Sonderanknüpfung für Verbraucherverträge im IPR: Begriff der "Dienstleistung" i.S.v. Art. 29 EGBGB, situativer Anwendungsbereich und Verhältnis zu Art. 34 EGBGB; Begriff des "Bestimmens" i.S.v. § 1 HWiG (jetzt: § 312 BGB)

BGH, Urt. v. 26.10.1993, XI ZR 42/93


Fundstellen:

BGHZ 123, 380
NJW 1994, 262
s. dazu auch W. Lorenz, IPRax 1994, 429, BGHZ 135, 124 sowie BGH, Urteil vom 25. Januar 2005 - XI ZR 78/04 und
BGH v. 1.12.2005 - III ZR 191/03
 


Amtl. Leitsätze:

a) Der Begriff "Erbringung von Dienstleistungen" in Art. 29 Abs. 1 EGBGB umfaßt tätigkeitsbezogene Leistungen an einen Verbraucher, die aufgrund von Dienstverhältnissen (mit Ausnahme der Arbeitsverhältnisse), Werk- und Werklieferungsverhältnissen sowie Geschäftsbesorgungsverhältnissen erbracht werden.
b) Voraussetzung für die Anwendung des Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB ist, daß die Erbringung der Dienstleistung von dem Vertragspartner des Verbrauchers in dem Staat angeboten bzw. dafür in dem Staat geworben wird, in dem sich der Verbraucher aufhält.
c) Vertreter im Sinne von Art. 29 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB ist die im Namen und auf Veranlassung des Vertragspartners handelnde Person, die - auch ohne Vorliegen einer Vertretungsmacht - auf dem Inlandsmarkt dem Verbraucher die Gelegenheit zum Geschäftsabschluß bietet.
d) Die Ausnahmeregelung in Art. 29 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EGBGB bezieht sich nicht auf Verträge zur Finanzierung von Geschäften über die Erbringung von Dienstleistungen.
e) Auf Verträge, die in den Regelungsbereich des Verbraucherschutzes in Art. 29 EGBGB fallen, ist Art. 34 EGBGB nicht anwendbar.
f) Das Widerrufsrecht nach § 1 HWiG kann nicht durch eine Aufspaltung in ein in der Überrumpelungssituation eingeholtes Angebot und einen später abgeschlossenen, wirtschaftlich identischen Vertrag ausgeschlossen werden, wenn der Verbraucher durch den Verstoß gegen § 1 HWiG in eine Lage gebracht worden ist, in der seine Entschließungsfreiheit zum Abschluß des angebotenen Vertrages beeinträchtigt ist.


Zum Sachverhalt:

Die Kläger begehren von der Beklagten Rückzahlung geleisteter Kreditzinsen in Höhe von 5496 DM.
Die Kläger unterschrieben am 7. September 1987 in ihrer Privatwohnung in L. (BRD) ein als "Zeichnungsschein Baranleger" bezeichnetes Angebot an die österreichische C. GmbH (C.) zur Zeichnung von Hausanteilscheinen der österreichischen Gesellschaft I. GmbH & Co. KG (I.) mit einer Vertragssumme von 420000 ÖS. Zugleich richteten sie an die Beklagte, eine österreichische Bank, einen Kreditantrag über einen Betrag von 62700 DM, als dessen Verwendungszweck die Finanzierung der Hausanteilscheine bezeichnet war. Die Kläger unterzeichneten die genannten Urkunden anläßlich eines von ihnen nicht veranlaßten Hausbesuchs des Mitarbeiters G. der W.-Treuhand GmbH, die mit dem Vertrieb der Hausanteilscheine in Deutschland beauftragt war. Zu einem zwischen den Parteien streitigen Zeitpunkt unterschrieben sie ferner eine Krediturkunde der Beklagten mit dem Datum vom 9. Februar 1988, in der es unter X. heißt: "Der Kreditnehmer und die H.-Bank des Landes V . (Beklagte) kommen ausdrücklich darüber überein, daß auf dieses Kreditverhältnis ausschließlich österreichisches Recht zur Anwendung kommt. Weiter vereinbaren der Kreditnehmer und die H.-Bank des Landes V. für alle aus diesem Kreditverhältnis entstehenden Streitigkeiten - unabhängig von der Höhe des Streitwertes - die Zuständigkeit des Bezirksgerichts Bregenz."
Mit Schreiben vom 30. Juli 1991 widerriefen die Kläger gegenüber der Beklagten den Kreditvertrag.
Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Die - zugelassene - Revision führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache.

Aus den Gründen:

I.
Das Berufungsgericht hat die deutsche internationale Zuständigkeit bejaht: Die in Nr. X. Abs. 2 der Krediturkunde enthaltene Vereinbarung der Zuständigkeit des Bezirksgerichts Bregenz sei nach § 40 Abs. 2 Satz 1 ZPO unwirksam, weil durch § 7 HWiG [Anm.: jetzt § 29c ZPO] der ausschließliche Gerichtsstand am Wohnsitz der Kläger begründet sei. Diese seien nach ihrem Vorbringen in ihrer Wohnung durch den Zeugen G. zur Unterzeichnung des Zeichnungsscheins und des Kreditvertrages bestimmt worden. Das Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften komme nach Art. 29, 34 EGBGB trotz der in X. Abs. 1 der Krediturkunde erfolgten Wahl des österreichischen Rechts zur Anwendung. Art. 29 Abs. 1 EGBGB sei einschlägig, weil der den Klägern eingeräumte Kredit zur Finanzierung einer von der Firma C. zu erbringenden Dienstleistung, nämlich des treuhänderischen Erwerbs und der Verwaltung der I.-Hausanteilscheine für die Kläger gewährt worden sei. Die Rechtswahl verstoße außerdem gegen Art. 34 EGBGB, weil das Widerrufsrecht des Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften zu den Verbraucherschutzbestimmungen gehöre, in denen grundlegende deutsche Gerechtigkeitsvorstellungen mit internationalem Geltungswillen enthalten seien.
II.
Das angefochtene Urteil hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Teilen stand.
1. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte setzt einen inländischen Gerichtsstand der Beklagten voraus (vgl. BGHZ 115,90, 91 f.; Senatsurteil vom 21. September 1993 - XI ZR 206/92). Als solcher kommt wegen der im Kreditvertrag enthaltenen Vereinbarung der Zuständigkeit des Bezirksgerichts Bregenz nur ein ausschließlicher Gerichtsstand in Betracht (§ 40 Abs. 2 ZPO).
Die Wirksamkeit der getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung, die für die örtliche und internationale Zuständigkeit maßgeblich ist, beurteilt sich, da ein deutsches Gericht angerufen worden ist, nach deutschem Prozeßrecht (BGH, Urteil vom 24. November 1988 - III ZR 150/87, NJW 1989, 1431, 1432).
Die nach § 38 Abs. 2 ZPO an sich zulässige Vereinbarung ist - davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen - unzulässig, wenn für die Klage der ausschließliche Gerichtsstand nach § 7 Abs. 1 HWiG [Anm.: jetzt § 29c ZPO] begründet ist.
2. Voraussetzung dafür ist, daß § 1 HWiG [Anm.: jetzt § 312 BGB] anwendbar und in seinen Tatbestandsmerkmalen gegeben ist.
a) Durch die Vereinbarung in X. Abs. 1 des Kreditvertrages, daß auf das Kreditverhältnis ausschließlich österreichisches Recht anzuwenden ist, ist § 1 HWiG nicht ausgeschlossen.
aa) Die getroffene Rechtswahl ist wirksam. Für die Beurteilung der Wirksamkeit ist das Recht maßgebend, das nach der Rechtswahlklausel angewendet werden soll (BGH, Urteil vom 24. November 1988, aaO S. 1432; MünchKomm/Martiny 2. Aufl. Art. 27 EGBGB Rdn. 73; Palandt/Heldrich, BGB 52. Aufl. Art. 27 EGBGB Rdn. 8). Nach § 35 Abs. 1,1. Halbs., 1. Alternative des österreichischen IPRG vom 15. Juni 1978 ist eine Rechtswahl möglich, die auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen getroffen werden kann (Schwimann, Grundriß des internationalen Privatrechts S. 69; Schwind, Internationales Privatrecht Rdn. 424,428). Sollte es sich bei der Rechtswahlklausel in Nr. X. des Kreditvertrages um eine Allgemeine Geschäftsbedingung der Beklagten handeln, steht dies der Wirksamkeit der Vereinbarung gemäß § 864 a des österreichischen ABGB nicht entgegen. Die Kläger mußten nach den Umständen mit einer Klausel über die Vereinbarung der Geltung österreichischen Rechts rechnen. Die Beklagte hat ihren Geschäftssitz in Österreich; dort ist der Kreditvertrag zustandegekommen, und dort befand sich auch das Finanzierungsobjekt. Daß die Beklagte die Abwicklung des Vertrages ihrem Heimatrecht unterstellen wollte, konnte für die Kläger unter diesen Umständen nicht überraschend sein. Im Erscheinungsbild der Krediturkunde, auf das § 864 a des österreichischen ABGB besonders abstellt, ist die Klausel hervorgehoben. Sie ist im Gegensatz zu den übrigen Bedingungen des Kreditvertrages nicht kleingedruckt, sondern in Schreibmaschinenschrift eingesetzt und findet sich in räumlicher Nähe zu den für die Unterschriften der Kreditnehmer vorgesehenen, für die Kläger bei ihren Unterschriften ins Auge fallenden Formularstellen.
bb) Der Wirksamkeit der Rechtswahl steht auch Art. 27 Abs. 3 EGBGB nicht entgegen, weil die Beklagte ihren geschäftlichen Sitz in Österreich hat und der Sachverhalt auch im übrigen sowohl mit Deutschland als auch mit Österreich insbesondere im Hinblick auf die zu erbringenden Vertragsleistungen verbunden ist (vgl. dazu Lorenz RIW 1987, 569, 575).
cc) § 1 HWiG [Anm.: jetzt § 312 BGB] bleibt indessen nach Art. 29 Abs. 1 EGBGB trotz wirksamer Wahl österreichischen Rechts anwendbar.
(1) Das Berufungsgericht hat den Kreditvertrag zu Recht als Vertrag zur Finanzierung einer Dienstleistung gem. Art. 29 Abs. 1 EGBGB angesehen. Die von der Revision dagegen vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch.
Der Begriff der Erbringung von Dienstleistungen in Art. 29 Abs. 1 EGBGB ist autonom zu bestimmen. Das folgt einmal aus dem in Art. 36 EGBGB aufgestellten Erfordernis der einheitlichen Auslegung in den Vertragsstaaten des am 1. April 1991 in Kraft getretenen Übereinkommens vom 19. Juni 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (EuSchVÜ, BGBl 1986 II S. 809; s. auch BGBl 1991 II S. 871), dessen Art. 5 der Regelung des Art. 29 EGBGB zugrunde liegt. Diese angestrebte Einheitlichkeit setzt eine Auslegung aus dem Übereinkommen selbst voraus. Zum anderen folgt die Notwendigkeit einer autonomen Inhaltsbestimmung aus der Übereinstimmung mit Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ ... (wird ausgeführt)

 [Anm.: Das EuGVÜ ist jetzt ersetzt durch die
EuGVO, Art. 13 EuGVÜ ist durch Art. 15 EuGVO ersetzt, wobei der Verbrauchergerichtsstand erheblich ausgebaut wurde. Der Begriff der "Dienstleistung" ist in diesem Zusammenhang nicht mehr relevant].

Dem Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht und dem Bericht Giuliano/ Lagarde ist zu entnehmen, daß der Begriff der Erbringung von Dienstleistungen weit auszulegen ist (so auch MünchKomm/ Martiny aaO Art. 29 EGBGB Rdn. 9). Im Kern geht es um Dienstverträge, die keine Arbeitsverträge sind, um Werk- und Werklieferungsverträge (Herstellung neuer Sachen und Reparaturen) und Geschäftsbesorgungsverhältnisse (von Bar, Internationales Privatrecht 2. Bd. Besonderer Teil Rdn. 432). Gemeinsames Merkmal ist, daß eine tätigkeitsbezogene Leistung an den Verbraucher erbracht wird (vgl. MünchKomm/ Martiny aaO).
In diesem Sinne war der von der Klägerin mit der Firma C. geschlossene Vertrag auf Erbringung von Dienstleistungen gerichtet. Durch ihn sollte den Klägern wirtschaftlich eine Beteiligung an der I. verschafft werden, indem ein Kommanditanteil an dieser Gesellschaft durch die C. treuhänderisch für sie erworben und gehalten werden sollte (§§ 1 Nr. 1,2 Nr. 1 AGB). Die Bestimmung in § 1 Nr. 3 AGB: "Die C. dotiert die Kommanditeinlage, die sie an der Serie 17 hält, durch Ausgabe von Anteilen ... Die Kommanditeinlage verschafft den Zeichnern Miteigentum am Gesamtvermögen der Serie 17" gibt die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unzutreffend wieder. Nach österreichischem Handelsrecht sind Eigentümer des Gesellschaftsvermögens der KG die Gesellschafter zur gesamten Hand (Kastner/Doralt/Nowotny, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts 5. Aufl. E III. S. 143 mit D III. S. 83 f.). Bei Einschaltung eines Treuhandkommanditisten für mehrere Anleger steht die Kommanditistenstellung allein dem Treuhänder zu (vgl. BGHZ 76,127, 130 f.; Kastner/Doralt/ Nowotny aaO E I. S. 142). Wie den Zeichnern angesichts dieser Rechtslage Miteigentum am Vermögen der KG verschafft werden sollte, ist nicht ersichtlich. Für den Fall der Beendigung des Vertragsverhältnisses steht den Zeichnern dementsprechend gemäß § 8 Nr. 5 der AGB der C. lediglich ein Auseinandersetzungsguthaben nach Maßgabe geführter Konten (§ 5 AGB) zu. Das Rechtsverhältnis zwischen Treuhänder und Treugeber ist regelmäßig als Geschäftsbesorgungsvertrag aufzufassen (MünchKomm/Seiler aaO § 675 Rdn. 44; für den Treuhänder im Bauherrenmodell vgl. BGH, Urteil vom 17. Januar 1991 - VII ZR 143/89 - WM 1991,769), insbesondere wenn es sich um das Verhältnis zwischen einem Teuhandkommanditisten und einem Treugeber handelt (BGHZ 76,127, 132). Auch der Fall des Ersterwerbs von Investmentanteilen - um den es vorliegend bei wirtschaftlicher Betrachtung geht - wird als Geschäftsbesorgungsdienstvertrag gewertet (Canaris, Großkommentar HGB 3. Aufl. 2. Bearb. Bd. III,3 Rdn. 2352 m. w.Nachw.). Das tätigkeitsbezogene Element der Leistungen der C. liegt darin, daß sie umfassend und nicht nur erfolgsbezogen als Treuhänderin die Rechte der Zeichner wahrzunehmen hatte, die sich auf deren Anteile bezogen (s. § 4 Nr. 3 und 4 der AGB).
Die von der C. im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit geschuldeten Tätigkeiten fallen damit unter den Begriff der Erbringung von Dienstleistungen im Sinne von Art. 29 Abs. 1 EGBGB; diese hatten an die Kläger als Verbraucher zu erfolgen; der Zweck der Tätigkeit lag in einer privaten Vermögensanlage der Kläger und konnte nicht deren beruflicher oder gewerblicher Tätigkeit zugerechnet werden.
Der vereinbarte Kredit diente der Finanzierung der von der C. geschuldeten Dienstleistungen. Da sich die Kläger nur über die C. an der I. beteiligen konnten, gehörte die Bewirkung des Erwerbs der Beteiligung zu den Dienstleistungen der C. Diese hatte folglich die Einlagesumme entgegenzunehmen und an die I. weiterzuleiten (§ 2 Nr. 3 AGB).
(2) Entgegen der Auffassung der Revision ist Art. 29 EGBGB nicht etwa deshalb unanwendbar, weil die Hausanteilscheine Wertpapiere darstellen und der Kreditvertrag der Erwerbsfinanzierung dienen sollte (zur Unanwendbarkeit des Art. 29 EGBGB auf die Lieferung von Wertpapieren vgl. den Bericht Giuliano/Lagarde aaO S. 55; MünchKomm/Martiny aaO Art. 29 EGBGB Rdn. 8).
Die Hausanteilscheine waren Urkunden über einen Anteil an der Beteiligung der C. an der I. (§ 1 Ziffer 1 der AGB der C). Sie sind weder nach deutschem noch nach österreichischem Recht Wertpapiere, weil zur Geltendmachung des Rechts die Innehabung der Urkunde materiellrechtlich nicht erforderlich ist (vgl. dazu Baumbach/Hefermehl, WG und ScheckG 28. Aufl. , Grundzüge des Wertpapierrechts Rdn. 11; für das österreichische Recht: Holzhammer, Allgemeines Handelsrecht und Wertpapierrecht 4. Aufl. S. 199 ff., 202). Nach § 4 Abs. 1 und 2 der AGB der C. (s. auch § 7 Nr. 1 und 2 für den Rechtsübergang) kommt den Hausanteilscheinen weder Legitimations- noch Liberationsfunktion zu, maßgeblich für den Beweis der Rechtsstellung der Zeichner sollte vielmehr die Eintragung in einem Register sein.
(3) Entgegen der Ansicht der Revision wird die Anwendung von Art. 29 Abs. 1 EGBGB auch nicht durch dessen Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EGBGB ausgeschlossen. Dabei kann dahinstehen, ob die Dienstleistungen der C. allein in Österreich erbracht werden mußten. Art. 29 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EGBGB nimmt nämlich nach seinem Wortlaut Verträge zur Finanzierung von Geschäften über die Erbringung von Dienstleistungen im Ausland nicht von der Anwendbarkeit des Art. 29 Abs. 1 bis 3 EGBGB aus. Da diese Verträge einer in Art. 29 Abs. 1 EGBGB ausdrücklich gebildeten Sonderkategorie unterfallen, hätte es ihrer Erwähnung bedurft, wenn sie ebenfalls von der Ausnahmeregelung in Abs. 4 S. 1 Nr. 2 hätten erfaßt werden sollen. In der Amtlichen Begründung (BT-Drucksache 10/504 S. 80; vgl. auch Bericht Giuliano/Lagarde aaO S. 57) ist ausgeführt, unter die Ausnahmeregelung fielen u. a. Dienstleistungen im Rahmen von Beherbergungsverträgen ausländischer Hotels oder Unterrichtsverträge, wenn sie z.B. einen Auslandssprachkurs oder einen im Ausland zu absolvierenden Ski- oder Segelkurs zum Gegenstand hätten. Bei diesen ganz im Ausland abzuwickelnden Verträgen würde eine Anwendung des Art. 29 insbesondere im Bereich der generellen Anknüpfung an das Verbraucherstatut nach Abs. 2 zu wenig sachgerechten Ergebnissen führen. Diese Gesichtspunkte treffen auf Verträge zur Finanzierung von im Ausland zu erbringenden Dienstleistungen nicht zu. Solche Rechtsgeschäfte weisen einen wesentlich stärkeren Inlandsbezug dadurch auf, daß der Verbraucher seine Verpflichtungen aus dem Finanzierungsvertrag regelmäßig - so auch im vorliegenden Fall - von seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort im Inland aus erfüllt und sich zur Abwicklung des Vertrages nicht ins Ausland begibt. Der ebenfalls in der Amtlichen Begründung angeführte Gesichtspunkt, normalerweise könne der Verbraucher, der im Ausland Dienstleistungen in Anspruch nimmt, nicht erwarten, daß ihn das Verbraucherrecht seines Staates auch dort schütze, ist ebenfalls nicht einschlägig. Er bezieht sich auf Art. 29 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB und damit auf einen Fall, in dem die zum Vertrag führende Willenserklärung des Verbrauchers im Ausland abgegeben wird. Der Zweck des Art. 29 EGBGB, den Bedürfnissen eines angemessenen Verbraucherschutzes Rechnung zu tragen (Amtliche Begründung aaO S. 79, vgl. auch Bericht Giuliano/Lagarde aaO S. 55), spricht dafür, daß der Anwendungsbereich der Ausnahme des Art. 29 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EGBGB bewußt auf Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen im Ausland beschränkt worden ist. Denn bei der Finanzierung solcher Dienstleistungen durch ein ausländisches Kreditinstitut unter den Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1 EGBGB ist der Verbraucher nicht weniger schutzwürdig als bei der Inanspruchnahme eines gleichgewichteten Kredits bei einem inländischen Kreditinstitut.
b) Das Berufungsgericht hat jedoch keine Feststellungen zu den weiteren Voraussetzungen des § 1 HWiG und des Art. 29 Abs. 1 EGBGB getroffen. Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB betrifft Fälle, in denen der Kaufmann Schritte unternommen hat, um seine Leistungen in dem Land zu verkaufen, in dem sich der Verbraucher aufhält (Bericht Giuliano/Lagarde aaO S. 56). Das Vorbringen der Kläger genügt nicht zur Darlegung dieser von der Beklagten in Abrede gestellten Voraussetzungen. Zwar reicht die Abgabe eines persönlichen Angebots durch einen Handelsvertreter oder Reisenden aus (Bericht Giuliano/Lagarde aaO). Auch muß es sich nicht um ein Angebot im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches handeln, sondern es genügt eine Aufforderung an den Verbraucher, seinerseits ein Angebot zu machen (Erman/Hohloch, BGB 9. Aufl. Art. 29 EGBGB Rdn. 11, und Kroeger, Der Schutz der "marktschwächeren" Partei im Internationalen Vertragsrecht S. 174, fassen dies unter den Begriff Werbung; MünchKomm/Martiny aaO Art. 29 EGBGB Rdn. 12, und Wach/Weberpals AG 1989, 193, 199, sehen darin ein ausdrückliches Angebot). Damit könnte zwar dem hier zu beurteilenden Vertragsschluß ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung in Deutschland dadurch vorausgegangen sein, daß der Zeuge G. am 7. September 1987 die Unterschrift der Kläger unter dem Kreditantrag eingeholt hat. Das setzt jedoch weiter voraus, daß dieses Tätigwerden des Zeugen auf Schritten beruhte, die die Beklagte zum Zweck des Vertriebs ihrer Finanzierungen in Deutschland ergriffen hätte. Das haben die Kläger nicht dargelegt. Das Berufungsgericht hat insofern in anderem Zusammenhang bei der Bestimmung der Rechtsfolgen des angenommenen Verstoßes gegen § 1 Abs. 1 Ziffer 1 HWiG lediglich festgestellt, dadurch daß der Zeuge den Klägern u. a. den Kreditantrag zur Unterzeichnung habe vorlegen können, sei zumindest der Anschein erweckt worden, die Beklagte billige die durch ihn vermittelte Anbahnung des Kreditvertrages. Ein auf der Grundlage des Vorbringens der Kläger durch die Beklagte nicht veranlaßter Anschein allein genügt aber nicht den Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB. Die Kläger haben zwar vorgetragen, der gesamte Vertrieb der Immobilienfondsbeteiligungen und der zu ihrer Finanzierung dienenden Kreditverträge habe in Deutschland stattgefunden, zwischen der I. und der Beklagten hätten vertragliche Beziehungen bestanden; die Beteiligungen seien gemeinsam mit dem Angebot einer Finanzierung über die Beklagte in Deutschland vertrieben worden. Daraus ist jedoch insbesondere im Hinblick auf die Behauptung der Beklagten, der Zeuge G. habe sich nicht ihrer Vertragsformulare für den Kreditantrag bedient, die W. habe völlig unabhängig von ihr gehandelt, nicht zu entnehmen, daß die Beklagte Schritte zum Zweck des Vertriebs der Finanzierungen in Deutschland unternommen hätte. Für die Anwendung von Art. 29 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB wäre erforderlich, daß der Zeuge G. als "Vertreter" der Beklagten den Kreditantrag der Kläger in Deutschland entgegengenommen hätte. Der Ausdruck "Vertreter" erfaßt alle im Namen des Kaufmanns handelnden Personen (Bericht Giuliano/Lagarde aaO). Auf das Bestehen einer Vertretungsmacht kommt es nicht an (MünchKomm/Martiny aaO Art. 29 EGBGB Rdn. 15). Auch ist nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht erforderlich, daß der Handelnde eine Willenserklärung im Namen des Vertragspartners abgibt, das Handeln für den Vertragspartner des Verbrauchers kann sich somit auf die Entgegennahme der Bestellung beschränken. Erforderlich ist jedoch, daß sich der Anbieter auf den Inlandsmarkt begeben und dadurch dem Verbraucher auf dessen Markt die Gelegenheit zum Abschluß gegeben hat (Erman/Hohloch aaO; MünchKomm/Martiny aaO). Zur Frage, ob der Zeuge G. in diesem Sinn als Vertreter der Beklagten den Kreditantrag der Kläger entgegengenommen hat, fehlen Feststellungen des Berufungsgerichts.
III.
Die internationale Zuständigkeit ist auch nicht aus anderen Gesichtspunkten begründet.
§ 1 HWiG wäre zwar trotz der getroffenen Rechtswahl auch anzuwenden, wenn es sich dabei um eine zwingende Vorschrift i.S. von Art. 34 EGBGB handeln würde und Art. 34 EGBGB im vorliegenden Fall anwendbar wäre. Letzteres ist wegen des Vorrangs von Art. 29 EGBGB aber nicht der Fall.
In der Amtlichen Begründung zu Art. 34 EGBGB (BT-Drucksache 10/504 S. 83) ist ausgeführt, zwingende Vorschriften zum Schutz einzelner könnten nur angewendet werden, soweit in Art. 29 EGBGB für den Bereich des Verbraucherschutzes nicht schon speziellere Regeln getroffen seien; soweit das der Fall sei, seien diese Vorschriften im Verhältnis zu Art. 34 EGBGB Spezialvorschriften, die die allgemeinere Norm verdrängten. Das schließt es zwar nicht aus, Art. 34 EGBGB auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes anzuwenden. Denn der zugrundeliegende Art. 7 Abs. 2 EuSchVÜ ist eingefügt worden, um dem Wunsch nach Anwendung zwingender einzelstaatlicher Normen u. a. auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes Rechnung zu tragen (Bericht Giuliano/Lagarde S. 60). Eine Anwendung von Art. 34 EGBGB könnte deshalb dort erwogen werden, wo sich die Regelung des Art. 29 EGBGB als lückenhaft erweist (vgl. von Hoffmann aaO S. 264,268; ferner Kohte aaO S. 156; Grundmann IPrax 1992, 1, 4). Für den vorliegenden Fall stellt Art. 29 Abs. 1 EGBGB die Anwendbarkeit des deutschen Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften sicher, sofern die Beklagte gemäß Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 EGBGB auf dem Inlandsmarkt tätig geworden ist. Sollte sich herausstellen, daß diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, würde die Nichtanwendung des Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften auf einer in sich geschlossenen Regelung des Gesetzes beruhen. In solchen Fällen greift der Vorrang des Art. 29 EGBGB gegenüber Art. 34 EGBGH durch (von Bar, Internationales Privatrecht Rdn. 453; MünchKomm/Martiny aaO Art. 34 EGBGB Rdn. 95; Erman/Hohloch aaO Art. 34 EGBGB Rdn. 8).
IV.
1. Da die Vorinstanzen das bisherige Vorbringen der Kläger für schlüssig erachtet haben, für diese also keine Veranlassung zu weiterem Vortrag bestanden hat, ist ihnen Gelegenheit zur Ergänzung zu geben (vgl. Senatsurteil vom 25. Mai 1993 - XI ZR 141/92 - m. w.Nachw.). Dabei wird zu berücksichtigen sein, daß es auch für die Begründetheit der Klage auf die Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 bzw. 2 EGBGB und des § 1 HWiG [Anm.: jetzt § 312 BGB] ankommt. Bei der gegebenenfalls erforderlichen Gesamtwürdigung (§ 286 Abs. 1 S. 1 ZPO) wird sich das Berufungsgericht mit dem Formular des Kreditantrages befassen müssen. Daß dieses im Kopf den Namen der Beklagten trägt, spricht im Zusammenhang mit den am unteren Rand befindlichen Zahlenkolonnen, die in ähnlicher Form auf der Krediturkunde wiederkehren, dafür, daß es aus dem Bereich der Beklagten stammt. Im Text ist bereits auf alle wirtschaftlich wesentlichen Einzelheiten der Finanzierung und ihres Zwecks eingegangen. Daraus könnte folgen, daß das Formular, wenn es nicht sogar hinsichtlich der Konditionen und des Verwendungszwecks von der Beklagten ausgefüllt worden ist, inhaltlich mit ihr abgestimmt war und mit ihrer Zustimmung zum Zweck der Anbahnung von Finanzierungsverträgen durch die mit dem Vertrieb der Vermögensanlage befaßten Personen oder Firmen in den Verkehr gebracht worden ist.
2. Sollten die Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 EGBGB festgestellt werden, ergäbe sich daraus zugleich, daß die Beklagte sich das gegen § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG [Anm.: jetzt § 312 BGB] verstoßende Verhalten des Zeugen G. zurechnen lassen müßte.
3. Für die erneute Verhandlung weist der Senat ferner darauf hin, daß entgegen der Revision keine Bedenken gegen die Annahme des Berufungsgerichts bestehen, die Kläger seien durch das Handeln des Zeugen G. am 7. September 1987 zum Abschluß des Kreditvertrages bestimmt worden. Auch wenn letzterer erst im Februar 1988 zustande gekommen sein sollte, wäre auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen das Merkmal "bestimmt worden ist" in § 1 Abs. 1 HWiG erfüllt. Der Gesetzgeber hat bewußt von einer Regelung abgesehen, wonach die auf den Abschluß des Vertrages gerichtete Erklärung des Kunden in engem zeitlichem Zusammenhang mit den Vertragsverhandlungen abgegeben sein müsse. Zugleich wird in der Amtlichen Begründung jedoch hervorgehoben, der Kunde werde in aller Regel nicht mehr von Vertragsverhandlungen bestimmt worden sein, wenn zwischen ihnen und der Abgabe der Willenserklärung kein hinreichender zeitlicher Zusammenhang mehr bestehe (Amtliche Begründung BT-Drucksache 10/2876 S. 12). Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf abgestellt, daß der Kreditantrag im unmittelbaren Zusammenhang mit den Verhandlungen unterzeichnet worden ist. Darin lag eine auf den Abschluß eines entsprechenden Kreditvertrages gerichtete Willenserklärung der Kläger. Denn der Antrag enthielt alle wesentlichen wirtschaftlichen Regelungen für den in Frage stehenden Kredit. Infolgedessen unterläge diese Willenserklärung gemäß § 1 Abs. 1 HWiG dem Widerrufsrecht, das sich auf den später abgeschlossenen Kreditvertrag erstreckt. Dieses Recht konnte nicht dadurch ausgeschlossen werden, daß die Beklagte die wirtschaftlich gleichen Regelungen, die schon im Kreditantrag vorgesehen waren, in einen Kreditvertrag mit zusätzlichen Bedingungen übernahm und dessen Abschluß zur Voraussetzung der Darlehensauszahlung machte. Das ergibt sich aus dem Umgehungsverbot des § 5 Abs. 1 HWiG. Denn der mit dem Gesetz verfolgte verbraucherschützende Zweck würde verfehlt, wenn das Widerrufsrecht durch eine derartige Aufspaltung in ein in der Überrumpelungssituation des § 1 HWiG eingeholtes Angebot und einen später abgeschlossenen, wirtschaftlich identischen Vertrag ausgeschlossen werden könnte. Das gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - der Kunde durch den Verstoß gegen § 1 HWiG in eine Lage gebracht worden ist, in der er in seiner Entschließungsfreiheit beeinträchtigt ist, den ihm später vom Vertragspartner angebotenen Vertrag zu schließen oder davon Abstand zu nehmen (s. Urteil des Senats vom 26. November 1991 - XI ZR 115/90 - WM 1992, 8, 9 zu § 56 Abs. 1 Nr. 6 GewO). Das angefochtene Urteil stellt dazu in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise fest, daß sich die am 7. September 1987 unterschriebenen Erklärungen im Zeichnungsschein und im Kreditantrag gegenseitig bedingten; bei dieser Ausgangslage habe sich die Unterzeichnung weiterer Schriftstücke zu späteren Zeitpunkten für die Kläger als zwangsläufige Folge des bei dem Besuch des Zeugen G. am 7. September 1987 unternommenen ersten Schrittes dargestellt, hinsichtlich derer die vom Zeugen geschaffene Situation fortgewirkt habe. Auf die lange Zeitdauer bis zum Vertragsschluß kommt es unter diesen Umständen nicht an.