Rechtsfolgen vorübergehender Unmöglichkeit; Anwendbarkeit von § 275 I BGB; Verpflichtung zum Ersatz des Verzugsschadens; Voraussetzungen einer Stundung durch privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakt; Bedeutung der Gesetzesmaterialien für die Auslegung von Gesetzen


BGH, Urteil vom 12. März 2013 - XI ZR 227/12 - OLG Frankfurt/Main


Fundstelle:

NJW 2013, 3437
BGHZ 197, 21


Amtl. Leitsatz:

a) Ein von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht erlassenes vorübergehendes Zahlungsverbot nach § 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KWG in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung, das seit dem 1. Januar 2011 mit lediglich modifizierten Eingriffsvoraussetzungen in § 46 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG geregelt ist, entfaltet keine Stundungswirkung.
b) Die Anordnung des Zahlungsverbots führt nur zu einem vorübergehenden Leistungshindernis für die Erfüllung der Zahlungsansprüche der Gläubiger analog § 275 Abs. 1 BGB. Das erlaubt die Geltendmachung von Verzugszinsansprüchen für die Dauer des Zahlungsverbots.


Zentrale Probleme:

Die Entscheidung hat einen sehr speziellen bankaufsichtsrechtlichen Hintergrund, der für das Studium allenfalls im Schwerpunktbereich relevant sein kann. Sie kommt dabei aber zu einer Frage des allgemeinen Leistungsstörungsrechts von grundlegendem Interesse: In der Folge eine Zahlungsverbots der Kreditaufsicht nach § 46a KWG geht es um die Frage, ob der Schuldner in einem solchen Fall eines vorübergehenden Leistungshindernisses nach § 275 I BGB von der Leistung befreit ist und damit - mangels fälliger Forderung - auch nicht zur Zahlung von Verzugszinsen verpflichtet ist (s. dazu bei Tz. 26 und Tz. 52). Der BGH wiederholt seine bereits in BGH v. 16.9.2010 - IX ZR 121/09 sowie in BGH NJW 2007, 3777 geäußerte Auffassung, dass in einem solchen Fall eine Klage lediglich als "derzeit" unbegründet abzuweisen ist (s. dazu die Anm. zu dem genannten Entscheidungen). Die Fälligkeit des Anspruchs wird durch ein solches Zahlungsverbot aber nicht gehindert, es hat also keine Stundungswirkung. Das hat zur Folge, dass Verzugsschaden zu ersetzen ist, wobei der Senat offen lässt, ob dieser dann auf §§ 280 I, II, 286 BGB (verschuldete Verzögerung) oder direkt auf § 280 I BGB (verschuldete einstweilige Unmöglichkeit) zu stützen ist. Von methodischem Interesse ist auch die Frage der Bedeutung der Entstehungsgeschichte eines Gesetzes und den Gesetzesmaterialien für die Gesetzesauslegung, s. dazu bei Tz. 37.

©sl 2013


Tatbestand:

1 Die Klägerin begehrt von dem Beklagten als Insolvenzverwalter über das Vermögen der L. AG (im Folgenden: Schuldnerin) die Feststellung von Verzugszinsforderungen zur Insolvenztabelle.

2 Die Klägerin - eine Landeshauptstadt - tätigte bei der Schuldnerin im Jahr 2008 Termingeldeinlagen im Umfang von insgesamt 22 Millionen €. Die angelegten Gelder wurden am 15. September 2008, am 25. September 2008 und am 26. September 2008 nebst den jeweils vereinbarten Vertragszinsen zur Auszahlung fällig.

3 Am 15. September 2008 beantragte die Muttergesellschaft der Schuldnerin, die L. Inc., in den USA Gläubigerschutz nach Chapter 11 des Bankruptcy Codes. Mit Bescheid vom selben Tage verhängte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (im Folgenden: BaFin) gegenüber der Schuldnerin zur Vermeidung eines Insolvenzverfahrens ein vorübergehendes Veräußerungs- und Zahlungsverbot gemäß § 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KWG in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung (im Folgenden: § 46a KWG aF). Außerdem verbot die BaFin der Schuldnerin mit sofortiger Wirkung, Zahlungen entgegenzunehmen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die angeordneten Maßnahmen seien erforderlich, um der akuten Insolvenzgefahr der Schuldnerin zu begegnen. Die zukünftige Refinanzierung stehe bei Eröffnung des Gläubigerschutzverfahrens gegen die Muttergesellschaft oder einer entsprechenden Maßnahme gegen die mit der Schuldnerin verbundene britische L. (Europe) in Frage. Wegen des verhängten Zahlungsverbots zahlte die Schuldnerin weder die Termingelder noch die Vertragszinsen zu den vertraglich vereinbarten Fälligkeitszeitpunkten an die Klägerin aus.

4 Die Insolvenz der Schuldnerin konnte trotz der von der BaFin verhängten Maßnahmen nicht verhindert werden. Am 13. November 2008 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren wegen Überschuldung eröffnet. Zugleich wurde der Beklagte zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin bestellt. Am 22. Januar 2009 meldete die Klägerin die Termingelder nebst Vertragszinsen in einer Gesamthöhe von 22.384.987,11 € sowie Verzugszinsen in Höhe von 195.418,48 € zur Insolvenztabelle an.

5 In der Folge wurde die Klägerin in Höhe der eingelegten Termingelder und der Vertragszinsen im Rahmen der Einlagensicherung entschädigt. Insoweit nahm sie ihre Forderungsanmeldung zurück, hielt diese aber hinsichtlich der Verzugszinsen aufrecht. Der Beklagte bestritt die Verzugszinsforderung mit der Begründung, das Zahlungsverbot habe Stundungswirkung, so dass keine Verzugszinsen geschuldet seien.

6 Das Landgericht hat der daraufhin erhobenen Klage auf Feststellung der angemeldeten Verzugszinsforderung zur Insolvenztabelle stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht - zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

7 Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

I.

8 Das Berufungsgericht, dessen Urteil in WM 2012, 2390 veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen folgendes ausgeführt:

9 Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Feststellung ihrer Zinsforderung zur Insolvenztabelle. Ein Anspruch auf die geltend gemachten Zinsen ergebe sich weder unter dem Gesichtspunkt des Verzugs noch unter dem des Schadensersatzes wegen vorübergehender Unmöglichkeit. Voraussetzung für beide Ansprüche sei die Fälligkeit des Anspruchs der Klägerin auf Zahlung der Termineinlagen. Auf Grund des von der BaFin am 15. September 2008 verhängten Veräußerungs- und Zahlungsverbots nach § 46a KWG aF seien die Termingelder jedoch nicht zur Zahlung fällig geworden.

10 Die Wirkung des behördlich angeordneten Veräußerungs- und Zahlungsverbots gemäß § 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KWG aF sei umstritten. Die herrschende Meinung in der Literatur nehme an, dass dieses auf die Verhältnisse des betroffenen Kreditinstituts zu seinen Kunden insofern einwirke, als es die Wirkung einer Stundung entfalte. Dieser Auffassung sei unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens zu folgen. Der Gesetzgeber habe in den Gesetzesbegründungen zu § 46a KWG aF und zum Vierten Finanzmarktförderungsgesetz zum Ausdruck gebracht, dass die Wirkung einer Stundung auch ohne eine Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner eintreten solle. Durch das behördlich angeordnete Veräußerungs- und Zahlungsverbot sei das Kreditinstitut - wie bereits das Reichsgericht entschieden habe (RGZ 112, 348, 350) -nicht mehr in der Lage zu zahlen und könne sich darauf auch gegenüber dem Gläubiger berufen. Das schließe eine Pflichtverletzung aus.

11 Die Annahme einer Stundung entspreche auch dem Gesetzeszweck. Das Veräußerungs- und Zahlungsverbot diene unter anderem der Ermöglichung der Sanierung des Kreditinstituts, was sich auch aus der in § 46a Abs. 1 KWG aF verwendeten Formulierung "zur Vermeidung eines Insolvenzverfahrens" ergebe. Durch die Anordnung des sogenannten vorübergehenden Moratoriums nach § 46a Abs. 1 KWG aF solle den beteiligten Wirtschaftskreisen Zeit für Überlegungen und entsprechende Maßnahmen gegeben werden. Insbesondere sollten die nicht durch die Einlagensicherung geschützten Gläubiger, also vor allem andere Kreditinstitute, während des Moratoriums prüfen, ob sie die offene Insolvenz durch geeignete Maßnahmen verhindern wollen. Damit korreliere es, wenn dem Kreditinstitut gleichsam eine "Verschnaufpause" für Sanierungsverhandlungen verschafft werde. Dem stünden sowohl ein "Weiterlaufen" der Zinsen zu Lasten der verbleibenden Vermögenswerte als auch nachträglich geltend gemachte Schadensersatzansprüche entgegen, mit denen bei Sanierungsüberlegungen und -verhandlungen schon gerechnet werden müsse.

12 Zwar erlaube § 47 KWG - anders als § 46a KWG aF - ausdrücklich, durch Rechtsverordnung einen "Aufschub für die Erfüllung der Verbindlichkeiten" anzuordnen und die weitergehenden Rechtsfolgen nach bürgerlichem Recht zu regeln. Die Diskrepanz zwischen beiden Vorschriften weise aber in Anbetracht des Umstands, dass es sich hierbei um eine Regelungsungenauigkeit des Gesetzgebers handeln könne, nicht zwingend darauf hin, dass § 46a KWG aF die zivilrechtlichen Konsequenzen des Zahlungsverbots im Unterschied zu § 47 KWG nicht bestimme. Schließlich habe der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung zu erkennen gegeben, welche Rechtsfolgen er dem Ver-äußerungs- und Zahlungsverbot nach § 46a KWG aF zukommen lassen wolle. Auch sei angesichts der Tatsache, dass der Gesetzgeber die Überführung des § 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KWG aF in den nunmehr geltenden § 46 KWG nicht zum Anlass für eine klarstellende Regelung genommen habe, darauf zu schließen, dass dem gesetzgeberischen Anliegen durch die zu § 46a KWG aF vertretene Meinung ausreichend Rechnung getragen worden sei. Auf die Frage, ob die Schuldnerin die Nichtzahlung zu vertreten habe, komme es mithin nicht an.

II.

13 Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat den Verzugszinsanspruch der Klägerin zu Unrecht mit der Begründung abgelehnt, das von der BaFin erlassene Zahlungsverbot nach § 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KWG aF habe Stundungswirkung. Die Anordnung des vorübergehenden Zahlungsverbots führte richtigerweise nur zu einem vorübergehenden Leistungshindernis. Dieses ließ die Leistungszeit für die Erfüllung der Ansprüche der Klägerin, gerichtet auf Auszahlung der Termingeldeinlagen nebst den vereinbarten Vertragszinsen (§ 488 Abs. 1 Satz 2 BGB), unberührt und bewirkte lediglich eine vorübergehende rechtliche Unmöglichkeit analog § 275 Abs. 1 BGB. Das erlaubt die Geltendmachung von Verzugszinsansprüchen.

14 1. Nach § 46a Abs. 1 Satz 1 KWG aF konnte die BaFin bei bestehender Insolvenzgefahr zur Vermeidung eines Insolvenzverfahrens vorübergehend ein Veräußerungs- und Zahlungsverbot an ein Kreditinstitut erlassen (Nr. 1), die Schließung des Instituts für den Verkehr mit der Kundschaft anordnen (Nr. 2) sowie die Entgegennahme von Zahlungen verbieten (Nr. 3), sofern nach § 46 Abs. 1 Satz 1 KWG aF entweder die Erfüllung der Verpflichtungen des Kreditinstituts gegenüber seinen Gläubigern gefährdet war oder Zweifel an einer wirksamen Aufsicht bestanden. Die zivilrechtlichen Wirkungen des Zahlungsverbots nach § 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KWG aF, das seit dem 1. Januar 2011 mit lediglich modifizierten Eingriffsvoraussetzungen in § 46 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG nF geregelt ist (Art. 2 Nr. 10, Nr. 11, Art. 17 Satz 2 des Restrukturierungsgesetzes, BGBl. I 2010, 1900, 1911, 1932), für die Fälligkeit der gegen das Kreditinstitut gerichteten Forderungen werden in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt.

15 a) Die ganz überwiegende Auffassung in der Literatur geht davon aus, das Zahlungsverbot nach § 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KWG aF sei ein privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt, der die Stundung sämtlicher gegen das Kreditinstitut gerichteter Forderungen bewirke. Ansprüche der Gläubiger seien daher während der Dauer des Zahlungsverbots nicht fällig; Sekundäransprüche mangels Fälligkeit ausgeschlossen (Kokemoor in Beck/Samm/Kokemoor, KWG, Dezember 2009, § 46a Rn. 28 f.; ders., WM 2005, 1881, 1886 f.; Fischer in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 133 Rn. 20; ders., EWiR 2012, 709, 710; Haß/Herweg in Schwennicke/Auerbach, KWG, § 46a Rn. 22 f., 50; Becker in Reischauer/Kleinhans, KWG, Erg.-Lfg. 6/09, § 46a Rn. 5; Nirk, KWG, 13. Aufl., S. 64 f.; Pannen, Krise und Insolvenz bei Kreditinstituten, 3. Aufl., Kap. 1 Rn. 83 ff.; Schaaf, GWR 2012, 188; Schwenk, jurisPR-BKR 6/2008 Anm. 6; Haug in Szagunn/Haug/Ergenzinger, KWG, 6. Aufl., § 46a Rn. 4a; Willemsen in Luz/Neus/ Scharpf/Schneider/Weber, KWG, § 46a Rn. 10 f.; Zietsch, WM 2007, 954, 956 f.). Dabei stützt sich die herrschende Auffassung maßgeblich auf die Begründung des Berichts des Finanzausschusses zu § 46a KWG aF (BT-Drucks. 7/4631, S. 8) und die Begründung des Regierungsentwurfs zum Vierten Finanzmarktförderungsgesetz (BT-Drucks. 14/8017, S. 141). Zudem wird darauf verwiesen, dass bereits das Reichsgericht in seiner Entscheidung vom 22. Januar 1926 (RGZ 112, 348, 350 f.) für die Parallelregelung im Versicherungsaufsichtsrecht nach § 69 VAG aF (§ 89 Abs. 1 Satz 2 VAG nF) angenommen habe, das Zahlungsverbot bedeute eine von der zuständigen Behörde bewilligte Stundung (ebenso RArbG, JW 1933, 796 f.; OLG Stettin, VerAfP 24, 185, 186; aA KG, JRPV 1931, 30, 31).

16 b) Demgegenüber lehnt die Gegenauffassung, der sich das Landgericht angeschlossen hat (LG Frankfurt/Main, WM 2012, 403), eine Stundung im Wesentlichen unter Hinweis auf den Gesetzeswortlaut, die nur knappe Erwähnung einer Stundungswirkung in den Gesetzesmaterialien, Wertungsgesichtspunkte und den systematischen Vergleich der Vorschrift mit § 47 KWG ab (Lindemann in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 4. Aufl., § 46 Rn. 92 ff.; Binder, Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht, 2005, S. 314 ff.; ders., EWiR 2012, 295, 296; Geier, ZBB 2010, 289, 290; Huber, Die Normen des Kreditwesengesetzes zur Verhinderung einer Bankinsolvenz und ihre Auswirkungen auf das Giroverhältnis, 1987, S. 127 ff.; Neef, Einlagensicherung bei Bankinsolvenzen, 1980, S. 202 f.; Beck, WM 2013, 301, 302 f.; Blank, GWR 2012, 353; Manfred Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 8. Aufl., Rn. 1.779 f.; Manfred Obermüller/Martin Obermüller, Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 3. Aufl., Kap. 44 Rn. 39 f.). Gegen eine Stundungswirkung spreche zudem ein Vergleich mit insolvenzrechtlichen Vorschriften, insbesondere mit den § 46a KWG aF funktional entsprechenden Sicherungsmaßnahmen im Insolvenzeröffnungsverfahren gemäß § 21 InsO (Binder, aaO, S. 315 f.; ders., EWiR 2012, 295, 296; Beck, WM 2013, 301, 302 f.). Das Zahlungsverbot stelle daher nur ein vorübergehendes Hindernis für die Erfüllung der Zahlungspflichten des Kreditinstituts dar. Verzögerungsschäden seien ersatzfähig, sofern das Kreditinstitut den Erlass des Verbotes zu vertreten habe (Huber, aaO, S. 138 ff.; Neef, aaO, S. 202 f.; Binder, EWiR 2012, 295, 296; ebenso zu § 69 VAG aF LG Stettin, VerAfP 23, 121, 123).

17 2. Die letztgenannte Auffassung trifft zu. Einer Stundungswirkung steht unter Berücksichtigung der Tatsache, dass eine durch Verwaltungsakt bewirkte Stundung einen Eingriff in Gläubigerrechte darstellt, maßgeblich der Wortlaut des § 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KWG aF, aber auch die Gesetzessystematik entgegen. Eine Stundungswirkung kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts weder allein auf die Gesetzesmaterialien zu § 46a KWG aF noch auf Sinn und Zweck der Regelung gestützt werden.

18 a) Eine Stundung bewirkt nach allgemeinem Verständnis das Hinausschieben der durch Parteivereinbarung oder durch Gesetz bestimmten Fälligkeitszeitpunkte (vgl. BGH, Urteil vom 6. April 2000 - IX ZR 2/98, NJW 2000, 2580, 2582 mwN). Sie kommt im Regelfall durch Parteivereinbarung zustande, kann aber auch - wie das Berufungsgericht im Ansatz zu Recht erkannt hat -durch Gesetz, durch Richterspruch (§ 1382, § 1613 Abs. 3, § 2331a BGB) oder durch privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakt angeordnet werden (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 271 Rn. 12; MünchKommBGB/Krüger, 6. Aufl., § 271 Rn. 21; Staudinger/Bittner, BGB, Neubearbeitung 2009, § 271 Rn. 10). Jedoch bedarf eine hoheitlich angeordnete Stundung, wie das Berufungsgericht nicht ausreichend berücksichtigt hat, einer besonderen Legitimation, da private Rechtsverhältnisse "von hoher Hand" geregelt werden (Gernhuber, HdbSchR, Die Erfüllung und ihre Surrogate, 2. Aufl., S. 76; vgl. Huber, aaO, S. 132 f.). Dies gilt nach dem Grundsatz des Gesetzesvorbehalts insbesondere dann, wenn - wie hier in Rede steht - durch privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakt, der nicht nur beeinflussend für das Privatrecht wirkt, final auf bestehende privatrechtliche Vereinbarungen "durchgegriffen" wird und vertraglich begründete Rechte und Pflichten abgeändert werden (zum Begriff VGH Kassel, WM 2009, 1889, 1895; Manssen, Privatrechtsgestaltung durch Hoheitsakt, 1994, S. 7, 22, 24 f., 32, 125, 285).

19 aa) Die hoheitliche Anordnung einer Stundung verkürzt einfachgesetzliche Gläubigerrechte in schwerwiegenderer Weise als eine bloße zeitweilige Undurchsetzbarkeit fälliger Forderungen. Denn sie ändert darüber hinaus die vereinbarte Leistungszeit ab und schließt die spätere Geltendmachung von Verzugsschäden aus, obwohl die Kunden des Kreditinstituts für dessen Schieflage keine Veranlassung gegeben haben. Sie stellt damit zugleich einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in die grundrechtlich geschützte Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG), aber auch in die verfassungsrechtlich gewährleistete Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) dar (vgl. Lindemann in Boos/Fischer/ Schulte-Mattler, KWG, 4. Aufl., § 46 Rn. 144; allg. Manssen, aaO, S. 125, 229). Die Eigentumsgarantie schützt zwar nicht das Vermögen als solches. Dem Schutzbereich unterfallen aber Forderungen und vermögenswerte Ansprüche des Privatrechts aller Art (vgl. BVerfGE 83, 201, 208 f.; 105, 17, 30, 32; 112, 93, 107 f.; Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl., Art. 14 Rn. 8 mwN).

20 bb) Eine durch privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakt bewirkte Stundung verlangte daher wie jeder andere Verwaltungsakt im Bereich der Eingriffsverwaltung eine den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes (Art. 20 Abs. 3 GG) genügende, klare gesetzliche Ermächtigungsgrundlage (allg. Landessozialgericht NRW, Urteil vom 29. März 2004 - L 3 P 65/02, juris Rn. 22; Manssen, aaO, S. 282, 285; vgl. auch Neef, aaO, S. 202; Huber, aaO, S. 132; aA Fischer, EWiR 2012, 709, 710). Dass sich die Klägerin als juristische Person des öffentlichen Rechts nach Art. 19 Abs. 3 GG nicht auf den Schutz der in Rede stehenden Grundrechte berufen kann (vgl. BVerfGE 61, 82, 105), ist insoweit ohne Belang. Denn ob § 46a KWG aF eine den Bestimmtheitsanforderungen genügende Ermächtigungsgrundlage für die Annahme einer durch privat-rechtsgestaltenden Verwaltungsakt bewirkten Stundung darstellt, kann nur einheitlich für sämtliche, private wie öffentlich-rechtliche, Gläubiger beurteilt werden.

21 cc) Voraussetzung für die Annahme einer Stundung wäre danach, dass § 46a KWG aF als ermächtigendes Gesetz nicht nur Inhalt, Gegenstand und Zweck, sondern - was die Revisionserwiderung verkennt - auch die Stundungswirkung als Ausmaß des Zahlungsverbots hinreichend bestimmte (allg. BVerfGE 8, 274, 325 f.). Aus der ermächtigenden Norm muss sich zwar nicht ausdrücklich ergeben, ob und inwieweit in den Rechtskreis des Einzelnen eingegriffen wird. Anwendungsbereich und Reichweite der Norm müssen aber in zumutbarer Weise erkennbar sein und sich im Wege der Auslegung mit Hilfe anerkannter Auslegungsregeln feststellen lassen (vgl. BVerfGE 8, 274, 307; 9, 137, 147; 116, 24, 54; BVerfG, NVwZ 2007, 1172, 1173). Maßgebend ist dabei der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang, in den diese hineingestellt ist, unter Heranziehung der Entstehungsgeschichte ergibt (BVerfGE 8, 274, 307; BGH, Urteil vom 30. Juni 1966 - KZR 5/65, BGHZ 46, 74, 76; BGH, Beschluss vom 19. April 2012 - I ZB 80/11, GRUR 2012, 1026 Rn. 30 mwN).

22 b) Gemessen hieran begegnet die Annahme des Berufungsgerichts, dem Zahlungsverbot nach § 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KWG aF komme privatrechtsgestaltende Stundungswirkung zu, durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

23 aa) Eine durch das Zahlungsverbot bewirkte Stundung sämtlicher gegen die Schuldnerin gerichteter Forderungen findet im Wortlaut des § 46a KWG aF keine Stütze (Geier, ZBB 2010, 289, 290; Binder, EWiR 2012, 295, 296).
24 (1) § 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KWG aF ermächtigt die BaFin, wie bereits ausgeführt, lediglich dazu, dem in Schieflage geratenen Kreditinstitut bei bestehender Insolvenzgefahr vorübergehend die Vornahme von Zahlungen zu verbieten, um ein Insolvenzverfahren zu vermeiden. Demgegenüber ist von der Rechtsfolge einer Stundung als Ausmaß des Zahlungsverbots ebenso wenig die Rede wie von einer Befugnis der BaFin, vertragsändernd in die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kreditinstitut und seinen Gläubigern einzugreifen. § 46a KWG aF erwähnt den Begriff der "Stundung" weder ausdrücklich noch wird auf eine Stundungswirkung durch die Verwendung vergleichbarer Begriffe wie etwa einen durch das Zahlungsverbot bewirkten "Zahlungsaufschub" oder eine damit verbundene "Aussetzung fälliger Leistungen" hingewiesen (vgl. Lindemann in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 4. Aufl., § 46 Rn. 90, 92; Huber, aaO, S. 132).

25 Vielmehr sind die zivilrechtlichen Folgen in § 46a Abs. 1 Satz 5 KWG aF (§ 46 Abs. 2 Satz 5 KWG nF) lediglich insoweit geregelt, als dass Zwangsvollstreckungen, Arreste und einstweilige Verfügungen in das Vermögen des Instituts während der Dauer der Maßnahmen nach § 46a KWG aF unzulässig sind. Für die Kunden des Kreditinstituts - wie die Klägerin - ist damit zwar ersichtlich, dass dem Kreditinstitut eine "Verschnaufpause" gewährt werden soll und die Anordnung des Zahlungsverbots ein vorübergehendes Hindernis für die Vertragserfüllung darstellt. Dass zugleich in bestehende Leistungszeitbestimmungen eingegriffen wird, geht aber aus der Vorschrift nicht ansatzweise hervor. Insbesondere kann aus der bloßen Anordnung eines Zahlungsverbots in der Krise, das der Vermeidung der Insolvenz dienen soll, nicht ohne weiteres auf die hoheitliche Bewilligung einer Stundung geschlossen werden, die Verzugsschäden selbst im Falle der Gesundung des Kreditinstituts oder im Fall des Scheiterns der Sanierungsverhandlungen ausschließt.

26 (2) Auch lässt sich eine ipso jure eintretende Stundungswirkung im Unterschied zu den Rechtsfolgen einer gegen das Veräußerungs- und Zahlungsverbot verstoßenden Verfügung, die nach §§ 135, 136 BGB relativ unwirksam sein soll (h.M., siehe nur Kokemoor in Beck/Samm/Kokemoor, KWG, Dezember 2009, § 46a Rn. 29 mwN), gerade nicht aus allgemeinen Vorschriften oder Rechtsgrundsätzen ableiten. Vielmehr entspricht es den Regeln des allgemeinen Leistungsstörungsrechts, dass ein vorübergehendes Leistungshindernis wie ein mit Zwangsgeldandrohungen verknüpftes behördliches Verbot (vgl. BGH, Urteile vom 28. Januar 1965 - Ia ZR 273/63, WM 1965, 267, 270 und vom 8. Juni 1983 - VIII ZR 77/82, NJW 1983, 2873, 2874; BGH, Urteil vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 217/06, juris Rn. 3, 12 - zu § 35 Abs. 2, § 38 Abs. 1, § 46 KWG aF) den Schuldner lediglich zeitweilig analog § 275 BGB von seiner Leistungspflicht befreit, er aber auf Ersatz des Verzögerungsschadens haftet, sofern er das Leistungshindernis zu vertreten hat (Neef, aaO, S. 202; Huber, aaO, S. 138 ff. i.V.m. S. 76 ff., 94 ff.; allg. zu vorübergehenden Leistungshindernissen Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 275 Rn. 10, § 286 Rn. 12; Arnold, JZ 2002, 866, 869; Canaris in Festschrift für Huber, 2006, S. 143, 145 ff., 162 f.; MünchKommBGB/Ernst, 6. Aufl., § 275 Rn. 134, 146; Löwisch/Caspers in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 275 Rn. 46, 48 f.; Medicus in Festschrift für Heldrich, 2005, S. 347, 353; Unberath in Bamberger/Roth, BeckOK-BGB, Stand: 01.03.2011, § 275 Rn. 35, 39).

27 Zwar hat das Reichsgericht für die Parallelvorschrift des § 69 VAG aF (§ 89 Abs. 1 Satz 2 VAG nF) Gegenteiliges angenommen und im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) entschieden, das Zahlungsverbot sei zugleich eine im gesetzlich geordneten Verfahren bewilligte Stundung (RGZ 112, 348, 350 f.; RArbG, JW 1933, 796 f.; OLG Stettin, VerAfP 24, 185, 186; aA KG, JRPV 1931, 30, 31; LG Stettin, VerAfP 23, 121, 122). Dem kann aber nicht gefolgt werden, soweit damit tatsächlich eine Stundung im Rechtssinne gemeint war, die zum Hinausschieben der Fälligkeit führt und nicht nur ein behördlich gewährter, materiell-rechtlich wirkender Vollstreckungseinwand. Das Reichsgericht hat ausgeführt, das Zahlungsverbot verbiete dem Schuldner zu zahlen und dem Gläubiger zu fordern. Hieraus hat es zunächst den zutreffenden Schluss gezogen, dass sich der Schuldner, sofern der Gläubiger dennoch fordere, auf das Zahlungsverbot berufen könne, weil dieses einer Verurteilung zur sofortigen Zahlung entgegenstehe. Sodann hat es jedoch ohne weitergehende Begründung angenommen, das Zahlungsverbot bedeute eine behördlich bewilligte Stundung. Dabei hat es eine Stundung dogmatisch nicht überzeugend vorausgesetzt, ohne sich mit der aus dem Leistungsstörungsrecht folgenden Einordnung des behördlichen Verbots als materiell-rechtliches Leistungshindernis zu befassen (Huber, aaO, S. 127 ff.; Binder, Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht, 2005, S. 315; ders., EWiR 2012, 295, 296). Das überzeugt umso weniger als das Reichsgericht in einer früheren Entscheidung selbst davon ausgegangen ist, ein nach Verzugseintritt erlassenes Zahlungsverbot nach § 69 VAG aF stelle ein vorübergehendes Leistungshindernis dar, für das der Schuldner gemäß § 287 BGB verschuldensunabhängig einzustehen habe (RG, VerAfP 23, 115, 116).

28 bb) Zu Recht erhebt die Revision gegen die Annahme einer Stundungswirkung auch gesetzessystematische Einwände.

29 (1) Die Revision weist zutreffend darauf hin, dass die Stundungswirkung in anderen Vorschriften, die nach einhelliger Ansicht zu einer hoheitlich angeordneten Stundung ermächtigen, eindeutig bestimmt ist. Das gilt etwa für Art. 25 Abs. 7 Satz 1 EV (dazu Senatsurteil vom 9. März 1999 - XI ZR 318/97, WM 1999, 902, 903), vor allem aber für die Verordnungsermächtigung des § 47
KWG.

30 In § 47 Abs. 1 Nr. 1 KWG hat der Gesetzgeber - anders als in § 46a KWG aF - explizit geregelt, dass die Bundesregierung durch Rechtsverordnung einem Kreditinstitut einen Aufschub für die Erfüllung seiner Verbindlichkeiten gewähren kann. Auch wird die Bundesregierung in Abs. 3 der Vorschrift ausdrücklich dazu ermächtigt, die Rechtsfolgen zu bestimmen, die sich hierdurch für Fristen und Termine auf dem Gebiet des Bürgerlichen Rechts ergeben. Das Berufungsgericht geht zwar zutreffend davon aus, dass die Diskrepanz zwischen beiden Vorschriften allein nicht zwingend gegen eine Stundungswirkung spricht (so auch Binder, Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bank-aufsichts- und Insolvenzrecht, 2005, S. 314). Jedoch berücksichtigt das Berufungsgericht, indem es den Unterschied zwischen beiden Vorschriften mit einer bloßen Regelungsungenauigkeit des Gesetzgebers zu erklären versucht, nicht hinreichend, dass der unterschiedlichen Fassung beider Bestimmungen auf Grund der Identität der in Rede stehenden Streitfrage erhebliches Gewicht für die Auslegung des in § 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KWG aF geregelten Zahlungsverbots zukommt (so auch Lindemann in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 4. Aufl., § 46 Rn. 92; Huber, aaO, S. 133 ff.; Binder, EWiR 2012, 295, 296).

31 (2) Gegen eine gesetzesimmanente Stundungswirkung des Zahlungsverbots nach § 46a KWG aF spricht zudem der systematische Vergleich mit dem allgemeinen Verfügungsverbot im Insolvenzeröffnungsverfahren, § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InsO. Das insolvenzrechtliche Verfügungsverbot zielt in vergleichbarer Weise wie das Zahlungsverbot nach § 46a KWG aF darauf ab, verbliebene Vermögenswerte im Vorfeld der Insolvenz zu sichern, während geprüft wird, ob eine Liquidation nötig ist (Manfred Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 8. Aufl., Rn. 1.779 f.; Manfred Obermüller/Martin Obermüller, Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 3. Aufl., Kap. 44 Rn. 39 f.; Beck, WM 2013, 301, 302; allg. insbes. zum Sicherungszweck: BT-Drucks. 7/4631,
5. 8 - zu § 46a KWG aF; Vallender in Uhlenbruck/Vallender, InsO, 13. Aufl., § 21 Rn. 17; aA RGZ 112, 348, 351 f. für § 106 KO und § 69 VAG aF). Das allgemeine Verfügungsverbot greift jedoch nicht vertragsändernd in die bestehenden schuldrechtlichen Verhältnisse ein, sondern beschränkt nur die Durchsetz-barkeit zu Lasten der verbliebenen Masse (Manfred Obermüller, aaO; Beck, aaO; Binder, Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichtsund Insolvenzrecht, 2005, S. 315; ders., EWiR 2012, 295, 296).

32 cc) Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht auch, soweit es eine Stundungswirkung trotz grammatikalischer und systematischer Bedenken maßgeblich auf die in den Gesetzesmaterialien zu § 46a KWG aF und zum Vierten Finanzmarktförderungsgesetz niedergelegten Vorstellungen gestützt hat.

33 (1) Allerdings ist dem Berufungsgericht zuzugeben, dass es sowohl im Bericht des Finanzausschusses des Bundestags, auf dessen Vorschlag § 46a KWG aF zurückgeht (BT-Drucks. 7/4631, S. 8), als auch in der Begründung des Regierungsentwurfs zur Änderung des § 5 EAEG durch das Vierte Finanz-marktförderungsgesetz (BT-Drucks. 14/8017, S. 141) heißt, das Veräußerungsund Zahlungsverbot habe die "Wirkung einer Stundung". Zudem lässt sich die Entstehungsgeschichte für eine Stundungswirkung insoweit ins Feld führen, als das Zahlungsverbot nach § 46a KWG aF in Anlehnung an die Parallelregelungen in § 89 Abs. 1 Satz 2 VAG, § 15 Satz 1 BSpkG (vgl. Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks. 7/3657, S. 23) geschaffen wurde, für die in der Literatur bereits damals - zurückgehend auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ 112, 348) - eine Stundungswirkung weithin anerkannt war (Prölls/Kollhosser, VAG, 12. Aufl., § 89 Rn. 10; von Uckermann in Farny/Helten/Koch/Schmidt, HdV, 1988, S. 999, 1000; Henning, Die Zwangsliquidation von Versicherungsunternehmen, 1998, S. 13; Fromm/Goldberg, VAG, 1966, § 89 Anm. 4 VII.; Lehmann/Schäfer/Cirpka, BSpkG, 3. Aufl., § 15 Anm. 7; Gesetzesentwurf zum BSpkG in Beiträge und Materialien zum Bausparkassengesetz, S. 56 f.; aA Bähr in Fahr/Kaulbach/ Bähr/Pohlmann, VAG, 5. Aufl., § 89 Rn. 4).

34 (2) Anders als das Berufungsgericht gemeint hat, lässt die nur knappe Erwähnung der Stundungswirkung im Bericht des Finanzausschusses bei näherer Betrachtung aber schon keine eindeutigen Rückschlüsse darauf zu, wie der historische Gesetzgeber die zivilrechtlichen Wirkungen des Zahlungsverbots für die Fälligkeit bestehender Forderungen verstanden wissen wollte.

35 In dem Bericht des Finanzausschusses heißt es ohne weitergehende Begründung lediglich, Ziel des Veräußerungs- und Zahlungsverbots, das die Wirkung einer Stundung habe, sei es, für einen begrenzten Zeitraum bis zum Abschluss von Stützungsmaßnahmen oder bis zur Konkurseröffnung zu verhindern, dass einzelne Gläubiger auf Kosten der übrigen Gläubiger befriedigt oder Vermögensgegenstände veräußert werden (BT-Drucks. 7/4631, S. 8). Anders als die Revisionsbegründung meint, kann zwar aus der bloßen Wahl der Formulierung, das Zahlungsverbot habe die "Wirkung einer Stundung", nichts Entscheidendes gegen den gesetzgeberischen Willen abgeleitet werden, die Aufsichtsbehörde zur Anordnung einer Stundung im Rechtssinne zu ermächtigen. Allerdings bestehen auf Grund der engen Verknüpfung der Stundungswirkung mit dem Ziel des Veräußerungs- und Zahlungsverbots, eine bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger zu verhindern, Zweifel, ob wirklich eine Stundung im Rechtssinne gewollt war, die Fälligkeitsabreden abändert, oder ob damit nur zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass das Kreditinstitut einstweilen von der Erfüllung sämtlicher Zahlungspflichten befreit ist. Den beabsichtigten Liquiditätsschutz gewährt das Zahlungsverbot auch dann, wenn man lediglich von einem zeitweiligen Erfüllungs- und Vollstreckungshindernis ausgeht (vgl. Binder, Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht, 2005, S. 315; ders., EWiR 2012, 295, 296). Gegen eine beabsichtigte Stundung im Rechtssinne, die eine Haftung des Kreditinstituts für Verzögerungsschäden zwangsläufig ausschlösse, spricht außerdem die im Ausschussbericht niedergelegte Grundvorstellung, dass im Rahmen der Einlagensicherung geschützte Einleger durch Maßnahmen nach § 46a KWG aF zwar rechtlich, nicht aber faktisch betroffen werden sollten (BT-Drucks. 7/4631, S. 8; vgl. dazu auch Knapp, NJW 1976, 873, 877).

36 (3) Letztlich kommt es hierauf aber nicht entscheidend an. Denn selbst wenn die Verfasser des Ausschussberichts eine Stundungswirkung im Rechtssinne gewollt haben sollten, kann bei der Auslegung des § 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KWG aF nicht entscheidend auf ein in der Gesetzesbegründung niedergelegtes Verständnis der Norm abgestellt werden, das - wie hier - keinen Niederschlag im Gesetzeswortlaut gefunden hat.

37 Der Entstehungsgeschichte kommt zwar zur Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers erhebliches Gewicht zu (BVerfGE 54, 277, 297 f.; BGH, Urteil vom 30. Juni 1966 - KZR 5/65, BGHZ 46, 74, 81 ff.). Es genügt aber nicht, dass sich die Rechtsfolgen allein der Gesetzesbegründung entnehmen lassen. Für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist vielmehr der im Gesetz auch zum Ausdruck gekommene objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgeblich. Nicht entscheidend ist demgegenüber die bloße subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder einzelner ihrer Mitglieder über die Bedeutung der Bestimmung, so erhellend die Materialien auch für die Sinnermittlung sein mögen (BVerfGE 54, 277, 297 f.; 62, 1, 44 f. mwN; BGH, Beschluss vom 19. April 2012 - I ZB 80/11, GRUR 2012, 1026 Rn. 30 mwN).

38 Die bloße Erwähnung der Stundungswirkung im Bericht des Finanzausschusses ist deswegen für die Auslegung des § 46a KWG aF nicht maßgebend. Ebenso wenig kommt den vergleichbaren Ausführungen in der Begründung des Regierungsentwurfs zum Vierten Finanzmarkförderungsgesetz (BT-Drucks. 14/8017, S. 141) entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Denn auch dieser Ansicht hat der Gesetzgeber nicht durch Änderung oder Ergänzung des Kreditwesengesetzes objektiv Ausdruck verliehen.
39 (4) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts lässt deswegen auch die Tatsache, dass der Gesetzgeber die zivilrechtlichen Folgen des Zahlungsverbots bei der Überführung des § 46a KWG aF in § 46 KWG nF nicht weiter geregelt hat, nicht rückblickend den Schluss zu, der Gesetzgeber habe an einer Stundungswirkung trotz fehlender eindeutiger Regelung festhalten wollen. Im Übrigen wendet die Revision gegen diese Schlussfolgerung des Berufungsgerichts zutreffend ein, dass sich aus dem Regierungsentwurf zum Restrukturierungsgesetz (BT-Drucks. 17/3024, S. 60) nicht ergibt, dass der Gesetzgeber die herrschende Meinung in der Literatur trotz expliziter Regelung etwaiger Beschränkungen von Gläubigerrechten in anderen Vorschriften (vgl. § 12 Abs. 1, § 13 KredReorgG, § 48g Abs. 7 KWG) fortschreiben wollte. Die Gesetzesbegründung verhält sich zu den Vorstellungen des Gesetzgebers nicht.

40 dd) Anders als das Berufungsgericht gemeint hat, zwingt auch der Gesetzeszweck nicht zur Annahme einer Stundungswirkung des Zahlungsverbots (Binder, EWiR 2012, 295, 296; aA Schaaf, BKR 2012, 188; Fischer, EWiR 2012, 709, 710).

41 (1) Der gegenteiligen Argumentation steht bereits der Wortlaut der Vorschrift als äußerste Schranke jeder Auslegung entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 1966 - KZR 5/65, BGHZ 46, 74, 76; Senatsbeschluss vom 2. Oktober 2012 - XI ZB 12/12, WM 2012, 2092 Rn. 17). Unabhängig davon ist die Annahme einer Stundung nach Sinn und Zweck der Regelung nicht zwingend.

42 Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, soll dem Kreditinstitut durch Anordnung von Maßnahmen nach § 46a Abs. 1 KWG aF eine "Verschnaufpause" gewährt werden, um zur Abwendung der Insolvenz ein Sanierungskonzept zu erstellen und dieses zu verwirklichen (BT-Drucks. 7/4631, S. 4, 8; VG Frankfurt/Main, BeckRS 2006, 24799). Insolvenzen sollen nicht vollständig ausgeschlossen werden, doch soll den beteiligten Wirtschaftskreisen Zeit für Überlegungen und Maßnahmen gegeben werden, die einen Schaden für die Gläubiger des Kreditinstituts und die Kreditwirtschaft möglichst gering halten (BT-Drucks. 7/4631, S. 4, 8). Dem Veräußerungs- und Zahlungsverbot kommt dabei primär die Funktion zu, ein weiteres finanzielles "Ausbluten" des Kreditinstituts durch bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger bis zum Abschluss von Sanierungsüberlegungen oder - praktisch wahrscheinlicher - bis zur Insolvenzeröffnung zu verhindern (BT-Drucks. 7/4631, S. 8; Binder, Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht, 2005, S. 315).

43 (2) Beide Regelungszwecke - Massesicherung und Erstellung eines Sanierungskonzepts - lassen sich unabhängig von der Annahme einer Stundungswirkung erreichen. Ein Liquiditätsabfluss wird bereits dadurch verhindert, dass die fälligen Forderungen während der Dauer des Zahlungsverbots nicht durchsetzbar sind. Der hierdurch bewirkte einstweilige Stillstand gibt zudem Raum für Sanierungsüberlegungen. Dass Sanierungsbemühungen über Gebühr erschwert oder gar unmöglich gemacht werden, wenn Verzugszinsen und etwaige Schadensersatzansprüche bei Gesundung des Kreditinstituts zu Lasten der verbliebenen Masse erfüllt werden müssen, ist entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht ersichtlich (aA Fischer, EWiR 2012, 709, 710).

44 Die Rettung eines in Insolvenzgefahr geratenen Kreditinstituts setzt naturgemäß einschneidende Stützungs- und Sanierungsmaßnahmen voraus. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, sollen insbesondere Großgläubiger während der Dauer der Maßnahmen nach § 46a Abs. 1 KWG aF prüfen, ob sie die Insolvenz durch Forderungsverzichte, die Übernahme von Geschäftsanteilen oder andere geeignete Maßnahmen verhindern wollen (BT-Drucks. 7/4631, S. 8). In derartige Sanierungsüberlegungen können Zinsansprüche und etwaige Schadensersatzansprüche, die während der Dauer des Zahlungsverbots anfallen, eingestellt werden, soweit sie für die insoweit erforderlichen grundlegenden Überlegungen überhaupt von Relevanz sind. Zudem sind die Maßnahmen nach § 46a KWG aF (§ 46 KWG nF) nur von vorübergehender Natur, sodass das Ausmaß etwaiger Verzögerungsschäden begrenzt ist. Zwar ist die Dauer von Maßnahmen nach § 46a KWG aF im Gesetz nicht geregelt. Faktisch beträgt die Zeit für Sanierungsüberlegungen aber nur sechs Wochen, weil die BaFin den Entschädigungsfall nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EAEG spätestens binnen dieser Frist feststellen muss (Kokemoor in Beck/Samm/ Kokemoor, KWG, Dezember 2009, § 46a Rn. 20; Schwenk, jurisPR-BKR 6/2008 Anm. 6; vgl. VG Frankfurt/Main, BeckRS 2006, 24799). Schließlich zeigt das Schutzschirmverfahren nach § 270b InsO, dass Sanierungsbemühungen zur Abwendung einer Insolvenz nicht stets durch einen Zahlungsaufschub flankiert werden, mag ein solcher auch wirtschaftlich sinnvoll und bei entsprechender Regelung zulässig sein (vgl. HambKomm/Fiebig, 4. Aufl., § 270b InsO Rn. 18).

45 (3) Ebenso wenig ist die Annahme einer Stundung nach Sinn und Zweck der Regelung geboten, um die Masse schmälernde Aufrechnungen einzelner Gläubiger zu verhindern. Allerdings bedarf die Streitfrage, ob Aufrechnungen während der Dauer des Zahlungsverbots ausgeschlossen sind, keiner abschließenden Entscheidung (dafür: Kokemoor in Beck/Samm/Kokemoor, KWG, Dezember 2009, § 46a Rn. 28; Haß/Herweg in Schwennicke/Auerbach, KWG, § 46a Rn. 22; Pannen, Krise und Insolvenz bei Kreditinstituten, 3. Aufl., Kap. 1 Rn. 144; Schwenk, jurisPR-BKR 6/2008 Anm. 6; Haug in Szagunn/Haug/ Ergenzinger, KWG, 6. Aufl., § 46a Rn. 4a; Willemsen in Luz/Neus/Scharpf/ Schneider/Weber, KWG, § 46a Rn. 11; Zietsch, WM 2007, 954, 956 f.; Canaris, Bankvertragsrecht I, 4. Aufl., Rn. 518a aE; dagegen: Binder, Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht, 2005, S. 315 f.; ders., EWiR 2012, 295, 296; Beck, WM 2013, 301, 302 f.).
-
46 Jedenfalls stünde weder der Sicherungs- noch der Sanierungszweck des § 46a KWG aF einer Aufrechnung entgegen. Die gegenteilige Ansicht übersieht, dass eine bevorzugte, den Grundsätzen des Insolvenzrechts zuwiderlaufende Befriedigung einzelner Gläubiger nicht zu befürchten ist (Binder, Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht, 2005, S. 315 f.; Beck, WM 2013, 301, 303; vgl. auch Zietsch, WM 1997, 954, 956). Das Insolvenzrecht privilegiert bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehende Aufrechnungslagen (§ 94 InsO) und schließt die Aufrechnung selbst bei Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots im Insolvenzeröffnungsverfahren nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InsO nicht aus. Etwaige die Masse schmälernde Aufrechnungen sind allenfalls nach den §§ 129 ff. InsO anfechtbar (BGH, Urteil vom 29. Juni 2004 - IX ZR 195/03, NJW 2004, 3118, 3119). Dass § 46a KWG aF einen weitergehenderen Schutz der Masse bezweckt als ein späteres Insolvenzverfahren, ist nicht ersichtlich.

47 Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung überzeugt auch der vereinzelt geäußerte Einwand nicht, ein Aufrechnungsverbot sei erforderlich, um Sanierungsbemühungen durch Forderungsverzichte von Großgläubigern zu fördern (Zietsch, WM 1997, 954, 956 f.). Gegenforderungen, mit denen spätestens nach Aufhebung des Zahlungsverbots aufgerechnet werden könnte, sind bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung ohnehin in Sanierungsverhandlungen einzustellen.

48 ee) Rechtsfehlerhaft lässt das Berufungsgericht zudem außer Acht, dass eine zu Lasten der Gläubiger angeordnete vereinbarungsersetzende behördliche Stundung die wirksame Bekanntgabe des Zahlungsverbots an die Gläubiger nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften voraussetzte, § 43 Abs. 1 Satz 1VwVfG.

49 Bekanntgabe und Wirksamkeit des Zahlungsverbots beurteilen sich mangels für eine wirksame Bekanntgabe relevanter spezialgesetzlicher Vorschriften im KWG (vgl. § 46d Abs. 2 Satz 3 KWG) gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG nach den allgemeinen Regeln der §§ 41, 43 VwVfG (Neef, aaO, S. 149; vgl. auch Kokemoor in Beck/Samm/Kokemoor, KWG, Februar 2005, § 46d Rn. 10). Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG wird ein Verwaltungsakt einem Betroffenen gegenüber erst in dem Zeitpunkt wirksam, indem er ihm bekannt gegeben wird (allg. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 41 Rn. 229; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 43 Rn. 174 f.). Ein Zahlungsverbot nach § 46a KWG aF (§ 46 KWG nF) wird jedoch nur dem Kreditinstitut als Adressaten, nicht aber den Gläubigern bekannt gegeben (Geier, BKR 2010, 144, 146; ders., ZBB 2010, 289, 290 Fn. 6; Neef, aaO, S. 145, 149). Insbesondere sieht das KWG eine öffentliche Bekanntgabe des Zahlungsverbots nach § 41 Abs. 3 Satz 1 VwVfG im Unterschied zu den in § 32 Abs. 4, § 38 Abs. 3 KWG geregelten Fällen nicht vor (Neef, aaO, S. 145). Über den Erlass der Zahlungsverbote nach § 46a KWG aF wird die Öffentlichkeit zwar - so wie auch im Streitfall geschehen - auf der Internetseite der BaFin unterrichtet. Eine wirksame Bekanntgabe nach den Vorschriften des VwVfG liegt hierin aber nicht. Hierfür fehlt es schon an einer ausdrücklichen Zulassung einer öffentlichen Bekanntgabe im KWG (§ 41 Abs. 3 Satz 1 VwVfG). Außerdem wird der verfügende Teil des Bescheids, durch den das Zahlungsverbot erlassen wird, im Internet nicht bekanntgegeben (ebenso Geier, ZBB 2010, 289, 290 Fn. 6).

50 Das Zahlungsverbot selbst ist zwar mit Erlass an das betroffene Kreditinstitut existent und von diesem zu beachten. Eine darüber hinausgehende etwaige Stundungswirkung kann nach § 43 Abs. 1 Satz 1 VwVfG aber erst mit Bekanntgabe an die Gläubiger als Drittbetroffene eintreten (Geier, ZBB 2010, 289, 290; kritisch auch Binder, Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht, 2005, S. 213 für § 45 KWG). Das lässt das Berufungsgericht ebenso wie die herrschende Auffassung in der Literatur unbeachtet (ebenso Geier, BKR 2010, 144, 146 Fn. 29).

51 Der Beklagte weist zwar zutreffend darauf hin, dass sich ein Drittbetroffener nach Treu und Glauben nicht mehr auf eine fehlende Bekanntgabe berufen kann, sobald er von dem Verwaltungsakt in anderer Weise zuverlässig Kenntnis erlangt hat oder hätte haben müssen (vgl. BVerwGE 44, 294, 300; Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 41 Rn. 230). Die Einwände gegen eine privatrechtsgestaltende Stundungswirkung des Zahlungsverbots werden hierdurch aber weder dogmatisch befriedigend noch praxisgerecht aufgelöst (kritisch auch Binder, Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht, 2005, S. 213 zu § 45 KWG). Denn ein Rückgriff auf Treu und Glauben setzte im Einzelfall Feststellungen zur Kenntnis oder zum Kennenmüssen und damit zum Beginn der Stundungswirkung voraus.

52 3. Nach alledem wirkte der Erlass des Zahlungsverbots mangels einer gesetzlichen Stundungsanordnung lediglich wie andere behördliche Verbote von außen auf den Inhalt des Schuldverhältnisses zwischen der Klägerin und der Schuldnerin ein. Die Schuldnerin war danach während der Dauer des Zahlungsverbots analog § 275 Abs. 1 BGB vorübergehend an der Erfüllung der Ansprüche der Klägerin gehindert. Doch befreite sie dies wie dargelegt nicht ohne weiteres von ihrer Pflicht für die nicht rechtzeitige Leistung einzustehen. Hingegen haftet ein Schuldner, der den Eintritt eines vorübergehenden Leistungshindernisses zu vertreten hat, für den Ersatz des Verzögerungsschadens, wobei vorliegend dahingestellt bleiben kann, ob sich die richtige Anspruchsgrundlage bei zutreffender rechtsdogmatischer Begründung aus den Regeln des Zahlungsverzugs gemäß § 280 Abs. 2, § 286 BGB ergibt (für § 46a KWG aF: Neef, aaO, S. 202; allg. Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 275 Rn. 10, § 286 Rn. 12; Canaris in Festschrift für Huber, 2006, S. 143, 162 f.; Arnold, JZ 2002, 866, 869; Medicus in Festschrift für Heldrich, 2005, S. 347, 353; Löwisch/Caspers in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 275 Rn. 46, 48; Unberath in Bamberger/Roth, BeckOK-BGB, Stand: 01.03.2011, § 275 Rn. 39) oder aus § 280 BGB wegen verschuldeter Unmöglichkeit (für § 46a KWG aF: Huber, aaO, S. 138 ff. i.V.m. S. 76 ff., 94 ff.; Lindemann in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG 4. Aufl., § 46 Rn. 90, 92; allg. MünchKommBGB/Ernst, 6. Aufl., § 275 Rn. 134, 146).

III.

53 Die Abweisung der Klage stellt sich - entgegen der Revisionserwiderung - auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der geltend gemachte Verzugszinsanspruch scheitert nicht am fehlenden Verschulden der Schuldnerin gemäß § 286 Abs. 4, § 280 Abs. 1 Satz 2, § 276 BGB bzw. §§ 280, 276 BGB. Der Beklagte beruft sich ohne Erfolg darauf, dass nicht die Schuldnerin, sondern allein die amerikanische Mutter Veranlassung zum Erlass des Zahlungsverbots gegeben habe und sie ohne Erlass des Zahlungsverbots in der Lage gewesen wäre, die vertraglichen Ansprüche der Klägerin zu erfüllen.

54 Das Verschulden wird gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet, ohne dass sich die Schuldnerin vorliegend entlastet hat. Dabei bedarf es für die Feststellung des Verschuldens keiner umfassenden Bewertung des gesamten Verhaltens der Schuldnerin zwischen Vertragsschluss und dem Erlass des Zahlungsverbots, wie teilweise in der Literatur vertreten wird (Huber, aaO, S. 95 ff.; Lindemann in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 4. Aufl., § 46 Rn. 90, 92). Vielmehr ist entscheidend, dass die Gründe, die zum Erlass des Zahlungsverbots durch die BaFin geführt haben, in den Risikobereich der Schuldnerin fallen (BGH, Urteil vom 5. März 2008 - VIII ZR 31/07, WM 2008, 923 Rn. 17). Zwar hatte das Zahlungsverbot - ausweislich der Begründung des Bescheids - seinen Ursprung nicht in einem konkreten Fehlverhalten der Schuldnerin, sondern in der Einleitung des Gläubigerschutzverfahrens nach Chapter 11 des Bankruptcy Codes gegen die amerikanische Muttergesellschaft. Es wurde jedoch verhängt, weil die Schuldnerin bei Eröffnung des Gläubigerschutzverfahrens oder bei Anordnung vergleichbarer Maßnahmen gegen ein sonstiges verbundenes Unternehmen nicht mehr in der Lage gewesen wäre, sich zu refinanzieren und ihr deshalb die Zahlungsunfähigkeit drohte. Das stellt die Revisionserwiderung nicht in Abrede.

55 Ein Fehlverhalten der amerikanischen Muttergesellschaft kann der Schuldnerin zwar nicht zugerechnet werden. Ein Kreditinstitut hat den Erlass eines Zahlungsverbots aber nicht nur zu vertreten, soweit dieses auf Umständen beruht, für welche den Organen oder Erfüllungsgehilfen persönliches Verschulden zur Last fällt (§§ 276, 278 BGB), sondern darüber hinaus auch dann, wenn die zum Erlass des Zahlungsverbots führenden Umstände dem betrieblichen oder unternehmerischen Risikobereich des Kreditinstituts zuzuordnen sind (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2008 - VIII ZR 31/07, WM 2008, 923 Rn. 2, 17 f.). Dabei fallen zur Insolvenz führende Zahlungsschwierigkeiten - sofern sie nicht lediglich durch äußere Umstände bedingt sind - grundsätzlich in die Risikosphäre des Unternehmers (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2008 - VIII ZR 31/07, WM 2008, 923 Rn. 18 ff. mwN). So liegt der Fall auch hier. Die Refinanzierungsschwierigkeiten, die zum Erlass des Zahlungsverbots gegenüber der Schuldnerin führten, beruhten auf der Abhängigkeit der Schuldnerin von der wirtschaftlichen Lage mit ihr verbundener Unternehmen und damit auf den eigenen Orga nisations- und Refinanzierungsstrukturen der Schuldnerin. Hierfür hat sie nach allgemeinen Grundsätzen einzustehen.

IV.

56 Das Berufungsurteil ist demnach unter Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da die Sache entscheidungsreif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der Klägerin steht ein Anspruch auf Feststellung der geltend gemachten Verzugszinsansprüche zur Insolvenztabelle gemäß §§ 179, 38 InsO zu. Weiterer Feststellungen zum Verschulden bedarf es wie dargelegt nicht. Die Höhe der geltend gemachten Zinsforderung steht zudem zwischen den Parteien außer Streit.