IPR:
Vertragsstatut, Zustandekommen einer Rechtswahl durch AGB (Art. 27 IV, Art.
31 EGBGB), (einfach) zwingende Normen i.S.v. Art. 29 EGBGB, Voraussetzungen
von Art. 29 EGBGB
BGH, Urteil
vom 25. Januar 2005 - XI ZR 78/04
Fundstelle:
NJW-RR 2005, 1071
zu Art. 29 EGBGB s. auch BGHZ
123, 380 sowie BGHZ 135, 124
Amtl. Leitsätze:
a) Zu den zwingenden
Bestimmungen im Sinne des Art. 29 Abs. 1 EGBGB können auch richterrechtliche
Regeln gehören.
b) Zur Frage, bis wann der Termin- und Differenzeinwand gemäß §§ 52 ff.
BörsG a.F. und § 764 BGB a.F. zum deutschen ordre public gehörte.
Tatbestand:
Der Kläger nimmt die Beklagte zu 2) (im
folgenden: Beklagte), ein in der Schweiz ansässiges Brokerunternehmen, auf
Rückzahlung von Einlagen in Anspruch, die er ihr für Warentermin- und
Optionsgeschäfte zur Verfügung gestellt hat.
Der Kläger, ein in Deutschland lebender Diplom-Chemiker, wurde von
Telefonverkäufern einer in Deutschland ansässigen GmbH, die gewerbsmäßig
Termin- und Optionsgeschäfte vermittelte, in Deutschland geworben und
erhielt von ihr eine Informationsbroschüre und Vertragsformulare der
Beklagten. Am 9. April 1997 unterzeichnete er in Deutschland einen Kunden-
und einen Provisionsvertrag. Der Kundenvertrag untersteht nach den
Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten schweizerischem Recht. Nach
dem Provisionsvertrag hatte der Kläger für den An- und Verkauf jeder
Aktienoption eine "Round-Turn-Commission" in Höhe von 90 US-Dollar und für
Forex-, d.h. Devisengeschäfte einen "Spread" zu zahlen, von dem die deutsche
Vermittlungsgesellschaft 55% erhalten sollte. Der Kläger bestellte die
Vermittlungsgesellschaft zu seiner Agentin und erteilte ihr Vollmacht zum
Abschluß von Termin- und Optionsgeschäften. Er zahlte im April 1997 29.000
DM auf ein Konto der Beklagten bei einem deutschen Kreditinstitut ein und
erhielt bei Beendigung der Geschäftsbeziehung 4.460 DM zurück.
Seine Klage auf Rückzahlung des Restbetrages in Höhe von 12.547,10 € nebst
Zinsen ist in den Vorinstanzen, nachdem das Landgericht durch
rechtskräftiges Zwischenurteil seine internationale Zuständigkeit
festgestellt hat, in der Sache erfolglos geblieben. Mit der vom
Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt er seinen Klageantrag
weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Sie führt zur
Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an
das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im
wesentlichen ausgeführt:
Das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien unterliege aufgrund der
vereinbarten Rechtswahlklausel gemäß Art. 27 Abs. 1 EGBGB schweizerischem
Recht. Nach diesem sei eine Rechtswahlklausel auch in einem Formularvertrag
zulässig. Die freie Rechtswahl sei nicht gemäß Art. 27 Abs. 3 EGBGB
eingeschränkt. Der Sachverhalt sei in dem Zeitpunkt des Rechtsgeschäfts
nicht nur mit einem anderen Staat als der Schweiz verbunden gewesen.
Vielmehr habe die Beklagte ihren Sitz in der Schweiz.
Der Kläger könne sich nicht auf Art. 29 Abs. 1 EGBGB berufen. Fraglich sei
bereits, ob diese Vorschrift gemäß Art. 29 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EGBGB
unanwendbar sei, weil die Beklagte ihre Dienstleistungen nicht nur in der
Schweiz erbringen konnte. Jedenfalls führe die Rechtswahl nicht dazu, daß
dem Kläger der durch zwingende Bestimmungen des deutschen Rechts gewährte
Schutz entzogen werde. Die §§ 52 ff. BörsG a.F. seien im vorliegenden Fall
nicht anwendbar, weil der Kläger keinen Bereicherungsanspruch aufgrund
mangels Börsentermingeschäftsfähigkeit unverbindlicher Geschäfte, sondern
Schadensersatzansprüche wegen mangelhafter Aufklärung geltend mache.
Zwingende Normen über die Haftung eines Vermittlers von Termingeschäften
habe das deutsche Recht bis zur Einführung des § 37 d Abs. 4 WpHG im Jahre
2002 nicht gekannt. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu
vertraglichen Aufklärungspflichten bei Termin- und Optionsgeschäften sei
keine zwingende Norm im Sinne des Art. 29 Abs. 1 EGBGB.
Verbraucherschutznormen seien allerdings die Vorschriften des AGBG gewesen.
Die Rechtswahlklausel sei aber weder überraschend im Sinne des § 3 AGBG noch
benachteilige sie den Kläger unangemessen im Sinne des § 9 AGBG.
Art. 34 EGBGB sei auf Verträge, die in den Regelungsbereich des
Verbraucherschutzes gemäß Art. 29 EGBGB fielen, nicht anwendbar. Die
Rechtswahlklausel verstoße auch nicht gegen den deutschen ordre public.
Ausführungen zu einer deliktischen Haftung der Beklagten seien entbehrlich,
weil das Landgericht diese verneint habe und dessen diesbezügliche
Feststellungen in der Berufungsbegründung nicht gerügt worden seien.
II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in wesentlichen
Punkten nicht stand.
1. Dies gilt zunächst für die Erwägungen zu vertraglichen Ansprüchen des
Klägers.
a) Die Begründung, mit der das Berufungsgericht insoweit schweizerisches
Recht als maßgeblich angesehen hat, ist rechtlich nicht haltbar.
aa) Rechtsfehlerfrei ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts.
Für die Wirksamkeit einer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen
Rechtswahlklausel ist nach Art. 31 Abs. 1 EGBGB das Recht maßgebend, das
nach der Klausel angewendet werden soll (Senat BGHZ 123, 380, 383;
Staudinger/Hausmann, BGB Bearb. 2002 Art. 31 EGBGB Rdn. 72; jeweils
m.w.Nachw.). Die Entscheidung des Berufungsgerichts, nach schweizerischem
Recht sei die Rechtswahlklausel wirksam, unterliegt keiner
revisionsrechtlichen Überprüfung (§ 545 Abs. 1, § 560 ZPO). Daß dem
Berufungsgericht bei der Ermittlung und Anwendung des schweizerischen Rechts
ein Verfahrensfehler unterlaufen ist (vgl. BGHZ 118, 151, 162 m.w.Nachw.),
macht die Revision nicht geltend.
Art. 31 Abs. 2 EGBGB, § 3 AGBG führen zu keinem anderen Ergebnis. Ob der
Tatbestand des Art. 31 Abs. 2 EGBGB erfüllt ist, kann dahinstehen.
Jedenfalls ist die Wahl schweizerischen Rechts nicht überraschend i.S.d. § 3
AGBG, da die Beklagte ihren Sitz in der Schweiz hat und ihre
Vertragsleistungen, zumindest teilweise, von dort aus erbringt (vgl.
Ulmer/Brandner/Hensen/H. Schmidt, AGBG 9. Aufl. Anh. §§ 9-11 Rdn. 577).
bb) Rechtlich nicht zu beanstanden ist ferner die Auffassung des
Berufungsgerichts, die Rechtswahl der Parteien werde durch Art. 27 Abs. 3
EGBGB nicht eingeschränkt. Diese Vorschrift setzt voraus, daß der
Sachverhalt, abgesehen von der Rechtswahlklausel, nur mit einem Staat
verbunden ist, dessen Recht nicht gewählt worden ist. Dies ist hier nicht
der Fall, weil die Beklagte, wie dargelegt, ihren Sitz in der Schweiz hat
und ihre Vertragsleistungen, zumindest teilweise, von dort aus erbringt
(vgl. Senat BGHZ 123, 380, 384 m.w.Nachw.).
cc) Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Begründung, mit der das
Berufungsgericht die Anwendbarkeit des Art. 29 Abs. 1 EGBGB verneint hat.
Die Rechtswahl der Parteien führt dazu, daß dem Kläger der durch zwingende
Bestimmungen des deutschen Rechts gewährte Schutz entzogen wird. Zu diesen
Bestimmungen gehören alle durch Parteivereinbarung nicht abdingbaren
Vorschriften, die geeignet und dazu bestimmt sind, einem Vertragspartner
Schutz gegenüber dem anderen zu gewähren (Staudinger/Magnus, BGB Bearb.
2002 Art. 29 EGBGB Rdn. 102; MünchKomm/Martiny, BGB 3. Aufl. Art. 29 EGBGB
Rdn. 35; Erman/ Hohloch, BGB 11. Aufl. Art. 29 EGBGB Rdn. 17; Soergel/v.
Hoffmann, BGB 12. Aufl. Art. 29 EGBGB Rdn. 29).
(1) Hierunter fallen die dem Schutz des Anlegers vor der besonderen
Gefährlichkeit von Börsentermingeschäften (vgl. Senat BGHZ 148, 297, 299)
dienenden §§ 52 ff. BörsG a.F.. Dieser Schutz war, soweit er gemäß §§ 55 ff.
BörsG a.F. reichte, vertraglich nicht abdingbar.
Das Berufungsgericht hat zwar nicht verkannt, daß die §§ 52 ff. BörsG a.F.
zu den zwingenden Anlegerschutzvorschriften des deutschen Rechts gehörten.
Es hat sie aber rechtsfehlerhaft im vorliegenden Fall nicht für anwendbar
gehalten, weil der Kläger keinen aus einer Unverbindlichkeit der Geschäfte
folgenden Bereicherungsanspruch geltend mache. Dies trifft nicht zu. Der
Kläger hat, wie die Revision zu Recht rügt, vor dem Landgericht ausdrücklich
geltend gemacht, durch die Vereinbarung schweizerischen Rechts werde ihm der
Schutz des § 53 Abs. 2 BörsG a.F. entzogen. Darüber hinaus hat er im
Verlaufe des Rechtsstreits mehrfach vorgetragen, er sei nicht in einer den
Anforderungen des § 53 Abs. 2 BörsG a.F. genügenden Weise aufgeklärt worden.
Das Berufungsgericht war gehalten, diesen Tatsachenvortrag unter jedem
einschlägigen rechtlichen Gesichtspunkt zu würdigen und deshalb in den gemäß
Art. 29 EGBGB anzustellenden Günstigkeitsvergleich zwischen deutschem und
schweizerischem Recht (vgl. Staudinger/Magnus, BGB Bearb. 2002 Art. 29 EGBGB
Rdn. 105; MünchKomm/Martiny, BGB 3. Aufl. Art. 29 EGBGB Rdn. 37; jeweils
m.w.Nachw.) auch Bereicherungsansprüche einzubeziehen.
(2) Rechtlich unhaltbar ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, das
deutsche Recht habe bis zur Einführung des § 37 d Abs. 4 WpHG im Jahre 2002
keine zwingenden Normen zur Haftung der Vermittler von Termingeschäften
gekannt. Zu den zwingenden Bestimmungen im Sinne des Art. 29 Abs. 1 EGBGB
gehören, was das Berufungsgericht verkannt hat, auch richterrechtliche
Regeln zum Schutz eines Vertragspartners gegenüber dem anderen
(Staudinger/Magnus, BGB Bearb. 2002 Art. 29 EGBGB Rdn. 102; MünchKomm/Martiny,
BGB 3. Aufl. Art. 29 EGBGB Rdn. 35; Bamberger/Roth/Spickhoff, BGB Art. 29
EGBGB Rdn. 17; jeweils m.w.Nachw.). Hierunter fallen auch die in der
Rechtsprechung des Senats entwickelten Grundsätze über Aufklärungs-,
Hinweis- und Warnpflichten gegenüber Kapitalanlegern.
b) Ein weiterer Rechtsfehler besteht darin, daß das Berufungsgericht das
schweizerische Recht, obwohl es dieses für maßgeblich hält, nicht auf den
vorliegenden Fall angewandt hat. Das Berufungsurteil enthält hierfür keine
erkennbare Begründung. Sollte sich das Berufungsgericht stillschweigend die
Auffassung des Landgerichts zu eigen gemacht haben, dem Vorbringen des
Klägers sei nicht zu entnehmen, daß die Beklagte vertragliche Pflichten, die
sich nach schweizerischem Recht ergäben, verletzt habe, wäre dies rechtlich
nicht haltbar.
Der deutsche Tatrichter hat das maßgebliche ausländische Recht gemäß §
293 ZPO von Amts wegen zu ermitteln. Die Parteien trifft keine (prozessuale)
Beweisführungslast (BGHZ 120, 334, 342). Der Umfang der Ermittlungspflicht
kann zwar durch den Vortrag der Parteien beeinflußt werden (BGHZ 118, 151,
164). Im vorliegenden Fall war vom Kläger aber kein Vortrag zum Inhalt des
schweizerischen Rechts zu erwarten, weil er deutsches Recht für anwendbar
hielt und weil nicht ersichtlich ist, daß er über Erkenntnisquellen für
einen etwaigen Differenz- und Termineinwand sowie vertragliche
Aufklärungspflichten nach schweizerischem Recht verfügte. Es kann auch keine
Rede davon sein, der Kläger verfolge nur Ansprüche nach deutschem Recht und
nicht nach schweizerischem Recht. Er macht den im Klageantrag bezeichneten
Zahlungsanspruch geltend, ohne dieses Begehren durch die seiner Begründung
dienenden Rechtsausführungen einzuschränken.
2. Rechtsfehlerhaft ist auch die Behandlung deliktischer Ansprüche. Das
Berufungsgericht hat zwar allgemein ausgeführt, das landgerichtliche Urteil
halte einer Überprüfung stand. Im Berufungsurteil kommt aber nicht
ansatzweise zum Ausdruck, daß das Berufungsgericht deliktische Ansprüche
einer eigenen rechtlichen Prüfung unterzogen hat. Das Berufungsgericht hat
Ausführungen zu einer deliktischen Haftung vielmehr ausdrücklich als
entbehrlich angesehen, weil das Landgericht diese mit detaillierter
Begründung verneint habe und dessen diesbezügliche Feststellungen in der
Berufungsbegründung nicht angegriffen worden seien.
Damit hat das Berufungsgericht, wie die Revision zu Recht rügt, den Umfang
seiner Prüfungspflicht verkannt. Gemäß § 529 Abs. 2 Satz 2 ZPO unterliegt
das mit der Berufung angefochtene Urteil, von den in § 529 Abs. 2 Satz 1 ZPO
bezeichneten, hier nicht einschlägigen Mängeln abgesehen, der inhaltlich
unbeschränkten, nicht an die geltend gemachten Berufungsgründe gebundenen
Überprüfung auf Fehler bei der Anwendung formellen und materiellen Rechts.
Das Berufungsgericht hat den Prozeßstoff selbständig nach allen Richtungen
von neuem zu prüfen, ohne an die rechtlichen Gesichtspunkte der Parteien
oder des Landgerichts gebunden zu sein (BGH, Urteil vom 8. November 1991 - V
ZR 260/90, WM 1992, 441; Ball, in: Musielak, ZPO 4. Aufl. § 529 Rdn. 24;
Zöller/Gummer/Heßler, ZPO 24. Aufl. § 529 Rdn. 14). Dies hat das
Berufungsgericht verabsäumt.
III. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die
Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, war sie zur neuen Verhandlung und
Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1
ZPO).
1. Das Berufungsgericht wird weitere Feststellungen zur Anwendbarkeit des
Art. 29 EGBGB zu treffen haben.
a) Zwar ist bereits nach dem übereinstimmenden Parteivortrag davon
auszugehen, daß die Parteien einen Vertrag über die Erbringung von
Dienstleistungen und keinen Vertrag über die Lieferung von Wertpapieren, der
nicht unter Art. 29 Abs. 1 EGBGB fiele (Senat BGHZ
123, 380, 387),
geschlossen haben. Der Vertrag diente auch einem Zweck, der nicht der
beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des Klägers, sondern seiner privaten
Vermögensanlage, zugerechnet werden kann. Zwischen den Parteien ist aber
streitig, ob dem Vertragsschluß ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung
der Beklagten in Deutschland (Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB) vorausgegangen
ist. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, die Beklagte habe die deutsche
Vermittlungsgesellschaft gezielt zur Werbung deutscher Kunden eingesetzt und
zur Versendung ihrer Informationsbroschüre, u.a. an ihn, den Kläger,
veranlaßt. Die Beklagte hat zwar eingeräumt, daß die deutsche
Vermittlungsgesellschaft ihre Broschüre und ihre Vertragsformulare, die eine
Beteiligung der Vermittlungsgesellschaft an den Provisionen vorsah, versandt
hat. Sie hat aber bestritten, die Vermittlungsgesellschaft zur Werbung in
Deutschland veranlaßt oder hiervon zumindest gewußt zu haben. Deshalb sind
die hierzu von beiden Parteien angebotenen Beweise zu erheben.
b) Art. 29 Abs. 1 EGBGB ist nicht durch Art. 29 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EGBGB
ausgeschlossen, weil die dem Kläger geschuldeten Dienstleistungen nicht
ausschließlich in einem anderen Staat als Deutschland erbracht werden
mußten. Art. 29 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EGBGB erfaßt ganz im Ausland
abzuwickelnde Verträge, z.B. Dienstleistungen im Rahmen von
Beherbergungsverträgen ausländischer Hotels oder Unterrichtsverträge, wenn
sie etwa einen Auslandssprachkurs oder einen im Ausland zu absolvierenden
Ski- oder Segelkurs zum Gegenstand haben (Begr. RegE Gesetz zur
Neuregelung des IPR, BT-Drucks. 10/504, S. 80). Auch örtliche Bank- und
Brokerdienstleistungen können hierunter fallen (MünchKomm/Martiny, BGB 3.
Aufl. Art. 29 EGBGB Rdn. 16; Soergel/ v. Hoffmann, BGB 12. Aufl. Art. 29
EGBGB Rdn. 26). Darum geht es hier aber nicht. Die Beklagte war bei der
Erbringung ihrer Dienstleistungen nicht auf die Schweiz beschränkt, sondern
durfte nach dem maßgeblichen Vertragsinhalt (vgl. Erman/Hohloch, BGB 11.
Aufl. Art. 29 EGBGB Rdn. 24) auch an Börsen in anderen Staaten, etwa in
Deutschland, Geschäfte tätigen.
2. a) Falls die weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts zu Art. 29
EGBGB ergeben sollten, daß schweizerisches Recht uneingeschränkt anwendbar
ist, führt Art. 34 EGBGB zu keinem anderen Ergebnis. Diese Vorschrift ist,
wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, wegen des Vorrangs von
Art. 29 EGBGB nicht anwendbar (vgl. Senat BGHZ
123, 380, 390 f.).
b) Art. 6 EGBGB führt, wie das Berufungsgericht ebenfalls rechtsfehlerfrei
erkannt hat, zu keiner anderen Beurteilung.
Der Termin- und Differenzeinwand gemäß §§ 52 ff. BörsG a.F. und § 764 BGB
a.F. gehörte zwar nach früherer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH,
Urteile vom 4. Juni 1975 - VIII ZR 232/73, WM 1975, 676, 677, vom 12. Juni
1978 - II ZR 48/77, WM 1978, 1203, 1204 f., vom 25. Mai 1981 - II ZR 172/80,
WM 1981, 758 f. und vom 15. Juni 1987 - II ZR 124/86, WM 1987, 1153, 1154)
zum deutschen ordre public. Daran ist aber nach der Änderung der §§ 53, 58
und 61 BörsG a.F. durch die Börsengesetznovelle 1989 nicht mehr festzuhalten
(Senat BGHZ 138, 331, 336 ff.). Die §§ 53 ff. BörsG a.F. sind durch das 4.
Finanzmarktförderungsgesetz vom 21. Juni 2002 (BGBl. I, S. 2010) zum 1. Juli
2002, d.h. zwischen dem Abschluß des Vertrages der Parteien und dem
erstinstanzlichen Urteil im vorliegenden Rechtsstreit, aufgehoben worden.
Maßgeblich ist zwar, anders als bei der Entscheidung über die
Vollstreckbarkeit eines ausländischen Urteils (Senat BGHZ 138, 331, 335),
nicht der Zeitpunkt der Entscheidung, sondern der der Vornahme des
Rechtsgeschäfts (BGHZ 147, 178, 187). Der Gesetzgeber hat aber bereits vor
dem Inkrafttreten des 4. Finanzmarktförderungsgesetzes die
Termingeschäftsfähigkeit kraft Aufklärung gemäß § 53 Abs. 2 BörsG a.F. als
"Fremdkörper" im deutschen Rechtssystem angesehen (Begr. RegE 4. FMFG,
BT-Drucks. 14/8017, S. 95). Angesichts dieser Bewertung und der deshalb
erfolgten Aufhebung der §§ 53 ff. BörsG a.F. kann der Termin- und
Differenzeinwand bereits für den Zeitpunkt des Vertragsschlusses im April
1997 nicht mehr als Teil des nationalen ordre public angesehen werden.
3. Sollten die weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts die
uneingeschränkte Anwendbarkeit des schweizerischen Rechts ergeben, wird das
Berufungsgericht Feststellungen zu dessen Inhalt zu treffen und ferner
deliktische Ansprüche zu prüfen haben. |