Unwirksamkeit einer Erbscheinsklausel in den
AGB-Banken
BGH, Urteil vom 8. Oktober 2013 - XI
ZR 401/12 - OLG Hamm
Fundstelle:
NJW 2013, 3716
BGHZ 198, 250
Amtl. Leitsatz:
Die dem Muster von Nr. 5 Abs. 1 AGB-Sparkassen
nachgebildete Klausel einer Sparkasse
"Nach dem Tode des Kunden kann die Sparkasse zur Klärung der
rechtsgeschäftlichen Berechtigung die Vorlegung eines Erbscheins, eines
Testamentsvollstreckerzeugnisses oder ähnlicher gerichtlicher Zeugnisse
verlangen; fremdsprachige Urkunden sind auf Verlangen der Sparkasse mit
deutscher Übersetzung vorzulegen. Die Sparkasse kann auf die Vorlegung eines
Erbscheins oder eines Testamentsvollstreckerzeugnisses verzichten, wenn ihr
eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift vom Testament oder
Erbvertrag des Kunden sowie der Niederschrift über die zugehörige
Eröffnungsverhandlung vorgelegt wird."
ist im Verkehr mit Verbrauchern nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB
unwirksam.
Zentrale Probleme:
Es geht um die Frage, ob sich Banken in ihren AGB generell vorbehalten d ürfen,
von dem Erben eines Kunden die Vorlage eines Erbscheins zu verlangen. Dass
das Gesetz ein solches Erfordernis nicht vorsieht hatte der BGH bereits in
BGH NJW 2005, 2779
entschieden. S. dazu auch
BGH v. 5.4.2016 - XI ZR
440/15.
©sl 2013
Tatbestand:
1 Der Kläger, ein
Verbraucherschutzverband, ist als qualifizierte Einrichtung gemäß § 4 UKlaG
eingetragen. Die beklagte Sparkasse verwendet in ihren Allgemeinen
Geschäftsbedingungen (im Folgenden: AGB) unter anderem folgende Klausel, in
der es auszugsweise heißt:
"Nr. 5 Legitimationsurkunden (1) Erbnachweise
Nach dem Tode des Kunden kann die Sparkasse zur Klärung der
rechtsgeschäftlichen Berechtigung die Vorlegung eines Erbscheins, eines
Testamentsvollstreckerzeugnisses oder ähnlicher gerichtlicher Zeugnisse
verlangen; fremdsprachige Urkunden sind auf Verlangen der Sparkasse mit
deutscher Übersetzung vorzulegen. Die Sparkasse kann auf die Vorlegung eines
Erbscheins oder eines Testamentsvollstreckerzeugnisses verzichten, wenn ihr
eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift vom Testament oder
Erbvertrag des Kunden sowie der Niederschrift über die zugehörige
Eröffnungsverhandlung vorgelegt wird.
(2) ....
(3) ...."
2 Der Kläger ist der Ansicht, die Regelungen in Absatz 1 der Klausel seien
unwirksam, weil sie einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht
standhielten. Mit der Unterlassungsklage nach § 1 UKlaG begehrt er die
Verurteilung der Beklagten, es zu unterlassen, diese oder inhaltsgleiche
Bestimmungen gegenüber Verbrauchern zu verwenden. Darüber hinaus verlangt er
von der Beklagten die Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 214 € nebst
Zinsen.
3 Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolgreich gewesen. Mit der vom
Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr
Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
4 Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
5 Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in WM 2013, 221
veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen
ausgeführt:
6 Nr. 5 Abs. 1 Satz 1 der AGB enthalte von Rechtsvorschriften abweichende
Regelungen und sei daher gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB kontrollfähig.
7 Nach deutschem Recht sei der Erbe nicht verpflichtet, sein Erbrecht durch
einen Erbschein nachzuweisen, sondern könne diesen Nachweis auch in anderer
Form erbringen. Eine grundsätzliche Pflicht zur Vorlage des Erbscheins sei
nach dem BGB nicht gewollt und führe in vielen Fällen zu einer
unerträglichen Belästigung des Erben, zu unnützen Kosten und zur Verzögerung
der Nachlassregulierung. Aus den §§ 2366, 2367 BGB folge nichts anderes.
Diese Vorschriften regelten nicht, wie der Nachweis des Erbrechts geführt,
sondern unter welchen Voraussetzungen mit befreiender Wirkung an die im
Erbschein als Erbe bezeichnete Person geleistet werden könne.
8 Nr. 5 Abs. 1 Satz 1 der AGB habe einen davon abweichenden Regelungsinhalt.
Nach dem Wortlaut der Klausel könne die Beklagte abweichend von der
Gesetzeslage die Vorlage eines Erbscheins unabhängig davon beanspruchen, ob
im konkreten Einzelfall das Erbrecht auch auf andere Art nachgewiesen werden
könne. Dafür, dass ein Erbschein nur in bestimmten Fällen und/oder unter
bestimmten Voraussetzungen verlangt werden könne, gebe der Wortlaut der
Klausel nichts her. Für eine dahingehende Auslegung ergebe sich ebenfalls
nichts. Ein durchschnittlicher Bankkunde verstehe die Regelung so, wie es
ihr Wortlaut nahelege, nämlich in dem Sinne, dass die Beklagte die Vorlage
eines Erbscheins zum Nachweis des Erbrechts unabhängig davon beanspruchen
könne, ob der Nachweis im konkreten Einzelfall auch auf andere Art geführt
werden könne. Etwas anderes ergebe sich weder aus noch in der Zusammenschau
mit Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 der AGB. Dort sei das Absehen von der Vorlage eines
Erbscheins gleichfalls nicht an das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen
geknüpft.
9 Die Regelung in Nr. 5 Abs. 1 Satz 1 der AGB benachteilige den
Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben
unangemessen.
10 Die unangemessene Benachteiligung werde gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB
indiziert, denn die Klausel sei mit wesentlichen Grundgedanken der
gesetzlichen Regelung unvereinbar. Sie räume der Beklagten als Verwenderin
unabhängig davon, ob im konkreten Einzelfall das Erbrecht überhaupt
zweifelhaft sei oder auch anderweit nachgewiesen werden könne, das Recht
ein, die Vorlage eines Erbscheins zu verlangen. Zudem könne die Beklagte
nach dem Inhalt der Klausel die Vorlage eines Erbscheins selbst dann
beanspruchen, wenn ein Konto nur ein geringes Guthaben aufweise und die
Forderung nach der Vorlage eines Erbscheins daher möglicherweise als
rechtsmissbräuchlich anzusehen sei.
11 Die von der Beklagten zur Rechtfertigung der Klausel angeführten
Argumente ließen die Indizwirkung nicht entfallen. Offen bleiben könne, ob
und ggf. inwieweit bei der Frage der unangemessenen Benachteiligung auf die
Interessen des Erblassers abzustellen sei, obwohl in dem Zeitpunkt, in dem
die Klausel eingreife, Vertragspartner des Verwenders bereits der Erbe sei.
Jedenfalls habe auch ein Erblasser regelmäßig kein Interesse daran, dass die
Beklagte selbst dann, wenn ein anderweitiger Nachweis des Erbrechts
unproblematisch möglich sei, auf der Vorlage eines Kosten verursachenden
Erbscheins bestehen dürfe. In solchen Fällen sei es allein die Beklagte, die
durch Inanspruchnahme der Wirkungen der §§ 2366, 2367 BGB aus der Vorlage
des Erbscheins Vorteile ziehe. Zwar sei das hohe Interesse der Beklagten,
nicht an einen Nichtberechtigten leisten zu müssen, nicht zu verkennen.
Diesem Interesse sei aber nicht durch das in den AGB statuierte
uneingeschränkte Wahlrecht Rechnung zu tragen, sondern durch eine
differenzierte Betrachtung des jeweiligen Einzelfalls oder zumindest
einzelner typischer Fallgruppen. Die Beklagte werde hierdurch schon deshalb
nicht über Gebühr belastet, weil sie sich ohnehin nach Maßgabe des
jeweiligen Sachverhalts mit der Frage befassen müsse, ob die Forderung nach
Vorlage eines Erbscheins oder gerade umgekehrt der Verzicht darauf
Haftungsfolgen für sie auslöse. Fordere die Beklagte unberechtigterweise die
Vorlage eines Erbscheins, könne sie sich Schadensersatzansprüchen ausgesetzt
sehen. Akzeptiere sie hingegen fahrlässig die in Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 der AGB
genannten Urkunden, werde sie nicht von ihrer Leistungspflicht frei. In
Kenntnis dieses - letztlich jeden Nachlassschuldner betreffenden -
Spannungsverhältnisses habe der Gesetzgeber davon abgesehen, dem Erben
grundsätzlich den Nachweis seines Erbrechts mittels Erbscheins aufzugeben.
12 Auch aus § 35 Abs. 1 Satz 1 GBO lasse sich die Wirksamkeit der
streitgegenständlichen Klausel nicht herleiten. Bei dieser Vorschrift
handele es sich um eine nicht verallgemeinerungsfähige Sonderregelung. Zudem
bedürfe es auch danach zum Nachweis des Erbrechts nicht stets der Vorlage
eines Erbscheins. Beruhe die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen,
die in einer öffentlichen Urkunde enthalten sei, genüge vielmehr nach § 35
Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 GBO an Stelle des Erbscheins grundsätzlich die
Vorlage der Verfügung und der Niederschrift über deren Eröffnung. Nur dann,
wenn das Grundbuchamt die Erbfolge hierdurch nicht für nachgewiesen erachte,
könne es gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 GBO die Vorlage eines
Erbscheins verlangen. An das Vorliegen dieser Voraussetzungen seien jedoch
strenge Anforderungen zu stellen. Einen Erbschein dürfe das Grundbuchamt nur
dann fordern, wenn sich bei der Prüfung der Verfügung von Todes wegen
hinsichtlich des behaupteten Erbrechts Zweifel tatsächlicher Art ergäben,
die nur durch weitere Ermittlungen über den Willen des Erblassers oder über
die tatsächlichen Verhältnisse geklärt werden könnten, zu denen das
Grundbuchamt nicht befugt sei.
13 Zwar stehe außer Frage, dass auch die Beklagte jedenfalls bei Vorliegen
konkreter Zweifel an dem behaupteten Erbrecht Leistungen von der Vorlage
eines Erbscheins bzw. Testamentsvollstreckerzeugnisses abhängig machen
könne. Den AGB lasse sich aber nach dem maßgeblichen Verständnis eines
Durchschnittskunden eine Beschränkung auf solche Zweifelsfälle nicht
entnehmen. Die Regelung enthalte auch keine § 35 Abs. 3 GBO vergleichbare
Einschränkung.
14 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 der AGB der Beklagten sei ebenfalls kontrollfähig.
Auch nach dieser Regelung entscheide die Beklagte darüber, ob sie unter den
in der Klausel aufgeführten Voraussetzungen auf die Vorlage eines Erbscheins
oder Testamentsvollstreckerzeugnisses verzichte und das Erbrecht als
nachgewiesen erachte.
15 Die Bestimmung benachteilige den Vertragspartner des Verwenders ebenfalls
entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Nr. 5 Abs. 1 Satz 2
der AGB konkretisiere ebenso wenig wie Satz 1, unter welchen Voraussetzungen
die Beklagte auf die Vorlage eines Erbscheins bzw.
Testamentsvollstreckerzeugnisses verzichten könne. Nach dem maßgeblichen
Verständnis eines Durchschnittskunden sei die Beklagte völlig frei darin, ob
sie bei Vorliegen der Voraussetzungen von Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 ihrer AGB auf
die Vorlage des Erbscheins verzichte oder nicht. Die unangemessene
Benachteiligung ergebe sich entgegen der Ansicht des OLG Celle (NJW 1998,
82, 83) daraus, dass die Beklagte selbst dann in ihrer Entscheidung über den
Verzicht auf die Vorlage eines Erbscheins frei sei, wenn die Erbfolge auf
einer Verfügung von Todes wegen beruhe, die in einer öffentlichen Urkunde
enthalten sei, und der wahre Erbe die Verfügung und die Niederschrift über
die Eröffnung der Verfügung vorlege. Wenn aber selbst im besonders sensiblen
Bereich der Grundbucheintragungen der Nachweis regelmäßig in dieser Form
geführt werden könne, bestehe kein anerkennenswertes Interesse der
Beklagten, auch bei Vorliegen der in § 35 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 GBO
aufgeführten Voraussetzungen in Kosten verursachender Weise die Vorlage
eines Erbscheins verlangen zu können. An einer solchen Vorgehensweise hätten
weder der Erblasser noch der wahre Erbe ein Interesse, sondern wiederum
allenfalls die Beklagte selbst.
16 Die Regelung in Nr. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 der AGB erscheine für sich
betrachtet zwar unbedenklich, habe aber ohne die Regelungen in Nr. 5 Abs. 1
Satz 1 Halbsatz 1 sowie in Satz 2 keine eigenständige Bedeutung und sei
daher von der Unterlassungspflicht nicht auszunehmen.
II.
17 Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung stand, so
dass die Revision zurückzuweisen ist.
18 1. Der Kläger hat gegen die Beklagte gemäß §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
UKlaG einen Anspruch auf Unterlassung der weiteren Verwendung der
angeriffenen - ihrem Inhalt nach wechselbezüglichen und deshalb als Einheit
zu verstehenden - Regelungen in Nr. 5 Abs. 1 der AGB.
19 a) Entgegen der Ansicht der Revision ist das Berufungsgericht zutreffend
davon ausgegangen, dass die streitigen Bestimmungen nach § 307 Abs. 3 Satz 1
BGB der Inhaltskontrolle unterliegen.
20 aa) § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB beschränkt die Inhaltskontrolle auf
solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von
Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart
werden. Dabei sind unter Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 Satz 1
BGB nicht nur Gesetzesvorschriften im materiellen Sinn zu verstehen. Die
Norm gestattet vielmehr - insbesondere beim Fehlen dispositivgesetzlicher
Normen - eine Inhaltskontrolle auch solcher AGB-Klauseln, die
vertragsnatürliche wesentliche Rechte und Pflichten zum Nachteil des
Vertragspartners einschränken oder sonst gegen allgemein anerkannte
Rechtsgrundsätze verstossen (vgl. BGH, Urteile vom 21. Dezember
1983 - VIII ZR 195/82, BGHZ 89, 206, 211, vom 6. Februar 1985 - VIII ZR
61/84, BGHZ 93, 358, 362 f. und vom 10. Dezember 1992 - I ZR 186/90, BGHZ
121, 13, 18). Hierzu gehören auch alle ungeschriebenen
Rechtsgrundsätze, die Regeln des Richterrechts oder die aufgrund ergänzender
Auslegung nach §§ 157, 242 BGB und aus der Natur des jeweiligen
Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten (BGH,
Urteil vom 10. Dezember 1992 - I ZR 186/90, BGHZ 121, 13, 18).
21 bb) Ob eine Klausel danach kontrollfähig oder kontrollfrei ist, ist durch
Auslegung zu ermitteln (vgl. Senatsurteil vom 13. November 2012 - XI ZR
500/11, BGHZ 195, 298 Rn. 15 zur Unterscheidung zwischen Preisabreden und
Preisnebenabreden). Das vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde
gelegte Klauselverständnis unterliegt dabei nach § 545 Abs. 1 ZPO in der
seit dem 1. September 2009 geltenden Fassung uneingeschränkter
revisionsrechtlicher Nachprüfung (Senatsurteil vom 13. November 2012 - XI ZR
500/11, BGHZ 195, 298 Rn. 15 mwN).
22 (1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind ausgehend von den
Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten
Durchschnittskunden nach dem objektiven Inhalt und typischen Sinn der in
Rede stehenden Klausel einheitlich so auszulegen, wie ihr Wortlaut von
verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen
der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden wird. Zweifel bei der
Auslegung gehen nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders.
Außer Betracht bleiben dabei solche Auslegungsmöglichkeiten, die zwar
theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und daher nicht ernstlich in
Betracht zu ziehen sind (Senatsurteil vom 13. November 2012 - XI ZR 500/11,
BGHZ 195, 298 Rn. 16 mwN).
23 (2) Nach diesen Grundsätzen stellen die beanstandeten Regelungen
kontrollfähige Abweichungen von Rechtsvorschriften dar.
24 (a) Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist der
Erbe nicht verpflichtet, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen,
sondern kann diesen Nachweis auch in anderer Form führen. Es existiert keine
Regelung, die den Nachlassschuldner berechtigt, seine Leistung auch ohne
entsprechende vertragliche Vereinbarung grundsätzlich von der Vorlage eines
Erbscheins abhängig zu machen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 27.
Februar 1961 - II ZR 196/59, WM 1961, 479, 481, vom 10. Dezember 2004 - V ZR
120/04, NJW-RR 2005, 599, 600 und vom 7. Juni 2005 - XI ZR 311/04, WM 2005,
1432, 1433 unter Hinweis auf RGZ 54, 343, 344; vgl. auch RG, JW 1910, 802
und RGZ 100, 279, 282 sowie BGH, Urteil vom 7. November 1966 - III ZR 48/66,
WM 1967, 25, 27 jeweils zum Testamentsvollstrecker).
25 (b) Abweichend hiervon kann die Beklagte nach dem Wortlaut von Nr. 5 Abs.
1 Satz 1 der AGB die Vorlage eines Erbscheins zum Nachweis des Erbrechts
unabhängig davon verlangen, ob im konkreten Einzelfall das Erbrecht auch auf
andere - einfachere und/oder kostengünstigere - Art nachgewiesen werden
könnte. Das der Beklagten in Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 der AGB eingeräumte Recht,
auf die Vorlegung eines Erbscheins zu verzichten, wenn ihr eine Ausfertigung
oder eine beglaubigte Abschrift vom Testament oder Erbvertrag des Kunden
sowie der Niederschrift über die zugehörige Eröffnungsverhandlung vorgelegt
werden, besteht nach dem Empfängerhorizont eines rechtlich nicht
vorgebildeten, durchschnittlichen Bankkunden ebenfalls unbeschränkt. Die
Bestimmung gibt nicht vor, in welchen Fällen oder unter welchen
Voraussetzungen die Sparkasse zum Nachweis des Erbrechts des Kunden keinen
Erbschein verlangen kann. Vielmehr räumt sie der Beklagten abweichend von
der Gesetzeslage das Recht ein, im Zweifel stets die Vorlage eines
Erbscheins zu fordern.
26 (c) Dem kann die Revision (ebenso Harter, BKR 2013, 306, 307) nicht mit
Erfolg entgegenhalten, der Passus "zur Klärung der rechtsgeschäftlichen
Berechtigung" in Nr. 5 Abs. 1 Satz 1 der AGB stelle einschränkend klar, dass
lediglich Zweifelsfälle der Verfügungsberechtigung erfasst seien, sodass
dort, wo die Erbfolge eindeutig sei, nach der Klausel von vorneherein kein
Erbschein verlangt werden könne. Zwar mag dem Begriff der "Klärung" als
solchem zu entnehmen sein, dass es um die Beseitigung von Unklarheiten,
Ungewissheiten oder Zweifeln geht. Damit ist aber im hier streitigen
Regelungszusammenhang nicht mehr als der bloße Anlass umschrieben, mit dem
die Sparkasse ihr Verlangen nach Vorlage eines Erbscheins begründet. Die
Entscheidung hingegen, wann die Berechtigung des Erben "klärungsbedürftig"
ist, steht wiederum im Ermessen der Beklagten. Eine Einschränkung ihres
umfassenden und insoweit von der Gesetzeslage abweichenden Rechts, auf der
Vorlage eines Erbscheins zu bestehen, ist mit der betreffenden Formulierung
daher nicht verbunden.
27 (d) Soweit die Revision ferner unter Hinweis auf einzelne Stimmen in der
Literatur (Litzenburger in BeckOK-BGB, Stand 1. Mai 2013, § 2232 Rn. 24;
anders nunmehr ders. in FD-ErbR 2012, 339358) meint, die streitige Klausel
sei wegen der Verwendung des Wortes "kann" in Nr. 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 der
AGB einschränkend dahin auszulegen, dass der Sparkasse ein Spielraum
zustehe, den sie - dem Rechtsgedanken des § 315 BGB folgend - nur nach
billigem Ermessen ausüben dürfe, kann ihr gleichfalls nicht gefolgt werden.
28 Ob den angefochtenen Regelungen die Einräumung eines Bestimmungsrechts
nach § 315 BGB überhaupt hinreichend eindeutig zu entnehmen ist, bedarf
letztlich keiner Entscheidung. Selbst bei Einräumung einer solchen
Rechtsposition und unter Zugrundelegung des Entscheidungsmaßstabs des
"billigen Ermessens" ließe sich der in § 315 BGB enthaltene Rechtsgedanke
jedenfalls nicht als inhaltliche Beschränkung des Anwendungsbereichs der
Klausel heranziehen. Denn der weite Spielraum der Billigkeit genügt nicht
den an die Eingrenzung und Konkretisierung einer Formularbestimmung zu
stellenden Anforderungen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 1983 - VIII ZR
195/82, BGHZ 89, 206, 213 mwN). Insbesondere fehlte es danach an der
notwendigen Festlegung der Voraussetzungen und des Umfangs des einseitigen
Bestimmungsrechts (vgl. BGH, Urteile vom 11. Juni 1980 - VIII ZR 174/79, NJW
1980, 2518, 2519 zu einer Preiserhöhungsklausel, vom 26. November 1984 -
VIII ZR 214/83, BGHZ 93, 29, 34 zum Leistungsbestimmungs- und
-änderungsrecht, vom 19. Oktober 1999 - XI ZR 8/99, NJW 2000, 651, 652 zum
Entgeltbestimmungsvorbehalt und vom 11. Juli 2012 - IV ZR 164/11, BGHZ 194,
39 Rn. 61 zur Marktpreisanpassung; vgl. auch BGH, Urteil vom 7. Oktober 1981
- VIII ZR 229/80, BGHZ 82, 21, 26).
29 (e) Im Ergebnis nichts anderes gilt, soweit die Revision zur
Einschränkung der Klausel die Vorschrift des § 242 BGB bemüht. Der
allgemeine Umstand, dass jegliches Verhalten sich an den Geboten von Treu
und Glauben messen lassen muss, führt nicht dazu, eine - wie hier - von der
Gesetzeslage abweichende Klausel von vorneherein der Inhaltskontrolle zu
entziehen.
30 b) Der danach eröffneten Inhaltskontrolle halten die
angegriffenen Regelungen in Nr. 5 Abs. 1 der AGB nicht stand. Das
uneingeschränkte Recht der Beklagten, zur Klärung der rechtsgeschäftlichen
Berechtigung die Vorlegung eines Erbscheins zu verlangen (Nr. 5 Abs. 1 Satz
1 der AGB) bzw. in bestimmten Situationen darauf zu verzichten (Nr. 5 Abs. 1
Satz 2 der AGB) ist vielmehr, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen
hat, mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der
abgewichen wird, nicht zu vereinbaren (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) und
benachteiligt die Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und
Glauben unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB; ebenso Esskandari/Bick,
ErbStB 2013, 43, 44; Litzenburger, FD-ErbR 2012, 339358; Nobbe, WuB IV C. §
307 BGB 4.13; Roth, NJW-Spezial 2012, 744; Toussaint, EWiR 2013, 225, 226;
wohl auch Bartsch, jurisPR-BKR 2/2013 Anm. 4; Starke, NJW 2005, 3184, 3186
f.).
31 aa) Allerdings sind Rechtsprechung (OLG Celle, NJW 1998, 82, 83 f. zu Nr.
5 Abs. 1 Satz 2 AGB-Sparkassen; OLG Saarbrücken, Urteil vom 11. Oktober 2012
- 8 U 345/11, unveröff.; AG Mannheim WM 2007, 2240, 2242)
und Schrifttum (Bunte, AGB-Banken, 3. Aufl., Rn. 139, 550; ders. in Schi-mansky/Bunte/Lwowski,
Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 10 Rn. 1, 4; Casper in Derleder/Knops/Bamberger,
Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2. Aufl., § 3 Rn. 31;
Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl., Teil 4, (2) Banken Rn.
19 f.; Grundmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl. Rn. I262;
Lange/Werkmüller, Der Erbfall in der Bankpraxis, § 12 Rn. 11; Ott-Eulberg in
Ott-Eulberg/Schebesta/Bartsch, Erbrecht und Banken, 2. Aufl., § 2 Rn. 12
ff.; Rotter/Placzek, Bankrecht, § 18 Rn. 9; Schebesta, WuB I B 1. - 2.08;
Schwintowski, Bankrecht, 3. Aufl., § 2 Rn. 39; Palandt/Weidlich, BGB, 72.
Aufl., § 2353 Rn. 22; MünchKommBGB/ Mayer, 5. Aufl., § 2353 Rn. 171;
Schröder/Mayer, NJW 2006, 3252, 3253 f.; Kröger, WM 1977, 379, 380 zu Nr. 24
Satz 1 AGB-Banken aF; Schebesta/ Kalkbrenner, Bankprobleme beim Tod eines
Kunden, 14. Aufl., Rn. 590a zu Nr. 5 der AGB der Volksbanken und
Raiffeisenbanken) bislang durchweg von der Wirksamkeit der streitbefangenen
Regelungen ausgegangen bzw. haben diese zumindest nicht durchgreifend in
Zweifel gezogen. Dieser Schluss wird dabei teilweise auf die - nach den
Ausführungen oben unter II. 1. a) bb) (2) (d) freilich unbehelfliche -
Annahme gestützt, die Sparkasse habe eine nach § 315 BGB gebundene
Entscheidung zu treffen (vgl. Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl.,
AGB-Banken § 5 Rn. 1; Gahle, ZEV 2009, 305; Keim, WM 2006, 753, 755; ders.
ZErb 2006, 31, 32; Mischke/Nouvertne, ZErb 2005, 234, 235, 239; Peterek in
Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., Rn. 6.211; Lange in
jurisPK-BGB, 6. Aufl., § 2353 Rn. 3; Litzenburger in BeckOK-BGB, Stand 1.
Mai 2013, § 2232 Rn. 24; ähnlich PWW/Deppenkemper, BGB, 8. Aufl., § 2353 Rn.
9).
32 bb) Die Auffassung, die angegriffenen Bestimmungen seien wirksam, geht
indes fehl.
33 (1) Anders als die Revision meint, hat der erkennende Senat die
Wirksamkeit der streitgegenständlichen Regelungen nicht schon "implizit" in
seinem Urteil vom 7. Juni
2005 (XI ZR 311/04, WM 2005, 1432) bejaht. Mit den dort
unter II. 1. b) bb) erwähnten "Sonderregelungen" waren lediglich die im
vorangehenden Absatz genannten Vorschriften (§ 35 Abs. 1 Satz 1 GBO, § 41
Abs. 1 Satz 1 Schiffsregisterordnung, § 86 des Gesetzes über Rechte an
Luftfahrzeugen) gemeint, nicht aber die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der
Banken oder Sparkassen, die im damaligen Fall ohnehin nicht Vertragsinhalt
geworden und schon deshalb nicht Gegenstand der AGB-rechtlichen Prüfung
waren. Auch aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27. Februar 1961 (II
ZR 196/59, WM 1961, 479) kann die Revision nichts für sich Günstiges
ableiten. Soweit darin ausgesprochen worden ist, im Rahmen eines
Vertragsverhältnisses könne durch Vereinbarung der Nachweis des Erbrechts in
bestimmter Form vorgesehen werden (WM 1961, 479, 481), besagt dies nichts
für die Frage der Wirksamkeit einer gerade in Allgemeinen
Geschäftsbedingungen niedergelegten Nachweisregelung.
34 (2) Nr. 5 Abs. 1 der AGB weicht von wesentlichen Grundgedanken der
gesetzlichen Regelung ab (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).
35 (a) Wie im Zusammenhang mit der Kontrollfähigkeit der Klausel bereits
ausgeführt (oben II. 1. a) bb) (2)) gewährt diese der Beklagten generell und
unabhängig davon, ob im Einzelfall das Erbrecht zweifelhaft ist oder durch
andere Dokumente einfacher und/oder kostengünstiger nachgewiesen werden
kann, das Recht, auf der Vorlage eines Erbscheins zu bestehen. Bei den
Anforderungen an den Nachweis der Rechtsnachfolge ist jedoch auch den
berechtigten Interessen der Erben an einer möglichst raschen und
kostengünstigen Abwicklung des Nachlasses Rechnung zu tragen (Senatsurteil
vom 7. Juni 2005 - XI ZR 311/04, WM 2005, 1432, 1433).
36 (b) Entgegen der Ansicht der Revision streitet auch die Sonderregelung
des § 35 Abs. 1 GBO (vgl. schon RG, JW 1910, 802) nicht für die Wirksamkeit
der Klausel. Richtig ist vielmehr das Gegenteil.
37 (aa) Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GBO kann zwar der Nachweis der Erbfolge
gegenüber dem Grundbuchamt in der Regel nur durch einen Erbschein geführt
werden. Beruht jedoch die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die
in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genügt es nach § 35 Abs. 1
Satz 2 Halbsatz 1 GBO, wenn an Stelle des Erbscheins die Verfügung und die
Niederschrift über deren Eröffnung vorgelegt werden. Nur wenn das
Grundbuchamt die Erbfolge durch diese Urkunden nicht für nachgewiesen
erachtet, kann es die Vorlegung eines Erbscheins verlangen (§ 35 Abs. 1 Satz
2 Halbsatz 2 GBO). Das Grundbuchamt hat demnach bei Vorliegen etwa eines -
eröffneten - öffentlichen Testaments (§ 2232 BGB) grundsätzlich hierauf zu
vertrauen und darf lediglich dann einen Erbschein verlangen, wenn sich bei
der Prüfung der letztwilligen Verfügung hinsichtlich des behaupteten
Erbrechts begründete (konkrete) Zweifel ergeben, die nur durch weitere,
allein dem Nachlassgericht mögliche Ermittlungen über den tatsächlichen
Willen des Erblassers oder über sonstige tatsächliche Verhältnisse geklärt
werden können (vgl. OLG Köln, ZEV 2000, 232, 233; BayObLG, ZEV 2000, 233,
234; OLG Frankfurt, NJW-RR 2005, 380, 381; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht,
15. Aufl., Rn. 788 jeweils mwN). Dem liegt zugrunde, dass beim öffentlichen
- anders als beim eigenhändigen (§ 2247 BGB) - Testament vor der Beurkundung
vom Notar die Identität und Geschäftsfähigkeit des Erblassers festgestellt
(§§ 10, 11, 28 BeurkG), dessen letzter Wille erforscht und dieser klar und
unzweideutig wiedergegeben wird (§ 17 BeurkG), was zu einem gesteigerten
Beweiswert führt (vgl. Palandt/Weidlich, BGB, 72. Aufl., § 2232 Rn. 9).
38 (bb) Abweichend hiervon gestattet Nr. 5 Abs. 1 der AGB der Beklagten,
selbst bei Vorliegen eines öffentlichen Testaments und Fehlen jeglicher
Zweifel an der Erbfolge, auf der Vorlage eines Erbscheins zu bestehen. Satz
2 der Regelung, wonach die Sparkasse auf die Vorlegung eines Erbscheins
verzichten kann, differenziert ebenfalls nicht danach, welche Art von
Testament errichtet wurde, sondern stellt die Entscheidung über die Art des
verlangten Nachweises generell in das Ermessen des Instituts. Die Klausel
knüpft damit - obwohl ein eröffnetes öffentliches Testament in der Regel als
ausreichender Nachweis für die Rechtsnachfolge anzusehen ist (vgl.
Senatsurteil vom 7. Juni 2005 - XI
ZR 311/04, WM 2005, 1432, 1433) - sogar höhere
Anforderungen an den Erbfolgenachweis, als sie im ohnehin sensiblen Bereich
des Grundbuchrechts von Gesetzes wegen bestehen (so auch Nobbe, WuB IV C. §
307 BGB 4.13). Eine schon im Wortlaut in keiner Weise zum Ausdruck kommende
Beschränkung auf (Zweifels-)Fälle, in denen auch ein Grundbuchamt gemäß § 35
Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 GBO die Vorlage eines Erbscheins verlangen könnte,
kommt zudem vor dem Hintergrund des Gebots der kundenfeindlichsten Auslegung
(vgl. BGH, Urteile vom 1. April 1992 - XII ZR 100/91, NJW 1992, 1761 f. und
vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 31 jeweils mwN) nicht in
Betracht (so aber MünchKommBGB/Hagena, 5. Aufl., § 2231 Rn. 21; MünchKommBGB/Mayer,
5. Aufl., § 2353 Rn. 171 und Starke, NJW 2005, 3184, 3186 f.).
39 cc) Die unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1
Satz 1 BGB wird durch den Verstoß gegen wesentliche Grundgedanken der
Rechtsordnung indiziert (vgl. Senatsurteil vom 13. November 2012 - XI ZR
145/12, juris Rn. 56 mwN; BGH, Urteil vom 13. Juli 2004 - KZR 10/03, GRUR
2005, 62, 69). Gründe, die die Klausel nach Treu und Glauben gleichwohl als
angemessen erscheinen lassen (dazu BGH, Urteile vom 20. Juni 1984
- VIII ZR 137/83, NJW 1985, 914, 916 und vom 10. Dezember 1992 - I ZR
186/90, BGHZ 121, 13, 19), liegen entgegen der Ansicht der Revision nicht
vor.
40 (1) Der Senat verkennt nicht, dass eine Sparkasse nach dem Tod
eines Kunden ein berechtigtes Interesse daran hat, in den Genuss der
Rechtswirkungen der §§ 2366, 2367 BGB zu kommen und so der Gefahr einer
doppelten Inanspruchnahme zu entgehen. Allerdings folgt aus dieser Wirkung
noch nicht, dass die Sparkasse einschränkungslos die Vorlegung eines
Erbscheins verlangen kann (vgl. schon RG, JW 1910, 802 sowie BGH,
Urteile vom 27. Februar 1961 - II ZR 196/59, WM 1961, 479, 481 und vom 7.
November 1966 - III ZR 48/66, WM 1967, 25, 27 zum
Testamentsvollstreckerzeugnis). Ein solches, nicht auf Zweifelsfälle
- in denen die Forderung nach Vorlage eines Erbscheins berechtigt sein kann
(Senatsurteil vom 7. Juni
2005 - XI ZR 311/04, WM 2005, 1432, 1433) - beschränktes
Recht wird der Beklagten aber durch Nr. 5 Abs. 1 AGB eingeräumt.
Daran, auch in klaren Erbfolgefällen allein zur Erlangung des
Gutglaubensschutzes der §§ 2366, 2367 BGB stets auf einem Erbschein bestehen
und damit öffentliche Urkunden leichter als z.B. das Grundbuchamt
zurückweisen zu können, hat die Beklagte - wie das Berufungsgericht
zutreffend ausgeführt hat - kein schutzwürdiges Interesse.
41 (2) Im Gegenteil sind die Interessen des (wahren) Erben, der im
Wege der Universalsukzession (§ 1922 BGB) in die Stellung des Erblassers als
Vertragspartner der Sparkasse eingerückt ist und auf dessen mögliche
Benachteiligung es daher - anders als die Revision meint - bei der
anzustellenden Interessenabwägung ankommt (vgl. BGH, Urteil vom 30.
Mai 1990 - IV ZR 266/89, BGHZ 111, 295, 297; Keim, WM 2006, 753, 755;
Mischke/Nouvertne, ZErb 2005, 234, 238; aA OLG Celle, NJW 1998, 82, 84;
Bunte in Schimansky/ Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 10 Rn.
4) vorrangig. Ihm ist regelmäßig nicht daran
gelegen, auch in Fällen, in denen er sein Erbrecht unproblematisch anders
als durch Vorlage eines Erbscheins nachweisen kann, das unnütze Kosten
verursachende und zu einer Verzögerung der Nachlassregulierung führende
Erbscheinsverfahren anstrengen zu müssen (vgl. dazu schon RGZ 54,
343, 344). Ebenso wenig kann er im Rahmen der anzustellenden
Interessenabwägung auf die Möglichkeit verwiesen werden, von ihm zunächst -
zu Unrecht - verauslagte Kosten später im Wege des Schadensersatzes, ggf.
sogar nur unter Beschreitung des Klageweges (vgl. hierzu LG
Lüneburg, ZEV 2009, 303; LG Berlin BeckRS 2010, 06534) von der
Sparkasse erstattet zu verlangen.
42 2. Soweit die Beklagte nach Nr. 5 Abs. 1 der AGB berechtigt ist, die
Vorlegung "eines Testamentsvollstreckerzeugnisses oder ähnlicher
gerichtlicher Zeugnisse" zu verlangen, gelten die vorstehenden, an den
Erbschein anknüpfenden Ausführungen entsprechend. Kein Anlass besteht
ferner, die Regelung in Nr. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 der AGB, die das
Berufungsgericht für - isoliert betrachtet - unbedenklich erachtet hat, von
der Unterlassungspflicht auszunehmen. Mit Recht und insoweit auch von der
Revision unangegriffen ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass
dieser (Teil-)Bestimmung keine eigenständige Bedeutung zukommt.
43 3. Soweit dem Kläger in den Vorinstanzen die von ihm geltend gemachten
Abmahnkosten zugesprochen worden sind, die ihre Rechtsgrundlage in § 5 UKlaG
i.V.m. § 12 Abs. 1 UWG finden und in der zuerkannten Höhe von 214 € zwischen
den Parteien außer Streit stehen, erhebt die Revision keine gesonderte Rüge.
Diesbezügliche Rechtsfehler sind auch nicht ersichtlich.
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