Schadensersatzanspruch des Scheinvaters gegen die
Mutter in Bezug auf gezahlten Kindesunterhalt; keine Ansprüche auf Ersatz
von Vermögensschäden infolge Ehebruchs: Verdrängung des Deliktsrechts durch
das Eherecht; Anwendbarkeit und Voraussetzungen von § 826 BGB; keine Pflicht
zur Offenbarung von Ehebruch;Schadensersatz nach § 280 I BGB wegen
Verweigerung der Auskunft über die Person des Erzeugers
BGH, Beschluss vom 20. Februar 2013 -
XII ZB 412/11 - OLG Braunschweig
Fundstelle:
NJW 2013, 2108
BGHZ 196, 207
Amtl. Leitsatz:
a) Weder ein von der Ehefrau begangener Ehebruch
noch das bloße Verschweigen der hieraus folgenden möglichen Nichtvaterschaft
gegenüber dem Ehemann führt zu einer Schadensersatzpflicht der
(geschiedenen) Ehefrau hinsichtlich des von ihm geleisteten Unterhalts für
das scheineheliche Kind (im Anschluss an Senatsurteil vom 19. Dezember 1989
- IVb ZR 56/88 - FamRZ 1990, 367; Abgrenzung zu Senatsurteilen vom 15.
Februar 2012 - XII ZR 137/09 - FamRZ 2012, 779 und vom
27. Juni 2012 - XII ZR 47/09 - FamRZ 2012, 1363).
b) Die Mutter ist nach Anfechtung der (ehelichen) Vaterschaft grundsätzlich
verpflichtet, ihrem (geschiedenen) Ehemann Auskunft darüber zu erteilen, wer
ihr während der Empfängniszeit beigewohnt hat (im Anschluss an
Senatsurteil BGHZ 191, 259 = FamRZ 2012, 200).
c) Ohne Erteilung der Auskunft kann ein Schadensersatzanspruch wegen nicht
durchsetzbarer Regressforderung gegen den Erzeuger nicht geltend gemacht
werden, weil dieser Schaden ohne die Auskunft nicht beziffert werden kann.
Zentrale Probleme:
Ein geschiedener Ehemann klagt gegen seine frühere
Ehefrau auf Schadensersatz in Bezug auf den Unterhalt, den er an ein
vermeintlich eigenes, tatsächlich aber aus einem Ehebruch der damaligen
Ehefrau hervorgegangenen gezahlt hat. Der Senat verneint eine Haftung. Die
Ehe selbst verdrängt grundsätzlich die deliktischen Haftungsregeln, soweit
es um Ehestörungen geht. Diese sind nicht in den Schutzzweck der
deliktischen Haftungstatbestände einbezogen. Möglich bleibt allein
eine Haftung aus § 826 BGB, die hier aber verneint wird, weil das bloße
Verschweigen eines Ehebruchs den Tatbestand jener Norm nicht erfüllt. Von
anderen Fällen, in welchen die Vaterschaft des Kindes verschwiegen wurde,
grenzt sich der Senat dadurch ab, dass es dort um die Frage eines
Ausschlusses des Versorgungsausgleichs oder - wie in
BGH v. 27. Juni 2012 - XII ZR 47/09 -
um die Anfechtung einer Schenkung, d.h. jeweils nicht um Schadensersatz
ging. es kommt allerdings ein Schadensersatzanspruch aus § 280 BGB in
Betracht, wenn die Mutter durch Nichterteilung der Auskunft, wer der
tatsächliche Vater ist (zu dieser Pflicht s.
BGHZ 191, 259) den Regress des
Scheinvaters nach § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB vereitelt.
©sl 2013
Gründe:
I.
1 Der am 9. Mai 2011 verstorbene Ehemann der Antragstellerin (im Folgenden:
Erblasser) heiratete im Jahr 1961 die Antragsgegnerin. Aus jener Ehe ist
unter anderem der im Jahr 1966 geborene Sohn J. hervorgegangen. Nach der
Trennung der Eheleute lebte er im Haushalt der Antragsgegnerin.
2 Im Scheidungstermin am 21. Juni 1968 gab die Antragsgegnerin unter anderem
an:
"Der Zeitpunkt des letzten ehelichen Verkehrs ist von dem Beklagten richtig
angegeben worden (Mitte Februar 1968). Nach Belehrung über die Bedeutung
ehewidriger Beziehung räume ich ein, solche Beziehungen zu einem anderen
Mann unterhalten zu haben und zwar nach dem letzten ehelichen Verkehr."
3 Mit Urteil vom selben Tag wurde die Ehe wegen beiderseitiger schwerer, die
Ehe zerrüttender Verfehlungen geschieden.
4 Auf Antrag des Erblassers stellte das Amtsgericht im Jahr 2010 fest, dass
der Sohn J. nicht das Kind des Erblassers ist.
5 Nachdem der Erblasser die Antragsgegnerin wiederholt erfolglos
aufgefordert hatte, die Namen der als Vater in Betracht kommenden Männer zu
nennen, hat er die Antragsgegnerin auf Schadensersatz in Höhe von 1.533,84 €
in Anspruch genommen. Hierbei handelt es sich um den auf das Jahr 1980
entfallenden Teil des von ihm für den Zeitraum von 1967 bis 1996 insgesamt
auf 38.960 € bezifferten Unterhalts, den er seinem Vortrag zufolge dem Kind
geleistet hat.
6 Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hat
die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Witwe des
Erblassers als Alleinerbin mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen
Rechtsbeschwerde.
II.
7 Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
8 1. Das Beschwerdegericht vertritt die Auffassung, der Erblasser
habe gegen die Antragsgegnerin keine Ansprüche auf Zahlung von
Schadensersatz. Allein die Tatsache, dass die Antragsgegnerin in
der gesetzlichen Empfängniszeit Mitte 1965 mit einem anderen Mann verkehrt
und damit die eheliche Treuepflicht verletzt haben müsse, weil das Kind J. -
wie inzwischen im Anfechtungsverfahren festgestellt worden sei - nicht vom
Antragssteller abstamme, begründe keinen Schadensersatzanspruch. Im Bereich
familienrechtlicher Beziehungen könnten schuldrechtliche Ersatzansprüche,
insbesondere Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung, durch
abschließende Regelungen des Familienrechts ausgeschlossen sein. Nach der
ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung könne ein Ehemann nicht
aufgrund des Ehebruchs seiner Ehefrau, aus dem ein Kind hervorgegangen sei,
von der Ehefrau nach dem Recht der unerlaubten Handlung den Ersatz des
Vermögensschadens verlangen, der ihm infolge der Scheinehelichkeit des
Kindes entstanden sei. Ehestörungen, wie insbesondere ein Ehebruch,
berührten unmittelbar die innere Lebens- und Geschlechtsgemeinschaft der
Ehegatten und stellten einen innerehelichen Vorgang dar, der nicht in den
Schutzzweck der deliktischen Haftungstatbestände einbezogen sei. Zwar sei
bei Hinzutreten weiterer schädigender Umstände ein Anspruch aus § 826 BGB
als einer "Rechtsnorm höherer Art" nicht ausgeschlossen. Die Vorschrift
könne demgemäß auch im Bereich der Störung der innerehelichen,
geschlechtlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten, insbesondere durch
einen Ehebruch, dann ausnahmsweise eingreifen, wenn zu dem Ehebruch ein
weiteres, sittenwidrig schädigendes Verhalten des Ehegatten hinzutrete und
dieser dabei mit - gegebenenfalls bedingtem - auf eine Schadenszufügung
gerichtetem Vorsatz handele. Die Voraussetzungen für eine Anwendung des §
826 BGB seien mithin eröffnet, wenn sich die Wertmaßstäbe für das
Sittenwidrigkeitsurteil nicht aus der ehelichen Lebensgemeinschaft, sondern
aus eigenständigen Wertungsbereichen ergäben, was allerdings nicht schon
dann der Fall sei, wenn die Ehefrau den begangenen Ehebruch nicht von sich
aus offenbare und den Ehemann damit in dem Glauben lasse, das Kind stamme
von ihm ab. Das Vorliegen eines derartigen sittenwidrig schädigenden
Verhaltens der Antragsgegnerin habe der Erblasser jedoch nicht hinreichend
substantiiert vorgetragen und unter Beweis gestellt.
9 Aus dem Terminsprotokoll des Ehescheidungsverfahrens könne eine arglistige
Täuschung des Erblassers nicht hergeleitet werden. Die Tatsache, dass die
Antragsgegnerin im Scheidungstermin eingeräumt habe, nach dem letzten
ehelichen Verkehr (Mitte Februar 1968) eine Beziehung zu einem anderen Mann
unterhalten zu haben, bedeute nicht zugleich, dass sie einen Ehebruch Mitte
1965 habe leugnen oder vortäuschen wollen, dass sie während der Ehe erstmals
nach Februar 1968 eine ehewidrige Beziehung eingegangen sei. Aus dem
Terminsprotokoll ergebe sich gerade nicht, dass die Antragsgegnerin danach
befragt worden sei, ob sie während der Empfängniszeit vor der Geburt des
Kindes J. mit einem anderen Mann verkehrt habe. Darauf sei es im Rahmen des
Scheidungsverfahrens zur Feststellung der tiefgreifenden Zerrüttung der Ehe
auch nicht angekommen. Es stehe auch nicht fest, dass die Aussage der
Antragsgegnerin, nach dem letzten ehelichen Verkehr eine (neue) ehewidrige
Beziehung zu einem anderen Mann aufgenommen zu haben, falsch gewesen sei,
denn es bestehe auch die Möglichkeit, dass der Erzeuger des Kindes nicht
derselbe Mann gewesen sei, zu dem sie später eine ehewidrige Beziehung
aufgenommen habe. Den Parteien sei im Scheidungstermin offenbar daran
gelegen gewesen, eine schnelle Scheidung herbeizuführen, indem sie beide
eine Verfehlung eingeräumt hätten und bereit gewesen seien, wechselseitig
auf Unterhalt zu verzichten.
10 Soweit die Antragsgegnerin im Ehelichkeitsanfechtungsverfahren fahrlässig
oder bedingt vorsätzlich falsch ausgesagt habe, dass sie in der
Empfängniszeit mit keinem anderen Mann außerehelichen Verkehr gehabt habe
und nur der Erblasser der biologische Vater des Kindes J. sein könne, sei
dieses Verhalten für den eingetretenen Schaden, nämlich die Zahlung von
Unterhalt zwischen 1967 und 1996, nicht kausal geworden.
11 Soweit der Erblasser darauf abstelle, dass die Antragsgegnerin auf
Aufforderung den oder die möglichen Väter des Kindes nicht benannt habe und
damit einen Scheinvaterregress verhindere, könne dahinstehen, ob ein
Auskunftsanspruch bestehe. Denn die Erblasserin habe Auskunft dahingehend
erteilt, dass sie keine Erinnerung mehr daran habe, mit wem sie vor 44
Jahren Geschlechtsverkehr gehabt habe. Dass dieser Vortrag der
Antragsgegnerin falsch gewesen sei, dass sie sich doch noch an den oder die
Namen des Ehebruchspartners erinnere und diese bewusst verschweige, könne
der Erblasser nicht beweisen.
12 2. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Rechtsbeschwerde
im Ergebnis stand. Nach den getroffenen Feststellungen ist die
Antragsgegnerin dem Erblasser weder infolge des Ehebruchs noch wegen der
unterbliebenen Benennung des tatsächlichen Vaters schadensersatzpflichtig.
13 a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde vermag weder ein
von der Ehefrau begangener Ehebruch noch das bloße Verschweigen der hieraus
folgenden möglichen Nichtvaterschaft gegenüber dem Ehemann einen
Schadensersatzanspruch zu begründen.
14 aa) Ein Ehemann kann von seiner (geschiedenen) Ehefrau wegen
eines von ihr begangenen Ehebruchs, aus dem ein Kind hervorgegangen ist,
grundsätzlich keinen Ersatz des Vermögensschadens verlangen, der ihm durch
die Unterhaltszahlung an das scheineheliche Kind entstanden ist.
15 (1) Die Ehe steht außerhalb der Rechtsverhältnisse, deren
Verletzung allgemeine Ansprüche auf Ersatz von Vermögensschäden auslösen
kann. Eine die Lebens- und Geschlechtsgemeinschaft der
Ehegatten beeinträchtigende Ehestörung - wie insbesondere ein Ehebruch -
stellt einen innerehelichen Vorgang dar (Senatsurteil vom 19.
Dezember 1989 - IVb ZR 56/88 - FamRZ 1990, 367, 368; s. auch BGHZ 57, 229,
231 ff. = NJW 1972, 199 f.). Solche Ehestörungen sind nicht in den
Schutzzweck der deliktischen Haftungstatbestände einbezogen.
Insoweit verdrängt das Ehe- und Familienrecht die Deliktsregeln
(Senatsurteil vom 19. Dezember 1989 - IVb ZR 56/88 - FamRZ 1990,
367, 368 f. mwN). Damit sind neben den deliktischen auch alle
solchen Ansprüche der (geschiedenen) Ehegatten gegeneinander ausgeschlossen,
bei denen als verletztes Rechtsgut der Kern der Ehe und der mit diesem
verfolgte Schutzzweck in Betracht käme (Senatsurteil vom 19.
Dezember 1989 - IVb ZR 56/88 -FamRZ 1990, 367, 369 mwN).
16 Auch wenn die Vorschriften des Ehe- und Familienrechts die
allgemeinen Deliktsansprüche hinsichtlich der Folgen eines begangenen
Ehebruchs verdrängen, schließt dies allerdings nicht aus, dass bei
Hinzutreten weiterer schädigender Umstände die besondere Deliktsregel des §
826 BGB zur Anwendung kommen kann (Senatsurteil vom 19. Dezember
1989 - IVb ZR 56/88 - FamRZ 1990, 367, 369 mwN).
17 Nach § 826 BGB ist derjenige, der in einer gegen die guten Sitten
verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, dem anderen zum
Ersatz des Schadens verpflichtet. Diese Norm kann ausnahmsweise auch im
Bereich der Störung der innerehelichen, geschlechtlichen Beziehung zwischen
den Ehegatten, insbesondere durch einen Ehebruch, eingreifen, wenn zu dem
Ehebruch ein weiteres, sittenwidriges schädigendes Verhalten des Ehegatten
hinzutritt und dieser dabei mit - gegebenenfalls bedingtem - auf eine
Schadenszufügung gerichtetem Vorsatz handelt. Die
Voraussetzungen für eine Anwendung des § 826 BGB sind mithin eröffnet, wenn
sich die Wertmaßstäbe für das Sittenwidrigkeitsurteil nicht aus der
ehelichen Lebensgemeinschaft, sondern aus eigenständigen Wertungsbereichen
ergeben. Das ist allerdings nicht schon dann der Fall, wenn die
Ehefrau den begangenen Ehebruch nicht von sich aus offenbart und den Ehemann
damit in dem Glauben lässt, das Kind stamme von ihm. Allein die
Tatsache, dass die Ehefrau den Treuebruch verschwiegen hat, begründet keine
sittenwidrig schädigende Handlung im Sinne von § 826 BGB.
Denn es besteht keine schadensersatzrechtlich sanktionierte Pflicht, dem
anderen Ehegatten einen Ehebruch zu offenbaren (Senatsurteil vom
19. Dezember 1989 - IVb ZR 56/88 - FamRZ 1990, 367, 369).
18 Ein Fall des § 826 BGB kann hingegen vorliegen, wenn die Ehefrau,
die bei einem Ehebruch ein Kind empfangen hat, Zweifel des Ehemanns an der
Abstammung des Kindes durch unzutreffende Angaben bzw. durch ausdrückliches
Leugnen des Ehebruchs zerstreut oder wenn sie den Ehemann durch eine
arglistige Täuschung oder auf andere Weise, etwa auch durch Drohungen, an
der Erhebung der Ehelichkeitsanfechtungsklage hindert (Senatsurteil
vom 19. Dezember 1989 - IVb ZR 56/88 - FamRZ 1990, 367, 369 mwN).
19 (2) Die Entscheidungen, die der Senat in jüngerer Zeit zu verschiedenen
anderen - im Familienrecht auftretenden - Fallkonstellationen getroffen hat,
berühren die Grundsätze der vorgenannten Rechtsprechung nicht.
20 (a) Mit Urteil vom 15. Februar 2012 (XII ZR 137/09 - FamRZ 2012, 779 Rn.
23) hat der Senat entschieden, dass ein über den Ehebruch als solchen
hinausgehender Vorwurf eine unterhaltsberechtigte Ehefrau unter anderem dann
trifft, wenn ein während der Ehe geborenes Kind möglicherweise bei dem
Ehebruch gezeugt wurde und sie ihren Ehemann in dem Glauben gelassen hat,
dass allein er als Vater des Kindes in Betracht komme. Dadurch hat sie in
einer elementaren persönlichen Frage in die Lebensgestaltung des Ehemanns
eingegriffen und diese insbesondere bei anschließender Fortsetzung der Ehe
seiner autonomen Entscheidung entzogen. Ein solches Verhalten stellt einen
gravierenden Eingriff in die persönliche Lebensgestaltung des Ehemannes dar,
dessen Verhältnis und Einstellung zu dem Kind und regelmäßig auch zu der Ehe
wesentlich von dem Bestehen seiner - leiblichen - Vaterschaft abhängt. Das
Verschweigen der möglichen Vaterschaft eines anderen Mannes stellt demnach
ein offensichtliches schwerwiegendes Fehlverhalten i.S.d. § 1579
Nr. 7 BGB dar.
21 (b) Im Anschluss hieran hat der Senat mit Beschluss vom 21. März 2012
(XII ZB 147/10 - FamRZ 2012, 845 Rn. 19) ausgesprochen, dass ein solches
Verschweigen auch zu einem Ausschluss des Versorgungsausgleichs führen kann.
22 (c) Schließlich hat der Senat mit
Urteil vom 27. Juni 2012 (XII ZR
47/09 - FamRZ 2012, 1363 Rn. 26 ff.) entschieden,
dass das Verschweigen der möglichen Nichtvaterschaft des Ehemannes, die
Anfechtung einer schenkweisen Zuwendung wegen arglistiger Täuschung nach §
123 BGB begründen kann. Danach trifft die Ehefrau bei wesentlich
von der familiären Verbundenheit der Beteiligten geprägten Zuwendungen eine
Pflicht zur ungefragten Offenbarung der Möglichkeit, dass das Kind von einem
anderen Mann abstammt. Zwar geht es bei dieser Fragestellung nicht um die
Entscheidung des Ehegatten für die Fortsetzung der Ehe, sondern um dessen
Willensentschluss, dem anderen Ehegatten bei gescheiterter Ehe einen
Vermögenswert zukommen zu lassen. Dient dieser indessen dazu, dass durch den
Gebrauch des zugewendeten Gegenstands, durch seine Erträge oder durch die
mit ihm verbundene Sicherheit eine Unterhalts- oder Vorsorgefunktion erfüllt
werden soll, so ist die Frage der leiblichen Abstammung für den Ehemann im
Zweifel von wesentlicher Bedeutung und die Ehefrau, die allein über die
nötige Kenntnis verfügt, wegen der Möglichkeit einer anderweitigen
Abstammung offenbarungspflichtig (Senatsurteil
vom 27. Juni 2012 - XII ZR 47/09 - FamRZ 2012, 1363 Rn. 29).
23 (d) Diese Rechtsprechung (kritisch hierzu Wever FamRZ 2012 1601 ff.),
die vor allem auf familienrechtliche Sondervorschriften abstellt (vgl.
hierzu bereits Senatsurteil vom 19. Dezember 1989 - IVb ZR 56/88 - FamRZ
1990, 367, 368), betrifft somit andere Fragestellungen und ändert
nichts an dem Umstand, dass das Ehe- und Familienrecht bezogen auf die hier
gegenständliche Ehestörung in Form eines Ehebruchs grundsätzlich allgemeine
Schadensersatzansprüche verdrängt. Demgemäß ist die Entscheidung
des Senats vom 15. Februar 2012 (XII ZR 137/09 - FamRZ 2012, 779) zur
Begrenzung des Unterhalts nach § 1579 Nr. 7 BGB ergangen. Die sich hieran
anschließende Entscheidung zum Versorgungsausgleich betrifft ebenfalls eine
familienrechtliche Sondervorschrift zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs
wegen unbilliger Härte nach § 1587 h Nr. 1 BGB (jetzt § 27 VersAusglG -
Senatsbeschluss vom 21. März 2012 - XII ZB 147/10 - FamRZ 2012, 845). Auch
das Senatsurteil vom 27.
Juni 2012 (XII ZR 47/09 - FamRZ 2012, 1363) steht zu
dieser Rechtsprechung des Senats nicht im Widerspruch. Zwar betrifft dieses
namentlich die Anfechtung einer schenkweisen Zuwendung wegen arglistiger
Täuschung nach § 123 BGB, der keine familienrechtliche Sondervorschrift
darstellt. Der dort entschiedene Fall unterscheidet sich jedoch maßgeblich
von der hier gegebenen Fallkonstellation, weil er eine wesentlich von der
familiären Verbundenheit der Beteiligten geprägte Zuwendung an die Ehefrau
selbst betraf (Senatsurteil
vom 27. Juni 2012 - XII ZR 47/09 - FamRZ 2012, 1363 Rn. 29).
Demgegenüber ist der hier im Streit stehende Kindesunterhalt allein dem Kind
zugutegekommen. Insoweit scheidet eine schadensersatzrechtlich sanktionierte
Offenbarungspflicht der Mutter indes aus.
24 bb) Dass die Voraussetzungen des - nach dem vorstehend Gesagten allein in
Betracht kommenden - § 826 BGB nach Auffassung des Beschwerdegerichts
vorliegend nicht erfüllt sind, ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
25 Das Beschwerdegericht hat maßgeblich darauf abgestellt, dass die
Antragsgegnerin mit ihrer Aussage im damaligen Scheidungsverfahren nicht
zugleich einen Ehebruch Mitte 1965 leugnen wollte. Nach seiner Überzeugung
hat sie mit ihrer Einlassung auch nicht vortäuschen wollen, dass sie während
der Ehe erstmalig nach Februar 1968 eine ehewidrige Beziehung eingegangen
sei. Dabei ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass es den
Ehegatten im Rahmen des Scheidungsverfahrens offenbar allein um die
Darlegung der tiefgreifenden Zerrüttung der Ehe gegangen sei. Diese
Feststellungen, die von der Prämisse getragen sind, dass die damalige
Anhörung die Frage der rund drei Jahre davor liegenden Empfängnis aus Sicht
beider Ehegatten nicht zum Gegenstand hatte, sind von Rechts wegen nicht zu
beanstanden. Schließlich konnte das Oberlandesgericht aufgrund des
Parteivortrages auch keine anderweitigen Täuschungshandlungen feststellen,
die etwaige Zweifel des Erblassers an der Abstammung des Kindes zerstreuen
sollten.
26 b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kann sich die
Antragstellerin auch nicht auf einen Schadensersatzanspruch aus dem
Gesichtspunkt einer Regressvereitelung infolge einer unzureichenden Auskunft
nach §§ 280, 242 BGB berufen.
27 Als Anspruchsgrundlage für einen entsprechenden
Schadensersatzanspruch käme allenfalls § 280 BGB in Betracht (vgl.
Senatsurteil BGHZ 151, 155 = FamRZ 2002, 1099, 1100 zum Schadensersatz bei
Umgangsvereitelung aus pFV). Gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB trägt der
Anspruchsteller die Darlegungs- und Beweislast für die Pflichtverletzung,
die Schadensentstehung und den Ursachenzusammenhang zwischen
Pflichtverletzung und Schaden (vgl. Palandt/Grüneberg BGB 72. Aufl.
§ 280 Rn. 34).
28 aa) Nach den getroffenen Feststellungen ist die Antragsgegnerin
allerdings auskunftspflichtig. Der Erblasser hatte einen - nunmehr auf die
Antragstellerin übergegangenen - Anspruch auf Auskunft, wer als Vater des
Kindes in Betracht kommt.
29 (1) Der Senat hat bereits für den Fall eines
Vaterschaftsanerkenntnisses entschieden, dass die Mutter dem Scheinvater aus
Treu und Glauben gemäß § 242 BGB Auskunft über die Person schulden kann, die
ihr während der Empfängniszeit beigewohnt hat (Senatsurteil
BGHZ 191, 259 = FamRZ 2012, 200 Rn. 17).
30 Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebieten es
Treu und Glauben grundsätzlich, dem Anspruchsberechtigten einen
Auskunftsanspruch zuzubilligen, wenn die zwischen den Parteien bestehenden
Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Anspruchsberechtigte in
entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im
Ungewissen ist und der Verpflichtete in der Lage ist, unschwer die zur
Beseitigung dieser Ungewissheit erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Eine
Sonderverbindung der beteiligten Personen, die eine Auskunftspflicht nach
Treu und Glauben rechtfertigt, liegt danach auch dann vor, wenn ein
sonstiges familienrechtliches Verhältnis unmittelbar zwischen den
Beteiligten besteht (Senatsurteil BGHZ
191, 259 = FamRZ 2012, 200 Rn. 20).
31 (a) Ein solches Verhältnis besteht zwischen den Beteiligten, wenn der
Mann seine Vaterschaft mit Zustimmung der Mutter anerkannt hatte. Durch
diese gemeinsame Erklärung entsteht die rechtliche Vaterschaft, die die
Eltern in vielfältiger Weise miteinander verbindet. Sowohl die
unterhaltsrechtlichen Folgen des Vaterschaftsanerkenntnisses als auch dessen
weitere Wirkungen begründen eine wechselseitige Auskunftspflicht
hinsichtlich der Voraussetzungen der Vaterschaft. Die Beteiligten des
Vaterschaftsanerkenntnisses schulden sich mithin wechselseitig Auskunft über
die insoweit relevanten Umstände, wenn der Auskunftsberechtigte über
wesentliche Informationen weder verfügt noch sich diese auf andere Weise
beschaffen kann und der Auskunftspflichtige die erforderliche Auskunft
unschwer erteilen kann. Diese wechselseitige Verpflichtung gilt auch dann
fort, wenn die Vaterschaft nachträglich wirksam angefochten ist, soweit
Rechtsfolgen des zunächst wirksamen Vaterschaftsanerkenntnisses betroffen
sind (Senatsurteil BGHZ 191, 259 = FamRZ 2012, 200 Rn. 21).
32 (b) Ein sonstiges familienrechtliches Verhältnis im vorgenannten Sinne
besteht (erst recht), wenn die Mutter - wie hier - mit dem Scheinvater
verheiratet ist und die Vaterschaft erfolgreich angefochten wurde. In diesem
Falle sind die Eheleute nicht nur durch die rechtliche Vaterschaft, sondern
darüber hinaus durch die Ehe selbst gemäß §§ 1353 ff. BGB in vielfältiger
Weise miteinander verbunden. Für das Fortbestehen der Auskunftsverpflichtung
im Falle der Scheidung gilt im Ergebnis nichts anderes als im Falle der
Anfechtung der anerkannten Vaterschaft (vgl. Senatsurteil BGHZ 191, 259 =
FamRZ 2012, 200 Rn. 21). Die fortdauernde Unterhaltspflicht dem Kind
gegenüber aus §§ 1601 ff. BGB stellt sich als Rechtsfolge der durch die Ehe
begründeten Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 BGB dar.
33 (2) Die Auskunftsverpflichtung greift auch nicht in den
unantastbaren Bereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Mutter ein.
34 Die Verpflichtung zur Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters
ihres Kindes berührt zwar das Persönlichkeitsrecht der Beklagten nach Art. 2
Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, das auch das Recht auf Achtung der Privat-
und Intimsphäre umfasst und zu dem die persönlichen, auch geschlechtlichen
Beziehungen zu einem Partner gehören. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht
schützt die Befugnisse des Einzelnen, grundsätzlich selbst darüber zu
entscheiden, inwieweit und wem gegenüber er persönliche Lebenssachverhalte
offenbart (Senatsurteil BGHZ 191, 259 = FamRZ 2012, 200 Rn. 24 mwN).
35 Ein solcher Eingriff liegt hier jedoch nicht vor. Aufgrund der
erfolgreichen Anfechtung der Vaterschaft durch den Erblasser steht fest,
dass die Antragsgegnerin in der Empfängniszeit mit einem anderen Mann
geschlechtlich verkehrt hat. Es geht also nicht um die Offenbarung eines
Ehebruchs, sondern "nur" noch um die Frage, wer als Vater in Betracht kommt.
36 Bei der gebotenen Interessenabwägung ist schließlich zu berücksichtigen,
dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Antragsgegnerin durch das Recht
des Erblassers bzw. der Antragstellerin auf effektiven Rechtsschutz begrenzt
ist. Ohne eine Auskunft der Antragsgegnerin zu der Person, die ihr während
der Empfängniszeit beigewohnt hat, kann die Antragstellerin den auf sie
übergegangenen Anspruch auf Unterhaltsregress nach § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB
nicht durchsetzen. Dem Regressanspruch steht auch nicht nach § 1600 d Abs. 4
BGB entgegen, dass nach der erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung noch keine
neue Vaterschaft festgestellt worden ist, weil nach dem gegenwärtigen
Verfahrensstand davon auszugehen ist, dass ein
Vaterschaftsfeststellungsverfahren auf längere Zeit nicht stattfinden wird
(vgl. dazu Senatsurteil BGHZ 191, 259 = FamRZ 2012, 200 Rn. 15 mwN).
37 bb) Unbeschadet der - vom Beschwerdegericht verneinten - Frage,
ob die Auskunft der Antragsgegnerin unzureichend erteilt und damit
pflichtwidrig erfolgt ist, scheidet ein Anspruch aus § 280 BGB allerdings
schon deshalb aus, weil die Antragstellerin die Schadensentstehung und den
Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden nicht dargelegt
hat.
38 (1) Allerdings ist es zweifelhaft, ob allein aus der Einlassung der
Antragsgegnerin, sich nach 44 Jahren nicht mehr an den tatsächlichen Vater
erinnern zu können, auf eine Auskunftswilligkeit und damit eine
pflichtgemäße Erfüllung des Auskunftsanspruchs geschlossen werden kann. Hier
wäre - auch unter Beachtung der auf Seiten des Anspruchstellers liegenden
Darlegungslast - zumindest ein substantiierter Vortrag von der
Antragsgegnerin zu fordern, warum sie sich angesichts eines so
einschneidenden Ereignisses wie einer Schwangerschaft trotz des Zeitablaufs
nicht mehr an den möglichen Vater erinnern kann.
39 (2) Jedoch liegen die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches nach
§ 280 Abs. 1 BGB nicht vor.
40 Ein Schadensersatzanspruch aus dem Gesichtspunkt einer
Regressverhinderung kann den Anspruchsteller nur so stellen, wie er stünde,
wenn die auskunftspflichtige Mutter den tatsächlichen Vater benannt hätte
und damit der Scheinvaterregress nach § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB eröffnet
wäre.
41 Die Unterhaltsleistung durch den Scheinvater an das Kind hat gemäß § 1607
Abs. 3 BGB zur Folge, dass der Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den
tatsächlichen Vater auf den Leistenden übergeht. Dabei behält der
übergegangene Anspruch seine Rechtsnatur als Unterhaltsanspruch
(Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8.
Aufl. § 2 Rn. 805). Das bedeutet, dass sich die Höhe der
Regressforderung nicht nach dem richtet, was der Scheinvater an Unterhalt
geleistet hat, sondern danach, welchen Unterhaltsanspruch das Kind gegenüber
seinem tatsächlichen Vater hat (KG FamRZ 2000, 441 f.). Die
Werthaltigkeit des übergegangenen Anspruchs hängt mithin in erster Linie von
der Leistungsfähigkeit des leiblichen Vaters ab (vgl. auch
Senatsurteil vom 27. November 2002 - XII ZR 295/00 - FamRZ 2003, 444, 445).
42 Um einen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB schlüssig
zu begründen, müsste die Antragstellerin also darlegen, in welcher Höhe sie
bei dem tatsächlichen Vater hätte Regress nehmen können, was ihr freilich
ohne die Auskunft nicht möglich ist.
43 c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist die Antragstellerin
deshalb indes nicht rechtlos gestellt (vgl. auch Senatsurteil BGHZ 191, 259
= FamRZ 2012, 200 Rn. 26). Sie kann die Antragsgegnerin auf Auskunft
in Anspruch nehmen, gegebenenfalls auf die Abgabe einer eidesstattlichen
Versicherung hinwirken bzw. bei nicht gehöriger Erfüllung die Vollstreckung
betreiben.
44 Dabei verkennt der Senat nicht, dass es Fallgestaltungen geben mag, bei
denen ein Auskunftsverfahren ergebnislos bleiben kann, etwa wenn sich die
Mutter tatsächlich - aus nachvollziehbaren Gründen - nicht mehr erinnern
kann. Dies vermag entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde indes keinen
Schadensersatzanspruch aus dem Gesichtspunkt einer Risikohaftung zu
rechtfertigen. Eine solche Schadensersatzpflicht ließe sich letztlich nur
unter Heranziehung derjenigen Umstände herleiten, die nach Auffassung der
Antragstellerin bereits einen Schadensersatzanspruch wegen Verschweigens des
Ehebruchs begründen sollten. Dies würde indes zu einer Umgehung der oben
dargestellten Grundsätze führen, die eine solche Schadensersatzpflicht
gerade ausschließen.
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