Unmöglichkeit,
Geschäftsgrundlage, dolo-petit-Einwand und Saldotheorie bei ungleichartigen
Leistungen
BGH, Versäumnisurteil v.
24. Oktober 2003 - V ZR 24/03 - OLG Hamm
Fundstelle:
NJW-RR 2004, 229
Amtl. Leitsatz:
Wendet der Besitzer
eines Grundstücks gegen die Herausgabeklage des Eigentümers ein, das
Grundstück sei ihm wegen Teilunmöglichkeit der Verpflichtungen aus dem
zugrunde liegenden Kaufvertrag (§ 323 Abs. 3 BGB a.F.), wegen Wegfalls der
Geschäftsgrundlage oder als Folge einer ergänzenden Vertragsauslegung nach
bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zurückzuübertragen, so hat diese auf §
242 BGB gestützte Arglisteinrede nur Erfolg, wenn der Besitzer die
Rückübertragung Zug um Zug gegen Rückgewähr der Gegenleistung, Erstattung
gezogener Nutzungen (§ 818 Abs. 1 BGB) und etwaiger anderer Gegenansprüche
des Eigentümers aus dem rückabzuwickelnden Vertragsverhältnis verlangt.
Zentrale Probleme:
Der etwas komplizierte Sachverhalt läßt sich wie folgt vereinfachen: Der
(frühere) Bekl. hatte der Kl. ein Hausgrundstück verkauft. Auf diesem befand
sich ein Einfamilienhaus und ein Bungalow. Vereinbart war als Gegenleistung
die Zahlung einer Geldsumme, bestimmte vor Ort zu erbringende
Pflegeleistungen und ein Wohnrecht des Bekl. in dem Bungalow. Nachdem das
Grundstück bereits übereignet war, konnte der Bekl. das Bungalow nicht
beziehen, weil es von einem Dritten bewohnt war und eine Räumungsklage gegen
diesen Dritten keinen Erfolg hatte. Die Kl. verlangt nun aus § 985 BGB vom
Bekl. Räumung des Einfamilienhauses. Dieser wendet ein, daß die Kl. ohnehin
verpflichtet sei, ihm das Grundstück zurückzuübereignen, so daß die
Geltendmachung eines Anspruchs auf Räumung nach § 242 BGB treuwidrig sei („dolo
petit-Einwand“).
Der BGH legt sich bezüglich der Art der Leistungsstörung nicht fest, da es
jedenfalls auf einen bereicherungsrechtlichen Anspruch nach § 818 BGB
hinauslaufe. Dann aber könne der Bekl. nach den zur „Saldotheorie bei
ungleichartigen Leistungen“ entwickelten Grundsätzen nicht einfach
Rückübereignung des Grundstücks, sondern nur Rückübereignung des Grundstücks
Zug-um-Zug gegen Rückerstattung des seinerseits Erlangten verlangen (ohne
daß die Kl. diese Einrede erheben müßte, s. dazu die Anm. zu
BGH
NJW 1999, 1181 f sowie zu
BGH NJW
2000, 3562 m.w.N.).
Auch der dolo petit-Einwand des Bekl. greife damit nur, wenn er zugleich
dies anbiete. Da er das nicht getan habe, hatte die Klage aus § 985 BGB
Erfolg.
Unter der Prämisse eines Bereicherungsanspruchs ist der Entscheidung Recht
zu geben. Nach neuem Schuldrecht träfe dies freilich nicht mehr zu. Geht man
nämlich – was wohl naheliegt – von vollständiger Unmöglichkeit der (dem
Vertragszweck nach unteilbaren) Leistung i.S.v. § 275 Abs. 1 BGB n.F. aus,
so unterliegt die Rückabwicklung – anders als nach bisherigem Recht – gem. §
326 Abs. 4 BGB nicht mehr § 818 BGB, sondern den Rücktrittsregelungen der §§
346 – 348 BGB. Ginge man von einer nur teilweisen Unmöglichkeit aus, könnte
der Bekl. in Bezug auf den noch möglichen Teil der Leistung nach § 326 Abs.
5 i.V.m. § 323 Abs. 5 S. 1 BGB (ohne Fristsetzungserfordernis) zurücktreten,
weil das Interesse an der Restleistung durch den gescheiterten Umzug in den
Bungalow fraglos fortgefallen ist. Wollte man hingegen von einem nur
vorübergehenden (ggf. wiederum teilweisen) Leistungshindernis ausgehen, so
hätte der Bekl. gem. § 323 BGB (ggf. wiederum unter Heranziehung von § 323
Abs. 5 S. 1 BGB) nach fruchtlosem Ablauf einer angemessenen Frist vom ganzen
Vertrag zurücktreten können, weil diese Norm anders als § 326 BGB a.F. ein
Rücktrittsrecht bei Verzögerung der (möglichen) Leistung nunmehr unabhängig
vom Vertretenmüssen durch den Schuldners einräumt. Der Bekl. hätte also
jedenfalls nach Ablauf einer gesetzten angemessenen Frist vom (ganzen)
Vertrag zurücktreten können (§ 323 Abs. 5 S. 1 BGB), was wiederum zur einer
Rückabwicklung nach den §§ 346 ff BGB geführt hätte. Damit erübrigt sich der
Rückgriff auf die Geschäftsgrundlage (die nach § 313 Abs. 3 BGB n.F.
übrigens ebenfalls zu den §§ 346 ff BGB führen würde) sowie die – im übrigen
höchst fragwürdige – ergänzende Vertragsauslegung: Es ist angesichts der
typischen Schwäche bereicherungsrechtlicher Ansprüche kaum vorstellbar und
vom BGH (im Zusammenhang mit der Vertragsaufhebung) auch bereits als
typischerweise interessenwidrig charakterisiert worden, daß sich Parteien
bei einer Beendigung ihrer Vertragsbeziehung vertraglich auf eine
Rückabwicklung nach § 818 BGB geeinigt hätten (BGHZ 127, 168, 173 f = LM §
313 BGB Nr. 137 m. Anm. Wolf).
Wenngleich die §§ 346 ff BGB n.F. komplizierte neue Detailfragen aufwerfen,
erfassen sie doch insgesamt die Interessenlage der Parteien bei
vertraglichen wie gesetzlichen Rücktrittsrechten deutlich besser, als das
bisherige Recht. Zwar enthält § 346 Abs. 3 Nr. 1 – 3 BGB bedeutende
Privilegierungen des Rücktrittsschuldners bei Verarbeitung und
Verschlechterung bzw. Untergang des von ihm zurückzugewährenden
Gegenstandes, jedoch besteht gerade kein funktionell § 818 Abs. 3 BGB
vergleichbarer allgemeiner Entreicherungseinwand. Daher erübrigen sich in
diesem Zusammenhang Korrekturmechanismen nach der Art der Saldotheorie. Die
jeweils empfangenen Leistungen sind gem. §§ 348, 320 BGB Zug-um-Zug
zurückzugewähren, was freilich vom in Anspruch genommenen
Rücktrittsschuldner einredeweise geltend gemacht werden muß. Damit hätte der
dolo petit-Einwand im vorliegenden Fall nach neuem Recht Erfolg haben
müssen, wenn nicht die Kl. ihrerseits in Bezug auf das an den Bekl.
Geleistete die Einrede aus §§ 348, 320 BGB erhoben hätte.
©sl 2003
Tatbestand:
Mit notariellem Vertrag vom 9. April 1997
verkaufte der frühere, nach Erlaß des Berufungsurteils verstorbene Beklagte
sein mit einem Einfamilienhaus und mit einem Bungalow bebautes Grundstück in
U. an die Klägerin. Als Gegenleistung waren 50.000 DM, eine lebenslang zu
zahlende monatliche Rente von 500 DM und eine näher ausgestaltete
Versorgungsverpflichtung vereinbart. Dabei gingen die Vertragsparteien davon
aus, daß der frühere Beklagte,
der bislang in dem Einfamilienhaus wohnte, den Bungalow beziehen werde.
Darauf bezogen bestellte ihm die Klägerin ein lebenslanges unentgeltliches
Wohnrecht an dem Grundstück.
Ein Umzug des früheren Beklagten in den Bungalow erwies sich jedoch als
nicht durchführbar, weil dort - was der Klägerin bekannt war - die frühere
Lebensgefährtin des verstorbenen Sohnes des früheren Beklagten wohnte und
sich weigerte auszuziehen. Eine Räumungsklage der Klägerin gegen diese
Bewohnerin blieb erfolglos.
Die Klägerin, inzwischen als Eigentümerin des Grundbesitzes eingetragen, hat
von dem früheren Beklagten Räumung und Herausgabe des Haupthauses verlangt,
ist in den Tatsacheninstanzen jedoch unterlegen. Einen in zweiter Instanz
hilfsweise gestellten Antrag auf Zahlung von 110.179,84 DM nebst Zinsen, Zug
um Zug gegen Rückübereignung des Grundstücks, hat das Oberlandesgericht
wegen fehlender Sachdienlichkeit nicht zugelassen. Mit der Revision verfolgt
die Klägerin Haupt- und Hilfsantrag, nunmehr gegen die Erben des früheren
Beklagten, die den Rechtsstreit aufgenommen haben, weiter.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat zum Hauptantrag angenommen, Geschäftsgrundlage
des Vertrages sei es gewesen, daß der frühere Beklagte den Bungalow habe
beziehen können. Da dies nicht habe verwirklicht werden können, sei eine
ergänzende Vertragsauslegung vorzunehmen oder nach den Grundsätzen des
Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu verfahren. In beiden Fällen führe das
dazu, daß dem früheren Beklagten ein Rücktrittsrecht bzw. ein Recht auf
Vertragsaufhebung zuzubilligen sei, was dem geltend gemachten Anspruch auf
Besitzeinräumung entgegengehalten werden könne.
II. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung im Ergebnis nicht
stand.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Räumung und Herausgabe
des Haupthauses nach § 985 BGB als Eigentümerin des Grundstücks zu. Dem
können die Beklagten nicht entgegenhalten, daß die Klägerin aus anderem
Rechtsgrund verpflichtet wäre, das Eigentum an dem Grundstück sogleich
wieder zurückzuübertragen (§ 242 BGB).
1. Die Revision greift, weil ihr günstig, die Ausführungen des
Berufungsgerichts insoweit nicht an, als es eine Anfechtung des
schuldrechtlichen Vertrages nach § 123 BGB, einen Rücktritt nach § 326 BGB
a.F. und einen Widerruf einer etwaigen gemischten Schenkung nach § 530 BGB
und einen daraus resultierenden Rückübertragungsanspruch verneint hat.
Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.
2. Im Ansatz nicht zu beanstanden ist auch die Annahme des
Berufungsgerichts, daß der schuldrechtliche Vertrag rückabzuwickeln ist. Das
Berufungsgericht hat allerdings keine Ausführungen dazu gemacht, nach
welchen Normen sich die Rückabwicklung gestaltet. Es hat infolgedessen nicht
geprüft, welchen Inhalt der dem früheren Beklagten zustehende Gegenanspruch
hat. Dies ist im folgenden nachzuholen und ergibt, daß der frühere Beklagte
dem Räumungs- und Herausgabeanspruch nicht die Arglisteinrede (§ 242 BGB)
entgegenhalten kann, es sei rechtsmißbräuchlich, das herauszuverlangen, was
sogleich zurückzugewähren sei.
a) Der den Beklagten zustehende, auf die Rückabwicklung des Schuldvertrages
gerichtete Anspruch ergibt sich aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dies kann auf
drei unterschiedliche Überlegungen gestützt werden, die übereinstimmend zu
diesem Ergebnis führen, so daß eine Festlegung auf eine der in Betracht
kommenden Normen oder Rechtsinstitute entbehrlich ist.
aa) Denkbar ist zum einen eine Rückabwicklung nach § 323 Abs. 3 BGB a.F.,
die jedenfalls von den Rechtsfolgen her nach Bereicherungsrecht zu
beurteilen ist (vgl. Senat, BGHZ 64, 322; MünchKomm-BGB/Emmerich, 4. Aufl.,
Bd. 2, § 323 Rdn. 37 ff.). Zu den von der Klägerin zu erbringenden
Leistungen zählte die Pflegeverpflichtung. Die Erfüllung dieser
Verpflichtung kann nachträglich dadurch unmöglich geworden sein, daß eine
Räumungsklage gegen die Mieterin rechtskräftig abgewiesen worden ist. Folge
dessen war, daß der frühere Beklagte den Bungalow nicht beziehen konnte und
die Klägerin nicht imstande war, ihrer - nach dem Vertrag allein dort - zu
erbringenden Pflegeleistung nachzukommen.
Dieses Hindernis war von keiner der Vertragsparteien zu vertreten. Zwar
obliegt an sich dem Verkäufer die Überlassung der Kaufsache frei von fremden
Rechten (§ 434 BGB a.F.). Hierfür hat er unabhängig vom Verschulden
einzutreten. Die Haftung entfällt jedoch, wenn der Käufer den Mangel des
Rechts bei Vertragsschluß kannte, § 439 Abs. 1 BGB a.F. Diese
Voraussetzungen hat das Berufungsgericht mit zutreffenden Erwägungen bejaht.
Zwar weist die Revision zu Recht darauf hin, daß die Feststellungen des
Landgerichts, auf die sich das Berufungsgericht stützt, nur dahin gingen,
daß die Klägerin wußte, daß in dem Bungalow noch die frühere Lebensgefährtin
des verstorbenen Sohnes des Beklagten wohnte. Dies reicht nicht, um die
Kenntnis vom Mangel des Rechts anzunehmen. Erforderlich ist vielmehr eine
Kenntnis vom Rechtsmangel selbst, im konkreten Fall also davon, daß ein
Mietverhältnis bestand (BGHZ 13, 341, 345). Nicht zu beanstanden ist aber,
wenn das Berufungsgericht auf diese Kenntnis aufgrund des Umstandes
geschlossen hat, daß sich die Klägerin vor Vertragsschluß Ansprüche des
früheren Beklagten auf "Nutzungsentschädigung/Mietzahlung" gegen die
Bewohnerin des Bungalows hat abtreten lassen.
Zwar läßt dies an sich - wie die Revision geltend macht - die Möglichkeit
offen, daß die Klägerin von einem besitzrechtslosen Verhältnis ausgegangen
ist, das nur ein Verlangen nach einer Nutzungsentschädigung rechtfertigt.
Doch durfte das Berufungsgericht annehmen, daß die Klägerin jedenfalls auch
ein mietrechtliches oder mietrechtsähnliches Verhältnis in Rechnung stellte,
da ihr bekannt war, daß die Bewohnerin die Einräumung eines Wohnrechts
verlangte und ein Ausziehen ablehnte. Einem solchen Kenntnisstand entspricht
auch ihr Verhalten kurz nach Erwerb des Grundstückseigentums, als sie
nämlich das Rechtsverhältnis mit der Bewohnerin des Bungalows wegen
Zahlungsverzugs fristlos kündigte und Räumung und Herausgabe sowie Zahlung
rückständigen Mietzinses verlangte.
Sieht man in diesem die Vertragsabwicklung störenden Umstand wegen der nicht
absehbaren Entwicklung ein dauerhaftes Leistungshindernis, so führt dies
nach §§ 323 Abs. 1, Abs. 3 BGB a.F. zum Fortfall der gegenseitigen Ansprüche
und zur Rückgewähr des bereits Geleisteten nach Bereicherungsrecht. Hieran
ändert sich nichts dadurch, daß nur eine der von der Klägerin geschuldeten
Leistungen unmöglich geworden wäre. Das Gesetz geht zwar für den Fall der
Teilunmöglichkeit davon aus, daß der Vertrag im übrigen aufrechterhalten
bleibt (vgl. § 323 Abs. 1 Halbs. 2 BGB a.F.). Eine solche Lösung kommt im
vorliegenden Fall aber nicht in Betracht, weil die Leistung des früheren
Beklagten nicht teilbar ist (Übertragung des Eigentums) und eine Anpassung
höchstens durch einen Geldausgleich möglich wäre (vgl. RG Recht 1924, Nr.
1111). Dies aber entspräche nicht den Interessen der Parteien, weder denen
der Klägerin, deren finanziellen Verhältnisse nach den Feststellungen des
Berufungsgerichts eine zusätzliche Zahlung kaum zuließen, noch denen des
früheren Beklagten, dem es auf eine persönliche Pflege vor Ort ankam. Daher
wäre von einer Undurchführbarkeit des Vertrages auszugehen und die
Teilunmöglichkeit der Vollunmöglichkeit gleichzustellen (vgl. RGZ 140, 378,
383; Erman/Battes, BGB, 10. Aufl., § 323 Rdn. 9; Soergel/Wiedemann, BGB, 12.
Aufl., § 323 Rdn. 59).
bb) Lehnt man, etwa wegen fehlender Dauerhaftigkeit des
Leistungshindernisses, die Unmöglichkeit der Leistung ab, so wird man nach
den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts davon
auszugehen haben, daß die Vertragsparteien die gemeinsame Vorstellung
hatten, daß der frühere Beklagte den Bungalow, an dem ihm die Klägerin ein
Wohnrecht eingeräumt hatte, würde beziehen können. Auf dieser Vorstellung
baute der Geschäftswille der Vertragspartner auf. Da sie sich als nicht
tragfähig erwies und die dafür maßgeblichen Umstände angesichts dessen, daß
sie - wie dargelegt – beiden Parteien bekannt waren, nicht dem Risikobereich
einer Seite zugewiesen werden können, sind die Regeln über den Wegfall der
Geschäftsgrundlage anwendbar.
Sie führen im konkreten Fall zu einer Rückabwicklung des Vertrages nach
bereicherungsrechtlichen Kategorien.
Allerdings ist anerkannt, daß ein Wegfall der Geschäftsgrundlage in der
Regel nicht die Auflösung des Vertrages zur Folge hat, sondern zur Anpassung
seines Inhalts an die veränderten Umstände in einer Form führt, die den
berechtigten Interessen beider Parteien Rechnung trägt (st.Rspr., vgl. BGHZ
47, 48, 52; 89, 236, 238 f.). Eine solche Anpassung scheidet hier aber aus.
Das Berufungsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen dargelegt, daß eine
inhaltliche Veränderung der beiderseitigen Leistungspflichten nicht in
Betracht kommt. Zur Vermeidung einer endgültigen Rückabwicklung könnte
allenfalls daran gedacht werden, daß dem früheren Beklagten für die Zeit, da
er den Bungalow nicht beziehen konnte, ein Leistungsverweigerungsrecht
zugestanden hätte, das jetzt, nach seinem Tode, erloschen wäre und die
Abwicklung des Vertrages unter Fortfall der Pflegeverpflichtung der Klägerin
zuließe. Den Interessen der Klägerin hätte mit einem - hier nicht ausgeübten
– einseitigen Lösungsrecht Rechnung getragen werden können. Der Rücktritt
des früheren Beklagten wäre dann für den Fortbestand des Vertrages folgenlos
geblieben. Eine solche Konfliktlösung wäre den berechtigten Interessen des
früheren Beklagten aber nicht gerecht geworden. Er hätte nicht nur die
Pflegeleistung ohne finanziellen Ausgleich eingebüßt, sondern zudem wegen
der fortbestehenden Vertragsbindung nicht die Möglichkeit gehabt, sie sich
von anderer Seite zu verschaffen. Eine Lösung konnte daher nur in der
endgültigen Rückabwicklung des Vertrages liegen. Daß sie aus jetziger Sicht
nicht mehr erforderlich erscheint, ist ohne Belang. Entscheidend ist der
Zeitpunkt, als der frühere Beklagte durch Erklärung der Kündigung oder des
Rücktritts deutlich gemacht hatte, daß er an dem Vertrag nicht mehr
festhalten wollte. Nach dieser rechtsgestaltenden Erklärung (vgl. BGHZ 133,
316, 328) war rückabzuwickeln.
cc) Zu keinem anderen Ergebnis kommt man, wenn man, eingedenk des
Grundsatzes, daß die Möglichkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung den
Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage vorgeht (Senat, Urteil vom 3.
Oktober 1980, V ZR 100/79, WM 1981, 1415), dem hypothetischen Willen der
Vertragsschließenden eine Lösung des Konflikts zu entnehmen versucht. Denn
auch eine ergänzende Vertragsauslegung hätte sich daran zu orientieren, was
die Parteien unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen
redlicherweise vereinbart hätten, wenn sie die Notwendigkeit einer
vertraglichen Regelung für den hier eingetretenen Fall der Störung der
Vertragsdurchführung erkannt hätten. Auch unter diesem Gesichtspunkt bliebe
nur die Rückabwicklung des Vertrages, und zwar nicht nach den
Rücktrittsvorschriften, sondern nach Bereicherungsrecht. Denn eine Aufhebung
des Vertrages und bereicherungsrechtliche Rückabwicklung entspricht den
Interessen der Vertragspartner,
die sich verständigerweise so behandeln lassen wollen, als hätten sie den
Vertrag nicht geschlossen, mehr als eine in den Haftungsfolgen strengere
Rückabwicklung nach den §§ 346 ff. BGB a.F., die weniger Rücksicht auf den
Umstand nimmt, daß das Vertragshindernis von keiner der Parteien zu
vertreten ist (siehe oben). Es liegt nahe, daß die Parteien unter solchen
Umständen eine den Vorschriften des § 323 BGB a.F. entsprechende Regelung
getroffen und nicht die Rücktrittslösung gewählt hätten.
b) Obwohl danach den Beklagten - wie der Klägerin - ein Anspruch auf
Rückgewähr der erbrachten Leistungen zusteht, hindert dieser Anspruch, so
wie er konkret geltend gemacht wurde, nicht die Verurteilung zur Räumung und
Herausgabe des der Klägerin gehörenden Haupthauses.
Die Arglisteinrede, die allein der Verurteilung entgegenstehen könnte,
bedeutet inhaltlich, daß es eine unzulässige Rechtsausübung darstellt (§ 242
BGB), etwas zu verlangen, was sofort wieder zurückgewährt werden müßte (vgl.
Senat, BGHZ 79, 201, 204). Das ist hier aber nicht der Fall. Die Beklagten
haben nicht einen isolierten Anspruch auf Rückübertragung des Grundstücks.
Vielmehr geht ihr Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB auf den Saldo der bei
der Klägerin noch vorhandenen Bereicherung (vgl. BGHZ 109, 139, 148). Der
Bereicherungsgläubiger muß daher eine ungleichartige Gegenleistung seines
Vertragspartners bei der Geltendmachung berücksichtigen (Senat, Urteil vom
11. März 1988, V ZR 27/87, NJW 1988, 3011; BGHZ 109, 139, 148), sei es im
Klageantrag, sei es, daß der Anspruch einredeweise geltend gemacht wird.
Dies haben die Beklagten unterlassen. Sie haben zwar die Rückübereignung
verlangt, nicht aber die Gegenansprüchen der Klägerin auf Rückzahlung des
Kaufpreises und etwaiger Rentenleistungen sowie auf Herausgabe gezogener
Nutzungen (§ 818 Abs. 1 BGB) berücksichtigt, sind vielmehr der
entsprechenden Geltendmachung dieser Ansprüche durch die Klägerin
entgegengetreten.
Eine von solchen Gegenansprüchen isolierte Rückübertragung können die
Beklagten nicht verlangen. Hierauf kann folglich die Arglisteinrede nicht
gestützt werden. Da ein Anspruch auf sofortige Rückübereignung nicht
besteht, stellt es keine unzulässige Rechtsausübung dar, wenn die Klägerin
zunächst den Besitz an dem ihr zustehenden Eigentum eingeräumt erhält und
die Gesamtabrechnung einem weiteren - im übrigen schon anhängigen -
Rechtsstreit vorbehalten bleibt.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. |