(Keine) Analoge Anwendung von § 288 BGB
(Verzugszinsen) bei Verzug mit Betriebskostenabrechnung; Abgrenzung zu
BGH NJW 2005, 3709
sowie zu
BGH NJW 2006, 2398
BGH, Urteil vom 5. Dezember 2012 -
XII ZR 44/11 - OLG Brandenburg
Fundstelle:
noch nicht bekannt
für BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
Wenn ein
Betriebskostenguthaben verspätet an den Mieter ausbezahlt wird, weil der
Vermieter mit der Verpflichtung auf Erstellung einer
Betriebskostenabrechnung in Verzug geraten ist, ergibt sich ein Anspruch auf
gesetzliche Verzugszinsen auch nicht aus einer entsprechenden Anwendung des
§ 288 Abs. 1 BGB.
Zentrale Probleme:
Eine auf den ersten Blick nur speziell mietrechtliche
Entscheidung. Sie enthält aber grundlegende Aussagen zum Verzug und zur
Verzinsungspflicht nach § 288 BGB und ist deshalb zu Recht für BGHZ
vorgesehen. Der Senat muss sich hier von anderen Entscheidungen abgrenzen,
in welchen § 288 BGB analog angewendet wurde, da keine Geldschuld vorlag (so
etwa bei Freigabeansprüchen bei Hinterlegung, s.
BGH NJW 2006, 2398 oder
Geldherausgabeschulden, s. etwa
BGH NJW 2005, 3709),
s. dazu bei Tz. 27 ff. Für diese Abgrenzung, d.h. die
Ablehnung einer Analoge erfolgen grundlegende und für die Ausbildung
lehrreiche Ausführungen zur ratio des § 288 BGB (s. bei Tz. 21
ff)
©sl 2013
Tatbestand:
1 Die Parteien streiten im Rahmen der
Widerklage nur noch darüber, ob die Beklagte von der Klägerin Verzugszinsen
wegen der verspäteten Abrechnung von Betriebskosten verlangen kann.
2 Die Beklagte hatte von der Klägerin Gewerberäume angemietet. Das
Mietverhältnis endete am 31. Dezember 2009.
3 Neben der Nettomiete für die angemieteten Räume vereinbarten die Parteien
Betriebskostenvorauszahlungen. Nach § 13 des Mietvertrags sollten die
entstandenen Nebenkosten "in einem Zeitraum von zwölf Monaten in
tatsächlicher Höhe abgerechnet" werden.
4 Die Klägerin rechnete die Betriebskosten für die Jahre 2002 bis 2007 nicht
binnen zwölf Monaten seit dem Ende des jeweiligen Abrechnungszeitraums ab.
Erst nach einer schriftlichen Aufforderung durch die Beklagte vom 25. August
2009 erstellte sie die Betriebskostenabrechnungen, aus denen sich ein
erhebliches Guthaben zu Gunsten der Beklagten ergab. Dieses wurde von der
Klägerin sodann vollständig ausgeglichen.
5 Mit der Klage hat die Klägerin rückständige Miete für den Monat November
2009 geltend gemacht. Mit der Widerklage verlangt die Beklagte wegen der
verspäteten Abrechnung für die Guthaben aus den Abrechnungszeiträumen 2004
bis 2007 jeweils vom ersten Tag des Folgejahres an bis zum Zeitpunkt der
Abrechnung die Zahlung gesetzlicher Verzugszinsen.
6 Das Landgericht hat der Widerklage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat
auf die Berufung der Klägerin das landgerichtliche Urteil abgeändert und die
Widerklage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision möchte die
Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.
Entscheidungsgründe:
7 Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.
I.
8 Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Beklagten auf Zahlung von
Verzugszinsen auf das Abrechnungsguthaben verneint. Zur Begründung hat es
ausgeführt, es fehle bereits an der konkreten Festlegung eines
Abrechnungszeitraumes für die Betriebskostenvorauszahlungen, um die
Fälligkeit der vorzunehmenden Abrechnung kalendermäßig bestimmen zu können.
Im Mietvertrag laute es hierzu nur, dass die Betriebskosten in einem
Zeitraum von zwölf Monaten in tatsächlicher Höhe abzurechnen seien. Diese
Formulierung lasse für sich betrachtet bereits keine kalendermäßige
Bestimmung der Abrechnungsfrist zu. Da die Parteien im Mietvertrag nicht
bestimmt hätten, dass die Betriebskostenvorauszahlungen für das im Juni bzw.
Juli 2004 begonnene Mietverhältnis als Rumpfjahr und danach kalenderjährlich
abgerechnet werden, habe es in jedem Fall einer Mahnung durch die Beklagte
bedurft, um die Klägerin in Verzug zu setzen. Zwar seien
Betriebskostenvorauszahlungen auch in Gewerberaummiet-verhältnissen
regelmäßig jährlich abzurechnen; dies bedeute aber nicht zwangsläufig, dass
dies kalenderjährlich geschehen müsse, sondern unterliege der Vereinbarung
der Parteien. Sei der Beginn des Abrechnungszeitraums vertraglich nicht
vereinbart, habe der Vermieter insoweit gemäß § 315 BGB ein
Leistungsbestimmungsrecht. Dass die Klägerin dieses
Leistungsbestimmungsrecht hier bereits vor der tatsächlich durchgeführten
Abrechnung im August bzw. September 2009 ausgeübt habe, sei von den Parteien
nicht vorgetragen worden. Entsprechend fehle es an der Vereinbarung einer
kalendermäßig bestimmten Leistung.
9 Aber selbst wenn man von einer kalendermäßig bestimmbaren Fälligkeit der
Leistung und damit von einem möglichen Verzugseintritt ohne Mahnung
ausginge, sei Voraussetzung für den Erfolg der Widerklage, dass auch der
Anspruch des Mieters auf Erstattung etwaiger Überzahlungen mit Ablauf der
Abrechnungsfrist fällig werde. Dieser werde aber erst mit Erteilung der
Abrechnung fällig. Soweit der Bundesgerichtshof für die Geschäftsraummiete
entschieden habe, dass der Vermieter in der Regel spätestens bis zum Ablauf
des zwölften Monats nach dem Ende des - zu vereinbarenden -
Abrechnungszeitraums die Betriebskostenabrechnung zu erteilen habe, folge
hieraus lediglich, dass der Mieter ab diesem Zeitpunkt den Vermieter auf
Erteilung der Betriebskostenrechnung in Anspruch nehmen könne und keine
weiteren Vorauszahlungen auf die Betriebskosten mehr erbringen müsse. Dies
gelte jedenfalls solange das Mietverhältnis nicht beendet sei. Der Mieter
sei grundsätzlich hinreichend dadurch geschützt, dass er nicht nur einen
Anspruch auf Abrechnung der Betriebskosten habe, sondern die fortlaufenden
Vorauszahlungen gemäß § 273 BGB verweigern könne. Damit könne er Druck auf
den Vermieter ausüben, damit dieser die geschuldete Abrechnung erteile. Ein
Anspruch auf Rückzahlung der bereits entrichteten Vorschüsse - den die
Beklagte im Streitfall im Übrigen nicht geltend mache - komme dagegen erst
mit Beendigung des Mietverhältnisses in Betracht. Die Klägerin habe die
Betriebskosten jedoch vor Beendigung des Mietverhältnisses abgerechnet und
die Abrechnungsguthaben an die Beklagte ausgekehrt. Entsprechend sei die
Klägerin weder mit der Rückerstattung zu viel bezahlter Betriebskosten noch
mit einem Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Vorschüsse in Verzug
geraten. Der Beklagten stünden daher die geltend gemachten Verzugszinsen
unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
II.
10 Die Entscheidung hält den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.
Sie erweist sich jedenfalls deshalb als richtig, weil die Beklagte
von der Klägerin weder in direkter noch in entsprechender Anwendung des §
288 Abs. 1 BGB Verzugszinsen für die zwischenzeitlich an sie ausbezahlten
Betriebskostenguthaben verlangen kann.
11 1. Nach § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB ist eine Geldschuld, mit der der
Schuldner in Verzug geraten ist, zu verzinsen. Die Voraussetzungen dieser
Vorschrift liegen bereits deshalb nicht vor, weil die Klägerin in dem
Zeitraum, für den die Beklagte Verzugszinsen verlangt, nur zur Erstellung
einer Betriebskostenabrechnung verpflichtet war und daher keine Geldschuld
vorlag. Die Beklagte konnte in dem genannten Zeitraum von der
Klägerin weder die Erstattung eines Betriebskostenguthabens noch die
Rückerstattung der geleisteten Vorauszahlungen auf die Betriebskosten
verlangen.
12 a) Grundsätzlich wird der Anspruch des Mieters auf Rückerstattung
zu viel bezahlter Betriebskosten erst mit der Erteilung einer formell
ordnungsgemäßen Abrechnung fällig (BGHZ 113, 188 = NJW 1991, 836;
BGH Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 57/04 - NJW 2005, 1499, 1501). Da die
Klägerin nach den von der Revision unangegriffenen Feststellungen des
Berufungsgerichts die Betriebskostenabrechnungen für die
Abrechnungszeiträume 2004 bis 2007 erst im August bzw. September 2009
erstellt hat, wurde der Anspruch der Beklagten auf Erstattung der
Betriebskostenguthaben erst zu diesem Zeitpunkt
fällig.
13 b) Die Beklagte hatte bis zur Erstellung der Betriebskostenabrechnungen
auch keinen Anspruch gegen die Klägerin auf Rückzahlung der geleisteten
Betriebskostenvorauszahlungen.
14 Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Mieter nach
Ablauf der Abrechnungsfrist unmittelbar die Rückzahlung der in dem
Abrechnungszeitraum geleisteten Betriebskostenvorauszahlungen verlangen,
wenn der Vermieter nicht innerhalb einer angemessenen Frist über die
Betriebskosten abgerechnet hat, es sei denn, der Vermieter ist an der
Einhaltung der Frist aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen gehindert
gewesen (BGH Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 57/04 - NJW 2005, 1499,
1501). Dies gilt jedoch nur, wenn der Vermieter bis zur Beendigung des
Mietverhältnisses keine Betriebskostenabrechnung erstellt hat. Während eines
laufenden Mietverhältnisses ist der Mieter bereits dadurch ausreichend
geschützt, dass er im Falle der verspäteten Abrechnung die Zahlung weiterer
Betriebskostenvorauszahlungen bis zur Erstellung der
Betriebskostenabrechnung gemäß § 273 Abs. 1 BGB verweigern kann
(Senatsurteil vom 27. Januar 2010 - XII ZR 22/07 - NJW 2010, 1065 Rn. 39;
BGH Urteil vom 29. März 2006 - VIII ZR 191/05 - NJW 2006, 2552 Rn. 11 f.).
Zudem kann der Mieter für die Abrechnungszeiträume, in denen er während des
noch laufenden Mietverhältnisses die Möglichkeit gehabt hätte, von seinem
Zurückbehaltungsrecht Gebrauch zu machen, auch nach Beendigung des
Mietverhältnisses nicht unmittelbar die Rückzahlung der geleisteten
Vorauszahlungen auf die Betriebskosten verlangen (BGH Urteil vom 26.
September 2012 - VIII ZR 315/11 - NJW 2012, 3508 Rn. 10).
15 Danach stand der Beklagten bis zur Erstellung der
Betriebskostenabrechnung kein Anspruch auf Rückzahlung der in den Jahren
2004 bis 2007 geleisteten Betriebskostenvorauszahlungen zu. In diesen
Abrechnungszeiträumen hätte die Beklagte jeweils die Möglichkeit gehabt,
hinsichtlich der Betriebskostenvorauszahlungen ihr Zurückbehaltungsrecht
nach § 273 BGB auszuüben und so die Klägerin zur Erstellung der
Betriebskostenabrechnungen anzuhalten. Die Voraussetzungen für den vom
Bundesgerichtshof im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung entwickelten
Rückzahlungsanspruch lagen daher nicht vor (vgl. BGH Urteil vom 29. März
2006 - VIII ZR 191/05 - NJW 2006, 2552 Rn. 12). Da das Mietverhältnis nach
den Feststellungen des Berufungsgerichts erst zum 31. Dezember 2009 endete,
konnte die Beklagte lediglich hinsichtlich der Betriebskostenabrechnung für
das Jahr 2008 kein Zurückbehaltungsrecht geltend machen. Dieser
Abrechnungszeitraum ist jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens,
so dass dahingestellt bleiben kann, wann die Fälligkeit des
Erstattungsanspruchs für diesen Abrechnungszeitraum eingetreten ist.
16 2. Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich ein Anspruch
auf Verzugszinsen für die Beklagte auch nicht aus der entsprechenden
Anwendung des § 288 Abs. 1 BGB.
17 a) Zu der Frage, wann und unter welchen Voraussetzungen ein Mieter bei
einer unterbliebenen oder verspäteten Abrechnung der Betriebskosten
Verzugszinsen auf sein Guthaben verlangen kann, werden unterschiedliche
Auffassungen vertreten.
18 Teilweise wird eine entsprechende Anwendung des § 288 Abs. 1 BGB bejaht
und angenommen, dass ein Vermieter, der schuldhaft nicht fristgerecht über
die Betriebskosten abgerechnet habe, ein etwaiges Guthaben des Mieters gemäß
§ 288 Abs. 1 BGB verzinsen müsse (AG Berlin-Mitte GE 2005, 805;
Staudinger/Weitemeyer BGB [2010] § 556 Rn. 135; Neuhaus Handbuch der
Geschäftsraummiete 4. Aufl. Rn. 1056; Beyerle in Lindner-Figura/Opree/
Stellmann Geschäftsraummiete Rn. 145; Kirsch/Leonhard GE 2010, 1306).
19 Eine andere Ansicht lehnt eine entsprechende Anwendung des § 288 Abs. 1
BGB mit der Begründung ab, der Vermieter schulde nur eine fristgerechte
Abrechnung und damit keine Geldschuld iSv § 288 Abs. 1 BGB.
Außerdem sei der Mieter vor den Folgen einer verspäteten Abrechnung durch
die Möglichkeit, in einem laufenden Mietverhältnis die Zahlung weiterer
Betriebskostenvorauszahlungen verweigern und bei einem beendeten
Mietverhältnis unmittelbar die Rückzahlung der geleisteten Vorauszahlungen
verlangen zu können, ausreichend geschützt (Beuermann GE 2010, 1306, 1307;
Kinne GE 2005, 768; Schmid Handbuch der Mietnebenkosten 12. Aufl. Rn. 3187;
vgl. dazu auch Schmid GE 2005, 905 f.).
20 b) Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an. § 288 Abs. 1
BGB kann nicht entsprechend angewendet werden, wenn ein
Betriebskostenguthaben verspätet an den Mieter ausbezahlt wird, weil der
Vermieter mit der Verpflichtung auf Erstellung einer
Betriebskostenabrechnung in Verzug geraten ist.
21 aa) § 288
Abs. 1 BGB gewährt dem Gläubiger einer Geldschuld einen Anspruch auf
Verzugszinsen in der durch die Vorschrift festgelegten Höhe, ohne dass ein
konkreter Verzugsschaden dargelegt werden muss (vgl. BGH Urteil vom
25. April 2006 - XI ZR 271/05 - NJW 2006, 2398 Rn. 9). Damit trägt das
Gesetz dem Umstand Rechnung, dass die Vorenthaltung geschuldeten Geldes
stets einen Schaden darstellt, weil die mit dem Besitz von Geld verbundenen
Nutzungsmöglichkeiten regelmäßig geldwerte Vorteile bieten, die dem
Gläubiger durch die Nichterfüllung einer Geldschuld genommen werden (so
schon BGHZ 74, 231 = NJW 1979, 1494). Der Sinn der Regelung des §
288 Abs. 1 BGB liegt jedoch nicht nur in einer abstrakten Entschädigung des
Gläubigers für die entbehrte Kapitalnutzung (BGHZ 94, 330 = NJW
1985, 2325, 2326). Durch die in § 288 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 BGB
bestimmte Höhe der Verzugszinsen soll der Schuldner auch angehalten werden,
eine Geldschuld pünktlich zu erfüllen (Staudinger/Löwisch/Feldmann
BGB [2009] § 288 Rn. 4; Prütting/Wegen/Weinreich BGB 7. Aufl. § 288 Rn. 1;
Erman/Hager BGB 13. Aufl. § 288 Rn. 1). Die Vorschrift trägt insoweit dem
besonderen Schutzbedürfnis des Gläubigers einer Geldforderung Rechnung.
Insbesondere dann, wenn der Gläubiger zur Vorleistung verpflichtet war,
steht ihm in der Regel keine effektive Möglichkeit zur Verfügung, den
Schuldner zur Zahlung zu veranlassen. Ein Zurückbehaltungsrecht kann er nach
Erbringung der eigenen Leistung nicht mehr ausüben. Ein konkreter
Verzugsschaden in einer Höhe, die den Schuldner zur Zahlung bewegen könnte,
wird von ihm oft nicht dargelegt werden können. Die in § 288 Abs. 1
Satz 2 und Abs. 2 BGB bestimmten Verzugszinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz bzw. acht Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt
ist, verhindern, dass der Schuldner aus der Zahlungsverzögerung oder
-verweigerung wirtschaftliche Vorteile zieht und für seine Vertragsuntreue
gleichsam belohnt wird (so schon BGHZ 94, 330 = NJW 1985, 2325,
2326 mwN; vgl. dazu auch BT-Drucks. 14/1246 S. 5, 14/6040 S. 148 f. und
MünchKommBGB/Ernst 6. Aufl. § 288 Rn. 4).
22 bb) Aufgrund dieses gerade auf den Verzug mit einer Geldschuld
bezogenen Schutzzwecks des § 288 Abs. 1 BGB kann diese Vorschrift nicht
entsprechend angewendet werden, wenn der Vermieter eine
Betriebskostenabrechnung nicht fristgerecht erfüllt und in der Folge ein
Betriebskostenguthaben verspätet an den Mieter ausgezahlt wird.
23 Zwar führt die verspätete Abrechnung der Betriebskosten in den Fällen, in
denen sich aufgrund der Abrechnung ein Guthaben für den Mieter ergibt, dazu,
dass dem Mieter (jedenfalls zeitweise) unberechtigt ein Geldbetrag
vorenthalten wird. Aufgrund des vom Gesetzgeber bewusst eng gefassten
Anwendungsbereichs des § 288 Abs. 1 BGB kann die Vorschrift jedoch nicht auf
alle Fälle angewendet werden, in denen mittelbar die Verschaffung von Geld
geschuldet wird (Staudinger/Löwisch/Feldmann BGB [2009] § 288 Rn. 11).
24 Der Vermieter ist nach Ablauf der Abrechnungsfrist zunächst nur dazu
verpflichtet, eine Betriebskostenabrechnung zu erstellen. Erst nach der
Erstellung der Abrechnung und unter der Voraussetzung, dass die vom Mieter
im Abrechnungszeitraum geleisteten Vorauszahlungen die Höhe der
abrechnungsfähigen Betriebskosten übersteigen, erlangt der Mieter einen auf
die Zahlung von Geld gerichteten Anspruch. Entsprechen die
abrechnungsfähigen Betriebskosten den geleisteten Vorauszahlungen oder
übersteigen sie diese sogar, steht dem Mieter auch bei einer verspäteten
Abrechnung kein Zahlungsanspruch zu. Dies zeigt, dass der Anspruch
des Mieters auf Abrechnung der Betriebskosten nicht mit einer Geldschuld iSv
§ 288 Abs. 1 BGB gleichgesetzt werden kann, bei der von vornherein
feststeht, dass dem Gläubiger durch eine verspätete Leistung des Schuldners
Geld vorenthalten wird.
25 Hinzu kommt, dass der Mieter - anders als der Gläubiger einer
"echten" Geldschuld - über ausreichende Möglichkeiten verfügt, den Vermieter
zur Erstellung der Betriebskostenabrechnung zu veranlassen. Während
eines laufenden Mietverhältnisses kann er die Zahlung weiterer
Betriebskostenvorauszahlungen gemäß § 273 Abs. 1 BGB verweigern. Da die
zurückbehaltenen Betriebskostenvorauszahlungen regelmäßig schnell die Höhe
eines etwaigen Rückzahlungsguthabens des Mieters erreichen, kann davon
ausgegangen werden, dass der Vermieter die Betriebskostenabrechnung zeitnah
erstellen wird, um die laufenden Betriebskostenvorauszahlungen wieder zu
erhalten (vgl. BGH Urteil vom 29. März 2006 - VIII ZR 191/05 - NJW 2006,
2552 Rn. 13). Im beendeten Mietverhältnis kann der Mieter nach Ablauf der
Abrechnungsfrist sofort die Rückzahlung der geleisteten
Betriebskostenvorschüsse verlangen und diese gegebenenfalls auch im Wege
einer Klage geltend machen, ohne zuvor auf die Erstellung der
Betriebskostenabrechnung klagen zu müssen (BGH Urteil vom 9. März 2005 -
VIII ZR 57/04 - NJW 2005, 1499, 1501). Darüber hinaus hat der Mieter
auch die Möglichkeit, den Vermieter in Verzug zu setzen und einen konkreten
Schaden, der ihm aufgrund der verspäteten Abrechnung entstanden ist, nach §§
280 Abs. 2, 286, 249 BGB geltend zu machen, etwa wenn der Mieter einen
Überziehungskredit in Anspruch nimmt. Schließlich kann der Mieter
auch eine abstrakte Schadensberechnung nach § 252 BGB vornehmen, wenn er zum
Beispiel geltend machen kann, er habe das Guthaben gewinnbringend anlegen
können (vgl. hierzu Schmid GE 2005, 905 f.).
26 Eine zusätzliche Möglichkeit, den Vermieter zur Erbringung der
geschuldeten Leistung zu veranlassen, erfordert der Schutz des Mieters
nicht. Entgegen der Auffassung der Revision besteht nicht die Gefahr, dass
der Vermieter durch eine verzögerte Abrechnung die Fälligkeit des
Erstattungsanspruchs des Mieters unangemessen hinauszögert. Der Mieter kann
durch die genannten Möglichkeiten auf eine rasche Erstellung der
Betriebskostenabrechnung hinwirken und damit die Fälligkeit eines etwaigen
Erstattungsanspruches herbeiführen.
27 cc) Etwas
anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs. Soweit dort verschiedentlich eine entsprechende
Anwendbarkeit von § 288 Abs. 1 BGB angenommen wurde, beruhte dies jeweils
auf den Besonderheiten der geltend gemachten Ansprüche, weshalb sich diese
Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall nicht übertragen lässt. Im
Urteil vom 26. April 1979 (BGHZ 74, 231 = NJW 1979, 1494), in dem der
Bundesgerichtshof die entsprechende Anwendbarkeit des § 288 Abs. 1 BGB für
einen Anspruch auf Verschaffung eines zinslosen Darlehens bejaht hat, wurde
zur Begründung maßgeblich darauf abgestellt, dass die Nichterfüllung dieses
Anspruchs der Vorenthaltung von Geld gleichkomme. In beiden Fällen werde dem
Gläubiger die mit dem Besitz von Geld verbundene Nutzungsmöglichkeit
(zumindest zeitweise) genommen. Dies rechtfertige, beide Fälle schadensmäßig
gleich zu beurteilen.
28 Im Urteil vom 15.
September 2005 (III ZR 28/05 - NJW 2005, 3709, 3710) hat
der Bundesgerichtshof darauf abgestellt, dass der in diesem Verfahren
geltend gemachte Anspruch auf Herausgabe von Geld gemäß § 667 Alt. 2 BGB wie
eine "normale" Geldschuld behandelt werden könne und daher § 288 Abs. 1 BGB
entsprechend anzuwenden sei.
29 Zuletzt hat der Bundesgerichtshof im Urteil vom
25. April 2006 (BGHZ
167, 268 = NJW 2006, 2398) für den Fall des Verzugs
mit einer Freigabeerklärung für hinterlegtes Geld die entsprechende
Anwendbarkeit von § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB bejaht.
Zur Begründung hat er ausgeführt, dass § 288 BGB nach Sinn und Zweck der
Vorschrift auch in diesem Fall gelten müsse, weil dem Gläubiger ein
Geldbetrag, auf den er einen Anspruch habe, schuldhaft und rechtswidrig
vorenthalten werde. Zwar schulde der Schuldner nicht das hinterlegte Geld.
Aber die Auszahlung des Geldes an den Gläubiger hänge allein von der
Freigabeerklärung ab, so dass die Freigabeforderung einen Geldbetrag zum
Gegenstand habe. Lediglich der äußeren Form nach sei der Anspruch nicht auf
Zahlung von Geld, sondern auf die Einwilligung in die Auszahlung von Geld
gerichtet.
30 Diese Rechtsprechung kann auf den vorliegenden Fall nicht
übertragen werden. In den genannten Entscheidungen begründete der
Bundesgerichtshof die entsprechende Anwendbarkeit des § 288 Abs. 1 BGB
jeweils maßgeblich mit der Erwägung, dass die geltend gemachten
Ansprüche unmittelbar darauf gerichtet waren, dem Gläubiger einen Geldbetrag
zu verschaffen. Dieses gemeinsame Merkmal rechtfertigte die
Gleichstellung mit einer "echten" Geldschuld. Die Verpflichtung des
Vermieters zur Erstellung einer Betriebskostenabrechnung weist dieses
Merkmal hingegen nicht auf. Der Mieter kann von seinem Vermieter
zunächst nur die Erstellung einer ordnungsgemäßen Abrechnung über die im
Abrechnungszeitraum angefallenen Betriebskosten verlangen (§ 556 Abs. 3 Satz
1 BGB). Diesen Anspruch erfüllt der Vermieter bereits dadurch, dass er eine
den von der Rechtsprechung entwickelten Vorgaben entsprechende Abrechnung
erstellt (vgl. hierzu Palandt/Weidenkaff BGB 71. Aufl. § 535 Rn. 93 mwN) und
diese dem Mieter übermittelt. Ein vertraglicher Rückerstattungsanspruch
steht dem Mieter, wenn der Vermieter ordnungsgemäß abgerechnet hat, nur zu,
soweit die geleisteten Nebenkostenvorauszahlungen durch die in dem
betreffenden Abrechnungszeitraum tatsächlich angefallenen Nebenkosten nicht
aufgezehrt sind (vgl. BGH Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 57/04 - NJW
2005, 1499, 1501). Der Anspruch auf Erstellung einer
Betriebskostenabrechnung ist daher nicht unmittelbar auf die Verschaffung
eines Geldbetrags gerichtet und somit nicht mit den in den genannten
Entscheidungen des Bundesgerichtshofs geltend gemachten Ansprüchen
vergleichbar.
31 3. Da die Beklagte mit der Widerklage allein die Verzinsung ihres
Betriebskostenguthabens nach § 288 Abs. 1 BGB begehrt und einen weiteren
Verzugsschaden nicht konkret dargelegt hat, muss der Senat die zwischen den
Parteien streitige Frage, ob sich die Klägerin auch ohne Mahnung durch die
Beklagte mit der Erstellung der Betriebskostenabrechnung für die Jahre 2004
bis 2007 in Verzug befand, nicht entscheiden.
32 4. Die Revision ist danach als unbegründet zurückzuweisen.
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