Rückwirkende Anfechtung bei außer Funktion gesetztem Arbeitsverhältnis ("Fehlerhaftes Arbeitsverhältnis") 
BAG, Urteil v. 16.09.1982 - 2 AZR 228/80 
Fundstelle:

NJW 1984, 446
Vgl. auch BAG NJW 1999, 3653 


Zentrales Problem:

Ist ein Arbeitsvertrag etwa wegen §§ 105, 107, 134 oder 138 BGB bzw. nach erfolgter Anfechtung (§ 142 I BGB) nichtig und wurde das Arbeitsverhältnis bereits in Vollzug gesetzt, so besteht nach ganz h.M. dennoch ein sog. fehlerhaftes Arbeitsverhältnis (auch "faktisches Arbeitsverhältnis"), da eine Rückabwicklung nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen für den Arbeitnehmer extrem unbillig. Dies gilt allerdings nur dann, wenn keine vorrangigen Interessen der Allgemeinheit oder schutzwürdiger Personen bestehen. Letzteres kann insbesondere bei der Beteiligung Minderjähriger der Fall sein. Das Arbeitsverhältnis wird dann für die Vergangenheit als wirksam behandelt, die Anfechtung wird entgegen § 142 I BGB durch ein nur ex nunc wirkendes Auflösungsrecht ersetzt. Ähnliche Grundsätze gelten im Gesellschaftsrecht ("fehlerhafte Gesellschaft"), vgl. hierzu BGH NJW 1992, 1501 sowie BGH NJW 1992, 1503.


Amtl. Leitsätze:

1. Ein bereits in Vollzug gesetzter Arbeitsvertrag kann grundsätzlich nicht mit rückwirkender Kraft angefochten werden. Das gilt jedoch dann nicht uneingeschränkt, wenn das Arbeitsverhältnis - aus welchen Gründen auch immer - zwischenzeitlich wieder außer Funktion gesetzt worden ist. In diesem Falle wirkt die Anfechtung auf den Zeitpunkt der Außerfunktionssetzung des Arbeitsvertrages zurück.
2. Fordert der Arbeitgeber die Vorlage eines 'handgeschriebenen Lebenslaufes', so erwartet er einen vom Stellenbewerber 'eigenhändig' geschriebenen Lebenslauf.
3. In der Einreichung eines handgeschriebenen Lebenslaufes liegt jedenfalls dann zugleich auch die Einwilligung zur Einholung eines graphologischen Gutachtens, wenn der Stellenbewerber in einem Begleitschreiben auf die Vorzüge der angewandten Graphologie hinweist. 



Zum Sachverhalt:

Die Kl. bewarb sich bei der Bekl. um eine Stelle als Gebietsleiterin im Außendienst. Die Bekl. hat daraufhin die Kl. u. a. telegrafisch 'zur Vervollständigung Ihrer Bewerbungsunterlagen ... um umgehende Zusendung eines handgeschriebenen (handgeschrieben ist wichtig) Lebenslaufs' gebeten. Diesen Lebenslauf ließ die Kl. von ihrem Prozeßbevollmächtigten und Wohnungsnachbarn Rechtsanwalt Dr. R schreiben, mit ihrem Namen unterschreiben und übersandte ihn mit einem Begleitschreiben vom 3. 12. 1976 an die Bekl. In dem Begleitschreiben heißt es u. a.: 'Auch ich halte viel von angewandter Graphologie, vor allem, wenn sie durch die ausgezeichneten Methoden der wissenschaftlichen Psychologie ergänzt wird.' Das anschließend eingeholte Schriftgutachten, von dem die Bekl. die Vergabe gehobener Positionen stets abhängig macht, fiel überaus positiv aus. Die Bekl. stellte daraufhin die Kl. zum 1. 10. 1977 ein. Durch von S (Leiter des Außendienstes) unterzeichnetes Schreiben vom 24. 2. 1978 kündigte die Bekl. das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. 3. 1978. Die Kl. beanstandete sofort, daß S keine auf ihn lautende Vollmachtsurkunde vorgelegt hatte. Im Hinblick auf diesen Umstand gab das ArbG der Kündigungschutzklage statt. In der Berufungsinstanz hat die Bekl. ergänzend ausgeführt, die Kl. habe sich vor Abschluß des Anstellungsvertrages ihr gegenüber eine arglistige Täuschung zu Schulden kommen lassen, denn sie habe den erbetenen handschriftlichen Lebenslauf nicht eigenhändig ge- und unterschrieben, obwohl sie in ihrem Begleitschreiben einer evt. graphologischen Begutachtung bereits im voraus zugestimmt habe. Erst durch ein Sachverständigengutachten vom 1. 2. 1979 habe die Bekl. letzte Gewißheit darüber erlangt, daß weder das Bewerbungsschreiben der Kl. vom 5. 11. 1976 noch der handschriftliche Lebenslauf von ihr selbst stammten. Daraufhin habe sie das Arbeitsverhältnis mit der Kl. - nach Anhörung und mit Zustimmung ihre Betriebsrates - durch Schreiben vom 2. 2. 1979 wegen der arglistigen Täuschung fristlos gekündigt und den Anstellungsvertrag gleichzeitig angefochten. Darauhin hat das LAG die Klage abgewiesen. Die Revision der Kl. blieb ohne Erfolg.
 
Aus den Gründen:

... IV. Die von der Bekl. mit Schreiben vom 2. 2. 1979 erklärte Anfechtung des Anstellungsvertrages wegen arglistiger Täuschung ( § 123 I BGB) hat das Arbeitsverhältnis der Parteien entgegen der Auffassung des LAG nicht erst mit Zugang des Anfechtungsschreibens, sondern bereits zum 31. 3. 1978 aufgelöst.
1. In Übereinstimmung mit den Ausführungen des LAG, die revisionsrechtlich insoweit keinen Rechtsfehler erkennen lassen, ist davon auszugehen, daß von der Kl. die Vorlage eines von ihr selbst geschriebenen Lebenslaufes zum Zwecke der Einholung eines Schriftgutachtens verlangt worden ist.
a) Die bloße Anforderung eines handgeschriebenen Lebenslaufes ist zur Vervollständigung des Persönlichkeitsbildes in der betrieblichen Praxis vielfach üblich und kann aus Ordnungsgesichtspunkten grundsätzlich nicht mißbilligt werden. Soll der handgeschriebene Lebenslauf allerdings der Einholung eines graphologischen Gutachtens dienen, so bedarf es wegen der damit verbundenen Gefährdung des durch die Art. 1 I und Art. 2 I GG geschützten Persönlichkeitsrechte der ausdrücklichen Einwilligung des Betroffenen. Es gehört zum Selbstbestimmungsrecht des Menschen, selbst frei darüber entscheiden zu können, ob und inwieweit er dem Ausleuchten seiner Persönlichkeit mit Mitteln, die über jedermann zur Verfügung stehende Erkenntnismöglichkeiten hinausgehen, gestatten will; die Einholung eines graphologischen Gutachtens ohne Einwilligung des Betroffenen ist unzulässig und verpflichtet nach  §§ 823, 847 BGB gegebenenfalls zum Schadensersatz (vgl. LAG Freiburg, NJW 1976, 310; Wiese, ZfA 1971, 292 f., 311 ff. m. w. Nachw.).
b) Die Kl. hat in eine graphologische Begutachtung ihres eingereichten 'handgeschriebenen' Lebenslaufes ausdrücklich eingewilligt. Das hat das LAG zutreffend aus dem Begleitschreiben der Kl. vom 3. 12. 1976 entnommen. Die Kl. hat darin unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, die von der Bekl. offenbar beabsichtigte graphologische Begutachtung erkannt und gebilligt zu haben ...
Bei vernünftiger Würdigung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte konnte demnach das Schreiben der Kl. vom 3. 12. 1976 aus der Sicht des Empfängers - und nur auf den Empfängerhorizont kommt es an (vgl. BAGE 1, 237 = NJW 1955, 807; BAG, AP  § 44 TVAL II Nr. 1) - nur so wie von der Bekl. und vom LAG interpretiert, verstanden werden, nämlich dahingehend, daß sich die Kl. mit einer von ihr zunächst nur allerdings vermuteten graphologischen Begutachtung ausdrücklich einverstanden erklärt hat.
2. Die Kl. hat dadurch, daß sie der Bekl. zwar einen 'handgeschriebenen', nicht aber einen von ihr 'eigenhändig' verfaßten Lebenslauf eingereicht und ferner in dem Begleitschreiben ihr Einverständnis mit einer graphologischen Begutachtung zum Ausdruck gebracht hat, eine arglistige Täuschung begangen (§ 123 I BGB). Sie hat bei der Bekl. bewußt unrichtige Vorstellungen über den Aussteller des Lebenslaufes und über das Vorliegen eines Einverständnisses mit einer graphologischen Begutachtung erwecken wollen und erweckt.
a) Eine Täuschung scheidet nicht deswegen aus, weil die Bekl. von der Kl. nur einen 'handgeschriebenen', nicht aber einen 'eigenhändig geschriebenen' Lebenslauf erbeten hat. Die Bekl. hat nämlich nicht den Lebenslauf eines Dritten oder einen von einem Dritten für die Kl. handgeschriebenen Lebenslauf angefordert, sondern, wie der Telegrammwortlaut 'zur Vervollständigung Ihrer Bewerbungsunterlagen' ausweist, ihren von ihr selbst, d. h. eigenhändig geschriebenen Lebenslauf. In diesem Sinne hat die Kl., wie von ihr selbst vorgetragen, das Telegramm auch verstanden. Schon daraus ergibt sich, daß die Kl. bei der Bekl. bewußt unrichtige Vorstellungen über den Aussteller des Lebenslaufes und damit auch über das Vorliegen ihres Einverständnisses erwecken wollte. Diese Schlußfolgerung des LAG verstößt demnach auch nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze, zumal es der Kl. unbenommen war und auch möglich gewesen wäre, nicht nur auf ein fehlendes Einverständnis mit einer graphologischen Begutachtung hinzuweisen, sondern auch darauf, daß es sich bei dem eingereichten Lebenslauf nicht um einen von ihr selbst, d. h. eigenhändig geschriebenen Lebenslauf handelt.
Der Hinweis der Revision, niemand sei verpflichtet, jemandem, der sich verfassungswidrig zu benehmen gedenke, auch noch durch eine richtige Interpretation seiner Absichten entgegenzukommen, vermag das Verhalten der Kl. nicht zu rechtfertigen. Ungeachtet ihrer inneren Vorbehalte hat die Kl. ihre Einwilligung zur graphologischen Begutachtung erteilt, ohne hierzu gezwungen oder von der Bekl. ersucht oder veranlaßt worden zu sein; daran muß sich die Kl. festhalten lassen ( § 116 S. 1 BGB).
Die Feststellung des LAG, daß die Kl. wußte, durch ihre Täuschung bei der Bekl. einen Irrtum hervorzurufen, wodurch deren rechtsgeschäftlicher Wille unlauter beeinflußt, jedenfalls mitbeeinflußt werden mußte (Mitverursachung genügt, vgl. Kramer, in: MünchKomm,  § 123 BGB Rdnr. 11; Hadding, StudKomm. BGB, § 123 Anm. II 3; Enneccerus-Nipperdey, BGB-AT, 15. Aufl., § 174 I 3 m. w. Nachw.), unterliegt revisionsrechtlich mithin keinen Bedenken.
b) Die Bekl. hat die Anfechtung des Anstellungsvertrages auch innerhalb der Jahresfrist des  § 124 I BGB erklärt. Denn nach der mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und damit für den Senat gem. § 561 II ZPO bindenden Feststellungen des LAG hat die Bekl. von der arglistigen Täuschung der Kl. erst am 1. 2. 1979 positive Kenntnis erlangt. Bloßes Kennenmüssen oder die Vermutung der Täuschung reicht - wie die Revision offenbar annehmen will - jedenfalls nicht aus, um die Frist des  § 124 I BGB in Lauf zu setzen (vgl. BGH, NJW 1984, 173 = WM 1973, 750; Palandt-Heinrichs, BGB, 41. Aufl., § 124 Anm. 2).
3. Im arbeitsrechtlichen Schrifttum und in der Rechtsprechung besteht Einigkeit darüber, daß die Regelung des BGB über die Anfechtung eines Rechtsgeschäftes ( §§ 119 ff. BGB) grundsätzlich auch für die Anfechtung eines Arbeitsvertrages gilt und demgemäß ein wirksam angefochtener Arbeitsvertrag nach § 142 BGB mit rückwirkender Kraft (ex-tunc-Wirkung) beseitigt wird. Im Hinblick auf den Charakter des Arbeitsverhältnisses als personenrechtliches Gemeinschaftsverhältnis und nicht zuletzt wegen der Schwierigkeiten einer Rückabwicklung hat sich - ebenso wie bei anderen Dauerschuldverhältnissen (Gesellschafts- und Vereinsrecht) - in der Rechtsprechung und in der Literatur die Meinung durchgesetzt, daß ein bereits in Vollzug gesetzter Arbeitsvertrag nicht mehr mit rückwirkender Kraft angefochten werden kann. § 142 I BGB finde, so wird argumentiert, auf das bereits begonnene Arbeitsverhältnis als Dauerrechtsverhältnis keine Anwendung. Anstelle der rückwirkenden Nichtigkeit wird der Anfechtung nur die kündigungsähnliche Wirkung der Auflösung des Arbeitsverhältnisses für die Zukunft zugeschrieben. Die dogmatische Begründung ist innerhalb dieser h. M. allerdings unterschiedlich; es wird von Anfechtung ex nunc oder einem besonderen Lossagungsrecht gesprochen (zur Rechtsentwicklung und zum Meinungsstand vgl. BAGE 5, 159 = NJW 1958, 516; BAGE 11, 270 = NJW 1962, 74; BAGE 22, 344 = NJW 1970, 1941; BAG, AP  § 63 HGB Nr. 32; BAG, AP  § 123 BGB Nr. 19; Hueck-Nipperdey, ArbR, 7. Aufl., 1.  § 32; Lieb, ArbR - Schwerpunkte, 2. Aufl., § 1 II 2; Picker, ZfA 1981, 1 ff.; Ramm, Die Anfechtung des Arbeitsvertrages, 1955; Söllner, ArbR, 7. Aufl.,  § 28 II 2; Sommer, AR-Blattei 'Anfechtung im Arbeitsrecht I'; Zöllner, ArbR, 2. Aufl., § 11 II 1b; vgl. ferner  § 17c des Arbeitsgesetzentwurfes, wonach eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung oder Drohung nur binnen drei Wochen erfolgen soll und sie ausgeschlossen ist, wenn die der Täuschung zugrunde liegenden Umstände ihre Bedeutung für das Arbeitsverhältnis verloren haben oder das Arbeitsverhältnis drei Jahre gedauert hat; vgl. dazu BAGE 22, 278 = AP  § 123 BGB Nr. 17 = NJW 1970, 1565). Eine weitergehende Einschränkung des Anfechtungsrechts sieht  § 5 des DGB-Entwurfes zum Arbeitsverhältnisrecht vor (RdA 1977, 166).
a) Der auch vom LAG vertretenen h. M. ist im Grundsatz beizuspflichten, jedenfalls bezüglich des bereits in Vollzug gesetzten Arbeitsvertrages. Denn einer undifferenzierten und schematischen Anwendung steht der Umstand entgegen, daß die Anfechtung mit ex-nunc-Wirkung eine Ausnahme von dem vom Gesetzgeber in  § 142 BGB aufgestellten Grundsatz darstellt und sich eine Abweichung hiervon demnach nur dann und nur insoweit auch dogmatisch rechtfertigen läßt, als diese durch sachliche Gründe geboten erscheint. Sind solche Gründe nicht vorhanden, entstehen insbesondere keine Rückabwicklungsschwierigkeiten, ist es auch nicht gerechtfertigt, abweichend von  § 142 I BGB der Anfechtung nur Wirkung für die Zukunft beizumessen. Das ist dann der Fall, wenn der Arbeitsvertrag noch nicht in Funktion gesetzt, d. h. das Arbeitsverhältnis noch nicht aktualisiert ist. Das Festhalten an der ex-nunc-Wirkung würde in einem solchen Falle nur dem Täuschenden zu einem unbilligen und durch nichts zu rechtfertigenden Vorteil verhelfen. Darauf weist Mayer=Maly (Anm. zu AP  § 63 HGB Nr. 32) zutreffend hin.
Gleiches muß aber auch dann gelten, wenn - wie vorliegend - das Arbeitsverhältnis zwar zunächst aktualisiert worden ist, zu einem späteren Zeitpunkt, aus welchen Gründen auch immer, aber wieder außer Funktion gesetzt wird und der Arbeitnehmer von da ab keine Arbeitsleistungen mehr erbringt. Eine Notwendigkeit, an der Ausnahme festzuhalten, also nur eine ex-nunc-Wirkung der Anfechtung anzunehmen, läßt sich dann dogmatisch ebenfalls nicht rechtfertigen. Auch bei einer solchen Sachverhaltsgestaltung wirkt die Anfechtung auf den Zeitpunkt zurück, zu dem das Arbeitsverhältnis 'außer Funktion gesetzt' ist. Die Bestimmung des Zeitpunktes, zu dem die Anfechtung zurückwirkt, kann zwar im Einzelfall schwierig sein; es kann unklar oder bestritten sein, wann das Arbeitsverhältnis außer Funktion gesetzt worden ist. Derartige, die Rechtssicherheit und die Rechtsklarheit möglicherweise beeinträchtigende Unklarheiten, die z. B. auch im Zusammenhang mit Kündigungen auftreten, sind als Folge der entsprechenden Anwendung des Grundsatzes, daß Ausnahmen eng auszulegen sind und im Interesse einer gesetzestreuen Anwendung der auch unbestreitbar im Arbeitsrecht anzuwendenden Anfechtungsregeln des BGB in Kauf zu nehmen.
b) Mit dieser Auffassung befindet sich der Senat nicht in Widerspruch zu seiner eigenen Entscheidung vom 18. 4. 1968 - 2 AZR 145/67 - (AP  § 63 HGB Nr. 32 m. abl. Anm. Mayer=Maly = SAE 1969, 72 m. Anm. Löwisch = AR-Blattei 'Anfechtung im Arbeitsrecht': Entscheidung 4 m. Anm. Sommer). In dem entschiedenen Falle hatte der Kl. die Arbeit an einem Freitag angetreten, den Arbeitsplatz im Laufe des Vormittags zur Besorgung der noch fehlenden Angestelltenversicherungskarte aber wieder verlassen. Vom darauffolgenden Montag an war der Kl. arbeitsunfähig krank. Etwa drei Wochen später erfolgte die Anfechtung. Aufgrund dieses anders gearteten Sachverhalts hat der Senat seinerzeit eine 'Infunktionssetzung' des Arbeitsvertrages bejaht, die Rückwirkung der Anfechtung abgelehnt und dem Kl. Gehaltsansprüche zugesprochen. Denn eine echte 'Außerfunktionssetzung' des Arbeitsverhältnisses ist nicht erfolgt; die 'Außerfunktionssetzung' des Arbeitsverhältnisses beruhte nicht, wie im vorliegenden Falle, auf einer Arbeitgeberkündigung, sondern auf einer vom Willen beider Vertragsparteien unabhängigen Erkrankung des Arbeitnehmers. Die auf Erkrankung zurückzuführende und in der Regel nur vorübergehene Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers setzt das Arbeitsverhältnis aber nicht 'außer Funktion', wie letztlich schon aus der gesetzlichen Regelung über die Lohn- und Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfalle ( § 616 BGB;  § 1 LohnFG;  § 63 HGB;  § 133c GewO) folgt. Insoweit ist daher auch eine unterschiedliche rechtliche Beurteilung geboten und ein Widerspruch zu der vorliegend vom Senat vertretenen Auffassung nicht ersichtlich. Soweit gleichwohl aus der Entscheidung vom 18. 4. 1968 (AP  § 63 HGB Nr. 32) eine divergierende Auffassung abgeleitet werden könnte, wird diese ausdrücklich aufgegeben.
c) Da aufgrund der, wenn auch unwirksamen Kündigung vom 24. 2. 1978 das Arbeitsverhältnis der Parteien am 31. 3. 1978 außer Funktion gesetzt worden ist, wirkt die von der Bekl. mit Schreiben vom 2. 2. 1979 erklärte Anfechtung des Anstellungsvertrages wegen arglistiger Täuschung ( § 123 I BGB) auf diesen Zeitpunkt zurück: Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist mit Ablauf des 31. 3. 1978 beendet worden. Die Kl. hat daher für die Zeit ab 1. 4. 1978 auch keinen Anspruch auf Gehaltszahlung. Um dem von der Kl. auf  § 615 BGB gestützten Anspruch zu begegnen, bedarf es infolgedessen auch nicht des Umweges über die Arglisteinrede. 


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