Beklagten. Sieht man darauf, so erscheint, auch unter Berücksichtigung des
noch offen gebliebenen Prozessrisikos, eine Kostenteilung in der von den
Parteien vorgesehenen Weise billig.
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