IPR: Vaterschaftfeststellung über
kyrokonservierte Embryos, anwendbares Recht: (analoge) Anwendung von Art. 19
I 2 EGBGB; Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts
BGH, Beschluss vom 24. August 2016 -
XII ZB 351/15
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
a) Begehrt ein Samenspender die Feststellung
seiner Vaterschaft für einen im Ausland extrakorporal aufbewahrten Embryo,
so bestimmt sich das anzuwendende Recht allein entsprechend Art. 19 Abs. 1
Satz 2 EGBGB nach dem Personalstatut des Samenspenders.
b) Vor der Geburt des Kindes ist nach deutschem Recht eine
Vaterschaftsfeststellung ebenso wenig möglich wie die Zuerkennung eines
vergleichbaren rechtlichen Status.
Zentrale Probleme:
Der männliche Erzeugerteil von in Kalifornien/USA
eingefroren aufbewahrten Embryos möchte die Vaterschaft feststellen lassen.
Der Senat bestimmt das anwendbare Recht analog Art. 19 EGBGB. Das
Analogiebedürfnis sieht er darin, dass Art. 19 EGBGB von der Abstammung
eines "Kindes" spricht, was nach der Vorstellung des Gesetzgebers einen
geborenen Menschen voraussetzt. Über das Analogiebedürfnis kann man (ohne
Ergebnisrelevanz!) streiten: Die Begriffe des IPR sind, da das IPR auch
Auslandssachverhalte erfasst, notwendig weiter als diejenigen des
materiellen Rechts, da eben auch ausländische Phänomene und Sachverhalte
erfasst werden müssen. Man kann daher Art. 19 EGBGB auch direkt anwenden.
Abgesehen von dieser nur akademischen Frage kommt der Senat zu dem
zutreffenden Ergebnis, dass als Anknüpfungspunkt im Rahmen der alternativen
Anknüpfungen des Art. 19 EGBGB (s. dazu BGH vom 20.
April 2016 - XII ZB 15/15 sowie vom 3. August
2016 - XII ZB 110/16) nur die Staatsangehörigkeit des "Vaters" in
Betracht kommt: Der Aufbewahrungsort des Embryos fällt aus, weil ein Embryo
keinen gewöhnlichen Aufenthalt haben kann, das Ehewirkungsstatut der Mutter
"bei der Geburt" passt auch nicht. Damit kommt man zum deutschen materiellen
Recht, dass die begehrte Rechtsfolge nicht vorsieht.
©sl 2016
Gründe:
A.
1 Der Antragsteller will als Vater von neun in einer kalifornischen
Fortpflanzungsklinik kryokonservierten Embryonen festgestellt werden.
2 Der Antragsteller lebt in einer eingetragenen
Lebenspartnerschaft. Im gemeinsamen Haushalt leben - neben einer im Jahre
2010 von einer Leihmutter in Indien geborenen Tochter - zwei im Oktober 2012
von einer Leihmutter in Kalifornien geborene Töchter. Nach
Darstellung des Antragstellers wurden diese mittels seiner Spermazellen
sowie Eizellen einer Spenderin in Kalifornien künstlich gezeugt, wobei
parallel dazu die neun Embryonen entstanden. Er will die Embryonen nach
seinen Angaben "zur Geburt führen" und betreibt neben dem vorliegenden, auf
Feststellung der Vaterschaft für die Embryonen gerichteten Verfahren unter
anderem ein die elterliche Sorge für die Embryonen betreffendes Verfahren,
das gegenwärtig in der Beschwerdeinstanz vor dem Oberlandesgericht anhängig
ist.
3 Das Amtsgericht hat den Antrag auf Feststellung der Vaterschaft
zurückgewiesen. Die Beschwerde des Antragstellers ist erfolglos geblieben.
Mit seiner zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt er sein Begehren weiter
und erstrebt nunmehr "höchstvorsorglich" auch seine Bestellung als Pfleger
in analoger Anwendung von § 1912 Abs. 1 und 2 BGB.
B.
4 Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
I.
5 Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner in FamRZ 2015, 1979
veröffentlichten Entscheidung ausgeführt, die Möglichkeit der
Vaterschaftsfeststellung im Hinblick auf ein bestimmtes Kind sei vor dessen
Geburt gesetzlich nicht eröffnet. Die rechtliche Vaterschaft stehe nach
deutschem Recht erst mit der Geburt fest, weil erst dann klar sei, ob die
Mutter zu diesem Zeitpunkt verheiratet sei. Dass die Vaterschaft schon vor
der Geburt anerkannt werden könne, ändere daran nichts. Im Übrigen begehre
der Antragsteller auch nicht die Anerkennung der Vaterschaft. Eine - ggf.
analoge - Anwendung von § 1912 BGB rechtfertige keine abweichende
Beurteilung. Der Antragsteller mache auch keine künftigen Rechte eines
menschlichen Embryos geltend, sondern erhoffe sich mit der
Vaterschaftsfeststellung eine Art Verfügungsbefugnis über die Embryonen auch
ohne oder gegen den Willen der Eizellenspenderin.
6 Ob nach dem Recht des Staates Kalifornien eine Feststellung der
Vaterschaft bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt möglich sei, brauche nicht
geklärt zu werden, da eine Anwendung ausländischen Rechts in diesem
Verfahren ausscheide. Eine solche käme allenfalls entsprechend Art. 19 Abs.
1 Satz 1 EGBGB in Betracht, dessen unmittelbare Anwendung scheitere, weil
ein Embryo kein Kind im Sinne der Vorschrift sei und der Verwahrungsort
nicht als gewöhnlicher Aufenthaltsort angesehen werden könne. Für eine
Analogie fehle es an einer ungewollten Regelungslücke. Der deutsche
Gesetzgeber habe es in § 1 Abs. 1 Nr. 2 ESchG ausdrücklich unter Strafe
gestellt, eine Eizelle zu einem anderen Zweck als dem zu befruchten, eine
Schwangerschaft bei der Frau herbeizuführen, von der die Eizelle stamme. Es
könne daher nicht angenommen werden, dass in Bezug auf hiervon abweichend
erzeugte Embryonen eine Geltung ausländischen Rechts, welches eine
Vaterschaftsfeststellung für solche Embryonen eröffne, gewollt sei.
II.
7 Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
8 1. Die internationale Zuständigkeit der deutschen
Gerichte, die unbeschadet des Wortlauts von § 72 Abs. 2 FamFG auch in den
Verfahren nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den
Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der
Rechtsbeschwerdeinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (Senatsbeschluss BGHZ
203, 372 = FamRZ 2015, 479 Rn. 11), folgt aus § 100 Nr. 1 FamFG,
weil der Antragsteller, der die Feststellung seiner Vaterschaft begehrt,
Deutscher ist.
9 2. Die vom Antragsteller begehrte Feststellung seiner Vaterschaft für die
kryokonservierten Embryonen ist nach dem vorliegend anzuwendenden deutschen
Recht nicht möglich.
10 a) Das Oberlandesgericht hat die Frage nach dem Bestehen eines
Eltern-Kind-Verhältnisses zwischen dem Antragsteller und den Embryonen im
Ergebnis zutreffend auf der Grundlage des deutschen materiellen
Abstammungsrechts beantwortet.
11 aa) Da sich die Embryonen in einer kalifornischen Fortpflanzungsklinik
befinden, liegt die nach Art. 3 letzter Halbsatz EGBGB für das Eingreifen
des Internationalen Privatrechts erforderliche Verbindung des Sachverhalts
zu einem ausländischen Staat vor. Das anzuwendende Recht bestimmt sich
vorliegend analog Art. 19 Abs. 1 EGBGB.
12 (1) Art. 19 Abs. 1 EGBGB regelt die Abstammung eines Kindes.
Wie sich dem Begriff des "Kindes" entnehmen lässt, erfasst die Bestimmung
Sachverhalte ab Vollendung der Geburt (vgl. auch § 1 BGB). Eindeutig in
diese Richtung weist zudem Art. 19 Abs. 1 Satz 3 EGBGB. Damit setzt der
Tatbestand - anders als bei Art. 19 Abs. 2 EGBGB, der Verpflichtungen des
Vaters gegenüber der Mutter auf Grund der Schwangerschaft zum Gegenstand hat
- die Geburt voraus, so dass eine direkte Anwendung der Vorschrift auf die
Abstammung ungeborenen Lebens ausscheidet.
13 (2) Das Abstammungsstatut umfasst nach seiner Zielrichtung jedoch alle
Rechtsfragen, die mit dem Zustandekommen eines Eltern-Kind-Verhältnisses
aufgrund biologischer Herkunft zusammenhängen (vgl. Looschelders
Internationales Privatrecht Art. 19 Rn. 3), so dass Art. 19 Abs. 1 EGBGB
über den Gesamtbereich der Abstammung herrscht (Kegel/Schurig
Internationales Privatrecht 9. Aufl. S. 908).
14 Der Anknüpfungsgegenstand der Abstammung eines Kindes geht zurück auf das
Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts vom 25. Juli 1986 (BGBl.
I S. 1142). Zum damaligen Zeitpunkt war aber die Trennung des Embryos vom
Mutterleib mittels in-vitro-Techniken und Kryokonservierung nicht
gebräuchlich, so dass für den Gesetzgeber keine Veranlassung bestand, eine
Kollisionsnorm zur Abstammung ungeborenen Lebens zu schaffen (Mankowski
FamRZ 2015, 1980; vgl. auch BT-Drucks. 10/504 S. 64 ff.). Mithin
liegt eine unbewusste Regelungslücke vor. Die Frage nach der
Eltern-Kind-Zuordnung für einen Embryo ist eine solche nach dessen
biologischer Abstammung, was dem Grundsatz nach die entsprechende Anwendung
des Art. 19 Abs. 1 EGBGB rechtfertigt, um das anzuwendende Recht zu
bestimmen (so auch Backmann Künstliche Fortpflanzung und
Internationales Privatrecht S. 80; Mankowski FamRZ 2015, 1980; MünchKommBGB/Helms
6. Aufl. Art. 19 EGBGB Rn. 37).
15 Sofern die danach berufene Rechtsordnung vom deutschen Recht
abweicht, ergeben sich die Grenzen der Anwendbarkeit des ausländischen
Rechts erst aus dem für die kollisionsrechtliche Anerkennung nach Art. 6
EGBGB zu beachtenden ordre public (vgl.
Senatsbeschluss vom 20. April 2016
- XII ZB 15/15 - FamRZ 2016, 1251 Rn. 27, zur
Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
16 bb) Von den in Art. 19 Abs. 1 EGBGB vorgesehenen Anknüpfungsalternativen
steht zur kollisionsrechtlichen Bestimmung des auf die Frage der Abstammung
eines kryokonservierten und damit extrakorporalen Embryos anwendbaren Rechts
allerdings allein das Personalstatut des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBGB zur
Verfügung. Dieses führt im vorliegenden Fall zur Anwendung deutschen Rechts.
17 (1) Nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB unterliegt die Abstammung
eines Kindes dem Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen
Aufenthalt hat (Aufenthaltsstatut). Sie kann gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2
EGBGB im Verhältnis zu jedem Elternteil auch nach dem Recht des Staates
bestimmt werden, dem dieser Elternteil angehört (Personalstatut), oder, wenn
die Mutter verheiratet ist, gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 EGBGB
nach dem Recht, dem die allgemeinen Wirkungen ihrer Ehe bei der Geburt nach
Art. 14 Abs. 1 EGBGB unterliegen (Ehewirkungsstatut). Das Personalstatut und
das Ehewirkungsstatut sind dem Aufenthaltsstatut grundsätzlich gleichwertige
Zusatzanknüpfungen (vgl.
Senatsbeschlüsse vom 20. April 2016
- XII ZB 15/15 -FamRZ 2016, 1251 Rn. 28 mwN, zur
Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, sowie vom
3. August 2016 - XII ZB 110/16
- zur Veröffentlichung bestimmt).
18 (2) Im Rahmen der entsprechenden Anwendung von Art. 19 Abs. 1
EGBGB für die Bestimmung des auf die Abstammung von extrakorporalen
Embryonen anzuwendenden Rechts kommen jedoch weder das Aufenthaltsstatut
(Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB) noch das Ehewirkungsstatut (Art. 19 Abs. 1
Satz 3 EGBGB) in Betracht.
19 (a) Eine Analogie ist nur zulässig, wenn das Gesetz eine
planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in
rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand, den der Gesetzgeber
geregelt hat, vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber
wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen
Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen
Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (BGH
Beschluss vom 14. Juni 2016 - VIII ZR 43/15 - WuM 2016, 514 Rn. 10 mwN).
20 Bei der Prüfung, inwieweit die von Art. 19 Abs. 1 EGBGB zur Verfügung
gestellten Anknüpfungsalternativen einer entsprechenden Anwendung im
Zusammenhang mit der Abstammung extrakorporaler Embryonen zugänglich sind,
ist daher für jede Alternative die Vergleichbarkeit mit dem vom Gesetzgeber
geregelten Tatbestand zu überprüfen.
21 (b) Diese Prüfung führt für das Aufenthaltsstatut und das
Ehewirkungsstatut zu dem Ergebnis, dass es an der Vergleichbarkeit fehlt.
22 (aa) Dies gilt für das Ehewirkungsstatut des Art. 19 Abs. 1 Satz 3 EGBGB
schon deshalb, weil das Gesetz ausdrücklich auf die Situation zum Zeitpunkt
der Geburt abstellt. Auch für den in Art. 19 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 EGBGB
geregelten Sonderfall des nachgeborenen Kindes, bei dem die Ehe der Mutter
vor der Geburt durch Tod aufgelöst wurde, wird die Geburt vorausgesetzt. Für
diese lässt sich bei einem extrakorporalen Embryo jedoch kein Äquivalent
finden.
23 (bb) Nicht anders verhält es sich für das Aufenthaltsstatut des Art. 19
Abs. 1 Satz 1 EGBGB. Zwar wird in der Literatur vereinzelt erwogen, anstelle
des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Kindes bei einem extrakorporalen Embryo
auf dessen Aufbewahrungsort abzustellen (Mankowski FamRZ 2015, 1980 f.; für
Art. 21 EGBGB: Backmann Künstliche Fortpflanzung und Internationales
Privatrecht S. 79 f.). Insoweit fehlt es aber an der für eine Analogie
erforderlichen Vergleichbarkeit.
24 Der gewöhnliche Aufenthalt einer Person liegt dort, wo sie den
Schwerpunkt ihrer Bindungen, ihren Daseinsmittelpunkt hat (vgl.
etwa Senatsbeschlüsse vom 17. Oktober 2007 - XII ZB 42/07 - FamRZ 2008, 45
Rn. 12 und BGHZ 151, 63 = FamRZ 2002, 1182, 1183; MünchKommBGB/Helms 6.
Aufl. Art. 19 EGBGB Rn. 8). Zu fordern ist hierfür nicht nur ein auf
eine gewisse Dauer angelegter Aufenthalt, der im Unterschied zum einfachen
oder schlichten Aufenthalt nicht nur vorübergehend sein darf, sondern auch
das Vorhandensein weiterer Beziehungen, insbesondere in familiärer oder
beruflicher Hinsicht, in denen - im Vergleich zu einem sonst in Betracht
kommenden Aufenthaltsort - der Schwerpunkt der Bindungen der betreffenden
Person zu sehen ist (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 78, 293 = FamRZ
1981, 135, 136). Zur Anwendung berufen wird dadurch diejenige
Rechtsordnung, zu der das Kind die engste Verbindung aufweist, so dass es
maßgeblich auf die soziale Integration ankommt, die in der ersten
Lebensphase ggf. auch über die Kindeseltern vermittelt werden kann
(vgl. BeckOK BGB/Heiderhoff [Stand: 1. Mai 2016] Art. 19 EGBGB Rn. 11;
MünchKommBGB/Helms 6. Aufl. Art. 19 EGBGB Rn. 8).
25 Die schlichte Aufbewahrung eines kryokonservierten Embryos erfordert
demgegenüber keinerlei Bindungen vergleichbarer Art zur Umwelt und
vermittelt sie auch nicht. Sie ist vielmehr völlig unabhängig von jeder
sozialen Integration am Aufbewahrungsort, insofern gänzlich beliebig und
daher ungeeignet, eine Verbindung zu einer bestimmten Rechtsordnung
herzustellen. Anders als etwa in Art. 5 Abs. 2 EGBGB (Personalstatut) hat
der Gesetzgeber beim Abstammungsstatut auch nicht den (schlichten)
Aufenthalt als sekundären Anknüpfungspunkt vorgesehen. Mithin ist nicht
davon auszugehen, dass er, hätte er den vorliegenden Fall bedacht, zu einer
Interessenabwägung dahingehend gelangt wäre, für die Frage der Abstammung
eines extrakorporalen Embryos dessen Aufbewahrungsort als
kollisionsrechtliche Anknüpfung dienen zu lassen.
26 (3) Als Anknüpfung zur Bestimmung des anzuwendenden Rechts bleibt für die
Frage der Abstammung eines extrakorporal aufbewahrten Embryos im Rahmen des
Art. 19 Abs. 1 EGBGB nur dessen Satz 2, also das Personalstatut des
betreffenden Elternteils. Da es bei der Abstammung um die
Eltern-Kind-Zuordnung aufgrund biologischer Herkunft geht, ist insoweit der
Mann, der geltend macht, Samenspender für den Embryo zu sein, dem die
biologische Vaterschaft für ein geborenes Kind behauptenden Mann
vergleichbar, so dass das Personalstatut für die vorliegende Fallgestaltung
entsprechend heranzuziehen ist. Zur Anwendung berufen ist demnach
ausschließlich das deutsche als das Recht des Staates, dem der Antragsteller
angehört.
27 cc) Aus diesem Grund ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das
Oberlandesgericht keine Feststellungen zum kalifornischen Recht getroffen
hat.
28 b) Eine Vaterschaftsfeststellung vor der Geburt des Kindes sieht das
deutsche Abstammungsrecht nicht vor. Nach § 1592 BGB ist der Mann Vater
eines Kindes, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes
verheiratet ist, der die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft
nach § 1600 d BGB oder § 182 Abs. 1 FamFG gerichtlich festgestellt ist. Die
Vaterschaft aufgrund ehelicher Geburt (§ 1592 Nr. 1 BGB) ist dabei gegenüber
den beiden anderen Alternativen logisch vorrangig, weil bei aufgrund
ehelicher Geburt bestehender Vaterschaft im Zeitpunkt der Geburt
grundsätzlich weder eine Vaterschaft aufgrund Anerkennung noch eine aufgrund
gerichtlicher Feststellung möglich sind, §§ 1594 Abs. 2, 1600 d Abs. 1 BGB (jurisPK-BGB/Nickel
[Stand: 19. Januar 2015] § 1592 Rn. 21; MünchKommBGB/Wellenhofer 6. Aufl. §
1592 Rn. 14).
29 Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass nach § 1594 Abs. 4 BGB die
Anerkennung der Vaterschaft schon vor der Geburt des Kindes zulässig ist,
wobei der Antragsteller die Feststellung aufgrund einer solchen Anerkennung
ohnedies nicht begehrt. Denn auch eine vorgeburtliche Anerkennung kann
frühestens mit der Geburt Wirksamkeit entfalten (jurisPK-BGB/Nickel [Stand:
29. Oktober 2015] § 1594 Rn. 23; MünchKommBGB/Wellenhofer 6. Aufl. § 1594
Rn. 41; Staudinger/Rauscher BGB [2011] § 1594 Rn. 51), und zwar ohne dass es
auf die Frage ankommt, ob - entsprechend der gesetzlichen Systematik - eine
nach Anerkennung, aber vor Geburt erfolgte Eheschließung der Kindesmutter
mit einem anderen als dem anerkennenden Mann gemäß § 1592 Nr. 1 BGB zur
Vaterschaft des Ehemanns führt (so die überwiegende Auffassung, vgl. etwa
Dethloff Familienrecht 31. Aufl. § 10 Rn. 15; FA-FamR/ Schwarzer 10. Aufl.
Kap. 3 Rn. 150; Gernhuber/Coester-Waltjen Familienrecht 6. Aufl. § 52 I Rn.
5; MünchKommBGB/Wellenhofer 6. Aufl. § 1594 Rn. 42; Palandt/Brudermüller BGB
75. Aufl. § 1594 Rn. 8; Staudinger/Rauscher BGB [2011] § 1594 Rn. 53; aA
Lipp/Wagenitz Das neue Kindschaftsrecht § 1594 BGB Rn. 8; Muscheler
Familienrecht 3. Aufl. Rn. 540).
30 Die Möglichkeit einer pränatalen Vaterschaftsfeststellung ergibt sich
schließlich nicht aus einer entsprechenden Anwendung von § 1594 Abs. 4 BGB
auf Anträge nach §§ 1600 d BGB, 169 Nr. 1 FamFG. Dies folgt bereits daraus,
dass es der auf dem logischen Vorrang der ehelichen Vaterschaft aufbauenden
Vorschrift des § 1600 d BGB an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt (vgl.
auch MünchKommBGB/Wellenhofer 6. Aufl. § 1594 Rn. 43). Deshalb lässt sich
eine Analogie, wie das Oberlandesgericht richtig erkannt hat, auch nicht auf
§ 1912 BGB stützen. Diese Norm betrifft zudem mit der Leibesfrucht
zwar das ungeborene Leben, hat jedoch die Pflegschaft und damit das
vorgeburtliche Fürsorgebedürfnis zum Gegenstand und regelt in ihrem Absatz 2
eine Vorwirkung der elterlichen Sorge (MünchKommBGB/Schwab 6. Aufl.
§ 1912 Rn. 7). Für eine vorgeburtliche Vaterschaftsfeststellung kann dem
nichts entnommen werden.
31 c) Ebenfalls nicht durchdringen kann die Rechtsbeschwerde, soweit sie für
den Antragsteller einen unmittelbar aus der Verfassung folgenden Anspruch
auf Vaterschaftsfeststellung oder jedenfalls auf die Zuerkennung eines
diesem gleichwertigen Zuordnungsstatus reklamiert.
32 Dabei kann offen bleiben, ab welchem Zeitpunkt und in welchem
Umfang ein extrakorporaler Embryo grundrechtlichen Schutz genießt
(vgl. dazu etwa BVerfG NJW 1993, 1751, 1753; BFH NJW 2005, 3517, 3520;
BT-Drucks. 11/5460 S. 6; Backmann Künstliche Fortpflanzung und
Internationales Privatrecht S. 63 ff.; Coester-Waltjen FamRZ 2015, 1981 f.;
Haskamp Embryonenschutz in vitro S. 94, 99; Lanz-Zumstein Die Rechtsstellung
des unbefruchteten und des befruchteten menschlichen Keimguts S. 286 ff.;
Müller-Terpitz Der Schutz des pränatalen Lebens S. 245 ff., 365). Es kann
auch dahinstehen, inwieweit der Antragsteller, der sich bewusst unter das
Rechtsregime eines anderen Staates begeben hat, um die Verbotstatbestände
des Embryonenschutzgesetzes zu umgehen, sich darauf berufen könnte, nach
deutschem Recht einen Status zu erlangen, der vermeintlich dem Schutz der im
Ausland befindlichen Embryonen dienen soll (vgl. OVG Münster Beschluss vom
15. Januar 2014 - 12 A 2078/13 - juris Rn. 25 ff.). Denn zum einen ist nicht
ersichtlich, inwiefern die Embryonen eines Schutzes durch den Antragsteller
bedürfen, den dieser nicht bereits jetzt - wenn auch auf vertraglicher
Grundlage im Verhältnis zu der kalifornischen Reproduktionsklinik -
sicherstellen kann. Zum anderen bedürfte es zur Gewährleistung des Schutzes
für die Embryonen ohnedies nicht der Feststellung eines
Eltern-Kind-Verhältnisses oder eines von der Rechtsbeschwerde nicht näher
bezeichneten vergleichbaren Status. Vielmehr will der Antragsteller Fragen
der Fürsorge aufwerfen, die nach deutschem Recht nicht dem Abstammungsrecht
zugeordnet sind.
33 3. Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, dem Antragsteller sei
als Minus zu seinem eigentlichen Begehren zumindest die Stellung eines
Pflegers der Embryonen in analoger Anwendung des § 1912 Abs. 1 und 2 BGB
einzuräumen. Der darin zu erblickende Hilfsantrag auf Bestellung zum Pfleger
ist unzulässig.
34 Das vom Antragsteller erstmals in der Rechtsbeschwerdeinstanz in das
Verfahren eingeführte Begehren stellt einen neuen Verfahrensgegenstand dar,
der neue Tatsachenfeststellungen erfordert und daher nicht der
rechtsbeschwerderechtlichen Prüfung unterliegt (vgl. § 74 Abs. 3 Satz 4
FamFG iVm § 559 ZPO; Senatsbeschluss vom 18. Februar 2015 - XII ZR 199/13
-NJW-RR 2015, 690 Rn. 32 mwN). Die Behandlung des auf Bestellung zum Pfleger
gerichteten Hilfsantrags ist im vorliegenden Verfahren im Übrigen auch
deshalb ausgeschlossen, weil gemäß § 179 Abs. 1 und 2 FamFG die Verbindung
einer Abstammungssache mit dem Verfahren auf Anordnung einer Pflegschaft
nach § 1912 BGB als Kindschaftssache im Sinne des § 151 Nr. 5 FamFG (MünchKommBGB/Schwab
6. Aufl. § 1912 Rn. 19) unzulässig ist.
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