Rechtsnatur des
Girovertrages; Reichweite einer transmortalen Kontovollmacht; Rückforderung nach
Auszahlung an einen Nichtberechtigten
BGH, Urteil vom 24. März
2009 - XI ZR 191/08
Fundstelle:
noch nicht bekannt
für BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
Die einem Ehepartner erteilte "transmortale"
Kontovollmacht berechtigt grundsätzlich weder zu Lebzeiten des Erblassers
noch nach seinem Tod zur Umschreibung des Kontos auf den Bevollmächtigten.
Zentrale Probleme:
Ein sehr lehrreicher Fall zur Reichweite
einer transmortalen Vollmacht: Der Erblasser gibt einem Nichterben eine
Kontovollmacht über den Tod hinaus. Damit kann der Bevollmächtigte auch nach
dessen Tod, dann als Vertreter der Erben, über das Guthaben verfügen.
Allerdings können die Erben die Vollmacht widerrufen (§ 168 S. 2 BGB). Hebt
der Bevollmächtige Beträge ab oder überweist er sie, wird die Bank damit von
der Verpflichtung aus dem Girovertrag, der als unregelmäßige Verwahrung zu
qualifizieren ist (§§ 700 i.V.m. 488 ff BGB), befreit (zur Frage des
konkludenten Widerrufs s. BGH NJW
1995, 953). Eine hiervon zu unterscheidende Frage
ist, ob der Bevollmächtigte im Verhältnis zum Erben diese Zuwendung behalten
darf, wenn er etwa das Geld für sich selbst abhebt (BGHZ 127, 239). Ein
Vollmachtmißbrauch liegt hierin grundsätzlich nicht. Hier kommen uU
Bereicherungsansprüche im Verhältnis Erbe/Bevollmächtigter in Betracht (s.
die Anm. zu BGH NJW 2004, 767).
Hier hatte aber der Bevollmächtigte das Konto des Erblassers auf sich
umschreiben lassen. Der Senat kommt zu dem Ergebnis, daß dies von der
Vollmacht nicht gedeckt war. Damit hat die Bank bei der Umschreibung des
Kontos nicht befreiend geleistet, so daß den Erben der Abspruch auf
Auszahlung des Betrages aus dem Girovertrag weiter zustand.
©sl 2009
Tatbestand:
1 Die Parteien streiten über den Umfang einer so genannten "transmortalen"
Kontovollmacht. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
2 Der am 28. Juni 2006 verstorbene Vater des Klägers (im Folgenden:
Erblasser) unterhielt zu Lebzeiten ein Girokonto bei der beklagten
Sparkasse. Am 16. Juni 2004 erteilte er seiner damaligen Ehefrau (im
Folgenden: Bevollmächtigte) eine Vollmacht über sein Konto, wozu er eine von
der Beklagten für ihre Kunden entworfene Urkunde verwendete. Dem Wortlaut
entsprechend sollte die Vollmacht auch über den Tod hinaus gelten und die
Bevollmächtigte mit ihr das Recht zur "unbeschränkte(n) Verfügung" über das
Konto erhalten. Alleinerbe des Erblassers ist der Kläger.
3 Nach dem Tod des Erblassers schrieb die Beklagte am 5. Juli 2006 das
Girokonto, welches am Todestag ein Guthaben in Höhe von 3.874,35 € aufwies,
auf Weisung der Bevollmächtigten auf deren Namen um. Die zeitlich
nachfolgenden Auszahlungsanträge des Klägers wies die Beklagte mit der
Begründung zurück, dass sie erst jetzt von seiner Erbenstellung erfahren
habe und außerdem angesichts der umfassenden Vollmacht zur Umschreibung des
Kontos berechtigt gewesen sei. Die Vollmacht wurde von dem Kläger am 19.
Januar 2007 widerrufen.
4 Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von 3.784,35 € zuzüglich
Verzugszinsen in Anspruch. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das
Landgericht hat ihr stattgegeben. Mit der - vom Berufungsgericht
zugelassenen - Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des
erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
5 Die Revision ist nicht begründet.
I.
6 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im
Wesentlichen ausgeführt:
7 Dem Kläger stehe gegen die Beklagte ein Zahlungsanspruch aus §§ 675,
667 BGB in der geltend gemachten Höhe zu. Als Alleinerbe und
Gesamtrechtsnachfolger sei er in den von dem Erblasser mit der Beklagten
geschlossenen Girovertrag eingetreten. Die auf der Weisung der
Bevollmächtigten beruhende Umschreibung des Girokontos auf ihren Namen habe
den Vertrag nicht beendet und mithin zu keinem Gläubigerwechsel geführt,
weil sie insoweit als vollmachtlose Vertreterin des Klägers gehandelt habe.
Zwar ergebe sich dies nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der
Vollmachtsurkunde. Eine Kontovollmacht berechtige den Betroffenen aber im
Allgemeinen nur zur Vornahme solcher Geschäfte, die mit einem Bankkonto
üblicherweise zusammenhingen, wie insbesondere Abhebungen oder
Überweisungen. Eine Auflösung des Kontos sowie die Übertragung des Guthabens
auf ein eigenes Konto gehörten indes nicht zu den gewöhnlichen
Kontogeschäften.
8 Der in der vorliegenden Vollmachtsurkunde verwendete Begriff der "unbeschränkte(n)
Verfügung" rechtfertige keine andere Auslegung. Nach seinem Sinn und Zweck
regele er nur die Verfügungsmacht der Bevollmächtigten über das
Kontoguthaben, nicht aber über das Konto als solches. Der Umstand, dass es
sich um eine Vollmacht unter Eheleuten handele, ändere ebenfalls nichts. Es
gebe keinen konkreten Hinweis darauf, dass der Erblasser die Absicht gehabt
habe, die Bevollmächtigte über seinen Tod hinaus finanziell abzusichern.
Denn abgesehen davon, dass der Erblasser nur ein vorformuliertes
Vollmachtsformular der Beklagten ohne jeden persönlichen Zusatz verwendet
habe, habe er die Bevollmächtigte nicht an seinem Nachlass beteiligt. Eine
gesicherte Rechtsposition hätte die Bevollmächtigte mit der Vollmacht
ohnehin nicht erworben, weil der durch die Kontoumschreibung erlangte Erlös
dem Kläger als Alleinerben zustehe. Unerheblich sei schließlich, dass die
Bevollmächtigte durch eine bloße Überweisung des Guthabens auf ein eigenes
Konto denselben wirtschaftlichen Erfolg hätte erzielen können. Maßgeblich
sei vielmehr allein, dass sie zu der tatsächlich vorgenommenen Auflösung des
Kontos nicht berechtigt gewesen sei. Die Rechtsfolgen einer Auflösung seien
zudem viel weitreichender, da mit ihr nicht nur über das Kontoguthaben,
sondern auch über den zugrunde liegenden Girovertrag verfügt werde.
II.
9 Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung stand, so dass
die Revision zurückzuweisen ist.
10 Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Zahlungsanspruch aus § 700 BGB
i.V. mit §§ 488 ff. BGB in der geltend gemachten Höhe zu. Der
Girovertrag des Erblassers, in den der Kläger als sein Alleinerbe im Wege
der Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 Abs. 1 BGB) eingetreten ist, ist durch die
von der Bevollmächtigten veranlasste Umschreibung des Girokontos auf ihren
Namen nicht aufgelöst worden, weil der damit beabsichtigte Gläubigerwechsel
von der "transmortalen" Vollmacht nicht erfasst wird.
11 1. Das Girovertragsverhältnis zwischen einer Bank oder Sparkasse und
ihrem Kunden ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag mit dienstvertraglichen
Elementen (Senatsurteil vom 11. Dezember 1990 - XI ZR 54/90, WM 1991,
317, 318 m.w.N.). Es begründet für die Vertragsparteien ein ganzes Bündel
von Rechten und Pflichten, zu denen unter anderem auch die Pflicht der Bank
oder Sparkasse gehört, für ihren Kunden ein Girokonto zu führen, in das
seine Forderungen und Verbindlichkeiten eingestellt und in regelmäßigen
zeitlichen Abständen saldiert werden. Ein Haben-Saldo des Kunden stellt eine
Forderung aus unregelmäßiger Verwahrung im Sinne des § 700 BGB i.V. mit §§
488 ff. BGB dar (Senatsurteile BGHZ 131, 60, 63 f. und vom 15. Juni 1993
- XI ZR 133/92, WM 1993, 1585, 1586). Da ausschließlich der Kläger den
Erblasser beerbt hat, ist er alleiniger Inhaber des Girokontos und
infolgedessen Gläubiger der am Todestag (28. Juni 2006) bestehenden
Forderung über 3.874,35 € geworden.
12 2. Entgegen der Ansicht der Revision ist der Auszahlungsanspruch des
Klägers durch die Auflösung und Umschreibung des Girokontos nicht erloschen.
13 a) Das Berufungsgericht ist im Wege der Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu
der Überzeugung gelangt, dass die Bevollmächtigte nicht berechtigt war, das
Konto nach dem Tode des Erblassers ohne Zustimmung oder Genehmigung des
Klägers auf sich umschreiben zu lassen und auf diese Weise einen
Gläubigerwechsel herbeizuführen.
14 aa) Die Auslegung individueller Erklärungen - wie hier der "transmortalen"
Vollmacht - ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Dessen Auslegung bindet
das Revisionsgericht nur dann nicht, wenn sie gesetzliche oder allgemein
anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze, allgemeine Erfahrungssätze oder
Verfahrensvorschriften verletzt (st. Rspr., siehe etwa Senat BGHZ 139, 357,
366; BGH, Urteile vom 17. Januar 2007 - VIII ZR 37/06, WM 2007, 562, Tz. 15
und vom 6. November 2007 - VI ZR 182/06, WM 2008, 202, Tz. 19, jeweils m.w.N.).
Das ist hier nicht der Fall.
15 bb) Eine Kontovollmacht gibt dem Bevollmächtigten, wie das
Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben hat, im Allgemeinen nicht das
Recht, das Konto ohne Beteiligung des Vollmachtgebers aufzulösen oder auf
eine andere Art und Weise in dessen Vertragsstellung einzugreifen. So hat
der erkennende Senat sogar für die Umwandlung eines OderKontos in ein
Und-Konto entschieden, dass die Veränderung der vertraglichen Rechtsstellung
eines Konto-(Mit-)Inhabers im Allgemeinen eine Einigung der Bank oder der
Sparkasse mit allen betroffenen Kontoinhabern voraussetzt (Senatsurteil vom
30. Oktober 1990 - XI ZR 352/89, WM 1990, 2067, 2068; siehe ferner BGH,
Urteil vom 9. November 1992 - II ZR 219/91, WM 1993, 141, 143). In der
instanzgerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur besteht daher
Einigkeit darüber, dass der Inhaber einer Kontovollmacht, der - anders als
etwa der Mitinhaber eines Oder-Kontos - selbst nicht Forderungsinhaber ist,
grundsätzlich nicht befugt ist, die vertragliche Rechtsstellung des
vertretenen Kontoinhabers aufzuheben oder zu verändern (OLG Hamm, WM 1995,
152, 153; Erman/Palm, BGB 12. Aufl., § 167 Rn. 32a; Palandt/Heinrichs, BGB,
68. Aufl., § 167 Rn. 9; PWW/Frensch, BGB, 3. Aufl., § 167 Rn. 25; Soergel/Leptien,
BGB, 13. Aufl., § 167 Rn. 43; vgl. auch OLG Düsseldorf, WM 1983, 547, 548
sowie OLG Frankfurt am Main, WM 1985, 1199, 1200; Schramm in Schimansky/Bunte/Lwowski,
Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl., § 32 Rn. 48).
16 cc) Bei einer "transmortalen" Kontovollmacht unter Eheleuten, wie sie
hier in Frage steht, ergibt sich entgegen der Ansicht der Revision keine
andere rechtliche Beurteilung.
17 (1) Allerdings wird in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und
Literatur zum Teil die Meinung vertreten, dass der bevollmächtigte
Ehepartner in aller Regel berechtigt sei, das Konto des Vollmachtgebers nach
dessen Tod auf sich umschreiben zu lassen (so OLG Hamm, aaO; zustimmend
Schramm, aaO). Bei einer "transmortalen" Vollmacht stehe in aller Regel der
Wille der Beteiligten im Vordergrund, den überlebenden Teil mit Hilfe der
Vollmacht finanziell abzusichern. Diese Absicherung wäre jedoch ohne eine
entsprechende Befugnis des Bevollmächtigten gefährdet, weil der Erbe die
Vollmacht jederzeit widerrufen könne. Die Angemessenheit einer solchen
Auslegung zeige sich daran, dass der Bevollmächtigte nicht nur durch eine
Umwandlung des Kontos auf das Guthaben zugreifen könne, sondern es dazu nur
einer durch die "trans-mortale" Vollmacht zweifellos gedeckten Überweisung
des Guthabens auf ein eigenes Konto bedürfe.
18 (2) Dem ist jedoch nicht zu folgen (ablehnend auch Erman/Palm, BGB, 12.
Aufl., § 167 Rn. 32a; Soergel/Leptien, BGB, 13. Aufl., § 167 Rn. 43; Palandt/Heinrichs,
BGB, 68. Aufl., § 167 Rn. 9; PWW/Frensch, BGB, 3. Aufl., § 167 Rn. 25).
19 (a) Zwar will der Vollmachtgeber seinen Ehepartner mit Hilfe der
Kontovollmacht über den Tod hinaus gewöhnlich in die Lage versetzen,
bestimmte Rechtshandlungen unabhängig von dem Willen des Erben vornehmen zu
können. Bis zum Widerruf der Vollmacht durch den Erben
soll daher im Zweifel allein der ausdrückliche oder mutmaßliche Wille des
Erblassers und nicht der des Erben für den Bevollmächtigten maßgeblich sein
(Senat BGHZ 127, 239, 244 f.; siehe ferner BGH, Urteil vom 18. April 1969 -
V ZR 179/65, NJW 1969, 1245, 1247; Gößmann in Schimansky/Bunte/Lwowski,
Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl., § 30 Rn. 49 f.). Daraus ist aber entgegen der
Auffassung der Revision nicht im Wege der Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu
schließen, dass die Bevollmächtigte nach dem Willen des Erblassers das Recht
erwerben sollte, nach dessen Tod im Wege der Umwandlung des Girokontos einen
Gläubigerwechsel zum Nachteil des Klägers als Alleinerben herbeizuführen.
20 (b) Einen Anlass zur Erteilung einer widerruflichen Vollmacht über
den Tod hinaus oder nach dem Tode bietet nicht die Überlegung, auf diese Art
und Weise für eine gewisse finanzielle Absicherung des überlebenden
Ehegatten zu sorgen. Zwar können verschiedene Gründe hinter dem Vorgehen des
Erblassers stehen, wie etwa, dass die Bevollmächtigung des Ehepartners sich
einfacher und schneller erledigen lasse als eine Testamentserrichtung.
Ferner kann es der Wunsch des Erblassers gewesen sein, dass der
Bevollmächtigte die Vermögensverwaltung im Interesse des Erben weiterführen
soll (vgl. Müller-Freienfels, Die Vertretung beim Rechtsgeschäft, 1955, S.
319 zur "postmortalen" Generalvollmacht). Mit dem Erbfall wird aber der Erbe
der Herr des Nachlasses. Er kann die Vollmacht jederzeit widerrufen und dem
Bevollmächtigten aufgrund des der Vollmacht in aller Regel zugrunde
liegenden Auftrags nach § 665 BGB bestimmte Weisungen erteilen. Zudem hat
der Bevollmächtigte von sich aus zu beachten, dass er nach dem Erbfall zur
Vertrauensperson des Erben geworden ist und als solche nach Treu und Glauben
nicht ermächtigt ist, Handlungen vorzunehmen, die den schutzwürdigen
Interessen des Erben zuwiderlaufen oder deren Kenntnis diesen vermutlich zum
vorzeitigen Widerruf der Vollmacht veranlasst hätte (siehe auch
Müller-Freienfels, aaO, S. 320). Um den überlebenden Ehepartner in gewisser
Weise finanziell abzusichern, gibt es für den anderen Teil weitaus geeignetere Mittel wie etwa die Erbeinsetzung, die Aussetzung eines
Vermächtnisses oder die Schenkung unter Lebenden bzw. von Todes wegen.
21 (c) Der Hinweis darauf, dass der bevollmächtigte Ehepartner auf
das gesamte Guthaben zugreifen könne, indem er sich dieses von der Bank oder
Sparkasse auf sein eigenes Konto überweisen lasse (so OLG Hamm, WM 1995,
152, 153; Schramm in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 3.
Aufl., § 32 Rn. 48), rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung. Zwar
gibt die Vollmacht dem Ehepartner grundsätzlich das Recht, über das Guthaben
in einer Weise zu seinen Gunsten zu verfügen, die ihn wirtschaftlich im
Ergebnis so stellt, als wenn das Konto auf ihn umgeschrieben wird. Ein Vollmachtsmissbrauch ist darin im Allgemeinen nicht zu sehen
(siehe dazu
Senat BGHZ 127, 239, 244 f.). Dies besagt aber nicht, dass die
Bevollmächtigte den Erblasser oder den Kläger als seinen Erben durch eine
Umwandlung des Kontos aus der girovertraglichen Rechtsstellung verdrängen
und einen Gläubigerwechsel herbeiführen durfte. Hiergegen spricht auch, dass
ein solcher Wille des Erblassers nach der allgemeinen Lebenserfahrung für
gewöhnlich in der Vollmachtsurkunde klar und deutlich zum Ausdruck kommt.
Die für das Schadensersatzrecht entwickelte Rechtsfigur des sogenannten
rechtmäßigen Alternativverhaltens, auf die sich die Revision in diesem
Zusammenhang beruft, ist dem allgemeinen Vertretungsrecht fremd und kommt
deshalb als Auslegungshilfe nicht in Betracht.
22 (3) Die Auslegung des Berufungsgerichts setzt sich auch nicht, wie die
Revision meint, über den klaren Wortlaut der vorliegenden Vollmachtsurkunde
hinweg. Zwar mag der in ihr verwendete Begriff der "unbeschränkte(n)
Verfügung" für sich genommen mehrdeutig sein. Es ist aber fern liegend,
anzunehmen, dass der Erblasser der Bevollmächtigten mit dieser Formulierung
nicht nur eine uneingeschränkte Verfügungsgewalt über ein etwaiges Guthaben,
sondern darüber hinaus das wesentlich weiterreichende Recht zur Auflösung
und Umschreibung des Girokontos, sei es schon zu Lebzeiten oder erst nach
seinem Tod, einräumen wollte. Dies gilt, worauf auch das Berufungsgericht
zutreffend hingewiesen hat, umso mehr, als der Erblasser die von der
Beklagten für ihre Kunden entworfene Vollmachtsurkunde ohne jeden eigenen
Zusatz verwendet hat. Dass die Beklagte dem streitigen Begriff "der
unbeschränkte(n) Verfügung" eine andere rechtliche Bedeutung beigemessen hat
und dies auch von dem Erblasser als Verwender der Urkunde erwarten konnte,
ist von ihr auch nicht geltend gemacht worden.
23 b) Entgegen der Ansicht der Revision ist die vollmachtlose und mangels
Genehmigung des Klägers nichtige Umwandlung des Girokontos auch nicht gemäß
§ 140 BGB in die Errichtung eines eigenen Kontos der Bevollmächtigten sowie
in eine Überweisung des Guthabens aufgrund eines den Kläger nach
Vertretungsrecht zurechenbaren Überweisungsauftrags umzudeuten. Dabei kann
dahinstehen, ob es sich bei der Umschreibung eines Kontos um eine
Vertragsübernahme (so Gößmann in Schimansky/Bunte/Lwowski,
Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl., § 29
Rn. 30), eine Abtretung (siehe Canaris, Bankvertragsrecht, 3. Aufl., Rn.
181) oder um eine Löschung des alten und eine Eröffnung des neuen Kontos
handelt (siehe BGH, Urteil vom 13. Juni 1983 - II ZR 226/82, WM 1983, 834,
835; vgl. auch OLG Düsseldorf, WM 1983, 547, 548). Dies ist hier schon
deshalb nicht entscheidend, weil die Löschung des Kontos - anders als
offenbar die Revision annimmt - kein eigenständiger, sondern ein fester und
unabtrennbarer Bestandteil der auf einen Gläubigerwechsel gerichteten
Umwandlung des Girokontos ist. Davon abgesehen hat § 140 BGB nicht den
Zweck, einem nichtigen Rechtsgeschäft durch eine im Wege einer bloßen
Fiktion erfolgende Nachholung fehlender Rechtshandlungen, wie sie im
vorliegenden Streitfall in der Errichtung eines eigenen Kontos seitens der
Bevollmächtigten und in der Überweisung des Guthabens bestünden, zur
Wirksamkeit zu verhelfen (vgl. RG, JW 1938, 44, 45).
24 3. Die Zahlungsforderung des Klägers gegen die Beklagte besteht
schließlich auch in der geltend gemachten Höhe von 3.784,35 €.
25 Zwar kommt es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht darauf an,
dass das Girokonto am Todestag des Erblassers (28. Juni 2006) ein Guthaben
von 3.874,35 € aufwies. Denn da der Kläger die Vollmacht erst am 19. Januar
2007 widerrufen hat, hätte die Bevollmächtigte bis zu diesem Tage als seine
Vertreterin gemäß §§ 164 ff. BGB wirksam über das Kontoguthaben verfügen
können. Daraus vermag die Beklagte aber nichts für sich herzuleiten. Im
Gegenteil ist ausweislich der von ihr selbst vorgelegten
Kontoauflösungsurkunde davon auszugehen, dass das Guthaben zum Zeitpunkt der
Umschreibung des Kontos auf die Bevollmächtigte am 5. Juli 2006 sogar höher
war als einen Monat
zuvor. Ob die Bevollmächtigte in der Folgezeit über ihr eigenes Konto
verfügt hat, kann dahin gestellt bleiben, weil sie hierbei ersichtlich nicht
mehr im Namen des Erblassers oder des Klägers gehandelt hätte. |