Rücktritt vom Kaufvertrag wegen eines
Sachmangels; Beschaffenheitsvereinbarung "HU neu"; Entbehrlichkeit der
Fristsetzung wegen Unzumutbarkeit (§ 440 S. 1 Alt. 3 BGB);
Untersuchungspflichten des Gebrauchtwagenverkäufers ("Sichtprüfung");
Anspruch auf Aufwendungsersatz (§§ 437 Nr. 3, 284 BGB)
BGH, Urteil vom 15. April 2015 - VIII
ZR 80/14 - OLG Oldenburg
Fundstelle:
NJW 2015, 1669 m. Anm. Cziupka
Amtl. Leitsatz:
a) Den Gebrauchtwagenhändler trifft keine
generelle, anlassunabhängige Obliegenheit, das Fahrzeug vor dem Verkauf
umfassend zu untersuchen. Vielmehr kann er zu einer Überprüfung des
Fahrzeugs nur aufgrund besonderer Umstände, die für ihn einen konkreten
Verdacht auf Mängel begründen, gehalten sein. Abgesehen von diesen Fällen
ist der Händler grundsätzlich nur zu einer fachmännischen äußeren
Besichtigung ("Sichtprüfung") verpflichtet (Bestätigung und Fortführung der
Senatsurteile vom 19. Juni 2013 - VIII ZR 183/12,
NJW 2014, 211 Rn. 24; vom 7. Juni 2006 - VIII
ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 15; vom 3. November 1982 - VIII ZR 282/81,
NJW 1983, 217 unter II 2 b; vom 21. Januar 1981 - VIII ZR 10/80, WM 1981,
323 unter II 3 b aa; vom 11. Juni 1979 - VIII ZR 224/78, BGHZ 74, 383, 388
f.; vom 16. März 1977 - VIII ZR 283/75, NJW 1977, 1055 unter III 1 a; vom
21. Januar 1975 - VIII ZR 101/73, BGHZ 63, 382, 386 f.; st. Rspr.).
b) Die im Kaufvertrag enthaltene Eintragung "HU neu" beinhaltet bei
interessengerechter Auslegung die stillschweigende Vereinbarung, dass sich
das verkaufte Fahrzeug im Zeitpunkt der Übergabe in einem für die
Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO geeigneten verkehrssicheren Zustand
befinde und die Hauptuntersuchung durchgeführt sei (Bestätigung und
Fortführung des Senatsurteil vom 24. Februar 1988 - VIII ZR 145/87, BGHZ
103, 275, 280 ff. ["TÜV neu"]).
c) Für die Beurteilung, ob die Nacherfüllung für den Käufer gemäß § 440 Satz
1 Alt. 3 BGB unzumutbar ist, sind alle Umstände des Einzelfalles zu
berücksichtigen, insbesondere die Zuverlässigkeit des Verkäufers, diesem
vorzuwerfende Nebenpflichtverletzungen oder der Umstand, dass der Verkäufer
bereits bei dem ersten Erfüllungsversuch, also bei Übergabe, einen
erheblichen Mangel an fachlicher Kompetenz hat erkennen lassen und das
Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien nachhaltig gestört ist.
Zentrale Probleme:
Ein klassischer, absolut klausurtauglicher Sachverhalt zum Kaufrecht: Der
K äufer erwirbt einen Gebrauchtwagen mit
der Vereinbarung „HU neu“. Schon auf der Rückfahrt vom Verkäufer bleibt das Fahrzeug wegen eines Motorschadens stehen, den der Käufer
reparieren lässt. Anschließend stellt sich heraus, dass das Fahrzeug
erheblich durchrostet und trotz der erfolgten Untersuchung beim TÜV nicht
verkehrstauglich ist. Der Käufer erklärt anschließend den Rücktritt und
verlangt zusätzlich die Aufwendungen für die Reparatur.
Der Senat untersucht den R ückzahlungsanspruch
zunächst aufgrund einer Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung
(§ 123 Abs. 1 BGB). Dabei kommt eine sogenannte Aussage ins Blaue in
Betracht, wenn der Verkäufer zu einer eingehenden Untersuchung des Fahrzeugs
verpflichtet war. Unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung legt der
Senat dar, dass auch ein professioneller Gebrauchtwagenhändler nicht zu
einer umfassenden Untersuchung des von ihm verkauften Fahrzeugs verpflichtet
ist. Er hat lediglich eine so genannte „Sichtprüfung“ vorzunehmen. Letztlich
kann der Senat aber offen lassen, ob der Vertrag wirksam nach § 123 Abs. 1
BGB angefochten wurde, weil sich ein Anspruch auf Rückzahlung des
Kaufpreises jedenfalls infolge des Rücktritts des Käufers vom Kaufvertrag
aus §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1, 440 S. 1, 346 Abs. 1, 348 BGB ergibt. Da der
Käufer dem Verkäufer keine Nacherfüllungsfrist gesetzt hatte, sondern
unmittelbar vom Kaufvertrag zurückgetreten war, setzt dies aber voraus, dass
eine Fristsetzung nach § 440 BGB entbehrlich war. Diesbezüglich kommt hier
eine Unzumutbarkeit der Nacherfüllung in Betracht. Unter Hinweis auf seine
frühere Rechtsprechung stellt der Senat insbesondere auf die Zerstörung der
Vertrauensbasis ab.
Der Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten ergibt sich aus
§ 437 Nr. 3, 284 BGB (Aufwendungsersatz). Dieser
setzt voraus, dass ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung
gegeben ist. Dieser Anspruch wiederum ergibt sich, was der Senat nicht im
einzelnen darlegt, vorliegend aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3 , 281,
440 BGB (die Fristsetzung ist wiederum entbehrlich). Weiter ist
erforderlich, dass der Käufer die Aufwendungen (hier: die
Reparaturmaßnahmen) im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemacht hat.
Das ist hier deshalb der Fall, weil die Aufwendungen zu einem Zeitpunkt
erfolgten, in welchem der Käufer noch nicht zum Rücktritt entschlossen war.
Läge kein Vertretenmüssen seitens des Verkäufers vor, so hätte der Käufer
diese Aufwendungen als Verwendungsersatz nach § 347 Abs. 2 BGB ersetzt
bekommen. Denn bei der Reparatur des Fahrzeugs handelt es sich zweifelsohne
um „notwendige Verwendungen“ im Sinne von § 347 Abs. 2 S. 1 BGB.
Schließlich legt der Senat noch dar, dass im Falle einer wirksamen
Anfechtung nach § 123 Abs. 1 BGB sich ein Anspruch auf Ersatz dieser
Aufwendungen aus dem Gesichtspunkt eines Verschuldens beim Vertragsschluss
(§ 311 Abs. 2 Nr. 1, § 280 Abs. 1 BGB) ergeben würde. Der Anspruch auf
Rückzahlung des Kaufpreises ergäbe sich aus § 812 Abs, 1 S. 1 Alt. 1 BGB.
Dabei müsste der Käufer nach den Grundsätzen der Saldotheorie bei ungleichen
Leistungen nicht einmal von sich aus die Rückgabe des Fahrzeugs anbieten, da
die Saldotheorie zu Lasten arglistig Getäuschter keine Anwendung findet. Der
Verkäufer müsste insoweit die Einrede aus § 273 Abs. 1 BGB erheben.
Der Fall w äre nicht anders zu lösen,
wenn man von einem unbehebbaren Mangel ausgehen würde. Das Rücktrittsrecht
ergäbe sich dann aus § 437 Nr. 2, § 326 Abs. 5, § 323 BGB, die Problematik
der Fristsetzung würde sich dabei nicht stellen. Ein Anspruch auf
Schadenersatz statt der Leistung (und damit auch ein Anspruch auf
Aufwendungsersatz nach § 284 BGB) ergäbe sich dann aus § 437 Nr. 3, § 311a
Abs. 2 BGB). S. dazu auch
BGH v. 13.7.2016 - VIII
ZR 49/15.
©sl 2015
Tatbestand:
1 Die Klägerin verlangt von dem Beklagten, einem
gewerblichen Autohändler, die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen
Gebrauchtwagen sowie die Zahlung von Schadensersatz.
2 Mit Vertrag vom 3. August 2012 kaufte die Klägerin von dem Beklagten einen
erstmalig am 30. August 1999 zugelassenen O. Z. mit einer Laufleistung von
144.000 km zum Preis von 5.000 €. Der Kaufvertrag enthält unter der Rubrik
"Zubehör/Sonderausstattung" den Eintrag "HU neu". Am Tag des Fahrzeugkaufs
hatte der Technische Überwachungsverein (TÜV) die Hauptuntersuchung
durchgeführt und das Fahrzeug beanstandungsfrei mit einer TÜV-Plakette
versehen.
3 Am nächsten Tag fuhr die Klägerin zu ihrem rund 900 km entfernten Wohnort.
Auf der Fahrt dorthin versagte der Motor aufgrund eines defekten
Kraftstoffrelais mehrfach und entstanden der Klägerin Kosten für Pannenhilfe
und Reparatur in Höhe von 315,99 €. Bei den anschließenden, von der Klägerin
veranlassten Untersuchungen des Fahrzeugs wurde unter anderem eine starke
Korrosion an den Bremsleitungen, den Längsträgern, den Querlenkern, den
Achsträgern und dem Unterboden sowie an sämtlichen Zuleitungen zum Motor
festgestellt. Die Klägerin erklärte daraufhin mit Schreiben vom 30.
August 2012 die Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung,
hilfsweise den Rücktritt vom Kaufvertrag, und begründete dies mit den bei
der Untersuchung festgestellten, die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs
beeinträchtigenden Mängeln. Der Beklagte behauptet, er habe das
Fahrzeug vor dem Verkauf durchgesehen und nur vordergründigen Rost
festgestellt; im Übrigen habe er sich auf die Untersuchung des TÜV
verlassen.
4 Die Klägerin begehrt Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen
Rückgabe des Kraftfahrzeugs sowie Ersatz der Kosten der Pannenhilfe und
Reparatur, jeweils zuzüglich Zinsen. Das Landgericht hat der Klage
stattgegeben, das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten
zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt
der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
5 Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
6 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im
Wesentlichen ausgeführt:
7 Das Landgericht habe den Beklagten zu Recht zur Rückzahlung des
geleisteten Kaufpreises in Höhe von 5.000 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen
Rückgabe des gekauften Fahrzeugs, verurteilt. Denn die Klägerin habe den
Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung wirksam angefochten, so dass dieser
rückabzuwickeln sei. Darüber hinaus habe das Landgericht der Klägerin
zutreffend den geltend gemachten Aufwendungsersatz in Höhe von 315,99 €
zuerkannt.
8 Aufgrund des vom Landgericht eingeholten Sachverständigengutachtens stehe
fest, dass das veräußerte Fahrzeug eine fortgeschrittene, offensichtliche
Korrosion im Bereich der Längsträger, der Fahrwerksteile und sämtlicher
Zuleitungen zum Motor sowie eine überdurchschnittliche Korrosion an den
vorderen Bremsleitungen aufgewiesen habe. Insbesondere die Korrosion an den
vorderen Bremsleitungen hätte bei der am Verkaufstag durchgeführten
Hauptuntersuchung beanstandet werden müssen. Dieser erhebliche, die
Verkehrssicherheit beeinträchtigende Mangel habe bereits bei Übergabe des
Fahrzeugs an die Klägerin vorgelegen.
9 Diesen Mangel habe der Beklagte bei Abschluss des Kaufvertrags arglistig
verschwiegen. Zwar habe die Klägerin nicht beweisen können, dass der
Beklagte positive Kenntnis von den Korrosionsschäden gehabt habe. Der
Beklagte habe aber bewusst gegen die ihm als Gebrauchtwagenhändler beim
Verkauf eines Gebrauchtwagens obliegende Untersuchungspflicht verstoßen und
die Klägerin nicht darüber aufgeklärt, dass er das verkaufte Fahrzeug
allenfalls einer ganz oberflächlichen Sichtprüfung unterzogen und sich
allein auf den TÜV verlassen habe. Dies sei einem arglistigen Verschweigen
eines Mangels gleichzusetzen.
10 In Rechtsprechung und Literatur sei unstreitig, dass den
Gebrauchtwagenhändler beim Verkauf eines Gebrauchtwagens
Untersuchungspflichten träfen, wobei zwischen einer echten und einer
generellen Untersuchungspflicht zu unterscheiden sei. Eine echte
Untersuchungspflicht treffe den Autohändler nur dann, wenn er einen
konkreten Verdacht auf Fahrzeugmängel habe, was hier aber nicht der Fall
gewesen sei. Neben der echten Untersuchungspflicht bestehe jedoch eine
generelle Untersuchungspflicht, die darauf beruhe, dass ein
durchschnittlicher gebrauchter Personenkraftwagen technisch fehlerhaft oder
zumindest fehleranfällig sei. Gebrauchtwagenhändler erzielten für den Handel
mit einem Gebrauchtfahrzeug in der Regel beim Verkauf einen höheren Preis
als sie ihn beim Einkauf gezahlt hätten. Wesentliche Voraussetzung ihrer
Kalkulation sei eine sorgfältige Untersuchung des zu verkaufenden Fahrzeugs.
Dies rechtfertige auch die Pflicht zur generellen Untersuchung. Unterlasse
der Autohändler die Untersuchung oder führe er diese so oberflächlich durch,
dass er schuldhaft Mängel übersehe, sei dieses Verhalten als vorsätzliche
Pflichtverletzung zu werten, wenn der Autoverkäufer über die nur
oberflächliche Überprüfung nicht aufkläre. Dieses bewusste Fehlverhalten
rechtfertige den Arglisteinwand.
11 Der Beklagte habe gegen die ihm obliegende generelle Untersuchungspflicht
verstoßen, indem er das verkaufte Fahrzeug keiner sorgfältigen Sichtprüfung
unterzogen und die Klägerin nicht auf die massiv fortgeschrittene
Durchrostung der Leitungen und des Unterbodens hingewiesen habe. Die
Durchrostungen wären bereits bei einer einfachen Sichtprüfung des
Unterbodens aufgefallen. Der Beklagte könne sich auch nicht damit entlasten,
dass er das Fahrzeug noch am Tag des Verkaufs dem TÜV vorgeführt und dieser
das Fahrzeug nicht beanstandet habe. Bediene sich ein Verkäufer zur
Erfüllung seiner Untersuchungspflicht eines Dritten zur Begutachtung des zu
verkaufenden Fahrzeugs, so handele das beauftragte Unternehmen als
Erfüllungsgehilfe (§ 278 Satz 1 BGB) und ein Prüfverschulden sei dem
Verkäufer zuzurechnen. Dabei könne es keinen Unterschied machen, ob der
Verkäufer einen privaten Gutachter beauftrage oder den mit hoheitlichen
Aufgaben auf dem Gebiet der Kraftfahrzeugüberwachung betrauten TÜV.
II.
12 Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand; die
Revision ist daher zurückzuweisen.
13 1. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe aufgrund
erfolgreicher Arglistanfechtung ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises
aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu, ist allerdings von Rechtsfehlern
beeinflusst. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte habe den
Kaufvertrag arglistig herbeigeführt, weil er die Klägerin nicht über die
unterbliebene Fahrzeuguntersuchung aufgeklärt habe, ist bereits im Ansatz
verfehlt, weil eine allgemeine Untersuchungspflicht des
Gebrauchtwagenhändlers - entgegen der Annahme des Berufungsgerichts - nicht
besteht.
14 a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats trifft den
Gebrauchtwagenhändler keine generelle, anlassunabhängige Obliegenheit, das
Fahrzeug vor dem Verkauf umfassend zu untersuchen (Senatsurteile
vom 19. Juni 2013 - VIII ZR 183/12, NJW 2014,
211 Rn. 24; vom 7. Juni 2006 - VIII ZR
209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 15; vom 3. November 1982 - VIII ZR 282/81, NJW
1983, 217 unter II 2 b; vom 21. Januar 1981 - VIII ZR 10/80, WM 1981, 323
unter II 3 b aa; vom 11. Juni 1979 - VIII ZR 224/78, BGHZ 74, 383, 388 f.;
vom 16. März 1977 - VIII ZR 283/75, NJW 1977, 1055 unter III 1 a mwN).
Vielmehr kann er zu einer Überprüfung des Fahrzeugs nur aufgrund
besonderer Umstände, die für ihn einen konkreten Verdacht auf Mängel
begründen, gehalten sein (Senatsurteile vom 21. Januar 1981 - VIII
ZR 10/80, aaO; vom 3. November 1982 - VIII ZR 282/81, aaO; vom 21. Januar
1975 - VIII ZR 101/73, BGHZ 63, 382, 386 f.; vom 11. Juni 1979 - VIII ZR
224/78, aaO), etwa dann, wenn er die Vorschädigung eines zu
veräußernden Fahrzeugs kennt (Senatsurteil
vom 14. April 2010 - VIII ZR 145/09, NJW 2010, 2426 Rn. 29 mwN).
Abgesehen von diesen Fällen ist der Händler grundsätzlich nur zu einer
fachmännischen äußeren Besichtigung ("Sichtprüfung") verpflichtet
(Senatsurteil vom 19. Juni 2013 - VIII ZR 183/12,
aaO mwN).
15 b) Zudem hat das Berufungsgericht versäumt, Feststellungen zu dem
erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen der vermeintlichen arglistigen
Täuschung und dem Abschluss des Kaufvertrags zu treffen. Denn angesichts der
am Tag des Kaufvertrags durchgeführten, erfolgreichen Vorführung des
Fahrzeugs zur Hauptuntersuchung versteht es sich nicht von selbst, dass der
vom Berufungsgericht für erforderlich gehaltene Hinweis des Beklagten, das
Fahrzeug nicht selbst untersucht zu haben, am Kaufentschluss der Klägerin
etwas geändert hätte.
16 2. Soweit das Berufungsgericht - ohne nähere Begründung - dagegen
angenommen hat, eine Kenntnis des Beklagten von den massiven Durchrostungen
und somit eine arglistige Täuschung durch Verschweigen dieses Mangels sei
nicht erwiesen, hat es den Sachverhalt unter Verstoß gegen § 286 ZPO nicht
ausgeschöpft. Denn seine weitere Feststellung, wonach die vom
Sachverständigen beschriebenen Durchrostungen schon bei Abschluss des
Kaufvertrages vorhanden und derart gravierend gewesen seien, dass
sie bei einer einfachen Sichtprüfung aufgefallen wären, legt den Schluss
nahe, dass der Beklagte, der eine solche Sichtprüfung nach eigenem
Vorbringen durchgeführt hat, diese Mängel entweder positiv gekannt oder
zumindest für möglich gehalten hat. Mit dieser sich aufdrängenden
Überlegung hätte sich das Berufungsgericht auseinandersetzen müssen.
Denn ein Verkäufer verschweigt einen offenbarungspflichtigen Mangel bereits
dann arglistig, wenn er ihn mindestens für möglich hält und gleichzeitig
damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragspartner den
Fehler nicht kennt und bei Kenntnis den Kaufvertrag nicht oder nicht mit dem
vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (BGH, Urteile vom
11. Februar 2004 - VIII ZR 386/02, NJW 2004, 1032
unter II 1; vom 30. April 2003 - V ZR 100/02, NJW 2003, 2380 unter II 2 b
mwN; st. Rspr.).
17 3. Die Entscheidung des Berufungsgericht stellt sich jedoch aus anderen
Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Denn falls die Voraussetzungen einer
Arglistanfechtung nicht erfüllt wären, ergibt sich der Anspruch der
Klägerin auf Rückabwicklung des Kaufvertrags jedenfalls aus § 346 Abs. 1, §
437 Nr. 2, § 440 Satz 1, § 323 Abs. 1, § 348 BGB.
18 a) Das gekaufte Fahrzeug war bei Gefahrübergang (§ 446 BGB)
mangelhaft, weil es sich entgegen der vereinbarten Beschaffenheit nicht in
einem Zustand befand, der die Erteilung einer TÜV-Plakette am Tag des
Kaufvertrags rechtfertigte.
19 aa) Die im Kaufvertrag enthaltene Eintragung "HU neu" beinhaltet
bei interessengerechter Auslegung - die der Senat, da keine weiteren
Feststellungen zu erwarten sind, selbst vornehmen kann - die
stillschweigende Vereinbarung, dass sich das verkaufte Fahrzeug im Zeitpunkt
der Übergabe in einem für die Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO geeigneten
verkehrssicheren Zustand befinde und die Hauptuntersuchung durchgeführt sei
(§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB). Insoweit gilt nichts anderes als
für einen in einem Kaufvertrag enthaltenen Zusatz "TÜV neu"
(Senatsurteil vom 24. Februar 1988 - VIII ZR 145/87, BGHZ 103, 275, 280 ff.
mwN [zu § 459 Abs. 2 BGB aF]; vgl. ferner
Senatsurteil vom 13. März 2013 - VIII ZR 172/12, NJW 2013, 2749 Rn. 14, 17
[betr. Untersuchung nach § 21c StVZO aF - Oldtimer]).
20 bb) Nach den insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen und von der Revision
nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts genügte das
Fahrzeug dieser Beschaffenheitsvereinbarung nicht, sondern war aufgrund der
fortgeschrittenen Korrosion insbesondere an den vorderen Bremsleitungen
ungeachtet der dennoch erteilten TÜV-Plakette nicht verkehrssicher und
aufgrund seines schlechten Gesamtzustandes bei Übergabe nicht so beschaffen,
dass ein Betrieb des Fahrzeugs und dessen gefahrlose Nutzung im
Straßenverkehr möglich gewesen wären.
21 b) Die Klägerin war gemäß § 440 Satz 1 BGB auch ohne vorherige
Fristsetzung zum Rücktritt berechtigt, weil eine Nacherfüllung für sie nach
§ 440 Satz 1 Alt. 3 BGB unzumutbar war.
22 aa) Für die Beurteilung, ob die Nacherfüllung für den Käufer
unzumutbar ist, sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen,
insbesondere die Zuverlässigkeit des Verkäufers (vgl. BT-Drucks.
14/6040, S. 233 f.), diesem vorzuwerfende Nebenpflichtverletzungen
(BT-Drucks. 14/6040, S. 223) oder der Umstand, dass der
Verkäufer bereits bei dem ersten Erfüllungsversuch, also bei Übergabe, einen
erheblichen Mangel an fachlicher Kompetenz hat erkennen lassen
(Erman/Grunewald, BGB, 14. Aufl., § 440 Rn. 3; Palandt/Weidenkaff, BGB, 74.
Aufl., § 440 Rn. 8; BeckOK-BGB/Faust, Stand 1. August 2014, § 440 Rn. 37)
und das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien nachhaltig
gestört ist (Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, Neubearb. 2014, §
440 Rn. 25).
23 bb) Hiervon ist vorliegend auszugehen. Das Berufungsgericht hat - aus
seiner Sicht folgerichtig - zwar nicht geprüft, ob die Nacherfüllung für die
Klägerin hiernach unzumutbar war. Es bedarf hierzu jedoch keiner weiteren
tatrichterlichen Feststellungen, weil der Senat die Würdigung auf der
Grundlage des festgestellten Sachverhalts selbst treffen kann (vgl. BGH,
Urteil vom 14. Mai 2014 - VIII ZR 266/13, BGHZ 201, 252 Rn. 25 mwN).
Hiernach steht fest, dass das als verkehrssicher verkaufte Fahrzeug massive
Mängel in Form fortgeschrittener Korrosion an sicherheitsrelevanten
Bauteilen aufwies, die bereits bei einer ordnungsgemäß durchgeführten
einfachen Sichtprüfung ohne weiteres erkennbar gewesen wären. Der Beklagte
hat das Ausmaß des von ihm - nach seinem eigenen Vorbringen - bemerkten
"vordergründigen Rosts" zumindest fahrlässig verkannt (vgl.
Senatsurteil vom 11. Februar 2004 - VIII ZR 386/02,
NJW 2004, 1032 unter III 1, 2 mwN). Angesichts dieser Umstände
hat die Klägerin nachvollziehbar jedes Vertrauen in die Zuverlässigkeit und
Fachkompetenz des Beklagten verloren. Der Umstand, dass der TÜV das Fahrzeug
nicht beanstandet hat, rechtfertigt mit Blick auf die Unzumutbarkeit der
Nacherfüllung keine andere Betrachtung. Darauf, ob der TÜV als
Erfüllungsgehilfe des Beklagten anzusehen war oder diesem etwaige
Versäumnisse des TÜV bei der Hauptuntersuchung mit Rücksicht auf den
hoheitlichen Charakter der dem TÜV übertragenen Fahrzeugüberwachung nicht
zugerechnet werden können, kommt es insoweit nicht an.
24 4. Auch im Hinblick auf die Verurteilung zur Zahlung von 315,99 €
wegen der für den Austausch des Kraftstoffrelais und der Pannenhilfe
entstandenen Kosten bleibt die Revision ohne Erfolg. Der Anspruch ergibt
sich aus § 437 Nr. 3, § 284 BGB. Dieser Anspruch kann gemäß § 325
BGB neben dem Rücktritt geltend gemacht werden; er umfasst Aufwendungen des
Käufers auf eine Sache, die sich - wie vorliegend - später als mangelhaft
herausstellt, wenn der Käufer die Kaufsache wegen ihrer Mangelhaftigkeit
zurückgibt (Senatsurteil vom 20. Juli 2005 - VIII
ZR 275/04, BGHZ 163, 381, 385 ff.). Entgegen der Auffassung der
Revision stünde der Klägerin ein Anspruch auf Ersatz dieser Aufwendungen
auch dann zu, wenn bereits die Arglistanfechtung begründet wäre. Wie das
Berufungsgericht insoweit zutreffend angenommen hat, ergäbe sich der
Anspruch der Klägerin in diesem Fall aus § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 280 Abs. 1
BGB, nämlich einer dann in der Täuschung liegenden Verletzung einer
vorvertraglichen Nebenpflicht.
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