AGB-Kontrolle im
kaufmännischen Verkehr, Auslegung von AGB, Inhaltskontrolle, Verbot
geltungserhaltender Reduktion, Unwirksamkeit einer starren
Schönheitsreparaturklausel (auch) bei gewerblicher Miete
BGH, Urteil vom 8. Oktober
2008 - XII ZR 84/06
Fundstelle:
NJW 2008, 3772
für BGHZ 178, 158
Amtl. Leitsatz:
Eine Übertragung der
Schönheitsreparaturen auf den Mieter in einem Formularmietvertrag ist auch
bei Mietverträgen über Gewerberäume unwirksam, wenn der Mieter unabhängig
von dem Erhaltungszustand der Räume zur Renovierung nach Ablauf starrer
Fristen verpflichtet werden soll (im Anschluss an BGH Urteil vom 23. Juni
2004 - VIII ZR 361/03 - NJW 2004, 2586 zum Wohnraummietrecht und das
Senatsurteil vom 6. April 2005 - XII ZR 308/02 - NJW 2005, 2006).
Zentrale Probleme:
Eine lehrreiche Entscheidung zum AGB-Recht: Zur
AGB-Kontrolle im kaufmännischen Verkehr s. die Anm. zu
BGH v.
19.9.2007 - VIII ZR 141/06, zum Verbot geltungserhaltender Reduktion s.
etwa BGH v.
19.9.2007 - VIII ZR 141/06 mwN. Zur Problematik
der Schönheitsreparaturen s. BGH
NJW 1991, 2416 und
BGH NJW 2005, 425.
©sl 2008
Tatbestand:
1 Die Beklagte hatte von dem Rechtsvorgänger des Klägers für die Zeit von
April 1991 bis März 2006 ein Ladenlokal zum Betrieb einer
Änderungsschneiderei gemietet. Die Parteien streiten noch darüber, ob die
Beklagte zur Ausführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet ist.
2 In § 13 des vom Vermieter verwendeten Formularmietvertrages war u.a.
folgendes vereinbart:
"§ 13 Schönheitsreparaturen
1. Der Vermieter ist nicht verpflichtet, während der Mietzeit
Schönheitsreparaturen des Mietgegenstandes durchzuführen, da hierfür in
der Miete keine Kosten kalkuliert sind.
2. ...
3.1 Der Mieter verpflichtet sich, auf seine Kosten mindestens alle drei
Jahre in Küche, Bad, Dusche und Toiletten und alle fünf Jahre in allen
übrigen Räumen die Schönheitsreparaturen (so insbesondere das Tapezieren
und Anstreichen der Wände und Decken, Streichen der Heizkörper
einschließlich Heizungsrohre, der Innentüren samt Rahmen, der
Einbauschränke sowie der Fenster und Außentüren von innen, Abziehen bzw.
Abschleifen der Parkettfußböden und danach deren Versiegelung, Reinigung
der Teppichböden) auf eigene Kosten durch Fachhandwerker ausführen zu
lassen.
3.8 Dem Mieter obliegt der Beweis, dass die Schönheitsreparaturen
fachmännisch und innerhalb der vereinbarten Mindestfristen durchgeführt
worden sind.
3.9 Endet das Mietverhältnis vor Eintritt der Verpflichtung zur
Durchführung der Schönheitsreparaturen, so ist der Mieter verpflichtet,
die anteiligen Kosten für die Schönheitsreparaturen aufgrund eines
Kostenvorschlages eines vom Vermieter auszuwählenden Malerfachbetriebes
an den Vermieter nach folgender Maßgabe zu zahlen.
Wenn die Schönheitsreparaturen seit Einzug oder seit einer späteren
Vornahme länger zurückliegen als:
bei Küche, Bad, WC: bei allen übrigen Räumen:
7 Monate mit 20 % 12 Monate mit 20 %
11 Monate mit 30 % 18 Monate mit 30 %
15 Monate mit 40 % 24 Monate mit 40 %
19 Monate mit 50 % 30 Monate mit 50 %
23 Monate mit 60 % 36 Monate mit 60 %
27 Monate mit 70 % 42 Monate mit 70 %
31 Monate mit 80 % 48 Monate mit 80 %
34 Monate mit 90 % 54 Monate mit 90 %
3.10 ...
3.11 Die vorstehend genannten Fristen beginnen nicht vor dem erstmaligen
Ablauf der in § 13 Abs. 3.1 genannten Fristen, wenn der Mietgegenstand
sich beim Beginn des Mietverhältnisses in einem renovierungsbedürftigen
Zustand befunden hat."
3 Der Kläger beantragt die Feststellung,
dass die Beklagte nach Maßgabe der in § 13 Nr. 3.1 des Mietvertrages
enthaltenen Vereinbarung zur Vornahme der Schönheitsreparaturen verpflichtet
sei. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Dagegen
richtet sich die - vom Berufungsgericht zugelassene - Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe:
4 Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
5 Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in NJW 2006, 2047 veröffentlicht
ist, hat die Abweisung der Klage wie folgt begründet:
6 Die Vereinbarung in § 13 Nr. 3.1 des Mietvertrages (im Folgenden MV) sei
nach § 307 BGB insgesamt unwirksam. Die Klausel sei einheitlich so
auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter
Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise
verstanden werde. Sie könne nur die Bedeutung haben, dass der Mieter zur
Ausführung der Renovierungsarbeiten in Küche, Bad und Toilette spätestens
nach drei Jahren und in allen übrigen Räumen spätestens nach fünf Jahren
verpflichtet sei, auch wenn die gemieteten Räume nach ihrem tatsächlichen
Erscheinungsbild noch nicht renovierungsbedürftig seien.
7 Eine solche "starre" Fälligkeitsregelung sei gemäß § 307 BGB unwirksam,
weil sie dem Mieter ein Übermaß an Renovierungsverpflichtungen auferlege.
Zwar sei grundsätzlich auch eine formularmäßige Abwälzung von
Schönheitsreparaturen auf den Mieter wirksam. Anderes ergebe sich nach der
Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs aber, wenn ein
Wohnungsmietvertrag einen starren Fristenplan enthalte, der dem Mieter die
Ausführung der Schönheitsreparaturen nach Ablauf genau fixierter Zeiträume
verbindlich vorschreibe. In solchen Fällen werde der Mieter mit
Renovierungspflichten belastet, die über den tatsächlichen
Renovierungsbedarf hinausgingen und ihm eine höhere
Instandhaltungsverpflichtung auferlege, als ihm der Vermieter ohne eine
solche Klausel schulden würde.
8 Ob dies auch für Mietverträge über Geschäftsräume gelte, sei umstritten.
Das Oberlandesgericht folge der Auffassung, wonach die Rechtsprechung zur
Unwirksamkeit starrer Fristenregelungen auch auf gewerbliche Mietverträge zu
übertragen sei, weil ein gewerblicher Mieter insoweit nicht weniger
schutzbedürftig sei als ein Wohnungsmieter. Nach dem Inhalt des
Mietvertrages der Parteien gelte der Fristenplan nicht lediglich für den
Regelfall, sondern schreibe eine Renovierung ausnahmslos nach Ablauf der
jeweiligen Frist vor. Damit werde auch dem gewerblichen Mieter ein Übermaß
an Instandhaltungspflichten auferlegt, zumal kein Anhaltspunkt erkennbar und
vorgetragen sei, dass ein zum Betrieb einer Änderungsschneiderei vermietetes
Ladenlokal zwangsläufig nach Ablauf der genannten Fristen
renovierungsbedürftig sein müsse. Dem legitimen Interesse des Vermieters an
einer ansehnlichen Dekoration des Mietobjekts könne in ausreichender Weise
auch mit einer Klausel ohne starren Fristenplan genügt werden.
9 Für die Übertragung der Rechtsprechung zum Wohnraummietrecht auf
gewerbliche Mietverhältnisse spreche zudem die Entscheidung des XII.
Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 6. April 2005 (XII ZR 308/02 - NJW
2005, 2006). Danach behandele das Gesetz gewerbliche Mieter und
Wohnungsmieter hinsichtlich der Schönheitsreparaturen gleich. Aus der
vereinzelten Besserstellung des Wohnungsmieters könne nicht der Schluss
gezogen werden, das Gesetz habe den Mieter von Gewerberäumen generell
weniger vor belastenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen schützen wollen.
Zwar seien die §§ 308 und 309 BGB nach § 310 BGB nicht auf Unternehmer
anwendbar. Die Über-wälzung der Schönheitsreparaturen sei aber nicht an
diesen Vorschriften, sondern an § 307 BGB zu messen. Auch ein gewerblicher
Mieter gehe in der Regel nicht davon aus, in jedem Fall und unabhängig von
dem Erhaltungszustand der Mieträume eine Renovierung durchführen zu müssen.
Der Einwand, die Übertragung der Schönheitsreparaturen sei Teil der
kalkulierten Miete, berücksichtige nicht hinreichend, dass dem Mieter mit
dem starren Fristenplan ein Übermaß an Renovierungspflichten auferlegt
werde. Dass mit der Unwirksamkeit der Klausel die vertragliche Äquivalenz
gestört werde, sei unerheblich, weil der Vermieter als Verwender der
Allgemeinen Geschäftsbedingungen das Risiko der Gesamtunwirksamkeit trage.
Für eine ergänzende Vertragsauslegung bleibe deswegen kein Raum.
10 Die Unangemessenheit der Fristenregelung führe insgesamt zur
Unwirksamkeit der Vertragsklausel. Die Verpflichtung zur Ausführung der
Schönheitsreparaturen lasse sich nur dann aufrechterhalten, wenn sich die
Formularklausel aus sich heraus verständlich und sinnvoll in einen
zulässigen und einen unzulässigen Regelungsteil trennen lasse. Hieran fehle
es. Der Fristenplan bilde mit der Überwälzung der Schönheitsreparaturen
eine Einheit, indem er den Umfang der Renovierungsverpflichtung
konkretisiere. Wollte man im Rahmen des Fristenplans das Wort "mindestens"
streichen, um die Renovierungsverpflichtung auf das gerade noch zulässige
Maß zurückzuführen, sei das eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion
der Formularklausel.
II.
11 Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen
Nachprüfung stand.
12 1. Nach der gesetzlichen Regelung hat nicht der Mieter, sondern der
Vermieter die Schönheitsreparaturen durchzuführen. Das folgt aus der in §
535 Abs. 1 Satz 2 BGB geregelten Verpflichtung des Vermieters, das
Mietobjekt während der gesamten Vertragszeit in einem vertragsgemäßen
Zustand zu erhalten. Allerdings weicht die mietvertragliche Praxis,
insbesondere in Formularverträgen, seit langem von diesem gesetzlichen
Leitbild ab. Wegen dieser langjährigen Übung, die bereits allgemeine
Verkehrssitte geworden ist, hat es der Bundesgerichtshof gebilligt, dass in
Formularverträgen Schönheitsreparaturen regelmäßig auf den Mieter verlagert
werden, obwohl nach § 307 BGB Bestimmungen, die vom wesentlichen
Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweichen, in der Regel als
unangemessen und damit unwirksam anzusehen sind (BGH Rechtsentscheid vom
30. Oktober 1984 - VIII ARZ 1/84 - WuM 1985, 46; Senatsurteil vom 6. April
2005 - XII ZR 308/02 - NJW 2005, 2006, 2007; Schmidt-Futterer/Langenberg
Mietrecht 9. Aufl. § 538 Rdn. 112). Denn das Gesetz hat die Pflicht zur
Durchführung der Schönheitsreparaturen grundsätzlich disponibel
ausgestaltet, weswegen die dafür notwendigen Kosten - wie hier ausdrücklich
in § 13 Nr. 1 MV niedergelegt - nicht zwingend in die Miete einkalkuliert
sein müssen. Der Gesetzgeber hat die überwiegende mietrechtliche Praxis
einer Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter bei entsprechend
geringerer Miete also auch mit der Neuregelung des Mietrechts durch das
Mietrechtsreformgesetz vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1149) als im Einklang
mit dem gesetzlichen Leitbild des Mietvertrages stehend akzeptiert.
13 2. Ob eine Allgemeine Geschäftsbedingung auch im Einzelfall zulässig ist,
hängt von ihrem Inhalt ab, der durch Auslegung zu ermitteln ist. Entgegen
der Rechtsauffassung der Revision hat das Berufungsgericht die
Vertragsklausel in § 13 Nr. 3.1 MV zutreffend als starre Fristenregelung
ausgelegt.
14 Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und
typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und
redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise
beteiligten Kreise verstanden werden (BGH Urteil vom 25. Juni 1992 - IX
ZR 24/92 - NJW 1992, 2629). Nach dem Wortlaut der Vertragsklausel in § 13
Nr. 3.1 ist der Mieter verpflichtet, auf seine Kosten "mindestens" in den
dort genannten Fristen Schönheitsreparaturen durchzuführen. Dies kann - wie
das Berufungsgericht richtig erkannt hat - aus Sicht eines verständigen
Mieters nur bedeuten, dass er zur Ausführung der Renovierungsarbeiten
spätestens bei Ablauf der genannten Fristen verpflichtet ist, auch wenn die
gemieteten Räume nach ihrem tatsächlichen Erscheinungsbild noch nicht
renovierungsbedürftig sind. Dem entspricht auch die Formulierung in § 13 Nr.
3.8, wonach dem Mieter der Beweis dafür obliegt, dass er die
Schönheitsreparaturen fachmännisch innerhalb der vereinbarten
"Mindestfristen" durchgeführt hat.
15 3. Die grundsätzlich zulässige Abänderung dispositiver gesetzlicher
Regelungen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen findet ihre Grenze in den
Vorschriften der §§ 305 ff. BGB. Zwar sind die Klauselverbote der §§ 308,
309 BGB nach § 310 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht anwendbar, wenn sie im Rahmen
eines gewerblichen Mietvertrages gegenüber einem Unternehmer verwendet
werden. Auch in solchen Fällen kann die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB
allerdings zur Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führen,
insbesondere wenn sich die Regelung noch weiter als im Rahmen der
mietrechtlichen Praxis erforderlich vom gesetzlichen Leitbild entfernt und
zu einer unangemessenen Verschärfung der vertraglichen Verpflichtungen zu
Lasten des Mieters führt.
16 a) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind nach § 307 Abs.
1 Satz 1 BGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen
den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Nach § 307
Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel
anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der
gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.
17 Unter Bezug auf diese gesetzliche Regelung hat der VIII. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs u.a. Allgemeine Geschäftsbedingungen, mit denen
Schönheitsreparaturen nach einem "starren" Fristenplan auf den Mieter
übertragen werden, für unwirksam erachtet, weil sie den Mieter mit
Renovierungspflichten belasten, die über den tatsächlichen
Renovierungsbedarf hinausgehen und dem Mieter eine höhere
Instandhaltungsverpflichtung auferlegen, als sie den Vermieter ohne eine
solche vertragliche Klausel treffen würde (BGH Urteil vom 23. Juni 2004 -
VIII ZR 361/03 - NJW 2004, 2586, 2587). Ausnahmen lässt der VIII. Zivilsenat
nur für solche Allgemeine Geschäftsbedingungen zu, die eine Renovierung
innerhalb bestimmter Fristen nur für den Regelfall vorsehen, diese aber vom
tatsächlichen Erhaltungszustand abhängig machen (BGH Urteile vom 13. Juli
2005 - VIII ZR 351/04 - NJW 2005, 3416 und vom 26. September 2007 - VIII ZR
143/06 - NJW 2007, 3632 f.). Knüpft die Vertragsklausel die
Renovierungspflicht des Mieters allerdings allein an feste zeitliche Grenzen
und führt die Auslegung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen - wie hier -
dazu, dass der Erhaltungszustand für die Verpflichtung keine Rolle spielt,
führt dies regelmäßig zur Unwirksamkeit der Klausel (BGH Urteile vom 5.
April 2006 - VIII ZR 178/05 - NJW 2006, 1728 f. und vom 7. März 2007 - VIII
ZR 247/05 - WuM 2007, 260, 261).
18 b) Ob dies auch für Mietverträge über Geschäftsräume gilt, ist
umstritten.
19 Eckert (ZfIR 2005, 673, 674 f.) spricht sich gegen eine Übertragung
dieser Rechtsprechung auf gewerbliche Mietverträge aus. Der Zustand der
Mieträume sei bei gewerblicher Nutzung nicht bloß Privatsache des Mieters,
weil dem Vermieter regelmäßig daran gelegen sei, das Mietobjekt, das auf die
Umgebung ausstrahle, in einem ansehnlichen Zustand zu erhalten. Eine
übermäßige Belastung des Mieters sei nicht zu befürchten, wenn zusätzlich
klargestellt werde, dass der Mieter zur Endrenovierung nur verpflichtet sei,
wenn die Schönheitsreparaturen vor Vertragsende fällig gewesen wären. Liege
bei Rückgabe des Mietobjekts die letzte Renovierung nur kurze Zeit zurück,
handle der Vermieter rechtsmissbräuchlich, wenn er gleichwohl erneut die
Schönheitsreparaturen fordere (vgl. auch Wolf/Eckert/Ball Handbuch des
gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 9. Aufl. Rdn. 376).
20 Überwiegend wird allerdings die Auffassung vertreten, Allgemeine
Geschäftsbedingungen, die eine Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den
Mieter nach einem starren Fristenplan vorsehen, seien auch im gewerblichen
Mietrecht unwirksam. Denn die Unwirksamkeit beruhe nicht auf dem besonderen
sozialen Aspekt der Wohnraummiete, sondern auf den allgemeinen Pflichten
eines Vermieters und den Grenzen einer formularmäßigen Abänderung (Neuhaus
Handbuch der Geschäftsraummiete 2. Aufl. Rdn. 773; Bieber/Ingen-doh
AnwaltFormulare Geschäftsraummiete § 5 Rdn. 14; OLG Düsseldorf [neben dem
Berufungsurteil] NJW-RR 2005, 13 und OLGR 2007, 199). Auch Ahlt (DWW 2005,
96, 99) befürwortet eine Übertragung der Rechtsprechung des VIII.
Zivilsenats des Bundesgerichtshofs auf das gewerbliche Mietrecht. Allerdings
scheide im gewerblichen Mietrecht eine Erhöhung der Miete wegen der nicht
kalkulierten Schönheitsreparaturen aus (zum Wohnungsmietrecht vgl. jetzt BGH
Urteil vom 9. Juli 2008 - VIII ZR 181/07 - zur Veröffentlichung bestimmt),
was zu einer grundlegenden Störung der Vertragsparität führe, die nur durch
eine ergänzende Vertragsauslegung oder nach den Grundsätzen über den Wegfall
der Geschäftsgrundlage wiederhergestellt werden könne (so auch Pa-landt/Weidenkaff
67. Aufl. § 535 Rdn. 47 a und Börstinghaus WuM 2005, 675).
21 c) Der Senat schließt sich der Auffassung an, die auch für
Mietverträge über Gewerberäume eine starre Fristenregelung für
Schönheitsreparaturen durch den Mieter in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
für unwirksam hält. Die Unwirksamkeit einer starren Fristenregelung für
die Übernahme der Schönheitsreparaturen folgt aus der gesetzlichen Wertung,
die insoweit nicht zwischen Wohnungsmiete und gewerblicher Miete
unterscheidet, und aus den Grenzen, die die §§ 305 ff. BGB vertraglichen
Vereinbarungen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen setzen. Auch der
Schutzzweck ist in Bezug auf starre Fristenregelungen für
Schönheitsreparaturen bei gewerblichen Mietverhältnissen nicht grundsätzlich
anders zu bewerten als im Falle einer Wohnungsmiete.
22 aa) Das Gesetz sieht für Teilbereiche des Mietrechts zwar einen
besonderen Schutz des Wohnraummieters vor. So ist z.B. der Kündigungsschutz
des Wohnraummieters stärker ausgeprägt (§ 573 BGB); auch das Minderungsrecht
darf nicht zum Nachteil des Mieters beschränkt werden (§ 536 Abs. 4 BGB).
Eine vergleichbare Privilegierung des Wohnungsmieters fehlt allerdings für
den Bereich der Schönheitsreparaturen. Nach der gesetzlichen Regelung des §
535 Abs. 1 Satz 2 BGB schuldet der Vermieter von Geschäftsräumen die
Durchführung der Schönheitsreparaturen ebenso wie der Wohnungsvermieter. Das
Gesetz behandelt die Vermieter in beiden Fällen also gleich.
23 Aus der vereinzelten Besserstellung des Wohnungsmieters kann nicht der
Schluss gezogen werden, das Gesetz habe den Mieter von Geschäftsräumen
generell weniger vor belastenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen schützen
wollen. Zwar erlaubt das Gesetz für Mietverträge über Geschäftsräume eine
weitergehende Beschränkung, zumal die Klauselverbote der §§ 308, 309 BGB für
Unternehmer nicht gelten. Die Überwälzung der Schönheitsreparaturen auf den
Mieter ist aber in diesen Vorschriften nicht geregelt und deswegen an § 307
BGB zu messen, einer Bestimmung, die für Unternehmer und Verbraucher
gleichermaßen gilt (Senatsurteil vom 6. April 2005 - XII ZR 308/02 - NJW
2005, 206, 207).
24 bb) Auch die allgemein geringere Schutzbedürftigkeit eines
Geschäftsraummieters kann starre Fristen für die Durchführung der
Schönheitsreparaturen durch den Mieter nicht rechtfertigen. Zwar trifft es
zu, dass ein geschäftserfahrener Unternehmer als gewerblicher Mieter nicht
in gleichem Maße schutzbedürftig ist wie ein Verbraucher als Wohnungsmieter.
Das kann z.B. der Fall sein, wenn der Unternehmer Geschäfte der betreffenden
Art häufig abschließt oder innerhalb einer Gesellschaft solche Tätigkeiten
einem mit dem Mietrecht besonders vertrauten Angestellten übertragen werden.
In diesen Fällen kann der Mieter mit den Risiken eines Mietvertrages sogar
besser vertraut sein als der Vermieter und dadurch seine Interessen
hinreichend durchsetzen (zur sittenwidrig überhöhten Miete vgl. Senatsurteil
vom 14. Juli 2004 - XII ZR 352/00 -NJW 2004, 3553). Zu Recht weist das
Berufungsgericht aber darauf hin, dass diese Überlegungen für die
Zulässigkeit starrer Fristen zur Übertragung von Schönheitsreparaturen nicht
greifen. Auch ein erfahrener gewerblicher Mieter geht regelmäßig nicht davon
aus, dass er die übernommenen Schönheitsreparaturen allein nach dem starren
Zeitplan und völlig unabhängig vom Erhaltungszustand der Räume schuldet.
Selbst wenn der gewerbliche Mieter die Problematik erkennt, kann nicht ohne
weiteres unterstellt werden, dass ihm die örtliche Marktsituation die Abwehr
einer solchen - seine gesetzlichen Rechte beschneidenden - Klausel
ermöglicht (vgl. Senatsurteil vom 6. April 2005 - XII ZR 308/02 - NJW 2005,
2006 f.).
25 cc) Soweit teilweise vertreten wird, ein Geschäftsraummieter könne die
Kosten der Schönheitsreparaturen in die Preise für seine Waren und
Dienstleistungen einkalkulieren, überzeugt dies nicht. Zum einen ist bereits
zweifelhaft, ob die jeweilige Marktsituation eine solche Abwälzung erlaubt.
Zum anderen ließe sich mit dieser Argumentation jede für den
Geschäftsraummieter nachteilige Klausel rechtfertigen. Dem Mieter von
Geschäftsräumen kann auch nicht zugemutet werden, die finanziellen
Nachteile, die ihm durch eine seine gesetzlichen Rechte beschneidende
Klausel auferlegt werden, durch die mit geschäftlichen Risiken verbundene
Erhöhung seiner Preise aufzufangen. Dass in Einzelfällen ein
Geschäftsraummieter sich auf die Nachteile, die mit einer solchen Klausel
verbunden sind, einzustellen vermag, ist nicht entscheidend. Denn auch im
Verkehr mit Unternehmen ist nicht auf die Schutzbedürftigkeit im Einzelfall,
sondern auf eine überindividuelle, generalisierende Betrachtungsweise
abzustellen (Senatsurteil vom 6. April 2005 - XII ZR 308/02 - NJW 2005,
2006, 2008).
26 dd) Die Übertragung der Schönheitsreparaturen in Form einer starren
Fristenregelung hält auch nicht deswegen der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB
stand, weil der Mieter durch andere Regelungen hinreichend geschützt wäre
(so aber Eckert ZfIR 2005, 673, 674 f.). Insbesondere schließen die §§ 305
ff. BGB in ihrem Anwendungsbereich als Spezialregelung einen Rückgriff auf §
242 BGB aus. Deswegen wäre es verfehlt, die den Mieter übermäßig belastende
Renovierungsklausel für wirksam zu erachten und ihm lediglich im Einzelfall
die Berufung auf eine unangemessene Benachteiligung gemäß § 242 BGB zu
ermöglichen. Bei der Prüfung der Angemessenheit ist im Rahmen des § 307 BGB
nämlich nicht auf den Einzelfall abzustellen, sondern von einem
generalisierenden objektiven Maßstab auszugehen.
27 ee) Auch der Einwand, die Übernahme der Schönheitsreparaturen durch den
Mieter sei bei der Bemessung der Höhe des Mietzinses kalkuliert worden (vgl.
hier § 13 Nr. 1 MV), führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Zwar
kann der Wegfall der bei der Bemessung des Mietzinses berücksichtigten
Übernahme der Schönheitsreparaturen zu einer einschneidenden Störung der
Äquivalenz der wechselseitigen Leistungen führen. Dies steht der
Unwirksamkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen allerdings nicht
entgegen, weil der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen grundsätzlich
das Risiko ihrer Wirksamkeit trägt. Selbst wenn sich die Allgemeinen
Geschäftsbedingungen erst aufgrund einer Änderung der höchstrichterlichen
Rechtsprechung als unwirksam erweisen, ist ihm grundsätzlich kein
Vertrauensschutz zuzubilligen (BGH Urteile vom 5. März 2008 - VIII ZR 95/07
- NJW 2008, 1438, 1439 und vom 9. Juli 2008 - VIII ZR 181/07 - zur
Veröffentlichung bestimmt).
28 ff) Schließlich ist die Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den
Mieter in Form starrer Fristen auch nicht durch schutzwürdige Interessen des
Vermieters geboten. Soweit er wegen der nicht in die Miete einkalkulierten
Kosten und der Außendarstellung seines Mietobjekts daran interessiert ist,
dass der Mieter die übernommenen Schönheitsreparaturen auch tatsächlich
durchführt, geht dieses Interesse nicht über den am Zustand des Mietobjekts
orientierten Renovierungsbedarf hinaus.
29 Zwar kann der Vermieter daran interessiert sein, einem langwierigen
Rechtsstreit mit einer ihn treffenden Beweislast für die Notwendigkeit einer
Renovierung aus dem Weg zu gehen. Dieses legitime Interesse des Vermieters
ist aber auf andere Weise hinreichend geschützt. Wenn die Fristenregelung in
den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur für den Regelfall gelten und
Ausnahmen nach dem Erhaltungszustand zulassen würde, träfe den Mieter die
Beweislast, dass entgegen der im Vertrag genannten Frist noch keine
Renovierungsbedürftigkeit besteht. Damit wäre der Mieter in einem
Rechtsstreit über diese Frage beweisbelastet und auch für die zu erwartenden
Kosten einer Beweisaufnahme vorschusspflichtig. Weil der Formularvertrag im
Gewerberaummiet-recht regelmäßig gegenüber einem Unternehmer verwendet wird
und das Klauselverbot des § 309 Nr. 12 BGB in solchen Fällen nicht gilt (§
310 Abs. 1 BGB), wäre die damit verbundene Übertragung der Beweislast für
Umstände, die ohnehin im Einflussbereich des Mieters liegen, nicht
unwirksam. Dem Interesse des Vermieters ist damit weitgehend gedient;
jedenfalls kann ein weiter gehendes Interesse keine Renovierungspflicht ohne
Renovierungsbedarf begründen.
30 4. Die Beklagte ist auch nicht aus anderen Gründen zur Durchführung der
Schönheitsreparaturen verpflichtet.
31 a) Die Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter ist nicht
vom Umfang der durchzuführenden Schönheitsreparaturen trennbar (vgl.
insoweit Senatsurteil vom 6. April 2005 - XII ZR 158/01 - NJW-RR 2006, 84,
96 und Wolf/Eckert/Ball Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und
Leasingrechts 9. Aufl. Rdn. 373).
32 aa) Zwar darf eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die
gegen § 307 BGB verstößt, nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs nicht im Wege der so genannten geltungserhaltenden
Reduktion auf den gerade noch zulässigen Inhalt zurückgeführt und damit
aufrechterhalten werden. Lässt sich eine Formularklausel jedoch nach ihrem
Wortlaut aus sich heraus verständlich und sinnvoll in einen inhaltlich
zulässigen und in einen unzulässigen Regelungsteil trennen, so ist die
Aufrechterhaltung des zulässigen Teils nach der gleichfalls ständigen
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs rechtlich unbedenklich
(Senatsurteil vom 6. April 2005 - XII ZR 158/01 -NJW-RR 2006, 84, 86
m.w.N.).
33 bb) Hier lässt sich die Übertragung der Schönheitsreparaturen vom
Vermieter auf den Mieter allerdings nicht isoliert vom Umfang der
durchzuführenden Arbeiten beurteilen. Wäre der Umfang in Form einer starren
Fristenregelung unwirksam, verbliebe für die Verpflichtung des Mieters kein
hinreichender Rahmen. Wegen des inneren Zusammenhangs beider Aspekte wäre
eine Gesamtregelung sogar dann unwirksam, wenn eine Regelung zur Abwälzung
der Schönheitsreparaturen auf den Mieter und die für ihre Erfüllung
maßgebenden starren Fristen in zwei verschiedenen Klauseln enthalten wären
(BGH Urteil vom 22. September 2004 - VIII ZR 360/03 - NJW 2004, 3775).
Schließlich würde sich allein aus einer zulässigen Freizeichnung des
Vermieters von den ihn treffenden gesetzlichen Renovierungspflichten noch
keine Verpflichtung des Mieters zur Durchführung der Schönheitsreparaturen
ergeben.
34 b) Darauf, ob sich die unwirksame Klausel über die Übernahme der
Schönheitsreparaturen durch die Mieterin in § 13 Abs. 3.1 von der
Freizeichnung des Vermieters in § 13 Abs. 1 des Mietvertrages trennen lässt
(vgl. insoweit Senatsurteil vom 6. April 2005 - XII ZR 132/03 - NJW 2005,
2225, 2226 und BGHZ 145, 203, 212), kommt es nicht an, weil die Parteien
hier um eine Renovierungspflicht der Beklagten als Mieterin streiten.
35 5. Die Vorinstanzen haben die Klage deswegen zu Recht als unbegründet
abgewiesen.
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