Zuvielforderung bei
Mahnung im (werkvertraglichen) Gewährleistungsrecht; Werklieferungsvertrag
und Kaufvertrag
BGH, Urt. v. 5. Oktober
2005 - X ZR 276/02
Fundstelle:
NJW 2006, 769
Amtl. Leitsatz:
Die vom
Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur Unwirksamkeit von Mahnungen
bei Zuvielforderung gelten grundsätzlich auch bei der Geltendmachung von
Gewährleistungsansprüchen im Werkvertragsrecht. Dabei ist den Besonderheiten
des Werkvertragsrechts Rechnung zu tragen. (Fortführung von BGHZ 146, 24;
BGH, Urt. v. 25.06.1999 - V ZR 190/98, NJW 1999,
3115).
Zentrale Probleme:
Im Mittelpunkt des noch unter altem Schuldrecht zu
lösenden Falles steht ein Klassikerproblem des allgemeinen Schuldrechts (s.
auch Köhler/Lorenz PdW Schuldrecht I Fall 53): Eine
verzugsbegründende Mahnung nach § 286 I BGB muß eine Aufforderung an den
Schuldner enthalten, die geschuldete Leistung zu bewirken. Fordert der Gl.
zu viel, so ist die Mahnung in dieser Höhe sicher unwirksam. Sie wird aber
in Höhe der tatsächlich geschuldeten Leistung für wirksam erachtet, wenn
"unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles nach Treu und Glauben
... der Schuldner die Erklärung als Aufforderung zur Bewirkung der
tatsächlich geschuldeten Leistung verstehen muß und der Gläubiger auch zur
Annahme der gegenüber seinen Vorstellungen geringeren Leistung bereit ist"
(so
BGH NJW 1999, 3115; s. auch BGH, Urt.
v. 12. Juli 2006 - X ZR 157/05). Die Besonderheit besteht
hier darin, daß es sich um eine Mahnung in Bezug auf einen
werk(lieferungs)vertraglichen Nachbesserungsanspruch handelte (nach neuem
Schuldrecht würde der Vertrag gem. § 651 BGB dem Kaufrecht unterliegen, da
es um die Herstellung einer nicht vertretbaren Sache ging, kämen aus dem
Werkvertragsrecht allerdings noch die in § 651 S. 3 BGB vorbehaltenen
Vorschriften zur Anwendung). Weil es sich um einen Nacherfüllungsanspruch
handelt, will der Senat nicht entscheidend auf das sonst in der Rspr.
herangezogene Kriterium des Ausmaßes der Zuvielforderung abstellen, da der
Besteller Nachbesserungen, die ihm die vertraglich vereinbarte Nutzung des
Werks gestatten, in der Regel auch dann nicht zurückweisen wird, wenn er
meint, noch mehr verlangen zu können.
Nach neuem Schuldrecht ergäbe sich ein Anspruch des Kl. auf Ersatz
der Kosten einer Ersatzvornahme wegen § 651 BGB nicht aus § 637 I BGB n.F..
Als Anspruchsgrundlage kommt lediglich ein Anspruch auf Schadensersatz statt
der Leistung aus §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 BGB in Betracht. Hierzu
bedarf es zwar nicht des Verzuges i.S.v. § 286 BGB und damit auch keiner
Mahnung, wohl aber einer (funktionsgleichen) Setzung einer
Nacherfüllungsfrist. Auch in diesem Zusammenhang stellt sich das Problem der
Zuvielforderung. Die Rspr. zur Zuvielforderung bei Mahnung kann und muß
darauf übertragen werden (s. etwa nur Palandt-Heinrichs § 281 Rn. 9a). Ein
ähnliches Problem stellt sich, wenn die gesetzte Frist zu kurz bemessen ist
(s. dazu Köhler/Lorenz PdW
Schuldrecht I Fall 54). Es gilt dann eine angemessene Frist als gesetzt,
wenn nicht der Gl. zum Ausdruck bringt, daß er die Leistung nach der von ihm
gesetzten zu kurzem Frist nicht annehmen werde (Palandt-Heinrichs aaO Rn.
10).
©sl 2005
Tatbestand:
Der Kläger nimmt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der T. GmbH
(nachfolgend: T. GmbH) die Beklagte aus Werklieferungsvertrag auf Ersatz von
Aufwendungen in Anspruch, die der T. GmbH durch Nachbesserungsarbeiten im
Wege der Ersatzvornahme entstanden sind. Die Beklagte macht widerklagend
vertragliche Zahlungsansprüche geltend.
Die T. GmbH benötigte für eine Außenfassade eines Bankhauses Glasscheiben.
Sie beauftragte die Beklagte mit der Herstellung und Lieferung von 110
geraden und 61 gebogenen Glasscheiben. Die Vertragsparteien trafen
hinsichtlich der Toleranzen der gebogenen Glaselemente keine näheren
Absprachen. Die Beklagte beauftragte ein Drittunternehmen mit der
Herstellung der gebogenen Glasscheiben. Dieses teilte am 4. August 1995 mit,
dass beim Biegen der Glasscheiben an den geraden Außenkanten
Geradheitsabweichungen von bis zu 5,5 mm aufträten. Daraufhin entwickelte
sich zwischen den Vertragsparteien eine intensive Korrespondenz zu der
Frage, welches Toleranzmaß vertraglich geschuldet und überhaupt technisch
machbar sei. Die am 5. September 1995 gelieferten gebogenen Glaselemente
beanstandete die T. GmbH mit Schreiben vom 7. September 1995, weil die
vertikalen Seitenkanten nicht gerade verliefen, sondern eine Toleranz von 5
bis 6 mm aufwiesen. Sie setzte eine Frist zur Neuherstellung bis 15.
September 1995. Im März 1996 beauftragte die T. GmbH schließlich ein anderes
Unternehmen mit der Herstellung der gebogenen Glaselemente.
Der Kläger verlangt von der Beklagten Zahlung der Kosten für die
Ersatzvornahme in Höhe von 145.555,41 DM. Die Beklagte hat widerklagend
Forderungen aus verschiedenen Glaslieferungen an die T. GmbH in Höhe von
zuletzt 37.647,65 DM nebst Zinsen geltend gemacht, denen der Kläger
entgegengetreten ist.
Das Landgericht hat mit Teilurteil vom 13. November 1997 die Klage
abgewiesen und die T. GmbH auf die Widerklage verurteilt, an die Beklagte
12.729,63 DM nebst Zinsen zu zahlen. In Höhe eines Teilbetrags von 566,47 DM
hat es die Widerklage abgewiesen. Durch Schlussurteil vom 30. April 1998 hat
das Landgericht die T. GmbH auf die Widerklage verurteilt, einen weiteren
Betrag von 24.336,49 DM nebst Zinsen zu zahlen; die weitergehende Widerklage
hat es abgewiesen.
Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung der T. GmbH das Schlussurteil
abgeändert und sie zur Zahlung von 23.671,80 DM verurteilt. Das
weitergehende Rechtsmittel gegen das Schlussurteil und die Berufung der T.
GmbH gegen das Teilurteil hat es zurückgewiesen.
Auf die Revision der T. GmbH hat der erkennende Senat das Urteil des
Oberlandesgerichts mit Urteil vom 9. Juli 2002 (X ZR 242/99, NJW-RR 2002,
1533) insoweit aufgehoben, als zu deren Nachteil erkannt worden ist, und den
Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
In seinem zweiten Berufungsurteil hat das Berufungsgericht wiederum die
Berufung der T. GmbH gegen das Teil- und Schlussurteil des LG Karlsruhe im
Umfang des ersten Berufungsurteils zurückgewiesen.
Mit seiner Revision verfolgt der Kläger die Anträge der T. GmbH aus der
Berufungsinstanz weiter. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe:
Die Revision erweist sich als überwiegend begründet. Sie führt im Umfang der
Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, dem auch
die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist.
Der Senat hat dabei von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch
gemacht.
I. Das Rechtsmittel ist statthaft, weil der Senat durch Beschluss vom 13.
Januar 2004 die Revision zugelassen hat ... (wird ausgeführt)
II. Die Revision ist begründet, soweit sie sich dagegen
richtet, dass das Berufungsgericht die Abweisung der Klage durch das
Teilurteil des Landgerichts bestätigt hat.
1. Das Berufungsgericht stellt fest, dass die von der Beklagten gelieferten
Glaselemente das vertraglich geschuldete Toleranzmaß verfehlten, weil sie
nicht problemlos in die Rahmen an der Fassade des Bankgebäudes eingefügt
werden konnten. Es stehe deshalb fest, dass die Lieferung der Beklagten
mangelhaft war. Der T. GmbH stehe jedoch gleichwohl kein Anspruch auf Ersatz
der von ihr aufgewendeten Nachbesserungskosten gemäß § 633 BGB a.F. zu, weil
sich die Beklagte nicht in Verzug befunden habe. Den verschiedenen Schreiben
der Beklagten sei eine verzugsbegründende Erfüllungsverweigerung nicht zu
entnehmen. Auch das Mahnschreiben der T. GmbH vom 7. September 1995 (Anl. K
17) in Verbindung mit ihrem Schreiben vom 31. August 1995 (Anl. K 16) habe
die Beklagte nicht in Verzug gesetzt. Das Berufungsgericht meint, unabhängig
von dem vertraglich geschuldeten Toleranzmaß sei die Mahnung der T. GmbH
wegen eines von ihr geforderten Übermaßes an Maßgenauigkeit von vornherein
unwirksam.
2. Das ist rechtsfehlerhaft, soweit das Berufungsgericht die Mahnung vom 7.
September 1995 nicht als verzugsbegründend angesehen hat.
a) Mit den Rügen, die sich gegen die Beantwortung der Frage richten, ob die
Beklagte bereits ohne eine Mahnung der T. GmbH in Verzug geraten ist, weil
sie ernsthaft und endgültig die Erfüllung des Vertrags verweigert hat, hat
die Revision einen beachtlichen Rechtsfehler nicht aufgezeigt. Das
Berufungsgericht hat nunmehr die verschiedenen Schreiben der Beklagten
gewürdigt und resümierend festgestellt, dass ihnen eine verzugsbegründende
Erfüllungsverweigerung nicht entnommen werden könne. Das ist eine mögliche
Bewertung und deshalb als tatrichterliche Würdigung im Ergebnis hinzunehmen.
b) Scheidet somit ein Verzug der Beklagten wegen ernsthafter
Erfüllungsverweigerung aus, so kommt es darauf an, ob sie durch eine Mahnung
der T. GmbH wirksam in Verzug gesetzt wurde. Das Berufungsgericht verneint
dies, weil die T. GmbH in ihrem Mahnschreiben eine Toleranz von +/- 0,5 mm
gefordert und damit gemessen an den technischen Herstellungsmöglichkeiten
ein "illusorisches" Leistungsmaß verlangt habe. Dafür zieht das
Berufungsgericht Feststellungen des von ihm im ersten Berufungsrechtszug
beauftragten Sachverständigen heran.
Diese Ausführungen entbehren der tatsächlichen Grundlage und verletzen
deshalb § 286 ZPO. Denn eine Aussage zu den technisch möglichen
Geradheitstoleranzen lässt sich dem Gutachten des gerichtlichen
Sachverständigen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht
entnehmen. Wie die Revision zutreffend geltend macht, war Gegenstand seines
Gutachtens ausweislich des Beweisbeschlusses des Berufungsgerichts vom 12.
August 1998 nicht die Frage nach den technisch möglichen Toleranzen, sondern
lediglich die Beurteilung, ob die von der Beklagten gelieferten Glaselemente
dem Stand der Technik im Jahre 1995 entsprachen. Dementsprechend nennt die
vom Berufungsgericht in Bezug genommene Beilage 5 des Gutachtens nicht
mögliche, sondern lediglich von bestimmten Unternehmen für ihre Produkte
angegebene Toleranzen. Auf Seite 7 oben des Gutachtens heißt es, es sei
möglich, durch die Wahl des Biegeverfahrens und durch entsprechend großen
Aufwand an Musterbiegungen die Scheiben mit geringeren Toleranzen zu
fertigen. Weiter könnten bei einer Massenfertigung mit großen Stückzahlen
die Produktionsbedingungen so optimiert werden, dass Elemente mit sehr guter
Maßhaltigkeit entstünden. Daher hatte das Berufungsgericht in seinem ersten
Berufungsurteil insoweit zutreffend dem Sachverständigengutachten die
üblichen und nicht die möglichen Toleranzen entnommen.
Dieser Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit es die
Klageabweisung bestätigt hat, und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an
das Berufungsgericht.
3. Bei seiner erneuten Prüfung wird das Berufungsgericht Folgendes zu
beachten haben:
a) Um festzustellen, ob eine Zuvielforderung der T. GmbH vorlag, wird das
Berufungsgericht zunächst zu bestimmen haben, was die T. GmbH in ihrem
Mahnschreiben vom 7. September 1995 (Anl. K 17) von der Beklagten gefordert
hat. Dazu bedarf es einer Auslegung der Schreiben der T. GmbH in ihrem
Gesamtzusammenhang, an der es bislang fehlt.
Hierbei hält es sich im Rahmen tatrichterlicher Würdigung, wenn das
Berufungsgericht die von der T. GmbH genannte Toleranz von +/- 0,5 mm auf
die Geradheitstoleranz, d.h. die Abweichung der planmäßig geraden Seiten
(Kanten) der gebogenen Glaselemente, bezieht. Zwar spricht das in dem
Mahnschreiben K 17 in Bezug genommene Schreiben vom 31. August 1995 (K 16)
wörtlich von einer Dickentoleranz von +/- 0,5 mm. Allerdings bezog sich die
Mitteilung der Beklagten vom 15. August 1995 (Anl. K 9) auf
Geradheitsabweichungen von bis zu 5,5 mm, die in dem Antwortschreiben der T.
GmbH vom 16. August 1995 (K 10) unter Hinweis auf eine "ISD" von +/- 0,5 mm
zurückgewiesen wurden. Das Schreiben der T. GmbH vom 31. August 1995 (K 16)
weist dann erneut "Toleranzen im Bereich der geraden Seite der Scheiben in
der ... genannten Höhe" zurück und verweist in diesem Zusammenhang auf eine
maximale Dickentoleranz von +/- 0,5 mm. Die Würdigung des Berufungsgerichts,
die Forderung von +/- 0,5 mm sei auf die Geradheitstoleranzen zu beziehen,
lässt vor diesem Hintergrund keinen Rechtsfehler erkennen.
Allerdings hat das Berufungsgericht fehlerhaft nicht geprüft, welche
Bedeutung der Toleranz von 0,5 mm in dem Mahnschreiben zukam. So wird in dem
Schreiben der T. GmbH vom 31. August 1995 (K 16) die Entscheidung der
Beklagten, die Scheiben mit den von ihr genannten Toleranzen freizugeben,
zur Kenntnis genommen, aber ausdrücklich die Reklamation der nicht
einsetzbaren Scheiben vorbehalten. Dabei wurde angekündigt, in diesen Fällen
auf einer kostenlosen und verwendungsgerechten Neulieferung zu bestehen. Das
spricht deutlich dafür, dass es der T. GmbH primär um die Verwendbarkeit der
gebogenen Scheiben für den Einbau in das Bankgebäude ging und nicht um jeden
Preis um die Einhaltung einer Toleranz von 0,5 mm. Darauf deutet auch die in
dem Schreiben vom 31. August 1995 gebrauchte Formulierung hin, wonach die in
anderem Zusammenhang für Glashersteller geltenden Vorgaben nur
"heranzuziehen" seien. Das Berufungsgericht wird zu prüfen haben, wie der
Inhalt des Mahnschreibens vom 7. September 1995 (K 17) unter diesen
Umständen zu würdigen ist.
b) Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass die T. GmbH
nicht nur zum Einbau in das Bankgebäude geeignete Glasscheiben angemahnt,
sondern auf der Einhaltung einer Maßtoleranz von 0,5 mm bestanden haben
sollte, so müsste es zunächst weiter prüfen, ob nach dem Inhalt des
Liefervertrags eine solche Toleranz vereinbart war. Denn wenn die Beklagte
die von der T. GmbH in der Mahnung geforderten Toleranzen als vertragsgemäße
Leistung schuldete, fehlt es auf jeden Fall an einer Zuvielforderung. Dabei
wäre auch dann nicht mehr als vertraglich vereinbart angemahnt, wenn die
Erreichung der vertraglich geschuldeten Eigenschaften nach dem Stand der
Technik bei Vertragsschluss unmöglich wäre. Fehlt einem Werk die vertraglich
vereinbarte Beschaffenheit, so haftet der Lieferant auch dann nach den §§
633 ff. BGB a.F., wenn es technisch nicht möglich ist, dem
Vertragsgegenstand die geschuldete Beschaffenheit zu verleihen (vgl. BGH,
Urt. v. 21.12.2000 - VII ZR 17/99, NJW 2001, 1642, 1644; BGHZ 96, 111, 115;
54, 236, 238).
c) Auch wenn sich nach Auslegung des Liefervertrags und der Schreiben der
T. GmbH die Anmahnung einer Zuvielforderung ergeben sollte, wäre die Mahnung
nicht ohne weiteres unwirksam.
Die Prüfung, ob eine Zuvielforderung zur Unwirksamkeit einer Mahnung führt,
erfordert eine unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach
Treu und Glauben vorzunehmende Würdigung, ob der Schuldner die Erklärung als
Aufforderung zur Bewirkung der tatsächlich geschuldeten Leistung verstehen
muss und der Gläubiger auch zur Annahme der gegenüber seinen Vorstellungen
geringeren Leistung bereit ist (BGHZ 146, 24, 35;
BGH, Urt. v. 25.06.1999 - V ZR 190/98, NJW 1999,
3115, 3116). Der Bundesgerichtshof hat die Grundsätze zur
Unwirksamkeit von Mahnungen bei Zuvielforderung zwar in erster Linie
anlässlich der Entscheidung über Geldforderungen entwickelt. Sie sind darauf
jedoch nicht beschränkt. So hat sie der Bundesgerichtshof beispielsweise
bereits im Zusammenhang mit Ansprüchen auf Betreuungsleistungen angewendet
(BGH, Urt. v. 28.01.2000 - V ZR 252/98, WM 2000, 586). Die Grundsätze zur
Unwirksamkeit von Mahnungen bei Zuvielforderung gelten grundsätzlich auch
bei der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen im Werkvertragsrecht.
Denn die Signalwirkung der Mahnung erreicht den Werkunternehmer nur dann,
wenn er die Erklärung des Gläubigers als Aufforderung zur Bewirkung der
tatsächlich geschuldeten Leistung verstehen muss. Weiter darf die
Zuvielforderung des Bestellers auch nicht als Zurückweisung des geschuldeten
Maßes der Mängelbeseitigung zu verstehen sein. Denn sonst hat der
Werkunternehmer keine Veranlassung, die geschuldete Mängelbeseitigung zu
leisten.
Bei der Anwendung der Grundsätze zur Unwirksamkeit von Mahnungen wegen
Zuvielforderung im Werkvertragsrecht ist jedoch auf die Besonderheiten
dieses Rechtsgebiets Rücksicht zu nehmen. So ist in der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs verschiedentlich das Ausmaß der Zuvielforderung als
Kriterium für die Unwirksamkeit einer Mahnung berücksichtigt worden (BGHZ
146, 24, 35; BGH, Urt. v. 12.02.1987 - III ZR 251/85, NJW-RR 1987, 679, 682;
Urt. v. 25.06.1999 - V ZR 190/98, NJW 1999, 3115).
Im Werkvertragsrecht ist jedoch Zurückhaltung bei der Anwendung dieses
Kriteriums angezeigt. Hier wird der Besteller Nachbesserungen, die ihm
die vertraglich vereinbarte Nutzung des Werks gestatten, in der Regel auch
dann nicht zurückweisen, wenn er meint, noch mehr verlangen zu können.
Bei der für die Prüfung der Unwirksamkeit der Mahnung wegen Zuvielforderung
erforderlichen umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls wird das
Berufungsgericht gegebenenfalls ferner prüfen müssen, ob die T. GmbH nicht
erkennbar zur Annahme auch gegenüber ihren Vorstellungen geringeren
Leistungen bereit war, solange ihr nur für das Bauvorhaben geeignete
gebogene Scheiben geliefert wurden.
III. Die Revision des Klägers erweist sich auch hinsichtlich der Widerklage
als überwiegend begründet.
Das Berufungsgericht hat die T. GmbH auf die Widerklage erneut zur Zahlung
von 23.671,80 DM verurteilt. Die Revision greift die Behandlung
verschiedener Forderungen und Gegenforderungen durch das Berufungsgericht
als rechtsfehlerhaft an.
1. Rechnungen der Beklagten
a) Rechnung Nr. 51 80 68 vom 28. November 1995 über 3.143,09 DM
Die Forderung betrifft die Lieferung zusätzlicher Scheiben. Das
Berufungsgericht hat einen Abzug dieser Rechnung von der Widerklageforderung
nicht für gerechtfertigt gehalten. Dagegen wendet sich die Revision ohne
Erfolg mit der Rüge, es habe sich um eine Lieferung im Rahmen der
Mängelgewährleistung gehandelt. Es ist nicht erkennbar, dass sich die von
ihr angeführten Feststellungen des Sachverständigen zu einem vertikal statt
horizontal verlaufenden Streifenmuster auf die der Rechnung vom 28. November
1995 zugrunde liegende Lieferung bezogen haben, so dass ein Verstoß des
Berufungsgerichts gegen § 286 ZPO ausscheidet. Die T. GmbH mag im Anschluss
an die Auslieferung einer Bestellung durch die Beklagte eine kostenlose
Nachlieferung für fehlerhaft bedruckte Scheiben verlangt haben. In ihrer
diesem Verlangen folgenden Auftragsbestätigung vom 15. November 1995 stellte
die Beklagte eine kostenlose Nachlieferung aber nur für den Fall einer
Berechtigung der erhobenen Reklamation und nach Rückgabe und Prüfung der
reklamierten Einheiten in Aussicht. Nach kaufmännischen Gepflogenheiten wäre
im Falle mangelnden Einverständnisses mit dieser Lieferkondition der
Beklagten ein Widerspruch der T. GmbH zu erwarten gewesen. Zu einem solchen
Widerspruch ist aber weder etwas vorgetragen noch ersichtlich. Da die
Beklagte nach dem festgestellten Sachverhalt die falsch bedruckten Scheiben
nie zur Überprüfung der Mängelrüge erhalten hat, ist der Kläger unter diesen
Umständen verpflichtet, auch die weitere Lieferung gemäß Rechnung vom 28.
November 1995 zu bezahlen.
b) Rechnung Nr. 60 53 03 vom 22. April 1996 über 5.173,09 DM
Auch diese Forderung betrifft die Lieferung weiterer Scheiben. Hier rügt die
Revision zu Recht, dass es der Beklagten obliegt, darzulegen und
gegebenenfalls zu beweisen, dass ihrer Forderung eine Vereinbarung über eine
entgeltliche Lieferung zugrunde liegt und wie hoch das Entgelt ist. Zu einer
Bestellung, die die Forderung der Beklagten begründet, hat das
Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Mit ihrem Vortrag, dass es
sich um eine kostenlose Nachlieferung für zuvor gelieferte mangelhafte
Scheiben gehandelt habe, hat die T. GmbH jedenfalls inzident eine Bestellung
gegen Entgelt bestritten. Die Zuerkennung dieser Forderung durch das
Berufungsgericht beruht daher auf einer Verkennung der Darlegungs- und
Beweislast.
2. Belastungsbuchungen der T. GmbH
35 a) Belastungsbuchungen (3), (5) bis (17), (20) bis (23) - BU 21-25
Diese Belastungsbuchungen betreffen nach dem Vortrag des Klägers Lieferungen
der Beklagten, bei denen die Parteien einen geringeren Preis als den von der
Beklagten in Rechnung gestellten Einheitspreis vereinbart hätten. Das
Berufungsgericht hält diese Belastungsbuchungen für unbegründet, weil der
Kläger die Erstreckung eines speziellen "Sonderpreises" auf die gesamte
Geschäftsbeziehung dartun müsse, wenn der berechnete Preis dem regulären
entspräche. Die Beklagte habe aber den "Sonderpreis" bestritten. Da die T.
GmbH die Lieferungen angenommen habe, müsse der Kläger die abgerechneten
Beträge ohne Abzüge begleichen.
Damit verkennt das Berufungsgericht den Begriff des Einheitspreises. Der
Kläger hat hinsichtlich der fraglichen Lieferungen keine Abweichung von den
sonst zwischen den Parteien vereinbarten Preisen im Sinne eines
"Sonderpreises" geltend gemacht, sondern vorgetragen, dass ein niedrigerer
Preis pro gelieferte Einheit vereinbart war als abgerechnet wurde. Der
Begriff des Einheitspreises ist im kaufmännischen Verkehr eindeutig. Er
bedeutet "Preis pro gelieferte Einheit". Das Berufungsgericht hat nichts
dazu ausgeführt, dass der Kläger unter einer Abweichung von den vereinbarten
Einheitspreisen hier ausnahmsweise etwas völlig anderes, nämlich eine
Abweichung von den sonst allgemein zwischen den Parteien geltenden Preisen,
verstanden haben konnte. Es hat die Vereinbarungen der Parteien daher falsch
ausgelegt und den Vortrag des Klägers fehlerhaft gewürdigt (Verstoß gegen §§
133, 157 BGB, § 286 ZPO). Zu einer Rahmenvereinbarung, in der die
Einheitspreise der Beklagten für alle Lieferungen im Rahmen der laufenden
Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien festgelegt worden seien, hat das
Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Deshalb hätte es der
Beklagten und nicht dem Kläger die Dar-legungs- und Beweislast für die
Vereinbarung der abgerechneten Preise auferlegen müssen.
Auf der Grundlage seiner Feststellungen konnte das Berufungsgericht auch aus
einer widerspruchslosen Entgegennahme der Lieferungen der Beklagten durch
die T. GmbH keine Einigung auf die abgerechneten Preise ableiten. Denn es
hat nichts dazu festgestellt, ob und wann bezüglich jedes einzelnen der hier
behandelten Liefervorgänge die Beklagte den Preisvorstellungen der T. GmbH
vor der Lieferung widersprochen hat und wie gegebenenfalls nach einem
derartigen Widerspruch die Entgegennahme der Leistung zu würdigen wäre. Eine
von der Beklagten nach Lieferung, etwa in der späteren Rechnungsstellung,
geäußerte abweichende Preisvorstellung wäre jedenfalls unbeachtlich.
Das Berufungsgericht wird daher über die Belastungsbuchungen (3), (5) bis
(17) und (20) bis (23) erneut zu entscheiden haben.
b) Belastungsbuchungen (1) - BU II 20 - und (18) - BU II 24
Diese Positionen betreffen von der Beklagten berechnete Kosten für Fracht
und Verpackung. Wie die Revision zutreffend rügt, hat das Berufungsgericht
hier nicht berücksichtigt, dass der Kläger vorgetragen und durch Vorlage der
Bestellschreiben belegt hat, dass die T. GmbH ausdrücklich "Lieferung frei
Haus" verlangt habe. Feststellungen dazu, ob trotz dieses Wortlauts der
Bestellungen aufgrund ausdrücklicher Vereinbarungen der Parteien oder, wie
von der Beklagten behauptet (6 U 144/98, GA 159/161), durch Einbeziehung der
Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten von der T. GmbH eine
Vergütung für Fracht und Transport geschuldet wurde, hat das
Berufungsgericht nicht getroffen.
c) Belastungsbuchung (4) - Rechnung Nr. 42 34 81 vom 22. Dezember 1994 über
2.850,95 DM, Belastungsbetrag: 149,05 DM
Die Revision rügt zu Recht, dass das angefochtene Berufungsurteil für die
Aberkennung dieser Belastungsbuchung keine Begründung enthält.
d) Belastungsbuchungen (2) und (19)
Diese Belastungsbuchungen hat das Berufungsgericht zutreffend nicht
anerkannt. Der Kläger macht geltend, in diesen Fällen sei von der Beklagten
mehr als die bestellte Menge in Rechnung gestellt worden. Er hat jedoch
entgegen dem Vortrag der Revision nicht bestritten, dass die in Rechnung
gestellten Mehrmengen tatsächlich geliefert wurden. Die einzige zu diesen
Positionen erhobene Rüge der Revision, es liege kein Fall der Mehrlieferung,
sondern bloß ein Fall der Mehrberechnung vor, geht daher fehl. Da der Kläger
auch nicht vorgetragen hat, die Mehrlieferungen seien unverzüglich gerügt
worden, konnte das Berufungsgericht davon ausgehen, die T. GmbH habe sie
genehmigt und müsse sie in voller Höhe bezahlen. Selbst wenn der Beklagten
insoweit kein vertraglicher Anspruch zugestanden würde, könnte sie
jedenfalls einen entsprechenden Bereicherungsanspruch geltend machen.
e) Belastungsbuchungen für die Widerklageforderungen aus den Rechnungen Nr.
51 80 68 vom 28. November 1995 über 3.143,09 DM und Nr. 60 53 03 vom 22.
April 1996 über 5.173,09 DM
Diese Rechnungen hat das Berufungsgericht bereits bei der Prüfung der acht
Zahlungsansprüche der Beklagten aus dem Schlussurteil behandelt (BU 14, sub
2. a)), denen es sodann die Belastungsbuchungen der T. GmbH
gegenübergestellt hat (BU 19, sub 2. b)). Unabhängig davon, dass sich die
eine dieser Widerklageforderungen der Beklagten als begründet, die andere
hingegen als unbegründet erweist, konnten dieselben Positionen von der T.
GmbH im Rechtsstreit jedenfalls nicht noch einmal als Belastungsbuchung
geltend gemacht werden. Denn die Forderung, die sich schon bei der Prüfung
der Zahlungsansprüche der Beklagten als unbegründet erwiesen hat, würde
dadurch doppelt abgezogen. Die begründete Forderung der Beklagten hingegen
wäre durch gleichzeitige Einstellung in Soll und Haben der Schlussabrechnung
neutralisiert und im Ergebnis, obwohl geschuldet, nicht zu bezahlen.
IV. Das Berufungsgericht wird somit über die Klage und über die
Begründetheit der Widerklageforderungen in Höhe von 12.277,82 DM (Summe der
Rechnung Nr. 60 53 03 der Beklagten sowie der Belastungsbuchungen (1), (3)
bis (18) und (20) bis (23)) erneut zu entscheiden haben. |