Voraussetzungen einer Pflicht zum Geldersatz für
hinfällige Schönheitsreparaturen des Mieters; Grenzen ergänzender
Vertragsauslegung; Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs wegen
Nichtvornahme von Schönheitsreparaturen nach §§ 280 I, III, 281 BGB:
Fristsetzungserfordernis, Voraussetzungen der Entbehrlichkeit der
Fristsetzung
BGH, Urteil vom 12. Februar 2014 -
XII ZR 76/13 - OLG Koblenz
Fundstelle:
NJW 2014, 1521
BGHZ 200, 133
Amtl. Leitsatz:
Allein die Absicht des
Vermieters, nach Beendigung des Mietverhältnisses Umbaumaßnahmen in den
Mieträumen durchzuführen, genügt nicht, um im Wege der ergänzenden
Vertragsauslegung an die Stelle der vertraglichen Verpflichtung des Mieters
nach Beendigung des Mietverhältnisses Schönheitsreparaturen und
Instandsetzungs- bzw. Instandhaltungsmaßnahmen durchzuführen, einen
Ausgleichsanspruch in Geld treten zu lassen. Ein solcher Ausgleichsanspruch
setzt voraus, dass die Mieträume tatsächlich umgebaut werden (im Anschluss
an Senatsurteil BGHZ 151, 53 = NJW 2002, 2383).
Zentrale Probleme:
Ein interessanter Fall zum Mietrecht sowie zum allgemeinen
Schuldrecht. Es geht um das klassische Problem der hinfällig
gewordenen Schönheitsreparaturen: Ein Mieter hatte sich verpflichtet, am
Ende der Mietzeit Schönheitsreparaturen vorzunehmen. Der Vermieter
beabsichtigte aber, das Mietobjekt nach Ende der Mietzeit komplett
umzubauen, womit die Schönheitsreparaturen sinnlos geworden wären. In einem
solchen Fall nimmt die Rechtsprechung regelmäßig in ergänzender
Vertragsauslegung statt der Pflicht zur Schönheitsreparaturen eine
entsprechende Zahlungspflicht des Mieters an. Das wird insbesondere mit dem
Entgeltcharakter der vereinbarten Pflicht zu Schönheitsreparaturen begründet
(s. dazu BGHZ 77, 301
sowie BGH
JW 2005, 425).
Im vorliegenden Fall bestand aber die Besonderheit, dass der Vermieter die
Absicht zum Umbau aufgegeben hatte, und die Mietsache anschließend veräußert
hatte.
Der BGH verneint hier eine Zahlungspflicht mit
überzeugender Begründung: Eine ergänzende
Vertragsauslegung kann dann nicht stattfinden, wenn es nicht mehr um
Lückenfüllung, sondern um eine Erweiterung von Vertragspflichten geht. Da
die Pflicht zu Schönheitsreparaturen bzw. eine in ergänzender
Vertragsauslegung anstelle dieser Pflicht angenommene Zahlungspflicht auch
nach Ende des Mietverhältnisses besteht, war der entsprechende Anspruch nach
Veräußerung der Mietsache gemäß § 566 Abs. 1 BGB auf den Erwerber der
Mietsache übergegangen. Damit besteht ein entsprechender Anspruch des
Vermieters nicht mehr.
Ein Zahlungsanspruch hätte
sich in der Person des Vermieters daher nur ergeben können, wenn die
Voraussetzungen eines Anspruchs auf Schadenersatz statt der Leistung nach §
280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB vorgelegen hätten. Das war aber nicht der Fall,
da der Vermieter den Mieter keine Frist zur Vornahme der Schönheit
Verwaltungen gesetzt hatte, und eine solche Fristsetzung auch nicht nach §
281 Abs. 2 BGB entbehrlich war (s. dazu auch
BGH NJW 2011, 2872).
©sl 2014
Tatbestand:
1 Die Kläger machen gegen die
Beklagten Zahlungsansprüche wegen nicht durchgeführter Renovierungsarbeiten
nach einem beendeten Gewerberaummietverhältnis geltend. Die Beklagten
begehren im Wege der Widerklage die Rückzahlung einer seitens der Kläger
eingezogenen Mietbürgschaft.
2 Die Beklagten mieteten von den Klägern Geschäftsräume zum Betrieb eines
medizinischen Therapiezentrums. Das Mietverhältnis endete aufgrund einer von
den Beklagten erklärten Kündigung am 31. Oktober 2009. Der Mietvertrag
enthält in § 6 Ziffer 2 folgende Bestimmung:
"Die Schönheitsreparaturen, die Instandhaltung und die Instandsetzung
(einschließlich etwa erforderlicher Erneuerungen) des Mietobjekts übernehmen
die Mieter auf eigene Kosten. Hierzu gehören insbesondere - jedoch nicht
ausschließlich - das Streichen der Wände und Decken, das vorherige
Tapezieren der Wände und Decken bei nicht mehr tragfähigen Tapeten, das
Streichen der Heizkörper einschließlich Heizrohre, der Innen- und Außentüren
und Tore. Diese Arbeiten sind nach Bedarf, spätestens jedoch - unabhängig
vom tatsächlichen Zustand der Räume und Bereiche - für Küchen, Bäder und WC
nach drei Jahren, für alle sonstigen Räume und Bereiche alle fünf Jahre,
durchzuführen. Teppichböden und sonstige Bodenbeläge sind nach Bedarf,
Teppichböden spätestens alle 5 Jahre, zu erneuern. Die Instandhaltung und
Instandsetzung umfasst darüber hinaus, jedoch nicht abschließend,
Sonnenschutz, Lampen und Leuchtmittel, Lüftungs- und Klimaanlagen sowie
weitere haustechnische Einrichtungen, dagegen nicht Dach und Fach im
Übrigen."
3 § 13 Ziffer 1 des Mietvertrags enthält bezüglich der Beendigung des
Mietverhältnisses die nachfolgende Regelung:
"Die Mieter sind verpflichtet, das Mietobjekt am letzten Tag des
Mietverhältnisses geräumt und vollständig renoviert zurückzugeben.
Insbesondere haben die Mieter Beschädigungen des Mietobjektes, die die
Mieter oder deren Erfüllungsgehilfen schuldhaft verursacht haben, zu
beseitigen. Geschuldet ist die Rückgabe unter vollständiger
Wiederherstellung des bei Beginn des Mietverhältnisses gegebenen Zustandes.
Die Mieter haben daher insbesondere, und zwar unabhängig von der Mietdauer
sowie dem Zeitpunkt der letzten Renovierung, die in § 6 aufgeführten
Arbeiten in den Mieträumen durchzuführen."
4 Mit Schreiben vom 25. September 2009 teilten die Kläger den Beklagten mit,
dass sie im Zuge der beabsichtigten Neuvermietung des Objekts umfangreiche
Umbau- und Renovierungsarbeiten durchführen und sie deshalb von den
Beklagten an Stelle der geschuldeten Schönheitsreparaturen und
Renovierungsarbeiten den hierfür noch zu ermittelnden Geldbetrag einfordern
würden. Am 16. November 2009 räumten die Beklagten die Mieträume, ohne
Schönheitsreparaturen oder Renovierungsarbeiten erbracht zu haben. Zu einer
Neuvermietung der Räumlichkeiten kam es in der Folgezeit nicht. Am 30. März
2011 veräußerten die Kläger das Mietobjekt, ohne zuvor Umbaumaßnahmen
durchgeführt zu haben. Am 12. April 2011 zogen die Kläger eine von den
Beklagten bestellte Mietbürgschaft auf erstes Anfordern in Höhe von
81.602,18 € ein.
5 Mit ihrer Klage verlangen die Kläger die in einem selbständigen
Beweisverfahren ermittelten Renovierungskosten in Höhe von 131.942,08 €
inklusive Umsatzsteuer, auf die sie sich den Bürgschaftsbetrag anrechnen
lassen, sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten. Die Beklagten begehren
mit der Widerklage die Erstattung des Bürgschaftsbetrags.
6 Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben.
Das Oberlandesgericht hat das landgerichtliche Urteil abgeändert, die
Beklagten zur Zahlung der ermittelten Renovierungskosten sowie
vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt und die Widerklage
abgewiesen. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision möchten die
Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.
Entscheidungsgründe:
7 Die Revision hat Erfolg.
I.
8 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner in ZMR 2013, 882
veröffentlichten Entscheidung ausgeführt:
9 Den Klägern stehe gegen die Beklagten ein Ausgleichsanspruch in
der geltend gemachten Höhe aufgrund einer ergänzenden Auslegung des zwischen
den Parteien geschlossenen Mietvertrags zu.
10 Durch die Regelungen in §§ 6 und 13 des Mietvertrags sei die
Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen sowie von
Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen wirksam auf die Beklagten
übertragen worden. Bei diesen Klauseln handele es sich nicht um Allgemeine
Geschäftsbedingungen, sondern um eine Individualvereinbarung, gegen deren
Wirksamkeit keine Bedenken bestünden. Dies ergebe sich aus dem unstreitigen
Vortrag beider Parteien und den von den Parteien insoweit vorgelegten
Urkunden. Die in den §§ 6, 13 des Vertrags enthaltenen Klauseln könnten
daher nur unter den Voraussetzungen des § 138 BGB als unwirksam angesehen
werden. Eine die Grenze der Sittenwidrigkeit überschreitende Benachteiligung
der Beklagten aufgrund der vertraglich übernommenen
Instandsetzungsverpflichtung und Übernahme von Schönheitsreparaturen sei
jedoch weder erkennbar noch dargetan.
11 Der Ausgleichsanspruch der Kläger beruhe auf einer ergänzenden
Vertragsauslegung gemäß §§ 157, 133 BGB. Er entfalle nicht dadurch,
dass die Beklagten das Objekt veräußert hätten, ohne zuvor tatsächlich
Umbaumaßnahmen durchgeführt zu haben. Die Kläger hätten den Beklagten
unstreitig mit Schreiben vom 25. September 2009 mitgeteilt, dass sie im Zuge
der beabsichtigten Neuvermietung des Objekts umfangreiche Umbau- und
Renovierungsarbeiten durchführen und deshalb an Stelle der Durchführung der
Schönheitsreparaturen und Renovierungsarbeiten den hierfür noch zu
ermittelnden Geldbetrag von den Beklagten einfordern würden. Der sich aus
der ergänzenden Vertragsauslegung ergebende Zahlungsanspruch des Vermieters
entstehe, sobald der Mieter von der Absicht des Vermieters, die Mieträume
umzubauen, Kenntnis erlange. Er werde auch nicht dadurch ausgeschlossen,
dass der Mieter in Kenntnis der Umbauabsichten des Vermieters vor Rückgabe
renoviere oder sich zur Renovierung nach dem Umbau bereit erkläre. Der
danach spätestens mit Ende des Mietverhältnisses am 31. Oktober 2009
entstandene Anspruch sei nicht dadurch untergegangen, dass die Kläger das
Objekt rund 1 1/2 Jahre später veräußert hätten, ohne zuvor tatsächlich
Umbaumaßnahmen durchgeführt zu haben. Dies gelte bereits deshalb, weil
objektiv die Durchführung von Schönheitsreparaturen und
Instandsetzungsarbeiten mit einer Wertsteigerung des Objekts verbunden sei,
so dass der Anspruch auf Zahlung eines Geldausgleichs im Wege der
ergänzenden Vertragsauslegung nicht durch einen späteren Verkauf des Objekts
entfalle.
12 Der Zahlungsanspruch des Vermieters umfasse den Betrag, den der Mieter
hätte aufwenden müssen, wenn er seiner Vertragspflicht nachgekommen wäre.
Nach dem Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens beliefen sich die
Kosten der Mängelbehebung inklusive Mehrwertsteuer auf 131.942,08 €. Diesem
Zahlungsanspruch könnten die Beklagten nicht entgegenhalten, dass sie die
Schönheitsreparaturen in Eigenarbeit ausgeführt hätten bzw. durch Bekannte
hätten ausführen lassen. Zwar habe der Bundesgerichtshof entschieden, dass
der Mieter, der Schönheitsreparaturen in Eigenarbeiten ausgeführt hätte oder
durch Bekannte hätte ausführen lassen, nur die Materialkosten und einen
Betrag, den er für deren Arbeitsleistung hätte aufwenden müssen, schulde.
Die Zahlungspflicht des Mieters sei aber nur dann auf die geringeren Kosten
für die Eigenleistungen begrenzt, wenn er erfüllungsbereit sei. Bestreite er
dagegen die Wirksamkeit der Renovierungsklausel und lehne er die
Durchführung von Schönheitsreparaturen ab, so könne der Vermieter den Betrag
verlangen, den er zur Ersatzvornahme hätte aufwenden müssen. Hier hätten die
Beklagten in einem Parallelprozess mit Schriftsatz ihres
Prozessbevollmächtigten vom 5. Januar 2009 die Kläger ausdrücklich "bereits
jetzt" darauf hingewiesen, dass sie bei Mietende zur Durchführung der
Schönheitsreparaturen nicht verpflichtet seien. Außerdem sei der Vortrag der
Beklagten, sie hätten die erforderlichen Instandsetzungsarbeiten und
Schönheitsreparaturen in Eigenleistung mit Hilfe der Familie der Beklagten
zu 2 ausführen lassen, nicht hinreichend substantiiert.
II.
13 Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
14 1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass den Klägern als
Ausgleich für nicht ausgeführte Schönheitsreparaturen und
Renovierungsarbeiten ein Zahlungsanspruch in der geltend gemachten Höhe
zusteht. Unabhängig davon, ob durch §§ 6 und 13 des Mietvertrags diese
Pflichten überhaupt wirksam auf die Beklagten übertragen wurden (vgl. dazu
Senatsurteile BGHZ 151, 13 = NJW 2002, 2383, 2384; vom 6. April 2005 - XII
ZR 158/01 - NZM 2005, 863, 864 und vom 18. März 2009 - XII ZR 200/06 -
NJW-RR 2009, 947 Rn. 19), ergibt sich ein solcher Anspruch der Kläger weder
im Wege der ergänzenden Auslegung des Mietvertrags noch aus einer anderen
Anspruchsgrundlage. Deshalb kann die zwischen den Parteien umstrittene
Frage, ob es sich bei den Regelungen in den §§ 6 und 13 des Mietvertrags um
allgemeine Geschäftsbedingungen handelt oder diese Vertragsbestimmungen
individuell ausgehandelt worden sind, dahinstehen.
15 a) Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon
ausgegangen, dass sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, auch
des Senats, im Wege der ergänzenden Auslegung des Mietvertrags ein Anspruch
des Vermieters auf Geldersatz für vom Mieter geschuldete und nicht erbrachte
Reparatur- und Instandsetzungsmaßnahmen ergeben kann, wenn dieser bei Auszug
die ihm obliegenden Schönheitsreparaturen nicht ausführt, weil der Vermieter
die Mieträume anschließend umbauen will und der Mietvertrag für diesen Fall
keine ausdrückliche Regelung enthält (Senatsurteil BGHZ 151, 53 =
NJW 2002, 2383; BGHZ 77,
301, 304 f. = NJW 1980, 2347, 2348; BGHZ 92, 363, 369 ff.
= NJW 1985, 480, 481; BGH
Urteil vom 20. Oktober 2004 - VIII ZR 378/03 -NJW 2005, 425, 426).
Diese Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, dass der zum Umbau
entschlossene Vermieter nicht mehr an einer Sachleistung des Mieters
interessiert ist. Es wäre widersinnig, den Vermieter an dem Anspruch auf
Erfüllung der von dem Mieter vertraglich übernommenen Verpflichtung zur
Ausführung von Schönheitsreparaturen festzuhalten, obwohl bei Erfüllung
dieser Pflicht das Geschaffene alsbald wieder zerstört würde. Andererseits
würde es jedoch regelmäßig in Widerspruch zu dem Inhalt des Mietvertrags
stehen, den Mieter von seiner Verpflichtung zu befreien, ohne dass er
hierfür einen Ausgleich entrichten müsste. Denn die im Vertrag übernommene
Verpflichtung des Mieters zur Vornahme der Schönheitsreparaturen stellt sich
im Regelfall als Teil des Entgelts dar, das er als Gegenleistung für die
Leistung des Vermieters zu entrichten hat. Enthält der
Mietvertrag für den Fall des Umbaus des Mietobjekts keine ausdrückliche
Vereinbarung, kann eine vorliegende Regelungslücke im Wege der ergänzenden
Vertragsauslegung geschlossen werden. Dabei entspricht es nach Treu und
Glauben und der Verkehrssitte dem mutmaßlichen Willen der Vertragsparteien,
dem Vermieter anstelle des wirtschaftlich sinnlos gewordenen Anspruchs auf
Durchführung von Schönheitsreparaturen einen entsprechenden Geldanspruch zu
geben (Senatsurteil BGHZ 151, 53 = NJW 2002, 2383;
BGHZ 77, 301, 304 f. = NJW 1980,
2347, 2348; BGHZ 92, 363, 369 ff. = NJW 1985, 480, 481;
BGH Urteil vom 20. Oktober
2004 - VIII ZR 378/03 - NJW 2005, 425, 426).
16 b) Diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist jedoch auf
Fälle, in denen der Vermieter entgegen einer im Zeitpunkt der Fälligkeit der
Renovierungsarbeiten geäußerten Absicht von einem Umbau der Mietsache
letztlich absieht, nicht übertragbar. Entgegen der Auffassung des
Berufungsgerichts kann der Mietvertrag daher nicht ergänzend dahingehend
ausgelegt werden, dass dem Vermieter anstelle der von dem erfüllungsbereiten
Mieter geschuldeten Renovierungsarbeiten ein Ausgleichsanspruch zusteht.
17 aa) Voraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung ist das Bestehen
einer Regelungslücke, also einer planwidrigen Unvollständigkeit der
Bestimmungen des Rechtsgeschäfts, die nicht durch die Heranziehung von
Vorschriften des dispositiven Rechts sachgerecht geschlossen werden kann.
Allein der Umstand, dass ein Vertrag für eine
bestimmte Fallgestaltung keine Regelung enthält, besagt aber nicht, dass es
sich um eine planwidrige Unvollständigkeit handelt. Von einer planwidrigen
Unvollständigkeit kann nur gesprochen werden, wenn der Vertrag eine
Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde
liegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen, mithin ohne
Vervollständigung des Vertrags eine angemessene, interessengerechte Lösung
nicht zu erzielen wäre. Die ergänzende Vertragsauslegung muss sich als
zwingende selbstverständliche Folge aus dem Gesamtzusammenhang des
Vereinbarten ergeben, so dass ohne die vorgenommene Ergänzung das Ergebnis
in offenbarem Widerspruch mit dem nach dem Inhalt des Vertrags tatsächlich
Vereinbarten stehen würde. Zudem darf die ergänzende Vertragsauslegung nicht
zu einer wesentlichen Erweiterung des Vertragsinhaltes führen
(Senatsurteil vom 11.
Januar 2012 - XII ZR 40/10 - NJW 2012, 844 Rn. 24 mwN).
18 bb) Eine solche planwidrige Regelungslücke, die im Wege einer
ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden kann, besteht nicht, wenn
das Mietobjekt entgegen der Ankündigung des Vermieters tatsächlich nicht
umgebaut wird.
19 (1) Haben die Mietvertragsparteien keine ausdrückliche
Vereinbarung über einen Ausgleichsanspruch des Vermieters getroffen, falls
bei Beendigung des Mietverhältnisses die vom Mieter übernommenen
Renovierungsarbeiten wegen eines Umbaus der Mietsache nicht ausgeführt
werden, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Annahme eines
entsprechenden Ausgleichsanspruchs des Vermieters im Wege einer ergänzenden
Vertragsauslegung deshalb gerechtfertigt, weil einerseits die vom Mieter
geschuldeten Arbeiten wegen des Umbaus des Mietobjekts für den Vermieter bei
objektiver Betrachtung wirtschaftlich wertlos wären und deshalb dem Mieter
wegen des fehlenden Leistungsinteresse des Vermieters nicht mehr zugemutet
werden können (vgl. auch Staudinger/Emmerich BGB [2010] § 535 Rn.
117). Andererseits wäre aber eine kompensationslose Befreiung des
Mieters von dieser vertraglichen Verpflichtung unbillig, da die Übertragung
der Schönheitsreparaturen auf ihn bei der Kalkulation der Miete
berücksichtigt worden ist und daher einen Teil der vom Mieter für die
Gebrauchsüberlassung zu erbringenden Gegenleistung darstellt (vgl.
BGHZ 96, 141, 145 f. = NJW 1986, 309, 310). Der entscheidende
Gesichtspunkt für den Ausgleichsanspruch ist dabei nicht, dass der zum Umbau
entschlossene Vermieter subjektiv kein Interesse mehr an der Erfüllung der
vom Mieter übernommenen Renovierungspflicht hat, sondern dass der Mieter
aufgrund des vom Vermieter veranlassten Umbaus des Mietobjekts von einer
vertraglich übernommenen Verpflichtung befreit würde, die während der
Mietzeit zu einer geringeren Miete geführt hat. In dieser
besonderen Situation ist eine ergänzende Vertragsauslegung geboten, weil
davon ausgegangen werden kann, dass die Vertragsparteien nach Treu und
Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte vereinbart hätten, dem
Vermieter anstelle des wirtschaftlich sinnlos gewordenen Anspruchs auf
Durchführung von Renovierungsarbeiten einen entsprechenden Geldanspruch zu
geben (vgl. BGHZ 77, 301,
304 f. = NJW 1980, 2347, 2348).
20 (2) Eine hiermit vergleichbare Interessenlage besteht jedoch nicht, wenn
der Vermieter zwar zunächst beabsichtigt, nach dem Auszug des Mieters die
Mieträume umzubauen, in der Folgezeit ein Umbau aber tatsächlich nicht
erfolgt. Er muss sich dann an den getroffenen vertraglichen Vereinbarungen
festhalten lassen, die in diesem Fall nicht sinnlos geworden sind.
21 Wurden die Schönheitsreparaturen oder die Instandhaltungs- bzw.
Instandsetzungsmaßnahmen wirksam auf den Mieter übertragen, kann der
Vermieter aufgrund der im Mietvertrag getroffenen Vereinbarungen vom Mieter
lediglich die Erfüllung dieser Verpflichtungen verlangen. Dieser Anspruch
besteht auch nach der Beendigung des Mietverhältnisses und dem Auszug des
Mieters fort (vgl. Staudinger/Emmerich BGB [2010] § 535 Rn. 118). Will der
Vermieter an diesem primären Erfüllungsanspruch nicht festhalten und sich
stattdessen einen auf Geldzahlung gerichteten Ersatzanspruch verschaffen,
muss er diesen unter Einhaltung des Verfahrens nach § 281 Abs. 1 BGB
begründen (Langenberg in Schmidt-Futterer Mietrecht 11. Aufl. § 538 BGB Rn.
252; Staudinger/Emmerich BGB [2010] § 535 Rn. 118; Pietz/Opree in
Lindner-Figura/Opree/Stellmann Geschäftsraummiete 3. Aufl. Kap. 16 Rn. 142).
22 Folgte man der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung, der sich aus
der ergänzenden Vertragsauslegung ergebende Zahlungsanspruch des Vermieters
entstehe, sobald der Mieter von der Absicht des Vermieters, die Mieträume
umzubauen, Kenntnis erlange, würde diese gesetzliche Systematik übergangen.
Der Vermieter könnte den auf Durchführung der Schönheitsreparaturen
gerichteten Erfüllungsanspruch auch bei bestehender Erfüllungsbereitschaft
des Mieters in einen Geldersatzanspruch umwandeln, indem er zunächst die
Absicht zum Umbau des Mietobjekts behauptet und nach der Zahlung des
geforderten Ausgleichsbetrags von einem Umbau absieht. Die dem
Vermieter dadurch eröffnete Möglichkeit, den Erfüllungsanspruch in einen
Geldanspruch umzuwandeln, ohne dass die Voraussetzungen des § 281 BGB
vorliegen müssten, kann nicht mehr als Ausfüllung einer planwidrigen
Regelungslücke verstanden werden. Eine entsprechende Auslegung des
Mietvertrags würde vielmehr zu einer erheblichen Erweiterung
der Rechte des Vermieters führen, die im Wege einer ergänzenden
Vertragsauslegung nicht zulässig ist (vgl.
BGHZ 77, 301, 304 = NJW 1980, 2347).
23 Dass der Vermieter schließlich aufgrund einer Veräußerung des Mietobjekts
subjektiv kein Interesse an der Erbringung der Renovierungsarbeiten mehr
hat, rechtfertigt es ebenfalls nicht, im Wege der ergänzenden
Vertragsauslegung an die Stelle des primären Erfüllungsanspruchs einen
Ausgleichsanspruch treten zu lassen. Der vertragliche Anspruch gegen den
Mieter auf Erbringung der übernommenen Renovierungsarbeiten erlischt erst
durch ein Schadensersatzverlangen nach § 281 Abs. 4 BGB. Da der
Anspruch nach Beendigung des Mietverhältnisses und dem Auszug des Mieters
bis zu diesem Verlangen fortbesteht, geht er gemäß § 566 Abs. 1 BGB auf den
Erwerber des Mietobjekts über. Dieser kann vom Mieter Erfüllung
verlangen oder, falls der Mieter nicht zur Vornahme der Renovierungsarbeiten
bereit ist, die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch nach § 281
Abs. 1 BGB schaffen und die Erklärung nach § 281 Abs. 4 BGB abgeben (Streyl
in Schmidt-Futterer Mietrecht 11. Aufl. § 566 BGB Rn. 130). Auf
diese Weise ist gewährleistet, dass der Mieter auch bei einer Veräußerung
des Mietobjekts nicht kompensationslos von der übernommenen Verpflichtung
zur Vornahme von Renovierungsarbeiten befreit wird. Dann besteht auch kein
Bedürfnis dafür, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung an die Stelle des
vereinbarten Anspruchs auf Durchführung von Schönheitsreparaturen oder
Instandhaltungs- bzw. Instandsetzungsarbeiten einen Ausgleichsanspruch des
Vermieters treten zu lassen.
24 2. Die angegriffene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen
Gründen als zutreffend dar (§ 561 ZPO). Ein Schadensersatzanspruch der
Kläger für die nicht erbrachten Renovierungsarbeiten ergibt sich auch nicht
aus §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 Abs. 1 Satz 1 BGB. Denn die Kläger
haben den Beklagten weder erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung
bestimmt noch war vorliegend die Fristsetzung nach § 281 Abs. 2 BGB
entbehrlich.
25 a) Grundsätzlich kann dem Vermieter gemäß den §§ 280 Abs. 1 und 3, 281
Abs. 1 Satz 1 BGB ein Schadensersatzanspruch zustehen, wenn der Mieter eine
wirksam auf ihn übertragene Verpflichtung, Schönheitsreparaturen oder
Instandsetzungs- bzw. Instandhaltungsmaßnahmen zu erbringen, schuldhaft
nicht erfüllt. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Vermieter den
Mieter zur Leistungserbringung auffordert, ihm eine angemessene Frist zur
Leistung bestimmt und diese Frist verstreicht, ohne dass der Mieter seine
Verpflichtung erfüllt (Langenberg in Schmidt-Futterer Mietrecht 11. Aufl. §
538 BGB Rn. 261; Bub/Treier/Scheuer/Kraemer/Paschke Handbuch der Geschäfts-
und Wohnraummiete 4. Aufl. Kap. V.A Rn. 202 ff.).
26 Unabhängig von der Frage, welchen inhaltlichen Anforderungen eine
ordnungsgemäße Aufforderung zur Leistungserbringung bei nicht vorgenommenen
Renovierungsarbeiten genügen muss (vgl. hierzu Langenberg in
Schmidt-Futterer Mietrecht 11. Aufl. § 538 BGB Rn. 291 ff. und Bub/Treier/
Scheuer/Kraemer/Paschke Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 4. Aufl.
Kap. V.A Rn. 205; offen gelassen im Senatsurteil vom 9. Juli 1992 - XII ZR
268/90 - NJW-RR 1992, 1226, 1227), liegt eine solche nach den Feststellungen
des Berufungsgerichts nicht vor. Die Kläger haben von den Beklagten im
Hinblick auf den beabsichtigten Umbau des Mietobjekts stets nur den für die
Durchführung der Arbeiten erforderlichen Geldbetrag gefordert. Auch nach der
Beendigung des Mietverhältnisses wurden die Beklagten von den Klägern nicht
zur Vornahme von Renovierungsarbeiten aufgefordert.
27 b) Die erforderliche Leistungsaufforderung und Fristsetzung war
auch nicht nach § 281 Abs. 2 BGB entbehrlich. Dies setzt voraus,
dass der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert.
Dabei sind an das Vorliegen einer solchen Erfüllungsverweigerung strenge
Anforderungen zu stellen (Senatsurteil vom 9. Juli 1992 - XII ZR
268/90 - NJW-RR 1992, 1226, 1227 zu § 326 BGB aF;
BGH Urteil vom 29. Juni 2011 -
VIII ZR 202/10 - NJW 2011, 2872 Rn. 14 zu § 323 Abs. 2
Nr. 1 BGB). Erforderlich ist ein Verhalten des Schuldners, aus dem
zu schließen ist, dass dieser sich durch eine weitere Aufforderung zur
Leistung nicht umstimmen lassen wird. Die Weigerung des Schuldners muss als
sein letztes Wort aufzufassen sein. Eine ernsthafte und endgültige
Erfüllungsverweigerung kann insbesondere angenommen werden, wenn der Mieter
durch sein Verhalten vor Vertragsbeendigung eindeutig zum Ausdruck bringt,
dass er seinen vertraglich übernommenen Verpflichtungen nicht nachkommen
wird und demgemäß das Mietobjekt bei Vertragsende räumt, ohne Anstalten für
die Vorbereitung oder Ausführung der Schönheitsreparaturen getroffen zu
haben (Senatsurteil vom 10. Juli 1991 - XII ZR 105/90 - NJW 1991,
2416, 2417 zu § 326 BGB aF; Bub/Treier/Scheuer/Kraemer/ Paschke Handbuch der
Geschäfts- und Wohnraummiete 4. Aufl. Kap. V.A Rn. 209 ff.).
28 Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen
kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagten ihre
Renovierungspflicht ernsthaft und endgültig verweigert haben. Dies ergibt
sich insbesondere nicht daraus, dass die Beklagten in einem früheren
Rechtsstreit zwischen den Parteien die Rechtsauffassung vertreten haben, zur
Vornahme von Schönheitsreparaturen und Instandsetzungs- bzw.
Instandhaltungsarbeiten nicht verpflichtet zu sein. Hierin liegt schon
deshalb keine ernsthafte Erfüllungsverweigerung, weil dieser Rechtsstreit zu
einem Zeitpunkt geführt worden ist, zu dem eine Beendigung des
Mietverhältnisses noch nicht absehbar war. Hinzu kommt, dass die Beklagten
nach den Feststellungen des Berufungsgerichts noch vor Beendigung des
Mietverhältnisses mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 5.
Oktober 2009 außergerichtlich erklären ließen, zur Vornahme der notwendigen
Renovierungsarbeiten bereit zu sein. Außerdem konnten die Beklagten im
Zeitpunkt ihres Auszugs davon ausgehen, dass die Kläger entsprechend ihrer
Ankündigung an der Durchführung der Schönheitsreparaturen kein Interesse
mehr hatten. Auf dieser tatsächlichen Grundlage kann trotz des Umstandes,
dass die Beklagten ohne Vornahme der Renovierungsarbeiten aus den Mieträumen
ausgezogen sind, deswegen nicht angenommen werden, die Beklagten hätten die
Erbringung der geschuldeten Leistung ernsthaft und endgültig verweigert.
29 c) Besondere Umstände, die unter Abwägung der beiderseitigen
Interessen die sofortige Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs
rechtfertigen würden (§ 281 Abs. 2 Alt. 2 BGB), sind nicht festgestellt.
30 3. Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben. Der Senat
kann in der Sache abschließend entscheiden, da weitere tatsächliche
Feststellungen, die für die Entscheidung von Bedeutung sein könnten, weder
zu erwarten noch erforderlich sind (§ 563 Abs. 3 ZPO).
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