Voraussetzungen einer ergänzenden
Vertragsauslegung
BGH, Urteil vom 11. Januar 2012 - XII
ZR 40/10
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
Zu den Voraussetzungen einer
ergänzenden Vertragsauslegung bei einer mietvertraglich vereinbarten
Konkurrenzschutzklausel.
Zentrale Probleme:
Ein schöner Beispielsfall zur
ergänzenden Vertragsauslegung: Ein Vermieter hatte mit dem Mieter, der ein
Optiker- und später auch ein Hörgerätegeschäft betrieb, eine
Konkurrentenschutzklausel vereinbart, dass in dem Mietshaus keine weitere
Vermietung an ein Optiker- und Hörgerätegeschäft erfolgt. Ein weiterer
Mieter betrieb eine Ohrenarztpraxis und begann dann, Hörgeräte direkt an
seine Patienten abzugeben. Damit stellte sich die Frage, ob die
Konkurrentenschutzklausel auf dies Tätigkeit auszuweiten ist. Der Senat
verneint hier bereits das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke im
Vertrag. Zur ergänzenden Vertragsauslegung s. auch
BGH NJW 2001,
600;
BGH NJW 2004, 1590
;
BGH NJW 2004, 1873;
BGH NJW 2006, 54
und
BGH v. 9.1.2009 - V ZR 168/07.
©sl 2012
Tatbestand:
1 Die Klägerin macht gegen die
Beklagte Ansprüche aus einer mietvertraglichen Konkurrenzschutzklausel
geltend.
2 Die Klägerin schloss 1986 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten einen
Mietvertrag über Gewerberäume in einem "Ärztehaus" zum Betrieb eines Optik-
und Hörgerätegeschäfts. Der Mietvertrag enthält in § 14 die Klausel:
"Konkurrenzschutz für den Mieter wird in folgendem Umfang vereinbart:
Kein weiteres Optik- und Hörgerätegeschäft in Objekten der "U... in H... "
3 Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses wurde in dem Gebäude bereits eine
Praxis für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde betrieben, die von der
Streithelferin der Beklagten im Oktober 2005 übernommen wurde. Die Klägerin,
die in den angemieteten Räumen zunächst nur ein Optikergeschäft betrieben
hatte, erweiterte zum 1. August 2006 ihren Betrieb um eine
Hörgeräteakustikabteilung.
4 In der Folgezeit begann die Streithelferin im sogenannten "verkürzten
Versorgungsweg" Hörgeräte unmittelbar an Patienten abzugeben. Dabei
übernimmt der HNO-Arzt u. a. die audiometrische Messung und das Erstellen
von Ohrabdrücken zur Anpassung und Lieferung von Hörgeräten, die
Feinanpassung der vom Hersteller direkt an ihn gelieferten Hörgeräte sowie
die Einweisung der Patienten.
5 Die Klägerin sieht darin einen Verstoß gegen die in § 14 des Mietvertrages
enthaltene Konkurrenzschutzklausel. Sie begehrt daher im vorliegenden
Verfahren von der Beklagten, gegenüber der Streithelferin auf die Einhaltung
der Konkurrenzschutzklausel hinzuwirken (Klagantrag zu 1). Außerdem möchte
die Klägerin gerichtlich feststellen lassen, dass sie wegen der Verstöße
gegen die Konkurrenzschutzklausel bis zu deren Beseitigung zur Minderung der
Miete berechtigt ist (Klaganträge zu 2 u. 3). Schließlich macht die Klägerin
Schadensersatzansprüche wegen entgangenen Gewinns (Klaganträge 4 und 5)
geltend.
6 Das Landgericht hat einen Verstoß gegen die Konkurrenzschutzklausel
verneint und die Klage als unbegründet abgewiesen. Auf die Berufung der
Klägerin hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil teilweise
abgeändert und im Wege eines Teil- und Grundurteils den Klaganträgen zu 1
bis 3 überwiegend und den Klaganträgen zu 4 und 5 dem Grunde nach
stattgegeben. Die Revision hat das Oberlandesgericht hinsichtlich der Frage
zugelassen, ob der Mieter bei einem Verstoß gegen einen vereinbarten
Konkurrenzschutz zur Minderung der Miete berechtigt ist.
7 Mit der Revision möchte die Beklagte die Aufhebung des Berufungsurteils
und die Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung erreichen.
Aus den Gründen:
8 Die zulässige Revision hat Erfolg. Sie führt zur Abänderung des
Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Berufung der Klägerin.
I.
9 Das Berufungsgericht hat einen Verstoß gegen die Konkurrenzschutzklausel
bejaht und zur Begründung ausgeführt, dies folge aus einer ergänzenden
Vertragsauslegung des § 14 des Mietvertrages. Die dort vereinbarte
Konkurrenzschutzklausel erfasse nach ihrem Wortlaut zwar lediglich das
Verbot, Räume innerhalb der Objekte der U. GmbH & Co. KG an Optik- und
Hörgerätegeschäfte zu überlassen. Da diese Regelung ihrem Wortlaut nach der
Klägerin jedoch keinen Schutz vor konkurrierenden Tätigkeiten biete, die
nicht in Geschäften, sondern in Praxisräumen ausgeübt würden, läge eine
Lücke der vertraglichen Regelung vor, die im Wege der ergänzenden
Vertragsauslegung geschlossen werden müsse. Da es der Rechtsvorgängerin der
Beklagten erkennbar darum gegangen sei, der Klägerin zu ermöglichen, als
Optikerin und als Hörgeräteakustikerin konkurrenzlos Leistungen im gleichen
Objekt zu erbringen, habe die Klägerin unabhängig von der Organisationsform
und der Art der Räumlichkeiten, in denen die konkurrierende Tätigkeit
erbracht werde, vor der Erbringung von Leistungen aus ihrem Berufsbild durch
andere Mieter geschützt werden sollen. Dabei hätten die Parteien bei der
Vereinbarung der Konkurrenzschutzklausel nicht die Möglichkeit vor Augen
gehabt, dass die im Mietobjekt praktizierenden Ärzte abweichend von den
damaligen traditionellen Berufsbildern einmal selbst im Wege des "verkürzten
Versorgungsweges" Leistungen erbringen würden, die sonst von
Gesundheitshandwerkern erbracht würden.
10 Der Vertrag sei insoweit ausfüllungsbedürftig, weil durch die
konkurrierende Tätigkeit der Streithelferin im selben Objekt der Klägerin
gerade der Standortvorteil genommen werde, der bei Abschluss des
Mietvertrages vereinbart worden sei. Daher sei anzunehmen, dass die Parteien
auch einen entsprechenden Schutz der Klägerin vereinbart hätten, wenn sie
bei Abschluss des Mietvertrages die Möglichkeit bedacht hätten, dass die im
selben Objekt praktizierenden Ärzte in Konkurrenz zur Klägerin treten
könnten. Für die Klägerin sei der Umstand, dass die Ärzte nicht die gleichen
Leistungen erbrächten, die auch sie anbiete, von zentraler Bedeutung. Denn
für die Klägerin sei in diesen Fällen das Kerngeschäft des Verkaufs von
Hilfsmitteln betroffen, während die dort praktizierenden Ärzte die
Tätigkeiten der Vermittlung, des Verkaufs und der Abgabe der Hilfsmittel nur
ergänzend zu ihren zentralen ärztlichen Leistungen erbringen würden. Dabei
sei unbeachtlich, dass die Leistungen, die die HNO-Ärzte beim sogenannten
"verkürzten Versorgungsweg" erbringen, als ärztliche Leistungen zu
bezeichnen seien.
11 Die Klägerin sei auch nicht gehindert, den Verstoß gegen den vereinbarten
Konkurrenzschutz geltend zu machen. Auch wenn die Klägerin zunächst nur ein
Optikgeschäft betrieben und erst nach Abschluss des Mietvertrages zwischen
der Beklagten und der Streithelferin ihr Hörgerätegeschäft eröffnet habe,
sei es der Klägerin unbenommen gewesen, das Ausmaß ihrer Tätigkeit auch
schon zuvor auf die Abgabe von Hörhilfen auszudehnen. Dass sie diese
Tätigkeiten erst später aufgenommen habe, beeinträchtige ihren von Beginn
des Mietverhältnisses an zugesicherten Konkurrenzschutz nicht.
12 Der Klägerin stehe damit ein Anspruch auf Mietminderung gemäß § 536 Abs.
1 und 2 BGB zu. Nach herrschender Meinung berechtige eine vertragswidrige
Konkurrenzsituation zur Minderung der Miete. Dabei könne im Ergebnis
dahinstehen, ob ein Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 BGB vorliege.
Jedenfalls stelle die ausdrückliche Konkurrenzschutzabrede eine zugesicherte
Eigenschaft im Sinne des § 536 Abs. 2 BGB dar. Durch die streitbefangene
Klausel sei der Klägerin zugesichert worden, dass andere Mieter im selben
Objekt nicht zu ihr in Konkurrenz treten. Von der Konkurrenzschutzklausel
sei die Ertragsfähigkeit des Mietobjekts betroffen. Deshalb handele es sich
um eine Eigenschaft der Sache. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe die
Konkurrenzfreiheit auch zugesichert.
13 Da ein Mangel im Sinne des § 536 Abs. 2 BGB vorliege, stünden der
Klägerin zudem Schadensersatzansprüche nach § 536 a Abs. 1 BGB wegen
entgangenen Gewinns dem Grunde nach zu.
II.
14 Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht
stand. Sie beruhen auf einer rechtsfehlerhaften Auslegung der in § 14 des
Mietvertrags enthaltenen Konkurrenzschutzklausel.
15 1. Die Revision ist uneingeschränkt zulässig (... wird ausgeführt)
...
22 2. Auch in der Sache begegnet das Berufungsurteil revisionsrechtlich
durchgreifenden Bedenken. Denn die Auslegung der Konkurrenzschutzklausel
durch das Berufungsgericht ist rechtsfehlerhaft.
23 a) Die Auslegung individueller privatrechtlicher Willenserklärungen
unterliegt der Nachprüfung durch das Revisionsgericht nur insoweit, als es
sich darum handelt, ob sie gesetzlichen Auslegungsregeln, Erfahrungssätzen
oder den Denkgesetzen widerspricht und ob sie nach dem Wortlaut der
Erklärung möglich ist (Senatsurteile vom 27. Januar 2010 - XII ZR 148/07 -
NJW-RR 2010, 1508 Rn. 30 und vom 4. März 2009 - XII ZR 18/08 - FamRZ 2009,
768 Rn. 14). Die vom Berufungsgericht gewählte Auslegung erweist sich als
rechtfehlerhaft. Denn es hat die Voraussetzungen für eine ergänzende
Vertragsauslegung verkannt. Insoweit unterliegt das Urteil der
revisionsgerichtlichen Kontrolle (vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 2010 -
XII ZR 148/07 - NJW-RR 2010, 1508 Rn. 30).
24 b) Voraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung ist das
Bestehen einer Regelungslücke, also einer planwidrigen Unvollständigkeit der
Bestimmungen des Rechtsgeschäfts (BGHZ 90, 69 = NJW 1984, 1177,
1178), die nicht durch die Heranziehung von Vorschriften des
dispositiven Rechts sachgerecht geschlossen werden kann (BGHZ 137,
153 = NJW 1988, 450, 451). Allein der Umstand, dass ein Vertrag für
eine bestimmte Fallgestaltung keine Regelung enthält, besagt nicht, dass es
sich um eine planwidrige Unvollständigkeit handelt. Von einer planwidrigen
Unvollständigkeit kann nur gesprochen werden, wenn der Vertrag eine
Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde
liegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen, mithin ohne
Vervollständigung des Vertrages eine angemessene, interessengerechte Lösung
nicht zu erzielen wäre (vgl. BGHZ 170, 311 = NJW-RR 2007, 687 Rn.
28; BGH Urteile vom 2. Juli 2004 - V ZR 209/03 - NJW-RR 2005, 205, 206; vom
13. Februar 2004 - V ZR 225/03 - WM 2004, 2125, 2126 und vom 1. Juli 1999 -
I ZR 181/96 - WM 1999, 2553, 2555). Die ergänzende Vertragsauslegung
muss sich als zwingende selbstverständliche Folge aus dem ganzen
Zusammenhang des Vereinbarten ergeben, so dass ohne die vorgenommene
Ergänzung das Ergebnis in offenbarem Widerspruch mit dem nach dem Inhalt des
Vertrages tatsächlich Vereinbarten stehen würde (BGHZ 40, 91 = NJW
1963, 2071, 2075). Zudem darf die ergänzende Vertragsauslegung nicht
zu einer wesentlichen Erweiterung des Vertragsinhaltes führen (BGHZ
40, 91 = NJW 1963, 2071, 2075).
25 c) Auf dieser rechtlichen Grundlage begegnet die Annahme des
Berufungsgerichts, die Konkurrenzschutzklausel in § 14 des Mietvertrages
weise eine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke auf, durchgreifenden
rechtlichen Bedenken.
26 Es ist zwar richtig, dass die Klägerin und die Rechtsvorgängerin der
Beklagten bei Abschluss des Mietvertrages im Jahr 1986 die Möglichkeit der
Versorgung von Patienten mit Hörgeräten durch den in dem Objekt
praktizierenden HNO-Arzt nicht berücksichtigen konnten, weil die
Leistungserbringung im "verkürzten Versorgungsweg" nach § 126 SGB V erst zum
1. Januar 1989 durch das Gesundheitsreform-Gesetz vom 20. Dezember 1988 (BGBl.
I S. 2477) eingeführt worden ist. Dennoch ist es zur Verwirklichung des
Regelungsplans der Vertragsparteien nicht erforderlich, den durch § 14 des
Mietvertrags vereinbarten Konkurrenzschutz auf die Abgabe von Hörgeräten im
"verkürzten Versorgungsweg" durch die Streithelferin auszudehnen.
27 Maßgeblich für die Prüfung, ob der Mietvertrag eine ausfüllungsbedürftige
Regelungslücke enthält, ist, welchen Umfang an Konkurrenzschutz die Klägerin
bei Abschluss des Mietvertrags erwarten konnte (vgl. OLG Köln NZM 2005, 866;
OLG Hamm ZMR 1997, 581, 582).
28 Danach spricht bereits der Wortlaut der Vereinbarung, von dem
jede Auslegung auszugehen hat und den auch das Berufungsgericht seiner
Auslegung im Ansatz zugrunde legt, gegen die Annahme einer Regelungslücke.
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten und die Klägerin haben in § 14
des Mietvertrags den gewährten Konkurrenzschutz konkret beschrieben und auf
das Verbot der Vermietung von Räumlichkeiten an Dritte zum Betrieb eines
Optik- und Hörgerätegeschäfts begrenzt. Die Klägerin sollte demnach primär
vor unmittelbarer Konkurrenz durch einen gleichartigen Geschäftsbetrieb
geschützt werden.
29 Soweit das Berufungsgericht zur Begründung einer Regelungslücke ausführt,
der Rechtsvorgängerin der Beklagten sei es erkennbar darum gegangen, der
Klägerin zu ermöglichen, als Optikerin und als Hörgeräteakustikerin
konkurrenzlos Leistungen im gleichen Objekt zu erbringen, unabhängig davon,
in welcher Organisationsform oder in welcher Art von Räumlichkeiten die
konkurrierende Tätigkeit erbracht werde, kann dem nicht gefolgt werden.
Diese Annahme findet weder im Wortlaut der Konkurrenzschutzklausel noch in
den weiteren Feststellungen eine tragfähige Grundlage.
30 Der Rechtsvorgängerin der Beklagten und der Klägerin war bei Abschluss
des Mietvertrages bekannt, dass in dem Mietobjekt eine Praxis für Hals-,
Nasen- und Ohrenkrankheiten betrieben wird. Die Klägerin musste
daher bereits zu diesem Zeitpunkt damit rechnen, dass der dort
praktizierende Facharzt sämtliche Leistungen erbringen wird, zu denen er
berechtigt ist und es zu Überschneidungen zwischen ihrem Leistungsangebot
und der ärztlichen Tätigkeit kommen kann. Hätten die
Vertragsparteien, wie vom Berufungsgericht angenommen, tatsächlich die
Absicht gehabt, die Klägerin auch vor ärztlichen Leistungen zu schützen, die
sich mit ihrem eigenen Geschäftsbereich überschneiden, hätte es
nahegelegen, bei der Formulierung der Konkurrenzschutzklausel nicht auf den
Betrieb eines weiteren Optik- und Hörgerätefachgeschäfts abzustellen,
sondern die Leistungen, für die der Klägerin Konkurrenzschutz gewährt werden
sollte, konkret zu benennen (vgl. dazu OLG Brandenburg GesR 2007,
540 ff.). Dass von dieser Möglichkeit kein Gebrauch gemacht wurde,
spricht dafür, dass nach dem Regelungsplan der Parteien die Klägerin
tatsächlich nur vor der Konkurrenz durch ein weiteres Optiker- und
Hörgerätegeschäft geschützt werden sollte.
31 Die Streithelferin betreibt jedoch weder ein Hörgerätegeschäft noch übt
sie die Tätigkeit eines Hörgeräteakustikers aus, wenn sie im "verkürzten
Versorgungswege" Hörgeräte an Patienten abgibt. Bei den Tätigkeiten, die die
Streithelferin in diesem Zusammenhang erbringt, handelt es sich um ärztliche
Leistungen, die zum beruflichen Bereich eines HNO-Arztes gehören oder
zumindest mit diesem in sehr engem Zusammenhang stehen (BGH Urteil vom 29.
Juni 2000 - I ZR 59/98 - NJW 2000, 2745). Durch die Möglichkeit, Hörhilfen
im "verkürzten Versorgungsweg" an Patienten abzugeben, hat sich lediglich
der Umfang der ärztlichen Leistungen erweitert, die ein HNO-Arzt in seiner
Praxis anbieten darf.
32 Eine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke lässt sich auch nicht
damit begründen, dass ohne eine Vervollständigung des Vertrages keine
angemessene und interessengerechte Lösung zu erzielen wäre. Der
Standortvorteil, der der Klägerin durch die Konkurrenzschutzklausel gewährt
wurde, besteht auch nachdem die Streithelferin dazu übergegangen ist,
Hörgeräte an ihre Patienten im "verkürzten Versorgungsweg" abzugeben, fort.
Nach den in der Revisionsinstanz nicht beanstandeten Feststellungen des
Berufungsgerichts hat die Klägerin nach Abschluss des Mietvertrages zunächst
viele Jahre nur ein Optikgeschäft betrieben. Erst nach der Übernahme der
HNO-Praxis durch die Streithelferin hat die Klägerin ihr Geschäft um eine
Akustikabteilung erweitert. Die wirtschaftliche Grundlage ihres Betriebs war
bis dahin nicht von der Möglichkeit des Verkaufs von Hörgeräten geprägt.
Durch die Erweiterung ihres Geschäfts im Jahr 2006 hat die Klägerin sich nur
die Möglichkeit geschaffen, durch eine Vergrößerung ihres Leistungsangebots
ihre Ertragslage zu verbessern, indem sie den Vorteil nutzt, dass in dem
Ärztehaus ein HNO-Arzt praktiziert. Da jedoch jeder Patient frei darüber
entscheiden kann, wo er sich ein verordnetes Hörgerät anfertigen lässt, hat
die Klägerin durch die Eröffnung der Akustikabteilung nur die Chance
erworben, dass sie Patienten der HNO-Praxis als Kunden gewinnt. Deshalb kann
nicht davon ausgegangen werden, dass ohne eine Ausdehnung der
Konkurrenzschutzklausel auf die Tätigkeiten der Streithelferin im Rahmen des
"verkürzten Versorgungswegs" der von den Mietvertragsparteien intendierte
Schutz der Klägerin wesentlich beeinträchtigt und der Regelungsplan der
Parteien unvollständig wäre.
33 d) Schließlich ist in diesem Zusammenhang auch zu
berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bereits
im Rahmen des vertragsimmanenten Konkurrenzschutzes ein Vermieter nicht
gehalten ist, dem Mieter jeden fühlbaren oder unliebsamen Wettbewerb
fernzuhalten. Vielmehr ist nach den Umständen des einzelnen Falles
abzuwägen, inwieweit nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der
Belange der Parteien die Fernhaltung von Konkurrenz geboten ist (vgl. BGHZ
70, 79 = NJW 1978, 585, 586). Diese Wertung ist auch bei der
Auslegung einer vertraglich vereinbarten Konkurrenzschutzklausel zu
berücksichtigen.
34 3. Nach all dem ergibt sich durch die Abgabe von Hörgeräten im
"verkürzten Versorgungsweg" durch die Streithelferin kein Verstoß gegen die
Konkurrenzschutzklausel aus § 14 des Mietvertrages. Die Frage, ob ein
Verstoß gegen eine Konkurrenzschutzklausel den Mieter zur Minderung der
Miete berechtigt, kann dahinstehen.
35 4. Der Senat kann in der Sache abschließend entscheiden (§ 563 Abs. 3
ZPO). Sie ist zur Endentscheidung reif, da sich die Klägerin zur Begründung
aller ihrer Ansprüche allein auf einen Verstoß gegen die
Konkurrenzschutzklausel gestützt und keine anderweitigen Mängel der
Mietsache geltend gemacht hat. Unter Abänderung des Berufungsurteils war
daher die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und die erstinstanzliche
Entscheidung wiederherzustellen. Dies gilt auch, soweit das Berufungsgericht
im Wege eines Teil- und Grundurteils entschieden hat. Im
Rechtsmittelverfahren kann die Klage dann insgesamt abgewiesen werden, wenn
dem Kläger insgesamt keine Ansprüche mehr zustehen können. Das ist hier der
Fall.
|