Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) bei
Schenkung unter Ehegatten; Abgrenzung von Schenkung und ehebezogener
("unbenannter") Zuwendung; Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 I
BGB) durch Unterlassen: Offenbarungspflicht der Ehefrau über die mögliche
nichteheliche Abstammung eines während der Ehe geborenen Kindes
BGH, Urteil vom 27. Juni 2012 - XII
ZR 47/09 - OLG München
Fundstelle:
NJW 2012, 2728
Amtl. Leitsatz:
a) Geschäftsgrundlage einer im Zuge der Trennung
erfolgten Zuwendung (hier: Schenkung) unter Ehegatten kann auch die
leibliche Abstammung eines Kindes vom Ehemann sein, wenn dessen Zuwendung
auch dazu bestimmt war, entweder unmittelbar oder mittelbar den
Unterhaltsbedarf des Kindes zu befriedigen.
b) Das Verschweigen der möglichen Nichtvaterschaft des Ehemannes zum Kind
durch die Ehefrau kann eine Anfechtung einer schenkweisen Zuwendung wegen
arglistiger Täuschung begründen (im Anschluss an das Senatsurteil vom 15.
Februar 2012 - XII ZR 137/09 - FamRZ 2012, 779).
Zentrale Probleme:
Die Entscheidung ist in Bezug
auf die Abgrenzung von ehebedingter Zuwendung und Schenkung, der
Geschäftsgrundlage sowie der Anfechtung wegen Täuschung durch Unterlassung
von allgemeinem Interesse für die Ausbildung. Zur Abgrenzung von Schenkung
und unbenannter Zuwendung s. auch BGHZ 184, 190.
S. dazu auch BGH v. 20.2.2013
- XII ZB 412/11.
©sl 2012
Tatbestand:
1 Die Parteien sind geschiedene
Eheleute. Sie streiten im vorliegenden Verfahren wie im vor dem Senat
geführten Parallelverfahren (XII ZR 203/09) um die Rückabwicklung
von Vermögenszuwendungen, die der Kläger (im Folgenden: Ehemann) während der
Ehe an die Beklagte (im Folgenden: Ehefrau) erbrachte.
2 Die Parteien heirateten im Mai 1990. In einem vor der Eheschließung
abgeschlossenen Ehevertrag hatten sie Gütertrennung vereinbart und den
Versorgungsausgleich sowie nacheheliche Unterhaltsansprüche weitgehend
ausgeschlossen. Die bei der Eheschließung vermögenslose Ehefrau gab ihre
Berufstätigkeit als technische Assistentin auf und widmete sich der
Haushaltsführung. Der Ehemann, der alkoholkrank und aufgrund eines
Verkehrsunfalls schwerbehindert ist, ging ebenfalls keiner Erwerbstätigkeit
nach. Die Parteien lebten vom Vermögen des Ehemanns, welches dieser im Wert
von rund 10.000.000 DM geerbt hatte. Im Dezember 1991 gebar die Ehefrau
einen Sohn.
3 Die Parteien trennten sich im September 2003. Die Ehe wurde auf den im Mai
2004 zugestellten Scheidungsantrag im Juni 2006 rechtskräftig geschieden.
Der Ehemann hat seine Vaterschaft zu dem Sohn angefochten. Durch
inzwischen rechtskräftiges Urteil wurde festgestellt, dass er nicht der
Vater des Kindes ist.
4 Der Ehemann begehrt die Zahlung von 270.000 € sowie 80.000 € wegen zweier
von der Ehefrau vor allem aus seinen Mitteln erworbener Immobilien. Im Jahr
2001 erwarb sie eine Eigentumswohnung zum Preis von 103.000 DM, welche sie
später für 80.000 € verkaufte. Ein Hausgrundstück in München erwarb die
Ehefrau im Mai 2002 und zog dort mit dem Sohn nach der Trennung ein. Der
Ehemann verlangt insoweit den von ihm geleisteten Beitrag von 270.000 €
zurück, hilfsweise verlangt er die Übereignung des Grundstücks. Er hat sich
darauf berufen, dass er die Zuwendungen ausschließlich in der
Erwartung gemacht habe, die eheliche Lebensgemeinschaft werde Bestand haben,
und dass nach der Trennung die Geschäftsgrundlage entfallen sei.
Nachdem ein im Vaterschaftsprozess vor dem Familiengericht eingeholtes
Gutachten ergeben hat, dass er nicht der leibliche Vater des Kindes ist, hat
er die Anfechtung der Zuwendungen wegen arglistiger Täuschung
erklärt, ferner hat er die Zuwendungen als etwaige Schenkungen wegen
groben Undanks widerrufen. Hinsichtlich der hilfsweise beantragten
Übereignung des Grundstücks beruft er sich darauf, dass wegen offener
Gerichtskosten eine Zwangshypothek eingetragen wurde und die Ehefrau wegen
Verstoßes gegen das vertraglich vereinbarte Verbot, das Grundstück zu
belasten, zu dessen Übertragung an ihn verpflichtet sei.
5 Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die
Berufung des Ehemanns zurückgewiesen. Dagegen richtet sich dessen vom Senat
zugelassene Revision.
Entscheidungsgründe:
6 Die Revision des Ehemanns hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des
Berufungsurteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das
Berufungsgericht.
I.
7 Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Urteil in FamRZ 2009, 1831
veröffentlicht ist, ist eine Rückforderung nach den Grundsätzen über den
Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht begründet. Zwar sei diese grundsätzlich
möglich, sofern kein güterrechtlicher Ausgleich nach dem gesetzlichen
Güterstand erfolge. Auch bestünden Bedenken gegen die Wirksamkeit des
Ehevertrages, weil sich im Scheidungsfall eine einseitige Lastenverteilung
zum Nachteil der Ehefrau aufdränge. Die Frage könne jedoch dahinstehen, weil
die Voraussetzungen einer Rückforderung nicht vorlägen. Die Geldzuwendungen
des Ehemanns könnten nicht als ehebezogene Zuwendungen im Sinne der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs qualifiziert werden. Die Ehefrau habe
die Zuwendung im Gegensatz zu anderen in der Ehezeit von den Parteien
gemeinsam erworbenen Immobilien dazu verwendet, an der Eigentumswohnung in
Augsburg und dem Anwesen in München Alleineigentum zu erwerben. Das sei mit
Wissen und Billigung des Ehemanns geschehen. Dass dieser hierbei die
Vorstellung oder Erwartung gehegt habe, die eheliche Lebensgemeinschaft
werde Bestand haben und er werde innerhalb dieser Gemeinschaft am
Vermögenswert der Immobilien weiter teilhaben, habe er weder schlüssig
vorgetragen noch unter Beweis gestellt. Die tatsächlichen Umstände deuteten
eher auf eine unentgeltliche Zuwendung im Sinne echter Freigebigkeit hin.
Die Ehefrau sei zum Zeitpunkt der Zuwendungen vermögenslos sowie ohne
eigenes Einkommen gewesen und habe sich ausschließlich um Haushalt und
Familie gekümmert. Ausweislich des Ehevertrages habe sie keinerlei
Absicherung oder Auskommen gehabt. Nach der Erbschaft des Ehemanns im Wert
von ca. 10.000.000 DM habe es vor dem Hintergrund der wirtschaftlich
unsicheren Situation der Ehefrau und der zu erwartenden Probleme, nach
langjähriger Pause wieder eine Berufstätigkeit aufzunehmen, nahe gelegen,
die Ehefrau zumindest in gewissem Umfang abzusichern und diese Zuwendung
gerade nicht vom Fortbestand der Ehe abhängig zu machen. Diese Annahme
rechtfertige sich insbesondere in Abgrenzung zu den von den Parteien
anderweit getroffenen Vermögensanlagen. Die bloße Behauptung der
Ehebezogenheit durch den Ehemann sei für deren positive Feststellung nicht
ausreichend.
8 Etwas anderes rechtfertige sich auch nicht daraus, dass die Zuwendungen
möglicherweise Vermögensteile vor der Verschwendung durch den Ehemann retten
sollten. Dies sei vielmehr gerade geeignet gewesen, das
Absicherungsbedürfnis für die Ehefrau "durch eigenes, unbedingtes Eigentum"
herauszustellen. Soweit der Ehemann hinsichtlich des Objekts in München auf
eine Klausel im notariellen Vertrag verweise, nach der die Ehefrau einem
Veräußerungs- und Belastungsverbot unterliege und ihm im Fall des Verstoßes
ein Übertragungsanspruch zustehe, manifestiere gerade dies die Absicht, die
Ehefrau dauerhaft gesichert wissen zu wollen. Dass kein Übertragungsanspruch
für den Fall der Scheidung aufgenommen worden sei, mache deutlich, dass es
dem Ehemann auf einen dauerhaften Verbleib des Eigentums bei der Ehefrau
angekommen sei. Ein diesbezügliches Regelungsbedürfnis hätte sich
aufgedrängt, weil die Ehe der Parteien, was der Ehemann nicht in Abrede
stelle, in den Jahren 2001/2002 "am Ende" gewesen sei.
9 Dessen ungeachtet habe der Ehemann nicht schlüssig dargetan, dass ihm ein
Festhalten am gegenwärtigen Zustand nicht zuzumuten sei. Bei der
Gesamtabwägung der Umstände sei ein Festhalten an der bestehenden
Vermögensverteilung nicht unbillig, wofür zum einen das erhebliche ererbte
Vermögen des Ehemanns zu berücksichtigen sei und zum anderen, dass der
Ehefrau bei vollständiger Rückabwicklung weitgehend die wirtschaftliche
Basis entzogen würde.
10 Die Frage der ehelichen Abstammung des Sohnes der Ehefrau könne
dahinstehen, da dieser Umstand gleichfalls nicht Geschäftsgrundlage der
Zuwendungen geworden sei. Die Ehefrau habe bestritten, dass die Zuwendungen
im Zusammenhang mit dem Sohn gestanden hätten. Vielmehr sei es
ausschließlich um ihre Absicherung als Ehefrau nach 11 Ehejahren gegangen.
Die eheliche Abstammung möge Motiv bzw. einseitige Erwartung des Ehemanns
bei seinen Zuwendungen gewesen sein, könnte als solche aber keine
Geschäftsgrundlage bilden. Ein Schenkungswiderruf scheitere am fehlenden
Widerrufsgrund, weil die eheliche Untreue der Schenkung vorausgegangen und
nicht nachgefolgt sei. Die Anfechtung der Schenkungen wegen arglistiger
Täuschung habe ebenfalls keinen Erfolg. Fraglich sei bereits, ob die
Tatsache, dass der Ehemann nicht der Vater des in der Ehezeit geborenen
Sohnes sei, im Kontext der Zuwendungen ungefragt offenbarungspflichtig
gewesen sei. Dies könne jedoch ebenso offenbleiben wie die Frage der
Ursächlichkeit, weil das Verschweigen nicht arglistig gewesen sei. Selbst
wenn die Ehefrau im Zeitpunkt der Zuwendung zumindest damit gerechnet oder
es billigend in Kauf genommen habe, dass der Ehemann nicht der Vater ihres
Sohnes war, habe sie nicht damit rechnen oder es billigend in Kauf nehmen
müssen, dass der Ehemann bei entsprechender Offenbarung die Zuwendungen
nicht vorgenommen hätte. Der Ehemann habe selbst vorgetragen, dass die Ehe
der Parteien in den Jahren der Zuwendungen "am Ende" gewesen sei. Folglich
hätte die Offenbarung eines 10 Jahre zurückliegenden Fehltritts und damit
der - damals theoretischen - Möglichkeit, dass der Ehemann nicht der Vater
des Sohnes sei, keinen entscheidenden Einfluss mehr auf den Fortgang der
ohnedies zerrütteten Ehe gehabt.
11 Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Übertragung des Anwesens in
München sei unbegründet, weil die Ehefrau das Grundstück nicht selbst
belastet habe und die Eintragung einer Zwangshypothek dem nicht gleichstehe,
weil die Ehefrau darauf keinen Einfluss gehabt habe.
II.
12 Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
13 Aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen
lässt sich eine Rückforderung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage -
hinsichtlich des Objekts in München - wie auch ein Bereicherungsanspruch
nach Anfechtung der Zuwendungen wegen arglistiger Täuschung - hinsichtlich
beider Objekte - nicht ausschließen.
14 Die Zuwendungen des Ehemanns bestanden darin, dass er durch seine
Kaufpreiszahlungen die Ehefrau von deren Kaufpreisverpflichtungen befreite
und zudem ein Ausgleich im Innenverhältnis der Ehegatten als Gesamtschuldner
zumindest konkludent ausgeschlossen war.
15 1. Eine Rückforderung der Zuwendungen aufgrund Wegfalls der
Geschäftsgrundlage lässt sich hinsichtlich des Objekts in München mit der
vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht verneinen.
16 Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind
Geschäftsgrundlage die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei
Vertragsschluss aber zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider
Vertragsparteien sowie die der einen Vertragspartei erkennbaren und von ihr
nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen vom Vorhandensein oder dem
künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien
auf diesen Vorstellungen aufbaut (BGH Urteil vom 10. September 2009
- VII ZR 152/08 - NZBau 2009, 771, 774; Senatsurteile vom 21. Juli 2010
- XII ZR 180/09 - FamRZ 2010, 1626 Rn. 14 und vom 17. Februar 1993 - XII ZR
232/91 - FamRZ 1993, 1047, 1048 jeweils mwN).
17 a) Das Berufungsgericht hat allerdings das Vorliegen einer
ehebezogenen Zuwendung, die nach Scheidung der Ehe eine Rückforderung wegen
Wegfalls der Geschäftsgrundlage rechtfertigen könnte, mit Recht verneint.
18 Eine ehebezogene Zuwendung liegt vor, wenn ein Ehegatte dem
anderen einen Vermögenswert um der Ehe willen und als Beitrag zur
Verwirklichung und Ausgestaltung, Erhaltung oder Sicherung der ehelichen
Lebensgemeinschaft zukommen lässt, wobei er die Vorstellung oder Erwartung
hegt, dass die eheliche Lebensgemeinschaft Bestand haben und er innerhalb
dieser Gemeinschaft am Vermögenswert und dessen Früchten weiter teilhaben
werde. Darin liegt die Geschäftsgrundlage der Zuwendung (ständige
Senatsrechtsprechung, vgl. Senatsurteil BGHZ 142, 137 = FamRZ 1999, 1580
juris Rn. 23 mwN).
19 Im vorliegenden Fall wurden beide Immobilien erst angeschafft,
als die Ehe der Parteien bereits gescheitert ("am Ende") war. Die Immobilien
dienten demnach nicht der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft
und sollten auch nicht mittelbar dem Ehemann zugute kommen. Demnach
ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Zuwendungen
gerade nicht vom Fortbestand der Ehe abhängig gemacht werden sollten,
sondern dem Zweck dienten, die Ehefrau unabhängig von der Fortdauer der Ehe
abzusichern.
20 b) Auch wenn eine Zuwendung im konkreten Fall nicht als
ehebezogene Zuwendung, sondern, wie vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei
angenommen, als Schenkung zu werten ist, sind auf sie dennoch die Grundsätze
des Wegfalls der Geschäftsgrundlage anwendbar (vgl.
Senatsurteil BGHZ 184, 190 = FamRZ
2010, 958 Rn. 25 ff.; BGH Urteile vom 8. November 2002 -
V ZR 398/01 -FamRZ 2003, 223 und vom 19. Januar 1999 - X ZR 60/97 - FamRZ
1999, 705, 707). Daher ist es auch unter weiteren Gesichtspunkten
als der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft möglich, dass
bestimmte Vorstellungen der Parteien von der Verwendung des zugewendeten
Vermögensgegenstandes zur Geschäftsgrundlage erhoben werden. Voraussetzung
ist hierfür allerdings, dass diese in den Geschäftswillen der Parteien
aufgenommen werden und nicht bloß einseitige Erwartungen einer Partei
darstellen (vgl. Palandt/Grüneberg BGB 71. Aufl. § 313 Rn. 9 mwN).
21 aa) Demnach lässt sich hinsichtlich des Objekts in München nicht mit der
vom Berufungsgericht gegebenen Begründung verneinen, dass die leibliche
Vaterschaft Geschäftsgrundlage der Zuwendung geworden ist. Das
Berufungsgericht hat insoweit zwar die Ehebezogenheit sowie die
beabsichtigte Rettung von Vermögensteilen vor Verschwendung durch den
Ehemann in Betracht gezogen und jeweils zutreffend verneint. Die
Abstammung hat das Berufungsgericht indessen zu Unrecht als lediglich
einseitiges Motiv betrachtet, welches von der Ehefrau nicht in ihren
Geschäftswillen aufgenommen worden sei. Es hat insoweit das Vorbringen des
Ehemanns nicht berücksichtigt, dass er die Zuwendung unter anderem wegen
seines vermeintlich leiblichen Sohnes tätigen wollte, und hat zudem
vorliegende Anhaltspunkte in der Vertragsgestaltung außer acht gelassen.
22 Die Vorstellung des Ehemanns, dass er der leibliche Vater sei,
war insoweit nicht bloß einseitiges Motiv für seine Zuwendung. Vielmehr
bestehen aufgrund der gewählten Vertragsgestaltung deutliche Hinweise
darauf, dass die Zuwendung und der durch sie ermöglichte Immobilienkauf auch
dem Sohn zugute kommen sollte. Anhaltspunkte dafür ergeben sich
daraus, dass aufgrund des im Kaufvertrag zu Gunsten des Ehemanns
vereinbarten Veräußerungsund Belastungsverbots die Ehefrau über das
Hausgrundstück zu Lebzeiten des Ehemanns nicht verfügen darf. Nicht
zuletzt auch in Anbetracht der beabsichtigten Nutzung durch die Ehefrau und
deren Sohn liegt es nahe, dass das Hausgrundstück wenigstens mittelbar auch
dem Sohn zur Nutzung dienen sollte und die Ehefrau in ihrer Verfügung auch
insoweit nicht frei war. Wenngleich die Ehefrau nach der Vertragsgestaltung
mit dem Tod des Ehemanns keinen Verfügungsbeschränkungen mehr unterliegen
und die Zuwendung daher vorwiegend deren Unterhalt sichern sollte, war der
Sohn jedenfalls mittelbar Begünstigter. Außerdem liegt es nahe,
dass im Hinblick auf den Wohnbedarf neben dem (Betreuungs-) Unterhalt der
Ehefrau auch der Kindesunterhalt teilweise gedeckt werden sollte. Das war
für die Ehefrau abgesehen von den sonstigen Absprachen der Parteien auch
erkennbar.
23 Damit ist jedenfalls auf der Grundlage des insoweit in der
Revisionsinstanz zu unterstellenden Vorbringens des Ehemanns dessen
leibliche Vaterschaft zum Sohn der Ehefrau nicht lediglich ein einseitiges
Motiv, sondern wegen des mit der Zuwendung ersichtlich verfolgten
Unterhaltszwecks auch deren Geschäftsgrundlage. Dass sich damit die
Geschäftsgrundlage gegebenenfalls aus mehreren Aspekten zusammensetzt und
wie der Aspekt der leiblichen Vaterschaft zu gewichten ist, ist im Rahmen
der Anpassung nach Treu und Glauben zu klären und zu berücksichtigen.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts scheitert eine Rückforderung
auch nicht daran, dass dem Ehemann ein Festhalten an der Zuwendung zumutbar
wäre. Dass die Zuwendungen nur einen Anteil von 7 % seines anfänglichen
ererbten Vermögens ausmachten, steht einer Unzumutbarkeit des Festhaltens an
der Zuwendung nicht ohne weiteres entgegen. In die Zumutbarkeitsbetrachtung
wäre schließlich ebenfalls einzubeziehen gewesen, dass auch die leibliche
Abstammung des Sohnes Geschäftsgrundlage ist.
24 bb) Hinsichtlich der Eigentumswohnung in Augsburg, die bezüglich ihrer
Verwendung keinerlei Einschränkungen unterlag, hat das Berufungsgericht
demgegenüber die leibliche Abstammung zu Recht nicht als Geschäftsgrundlage
der Zuwendung angesehen. Denn insoweit mangelt es an einem auf den Sohn
bezogenen beiderseitigen Geschäftswillen der Parteien. Es handelte sich auch
nicht um eine einseitige Vorstellung des Ehemanns, die die Ehefrau als
anderer Vertragsteil nach Treu und Glauben in ihren Geschäftswillen
aufgenommen hat.
25 Dafür fehlt es bei der Wohnung in Augsburg an Anhaltspunkten, so dass die
Ehefrau insoweit die Vaterschaft auch nicht konkludent in ihren
Geschäftswillen aufgenommen hat. Für die widerrechtliche
Einflussnahme auf die Willensbildung verbleibt insoweit nur die Möglichkeit
einer Täuschungsanfechtung nach § 123 BGB.
26 2. Das Berufungsgericht hat die vom Ehemann erklärte Anfechtung wegen
arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) nicht für begründet erachtet, weil dieser
für die Voraussetzungen beweisfällig geblieben sei. Das begegnet im Hinblick
auf beide vom Ehemann getätigten Zuwendungen durchgreifenden rechtlichen
Bedenken.
27 a) Die Ehefrau traf hier eine Pflicht zur ungefragten Offenbarung
der Möglichkeit, dass das Kind von einem anderen Mann abstammte.
28 Nach der zur Versagung des Unterhalts nach § 1579 BGB ergangenen
Senatsrechtsprechung trifft eine unterhaltsberechtigte Ehefrau ein über den
- als solchen nicht offenbarungspflichtigen - Ehebruch hinausgehender
Vorwurf, wenn ein während der Ehe geborenes Kind möglicherweise bei dem
Ehebruch gezeugt wurde und sie ihren Ehemann in dem Glauben gelassen hat,
dass allein er als Vater des Kindes in Frage kommt. Ein solches
Verhalten stellt einen gravierenden Eingriff in die persönliche
Lebensgestaltung des Ehemannes dar, dessen Verhältnis und Einstellung zu dem
Kind und regelmäßig auch zu der Ehe wesentlich von dem Bestehen seiner -
leiblichen - Vaterschaft abhängen. Das Verschweigen der möglichen
Vaterschaft eines anderen Mannes stellt demnach ein offensichtlich
schwerwiegendes Fehlverhalten dar (Senatsurteil vom 15. Februar
2012 - XII ZR 137/09 - FamRZ 2012, 779 Rn. 23 mwN).
29 Aus diesen Gründen trifft den Ehegatten auch bei wesentlich von der
familiären Verbundenheit der Beteiligten geprägten Zuwendungen eine
Offenbarungspflicht. Zwar geht es bei der vorliegenden Fragestellung nicht
um die Entscheidung des Ehegatten für die Fortsetzung der Ehe, sondern um
dessen Willensentschluss, dem anderen Ehegatten bei gescheiterter Ehe einen
Vermögenswert zukommen zu lassen. Dient dieser indessen dazu, dass durch den
Gebrauch des zugewendeten Gegenstandes, seine Erträge oder die mit ihm
verbundene Sicherheit eine Unterhalts- oder Vorsorgefunktion erfüllt werden
soll, so ist die Frage der leiblichen Abstammung für den Ehemann im
Zweifel von wesentlicher Bedeutung und die Möglichkeit einer anderweitigen
Abstammung durch die Ehefrau, die allein über die nötige Kenntnis verfügt,
offenbarungspflichtig.
30 b) Im Hinblick auf die Voraussetzungen der Arglist sowie der
Ursächlichkeit der Täuschung rügt die Revision zu Recht, dass das
Berufungsgericht wesentlichen Prozessvortrag des Ehemanns übergangen habe.
Dieser hat vorgetragen, dass er die Schenkung unter anderem wegen
seines leiblichen Sohnes habe tätigen wollen. Die Ehefrau habe die mögliche
Nichtvaterschaft bewusst nicht offenbart, sondern die Zuwendung trotzdem
entgegen genommen. Damit hat der Ehemann vorgetragen, dass die
Ehefrau Kenntnis von der Möglichkeit seiner fehlenden Vaterschaft gehabt
habe. Sowohl für den Vorsatz der Ehefrau als auch für die Ursächlichkeit der
Täuschung sprechen außerdem die unstreitigen Tatsachen. Zum einen besteht
eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Ehefrau sich der möglichen
Nichtvaterschaft des Ehemanns bewusst war. Dass sie damit rechnete oder
darauf hoffte, dass der Ehemann der leibliche Vater sei, steht ihrem Vorsatz
nicht entgegen, weil dieser sich nur auf die mögliche Nichtvaterschaft des
Ehemanns beziehen muss. Des Weiteren musste die Ehefrau zumindest
damit rechnen, dass die Tatsache der leiblichen Abstammung für den
Entschluss des Ehemannes, ihr die Zuwendungen zu machen, nicht nur von
untergeordneter Bedeutung war.
III.
31 Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben. Der Senat kann in der Sache
nicht abschließend entscheiden, weil den Parteien sowohl zur Frage der
Geschäftsgrundlage (hinsichtlich des Objekts in München) wie auch zu den
Voraussetzungen der Irrtumsanfechtung nach § 123 BGB zunächst Gelegenheit zu
ergänzendem Vorbringen und Beweisantritten zu geben ist.
32 Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass die Klage
bezüglich des hilfsweise geltend gemachten Anspruchs auf Übertragung des
Hausgrundstücks in München mit Recht abgewiesen worden ist. Die Berufung des
Ehemanns auf die Belastung des Hausgrundstücks im Wege der zu Gunsten der
Gerichtskasse eingetragenen Zwangshypothek erscheint unter den Umständen des
vorliegenden Falles, insbesondere der Höhe des Betrages der Zwangshypothek,
jedenfalls treuwidrig.
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