Rechtsmängelhaftung beim Kauf; maßgeblicher
Zeitpunkt für das Vorliegen von Rechtsmängeln (§ 435 BGB);
Zurückbehaltungsrecht des Käufers bei mangelhafter Leistung aus § 320 BGB,
Grenzen nach Treu und Glauben
BGH, Urteil vom 19. November 2021 - V ZR 104/20 - KG
Fundstelle:
noch nicht bekannt
Amtl. Leitsatz:
Weist die Kaufsache einen behebbaren Mangel auf,
ist der Käufer grundsätzlich selbst dann berechtigt, gemäß § 320 Abs. 1 BGB
die Zahlung des Kaufpreises insgesamt zu verweigern, wenn es sich um einen
geringfügigen Mangel handelt (Bestätigung von Senat,
Urteil vom 14. Februar 2020 - V ZR 11/18, BGHZ
225, 1 Rn. 53).
Zentrale Probleme:
Eine sehr anschauliche und lehrreiche Entscheidung zur
Rechtsmängelhaftung. Der Beklagte hatte vom Kläger ein Grundstück gekauft.
Zur Eigentumsübertragung hat der Kläger (Verkäufer), der selbst noch nicht
im Grundbuch eingetragen war, dem beklagten Käufer den mit einer Vormerkung
gesicherten Übereignungsanspruch gegen die Person abgetreten, von der er
selbst das Grundstück gekauft hatte. Noch vor der Eintragung des Beklagten
in das Grundbuch hatte der Kläger Grunddienstbarkeiten an dem Grundstück
(Parkplatzbenutzung) bestellt und eintragen lassen. Der Kläger verlangt nun
die Freigabe des bei einem Notar hinterlegten Restkaufpreis. Der Beklagte
verweigert nach § 320 I BGB die Freigabeerklärung.
Da es für das
Vorliegen eines Rechtsmangels - anders als beim Sachmangel (§ 434 BGB) nicht
auf den Zeitpunkt des Gefahrübergangs (der hier vor der Eintragung der
Grunddienstbarkeiten lag), sondern auf den Eigentumsübergang ankommt (dieser
trat erst mit Eintragung des Beklagten ein, §§ 873, 925 BGB), lag hier ein
(behebbarer) Rechtsmangel vor. Da der Verkäufer nach § 433 I 2 BGB u.a. zu
rechtsmangelfreier Leistung verpflichtet ist, kann der Käufer nach § 320 I
BGB grundsätzlich den gesamten Kaufpreis zurückbehalten (und zwar auch bei
einem unerheblichen Mangel, der nach § 323 V 2 BGB einen Rücktritt
ausschließen würde), s dazu die Anm. zu
BGH, Urteil vom 26. Oktober 2016 - VIII ZR 211/15
sowie zu BGH om 14. Februar 2020 - V
ZR 11/18, BGHZ 225, 1. Eine Grenze setzt bei Teilleistungen §
320 Abs. 2 BGB (Treu und Glauben).
Zunächst stellt der Senat fest,
dass der Kläger den Beklagten nicht darauf verweisen kann, wegen der
eingetragenen Vormerkung nach § 888 BGB eine Zustimmung des aus der
Dienstbarkeit berechtigten zu erwirken und diese selbst löschen zu lassen.
Abgesehen von berechtigten Zweifeln daran, ob die Vormerkung, die der Käufer
durch Abtretung des gesicherten Anspruchs vom Verkäufer erworben hat, hier
überhaupt schützt (der vormerkungsberechtigte Verkäufer hatte ja die
Dienstbarkeit selbst bewilligt), muss er sich nicht darauf verweisen lassen,
den Rechtsmangel selbst zu beheben. Aber auch im übrigen hat der Senat
Zweifel daran, dass die Ausübung eines Zurückbehaltungssrechts bzgfl. des
gesamten Restkaufpreises hier treuwidrigt ist. Denn einerseits sei der
Mangel nicht unerheblich i.S.v. § 323 V 2 BGB (die Entscheidung fasst die
entsprechenden Kriterien gut zusammen), und andererseits ist es ja gerade
Sinn des § 320 BGB, auf den Schuldner Druck auszuüben.
©sl 2022
Tatbestand:
1 Der Kläger verkaufte im Jahre 2011 mit notariellem
Vertrag an eine zwischen dem Beklagten und Herrn C. M. bestehende
Gesellschaft bürgerlichen Rechts (nachfolgend GbR) ein Grundstück, bei dem
es sich um einen Skihang mit einem daneben befindlichen Hotelgebäude
handelt. Von dem Kaufpreis in Höhe von 160.000 € zahlte die GbR 40.000 € in
bar und den Restbetrag vereinbarungsgemäß auf ein Anderkonto des
Urkundsnotars. Dieser Betrag war nach § 4 des Kaufvertrages unter bestimmten
Voraussetzungen an den Kläger auszuzahlen, darunter die Sicherstellung der
Löschung der in Abt. II und III des Grundbuchs von dem Käufer nicht zu
übernehmenden Belastungen. Nach § 6 des Kaufvertrages sollte der Käufer die
in Abt. II Nr. 3 und 5 eingetragenen Geh-und Fahrrechte übernehmen. Der
Kläger, der das Grundstück seinerseits im Jahre 2010 als noch nicht
vermessene Teilfläche eines größeren Grundstücks gekauft hatte und noch
nicht als Eigentümer eingetragen war, trat der GbR die zu seinen Gunsten
eingetragene Auflassungsvormerkung ab. Die Abtretung wurde im Januar 2012 in
das Grundbuch eingetragen.
2 Im Juni 2014 wurden in Abt. II unter Nr.
7 und 8 ein Geh- und Fahrrecht sowie ein Mitbenutzungsrecht an vier
Parkplätzen zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines Nachbargrundstücks
eingetragen. Diese Grunddienstbarkeiten hatte der Kläger zuvor bei dem
Erwerb des Grundstücks als künftiger Eigentümer bestellt. Im September 2014
wurde die GbR als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Die Belastungen
in Abt. II Nr. 3 und 5 wurden gelöscht, nicht aber die neu eingetragenen
Grunddienstbarkeiten in Abt. II Nr. 7 und 8. Mit dem Ableben des weiteren
Gesellschafters der GbR wuchs dessen Anteil dem Beklagten an, der nunmehr
alleiniger Grundstückseigentümer ist.
3 Der Kläger verlangt
von dem Beklagten die Freigabe des auf dem Notaranderkonto hinterlegten
Restkaufpreises von 120.000 €. Das Landgericht hat den Beklagten
zur Freigabe von 86.000 € verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen.
Gegen das Urteil hat nur der Beklagte Berufung eingelegt. Diese hat das
Kammergericht durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit der
von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der
Kläger beantragt, möchte der Beklagte erreichen, dass die Klage insgesamt
abgewiesen wird.
Entscheidungsgründe:
I.
4 Das Berufungsgericht meint, der Beklagte könne sich zwar auf die von
ihm erhobene Einrede des nicht erfüllten Vertrages aus § 320 Abs. 1 BGB
berufen, weil das Grundstück mit zwei nicht übernommenen
Grunddienstbarkeiten belastet sei. Der Beklagte könne aber nicht den vollen
auf dem Notaranderkonto hinterlegten Kaufpreisrest zurückhalten, sondern nur
einen Teilbetrag in Höhe von 34.000 €. Die Ausübung des
Leistungsverweigerungsrechts stehe nämlich unter dem Vorbehalt von Treu und
Glauben. Der Erwerber könne die Zahlung des Kaufpreises dann nicht
vollständig verweigern, wenn dies nach den Gesamtumständen, insbesondere
wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit der Pflichtverletzung des
Verkäufers, gegen Treu und Glauben verstoße. Welcher
Einbehalt gerechtfertigt sei, hänge von den Umständen des Einzelfalls ab.
Vorliegend erscheine es angemessen, dem Beklagten einen Einbehalt in Höhe
des doppelten Betrages der sachverständig festgestellten Wertminderung
seines Grundstücks von 17.000 € zu belassen. Hierbei sei zu berücksichtigen,
dass der Beklagte das Grundstück seit etwa neun Jahren nutze. Welche
Nachteile ihm durch die Rechte Dritter für die Nutzung seines Grundstücks
entstünden, habe er nicht substantiiert vorgetragen. Er habe lediglich
darauf verwiesen, dass der Betrieb eines Hotels in einer Wintersportregion
zwingend auf ausreichend Parkplätze für Hotelgäste angewiesen sei. Der
Beklagte sei auch nicht schutzlos, sondern könne die Rechte aus der
Vormerkung geltend machen und auf diese Weise möglicherweise die Beseitigung
der Belastungen erreichen. Zudem könne er gegen den Kläger Mängelrechte nach
den §§ 435 ff. BGB geltend machen.
II.
5 Dies hält rechtlicher
Nachprüfung nicht stand.
6 1. Im Ausgangspunkt nimmt das
Berufungsgericht zutreffend an, dass der Beklagte verpflichtet ist, die
Freigabe der jetzt noch im Streit befindlichen 86.000 € zu erklären, wenn
die von ihm erhobene Einrede des nicht erfüllten Vertrages aus § 320 Abs. 1
BGB insoweit nicht besteht.
7 a) Wird ein Grundstückskauf
über ein Notaranderkonto abgewickelt und zahlt der Notar den hinterlegten
Kaufpreis bei Vorliegen der vertraglich vereinbarten
Auszahlungsvoraussetzungen (Auszahlungsreife) nicht an den Verkäufer aus,
kann diesem ein Anspruch gegen den Käufer zustehen, den auf dem Anderkonto
hinterlegten Restkaufpreis „freizugeben“. Dies kommt namentlich dann
in Betracht, wenn der Notar die Auszahlung nach § 60 Abs. 3 Satz 1 BeurkG
zurückstellt, weil sich der Käufer darauf beruft, der Kaufvertrag sei
aufgehoben, unwirksam oder rückabzuwickeln, oder wenn er nach § 61 Nr. 2
BeurkG von der Auszahlung absieht, weil dem Käufer durch die Auszahlung
erkennbar ein unwiederbringlicher Schaden droht (vgl. zu dieser
Verfahrensweise Renner in Armbrüster/Preuß/Renner, BeurkG, 8. Aufl., § 60
Rn. 27; Grziwotz in Grziwotz/Heinemann, BeurkG, 3. Aufl., § 60 Rn. 16;
Kasper, RNotZ 2018, 133, 138 ff.). Denn der Notar ist nicht dazu berufen,
den diesen Konstellationen regelmäßig zu Grunde liegenden Streit der
Vertragsparteien über materiell-rechtliche Fragen wie etwa über die
Wirksamkeit eines Rücktritts oder einer Anfechtung oder das Vorliegen von
Sach- oder Rechtsmängeln zu entscheiden (vgl. BayObLG, DNotZ 2005, 616, 617;
Renner, aaO; zum formalen Charakter der Prüfung der
Auszahlungsvoraussetzungen durch den Notar auch Senat, Beschluss vom 28.
Oktober 2010 - V ZB 70/10, juris Rn. 32 f.). Die Klärung, welche
Vertragspartei Anspruch auf den hinterlegten Kaufpreis hat, kann nur durch
die Zivilgerichte erfolgen, und zwar dergestalt, dass eine übereinstimmende
Anweisung der Parteien als Beteiligte des Verwahrungsgeschäfts gegenüber
dem Notar herbeigeführt wird (vgl. § 60 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 BeurkG). Diese
ist für den Notar nach § 60 Abs. 2 BeurkG beachtlich und bindend (vgl.
Griwotz, aaO Rn. 20).
8 b) Der Anspruch des Verkäufers gegen
den Käufer auf die - zumeist als „Freigabe“ bezeichnete - Anweisung, der
sich bei der Hinterlegung i.S.d. §§ 372 ff. BGB aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt.
2 BGB ergibt (vgl. Senat, Urteil vom 19. Juli 2019 - V ZR 255/17,
WM 2019, 2214 Rn. 8), folgt bei einem Grundstückskaufvertrag aus der
Vereinbarung über die Abwicklung über ein Notaranderkonto i.V.m. § 433 Abs.
2 BGB. Ein solcher Freigabeanspruch des Klägers gegen den Beklagten
kommt hier im Ausgangspunkt in Betracht, da davon auszugehen ist, dass der
Notar die Auszahlung des Kaufpreises im Hinblick auf den Streit der Parteien
über die zwischenzeitlich erfolgte Eintragung neuer, von dem Beklagten nicht
zu übernehmender Belastungen verweigert hat. Allerdings ist der
Käufer zur uneingeschränkten Freigabe nicht verpflichtet, wenn die
Voraussetzungen der Einrede des nicht erfüllten Vertrages aus § 320 BGB
vorliegen. Denn in diesem Fall wäre er selbst bei vereinbarter Direktzahlung
des Kaufpreises ohne Zwischenschaltung des Notaranderkontos nur Zug um Zug
gegen Erbringung der geschuldeten Leistung zur Zahlung verpflichtet.
9 2. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass
die Voraussetzungen der Einrede aus § 320 BGB vorliegen, weil in dem
Grundbuch zwei Belastungen eingetragen sind, die der Beklagte nach dem
Kaufvertrag nicht zu übernehmen hat. Dies folgt entgegen der
Ansicht des Berufungsgerichts allerdings nicht erst aus einer ergänzenden
Vertragsauslegung, sondern unmittelbar aus § 320 i.V.m. § 433 Abs. 1
Satz 2, § 435 BGB und den §§ 4 und 6 des Kaufvertrages.
Denn die in dem Grundbuch eingetragenen Rechte stellen einen Rechtsmangel
dar.
10 a) Nach § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB kann
derjenige, der aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, die ihm
obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, sofern
er nicht zur Vorleistung verpflichtet ist. Die aus der Pflicht zur
Kaufpreiszahlung folgende Freigabeverpflichtung des Käufers bei Abwicklung
über das Notaranderkonto (§ 433 Abs. 2 BGB) und die Pflicht des Verkäufers,
dem Käufer - mit Ausnahme übernommener Belastungen - lastenfreies Eigentum
zu verschaffen (§ 433 Abs. 1 Satz 2 BGB), stehen im
Gegenseitigkeitsverhältnis. Der Beklagte ist jedenfalls insoweit
nicht vorleistungspflichtig, als es um seine Verpflichtung geht, den Notar
zur Auszahlung des Restkaufpreises an den Beklagten anzuweisen, sobald die
Auszahlungsvoraussetzungen vorliegen. Denn durch die Abwicklung über das
Notaranderkonto und die in § 4 des Kaufvertrages geregelte Voraussetzung der
Sicherstellung der Löschung nicht übernommener Belastungen soll gerade
vermieden werden, dass der Beklagte den vollen Kaufpreis an den Kläger zu
leisten hat, ohne Gewähr dafür, dass er - soweit Belastungen nicht
übernommen wurden - lastenfreies Eigentum an dem Grundstück erhält.
11 b) Der Kläger hat die von ihm nach § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB
geschuldete Gegenleistung, dem Beklagten das Eigentum frei von Rechtsmängeln
zu verschaffen, nicht erfüllt.
12 aa) Nach § 435 Satz 1 BGB
ist die Sache frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf die Sache
keine oder nur die im Kaufvertrag übernommenen Rechte gegen den Käufer
geltend machen können. Die nach Abschluss des Kaufvertrages eingetragenen
Grunddienstbarkeiten sind Rechte Dritter, die diese gegen den Beklagten
geltend machen können. Der Beklagte hat diese Grunddienstbarkeiten in dem
Kaufvertrag nicht übernommen.
13 bb) Unerheblich ist, dass
die Grunddienstbarkeiten erst im Juni 2014 und somit nach dem gemäß § 5 des
Kaufvertrages im Oktober 2011 erfolgten Übergang der Gefahr auf den
Beklagten in das Grundbuch eingetragen wurden. Maßgebender Zeitpunkt
für die Freiheit der Kaufsache von Rechtsmängeln ist (jedenfalls bei
Grundstücken) nicht der Gefahrübergang, sondern der Zeitpunkt, in dem sich
der Eigentumserwerb vollzieht, da sich erst dann entscheidet, ob der
Käufer die Inanspruchnahme durch einen Dritten befürchten muss
(allgemeine Meinung, vgl. etwa Palandt/Weidenkaff, BGB, 80. Aufl., § 435 Rn.
7; Erman/Grunewald, BGB, 16. Aufl., § 435 Rn. 1, 16; MüKoBGB/Westermann, 8.
Aufl., § 435 Rn. 6; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB [2013], § 435 Rn. 5;
Jauernig/Berger, BGB, 18. Aufl., § 435 Rn. 4; BeckOK/Faust, BGB [1.5.2021],
§ 435 Rn. 5). Deswegen muss der Verkäufer, sofern nichts anderes
vereinbart ist, einen Rechtsmangel der verkauften Sache auch erst im
Zeitpunkt des Eigentumsübergangs beseitigen (vgl. Senat, Urteil vom
23. Mai 2003 - V ZR 190/02, NJW-RR 2003, 1318, 1319 unter III.1.).
Anders als bei Sachmängeln (vgl. § 446 BGB) kommt es also bei dem in einem
dinglichen Recht Dritter bestehenden Rechtsmangel des Grundstücks -
vorbehaltlich anderweitiger Abreden - nicht darauf an, ob das Recht vor oder
nach Gefahrübergang entstanden ist.
14 cc) Der Kläger kann
auch nicht einwenden, der Beklagte könne aufgrund der ihm abgetretenen
Auflassungsvormerkung selbst für die Löschung der zwischenzeitlich
eingetragenen Grunddienstbarkeiten sorgen.
15 (1) Der
Verkäufer eines Grundstücks, der die lastenfreie Übertragung des Eigentums
schuldet, kann den Käufer nicht darauf verweisen, eingetragene Belastungen
seien vormerkungswidrig und relativ unwirksam (§ 883 Abs. 2 Satz
1 BGB) und er könne deshalb deren Löschung selbst durchsetzen
(§ 888 Abs. 1 BGB). Denn der unselbständige Hilfsanspruch
des § 888 BGB ändert nichts an dem gesicherten Anspruch des Käufers auf
lastenfreie Eigentumsübertragung, zu dessen Erfüllung der Verkäufer nach wie
vor verpflichtet bleibt (vgl. Senat, Urteil vom 8. November 1985 -
V ZR 153/84, NJW-RR 1986, 310). Die Möglichkeit des Käufers eines
Grundstücks, seinen Anspruch auf lastenfreie Übertragung im Falle einer
vormerkungswidrigen Belastung mit Hilfe der Zustimmungsverpflichtung des
begünstigten Dritten nach § 888 Abs. 1 BGB durchzusetzen, nimmt ihm daher
nicht das Recht, dem Zahlungsanspruch die Einrede des nicht erfüllten
Vertrages aus § 320 BGB entgegenzuhalten (vgl.
Senat, Urteil vom 5. Dezember 2003 - V ZR 341/02,
MDR 2004, 471).
16 (2) Vorliegend kommt hinzu, dass erhebliche
Zweifel bestehen, ob der Beklagte die Löschung der zwischenzeitlich
eingetragenen Grunddienstbarkeiten mithilfe der Auflassungsvormerkung
erreichen könnte. Die Auflassungsvormerkung ist streng akzessorisch
und sichert damit nur einen bestimmten Auflassungsanspruch (vgl.
Senat, Beschluss vom 13. Februar 2014 - V ZB 88/13 BGHZ 200, 179 Rn. 14;
Urteil vom 22. Februar 2019 - V ZR 244/17, BGHZ 221, 229 Rn. 12).
Gesichert ist hier nicht der Eigentumsverschaffungsanspruch des Beklagten
gegen den Kläger, sondern derjenige des Klägers aus seinem Kaufvertrag von
2010. Denn dem Beklagten wurde keine eigene
Auflassungsvormerkung bewilligt, sondern nur die zugunsten des Klägers
eingetragene Auflassungsvormerkung „abgetreten“. Dem liegt - weil eine
Vormerkung nicht isoliert abtretbar ist, sondern entsprechend § 401 BGB mit
der Abtretung des gesicherten Anspruchs übergeht (vgl. Senat,
Urteil vom 17. Juni 1994 - V ZR 204/92, NJW 1994, 2947 f.) - die
Abtretung des Eigentumsverschaffungsanspruchs des Klägers an den Beklagten
zugrunde. Bezogen auf diesen Anspruch dürfte die Eintragung
der Grunddienstbarkeiten aber nicht vormerkungswidrig sein, denn der
Kläger hatte sie im Kaufvertrag von 2010 selbst bestellt.
17
3. Rechtsfehlerhaft ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, die Einrede
aus § 320 BGB stehe dem Beklagten nur gegenüber einem Kaufpreisanteil in
Höhe von 34.000 € zu, sodass er verpflichtet sei, den
darüberhinausgehenden Restkaufpreis von 86.000 € freizugeben.
18 a)
Die Vorschrift des § 320 BGB verfolgt den doppelten Zweck, dem
Gläubiger, der am Vertrag festhalten will, sowohl den Anspruch auf die
Gegenleistung zu sichern als auch Druck auf den Schuldner auszuüben, um ihn
zu vertragsgemäßer Leistung anzuhalten (vgl. Senat, Urteil vom 6.
Dezember 1991 - V ZR 229/90, BGHZ 116, 244, 249; BGH, Urteil vom 26. März
2015 - VII ZR 92/14, BGHZ 204, 346 Rn. 58; Urteil
vom 26. Oktober 2016 - VIII ZR 211/15, NJW 2017, 1100 Rn. 23).
In welchem Umfang die Gegenleistung noch aussteht, ist hierfür unerheblich,
so dass der Schuldner seine Leistung grundsätzlich voll zurückhalten kann,
auch wenn die Gegenleistung bereits teilweise erbracht worden ist
(vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 1970 - VII ZR 176/68, BGHZ 54, 244, 249 mwN).
Nur ausnahmsweise kann der Käufer - wie in § 320 Abs. 2 BGB für den Fall der
Teilleistung ausdrücklich hervorgehoben wird - die Zahlung des Kaufpreises
nicht oder nicht vollständig verweigern, wenn dies nach den
Gesamtumständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit der
Pflichtverletzung des Verkäufers, gegen Treu und Glauben verstößt
(vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2016 - VIII ZR
211/15, aaO Rn. 21 mwN; zur Miete BGH, Urteil vom 17. Juni 2015 - VIII
ZR 19/14, BGHZ 206, 1 Rn. 50 ff.). Dies gilt auch im Hinblick auf die
Pflicht des Verkäufers, dem Käufer die Sache frei von Sach- und
Rechtsmängeln zu verschaffen (§ 433 Abs. 1 Satz 2 BGB). Weist
die Kaufsache einen behebbaren Mangel auf, ist der Käufer daher
grundsätzlich selbst dann berechtigt, gemäß § 320 Abs. 1 BGB die Zahlung des
Kaufpreises insgesamt zu verweigern, wenn es sich um einen geringfügigen
Mangel handelt (vgl. Senat, Urteil vom
14. Februar 2020 - V ZR 11/18, BGHZ 225, 1 Rn. 53; BGH,
Urteil vom 26. Oktober 2016 - VIII ZR 211/15, aaO, Leitsatz und Rn. 23
f.).
19 b) Mit diesen Maßstäben steht die Annahme des
Berufungsgerichts nicht in Einklang, der Beklagte könne die Freigabe des
Restkaufpreises nur in Höhe der doppelten, durch die Grunddienstbarkeiten
verursachten Wertminderung des Grundstücks verweigern. Die
Beurteilung, ob der Käufer die Zahlung des Kaufpreises nach Treu und Glauben
ausnahmsweise nicht oder nicht vollständig verweigern kann, erfordert eine
umfassende Interessenabwägung auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls
(vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2016 -
VIII ZR 211/15, NJW 2017, 1100 Rn. 24). Derartige Abwägungen sind
zwar eine Frage der tatrichterlichen Würdigung und revisionsrechtlich nur
darauf überprüfbar, ob der Tatrichter wesentliche Umstände übersehen oder
nicht vollständig gewürdigt, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt oder
von der Revision gerügte Verfahrensfehler begangen hat (vgl. BGH, Urteil vom
17. Juni 2015 - VIII ZR 19/14, BGHZ 206, 1 Rn. 59). In diesem Rahmen ist die
von dem Berufungsgericht vorgenommene Abwägung aber zu beanstanden.
20 aa) Die von dem Berufungsgericht gegebene Begründung lässt zum einen
erkennen, dass es das in § 320 BGB angelegte Regel-Ausnahme-Verhältnis nicht
angemessen berücksichtigt hat. Das Berufungsgericht geht ersichtlich
nicht davon aus, dass der Käufer selbst bei geringfügigen behebbaren Mängeln
der Kaufsache gemäß § 320 Abs. 1 BGB die Zahlung des Kaufpreises
grundsätzlich insgesamt verweigern kann. Vielmehr meint es offenbar, der
Käufer müsse besondere Umstände darlegen und gegebenenfalls beweisen, die
den Mangel und die damit verbundenen Nachteile als besonders schwerwiegend
erscheinen lassen, so dass es ausnahmsweise gerechtfertigt erscheine, den
gesamten Kaufpreis bis zur Beseitigung des Mangels zurückzuhalten.
Damit weicht das Berufungsgericht von den oben dargelegten Maßstäben aus der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab und ist die vorgenommene
Würdigung schon aus diesem Grunde rechtsfehlerhaft.
21 bb)
Zudem hat das Berufungsgericht bei seiner Würdigung, ob das Zurückhalten des
vollständigen (Rest-)Kaufpreises ausnahmsweise gegen Treu und Glauben
verstößt, die Pflichtverletzung des Klägers einerseits und
das Durchsetzungsinteresse des Beklagten andererseits nicht dem
aufgezeigten Maßstab entsprechend bewertet.
22 (1) Das
Berufungsgericht zeigt keine Tatsachen auf, die die Annahme rechtfertigen
könnten, die Pflichtverletzung des Klägers, die darin liegt, dass dieser
nach Abschluss des Kaufvertrages zwei Grunddienstbarkeiten hat
eintragen lassen, die das dem Beklagten zu verschaffende Grundstückseigentum
beeinträchtigen, sei als geringfügig anzusehen. Die Umstände des Falles
sprechen vielmehr gegen eine solche Annahme.
23 (a) Nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs indiziert ein Verstoß gegen eine
Beschaffenheitsvereinbarung in der Regel die Erheblichkeit einer
Pflichtverletzung (BGH, Urteil vom 11.
Dezember 2019 - VIII ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 46). Ebenso
ist eine unerhebliche Pflichtverletzung beim Kaufvertrag in der Regel zu
verneinen, wenn der Verkäufer den Käufer über das Vorhandensein eines
Mangels arglistig getäuscht hat (Senat,
Urteil vom 24. März 2006 - V ZR 173/05, BGHZ 167, 19 Leitsatz und Rn. 11
ff.; BGH, Urteil vom 11. Dezember 2019 - VIII ZR 361/18, aaO, jeweils zu §
323 Abs. 5 Satz 2 BGB).
24 (b) Hier liegt zwar weder ein
Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung noch eine arglistige
Täuschung des Klägers vor. Bei der Beurteilung des Gewichts des klägerischen
Pflichtverstoßes kann aber nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger
selbst ein Jahr zuvor bei dem Ankauf des Grundstücks die Eintragung weiterer
Grunddienstbarkeiten bewilligt hatte. Selbst wenn dem Kläger dieser
Umstand bei dem Abschluss des Kaufvertrages mit dem Beklagten nicht mehr
erinnerlich gewesen sein sollte, ist der Verstoß gegen die ihn aus
dem Kaufvertrag treffende Pflicht, dem Beklagten rechtsmangelfreies Eigentum
an dem Grundstück zu verschaffen (§ 433 Abs. 1 Satz 2 BGB), jedenfalls
objektiv keinesfalls als geringfügig, sondern im Gegenteil als schwerwiegend
anzusehen.
25 (2) Ebenfalls nicht haltbar ist die
Begründung, mit der das Berufungsgericht den Einwand des Beklagten, die
festgestellte Wertminderung des Grundstücks von 17.000 € durch das
Parkplatzmitbenutzungsgericht sei nicht als „verhältnismäßig geringfügig“
anzusehen, zurückgewiesen hat. Zwar trifft es zu, dass es im Rahmen der nach
§ 320 BGB anzustellenden Gesamtwürdigung keine festgefügten Maßstäbe im
Sinne von Prozentsätzen dafür gibt, was als geringfügig anzusehen ist.
Allerdings beträgt die Wertminderung bezogen auf den sachverständig
ermittelten fiktiven Wert des rechtsmangelfreien Grundstücks von 188.000 €
rund 9 %. Damit liegt sie deutlich über dem, was in anderen
Bereichen bei vergleichbaren Fragestellungen noch als geringfügig angesehen
wird. So ist etwa zu § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB anerkannt, dass bei behebbaren
Mängeln in der Regel von einer Geringfügigkeit und damit von einer
Unerheblichkeit auszugehen ist, wenn die Kosten der Mangelbeseitigung im
Verhältnis zum Kaufpreis geringfügig sind, was jedenfalls regelmäßig nicht
der Fall ist, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand einen Betrag von 5 % des
Kaufpreises übersteigt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2019 -
VIII ZR 361/18, BGHZ 224, 195 Rn. 47). Der Senat hat im Zusammenhang
mit dem aus Treu und Glauben abzuleitenden Übermaßverbot einen Rückstand von
knapp 4 % des Kaufpreises als nicht mehr geringfügig angesehen
(vgl. Senat, Urteil vom 8. Juli 1983 - V ZR 53/82, BGHZ 88, 92, 95). Es
bedürfte daher jedenfalls einer gesonderten Begründung, weshalb eine
Wertminderung von etwa 9 % vorliegend noch als geringfügig anzusehen sein
soll.
26 (3) Anders als das Berufungsgericht meint, kann auch nicht
in die Abwägung eingestellt werden, dass der Beklagte aufgrund der an ihn
„abgetretenen“ Auflassungsvormerkung selbst versuchen könnte, die Löschung
der Grunddienstbarkeiten zu erreichen (s.o. Rn. 14 ff.).
27 (4)
Ebenso wenig lässt sich ein Verstoß gegen Treu und Glauben daraus ableiten,
dass der Beklagte das Grundstück seit etwa neun Jahren nutzt.
Der Umstand, dass der Kläger seit neun Jahren nicht vermocht hat, die
Grunddienstbarkeiten zur Löschung zu bringen, belegt vielmehr, dass der
Beklagte in besonderem Maße auf die Einrede aus § 320 BGB angewiesen ist, um
Druck auf den Kläger auszuüben und ihn zu vertragsgemäßer Leistung
anzuhalten. Die von dem Berufungsgericht gewählte Lösung brächte den
Beklagten im Ergebnis in die Lage, entweder seinerseits den Kläger
gerichtlich auf Erfüllung des Kaufvertrages verklagen oder aber die
Grunddienstbarkeiten dauerhaft hinnehmen zu müssen und hierfür lediglich
eine von ihm nicht gewollte Minderung des Kaufpreises zu erhalten, was die
Regelung in § 320 BGB gerade zu vermeiden sucht.
28 (5)
Schließlich ist die Abwägung des Berufungsgerichts auch
deshalb rechtsfehlerhaft, weil es hierbei wesentliche Umstände nicht
gewürdigt hat.
29 (a) Dies gilt zum einen, soweit das
Berufungsgericht meint, der Beklagte habe nicht substantiiert vorgetragen,
dass und welche Nachteile er aufgrund der Rechte Dritter bei der Nutzung des
Grundstücks habe hinnehmen müssen.
30 (aa) Die dieser Begründung zu
Grunde liegende Ansicht, der Beklagte trage die Darlegungs- und Beweislast
dafür, dass die Grunddienstbarkeiten sein Grundstückseigentum nicht nur
geringfügig beeinträchtigen, ist rechtsfehlerhaft. Da ein
Rechtsmangel besteht, ist der Beklagte - wie dargelegt - im Ausgangspunkt
nach § 320 BGB berechtigt, den vollen Restkaufpreis zurückzuhalten.
Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sich der Mangel - hier die
Belastung des Eigentums mit Rechten Dritter - als verhältnismäßig
geringfügig darstellt, trifft die Partei, die geltend macht, der andere sei
an der Erhebung der Einrede ausnahmsweise nach Treu und Glauben gehindert
(vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 1996 - VII ZR 125/95, NJW-RR 1997,
18, 19), hier also den Kläger.
31 (bb) Unabhängig davon überspannt
das Berufungsgericht, wie die Revision zu Recht geltend macht, mit seiner
Begründung unter Verstoß gegen § 286 ZPO die Substantiierungsanforderungen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Vortrag
schlüssig und ausreichend substantiiert, wenn die vorgetragenen Tatsachen in
Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht zu
begründen (siehe etwa Senat, Urteil vom 9. Februar 2018 - V ZR 274/16, NJW
2018, 1954 Rn. 11 mwN). Der Beklagte hat in seiner Stellungnahme zu dem
Hinweis des Berufungsgerichts auf das beabsichtigte Vorgehen nach § 522 Abs.
2 ZPO dargelegt, dass auf seinem Grundstück lediglich 15 Stellplätze
vorhanden, hiervon jedoch vier mit Rechten Dritter belastet seien. Weitere
Stellflächen auf öffentlichem Straßenraum stünden aufgrund der
topografischen Lage des Grundstücks nicht zur Verfügung und der nächste -
gebührenpflichtige - Parkplatz befinde sich in einer Entfernung von 400 m.
Ein Hotel mit 44 Betten im Wintersportgebiet und der Adresse „A. S. 1“ -
wie von ihm betrieben - sei auf jeden einzelnen Stellplatz angewiesen, zumal
die stets unzureichende Parksituation eines Wintersporthotels als
gerichtsbekannt unterstellt werden könne. Zum Beleg dieses Vortrags hat er
auf die Ausführungen des Sachverständigen in dem gerichtlichen Wertgutachten
Bezug genommen. Diese Angaben reichen aus, um einen nicht nur geringfügigen
Nachteil darzulegen. Das Berufungsgericht durfte den Vortrag daher nicht als
unsubstantiiert zurückweisen.
32 (b) Schließlich hat das
Berufungsgericht zu Unrecht nicht in die Abwägung eingestellt, dass der
Beklagte sich - anders als der Kläger - vertragstreu verhalten und den
Kaufpreis vollständig gezahlt bzw. auf dem Notaranderkonto hinterlegt hat.
Bei vereinbarter Direktzahlung des Kaufpreises mögen Fälle denkbar
sein, in denen es dem Käufer allein darum geht, einen ihn im Ergebnis nicht
belastenden geringfügigen Mangel der Kaufsache zu nutzen, um mithilfe der
Einrede aus § 320 BGB den gesamten Kaufpreis zurückzuhalten und ggf.
anderweitig zu verwenden. So liegt es hier aber ersichtlich nicht,
denn der Beklagte hat keinen Zugriff auf den von ihm gezahlten bzw.
hinterlegten Kaufpreis und erhält ihn auch nicht dadurch, dass er sich
gegenüber dem Freigabeverlangen des Klägers auf die Einrede des nicht
erfüllten Vertrages beruft.
III.
33 1. Der angefochtene
Beschluss kann daher keinen Bestand haben; er ist nach § 562 Abs. 1, § 563
Abs. 1 ZPO aufzuheben und die Sache zur Verhandlung und neuen Entscheidung
an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann nicht in der Sache
selbst entscheiden, weil diese nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563
Abs. 3 ZPO).
34 2. Das Berufungsgericht wird zunächst zu prüfen
haben, ob die vereinbarten Voraussetzungen für die Auszahlung des auf dem
Notaranderkonto eingezahlten Restkaufpreises an den Kläger gegeben sind.
Fehlt es daran, wäre der Beklagte schon aus diesem Grund nicht verpflichtet,
die Freigabe der 86.000 € zu erklären; auf die Wirkungen der Einrede aus §
320 BGB käme es dann nicht an.
35 Das Berufungsgericht hat nicht
ausdrücklich festgestellt, dass die in § 4 Buchst. c geregelten
Auszahlungsvoraussetzungen vorliegen. Der Senat kann diese Feststellung
nicht selbst treffen. Allein anhand des Wortlauts der Regelung lässt sich
nicht abschließend beurteilen, ob die Auszahlungsvoraussetzungen erfüllt
sind, wenn - wie hier - zwar die Löschung der in § 6 des Kaufvertrages
genannten, von dem Beklagten nicht zu übernehmenden Belastungen
sichergestellt bzw. erfolgt ist, inzwischen aber neue, ebenfalls nicht
übernommene Belastungen eingetragen sind, deren Löschung nicht
sichergestellt ist. Hierzu bedarf es einer Auslegung der Regelung, die das
Berufungsgericht nicht vorgenommen hat. Es hat zwar ausgeführt, dem Wortlaut
nach seien die Voraussetzung von § 4 Buchst. c erfüllt. Sodann hat es aber
eine ergänzende Vertragsauslegung (nur) von § 6 vorgenommen, wonach der
Beklagte erst Recht keine dort nicht genannten Belastungen des Grundstücks
zu übernehmen habe, die erst nach Vertragsschluss ohne seine Zustimmung
eingetragen worden seien. Ob damit auch die Auszahlungsvoraussetzungen nicht
erfüllt sind, hat das Berufungsgericht hingegen nicht erörtert.
36 3.
Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass die
Auszahlungsvoraussetzungen vorliegen, wird es unter Beachtung der oben
dargestellten Grundsätze erneut zu beurteilen haben, ob der Beklagte die
Freigabe des restlichen Kaufpreises von 86.000 € ausnahmsweise nicht nach §
320 BGB verweigern kann, weil dies nach den Gesamtumständen gegen Treu und
Glauben verstößt. Besteht die Einrede auch insoweit, wäre die Klage nicht
abzuweisen, sondern eine Verurteilung Zug um Zug auszusprechen (§ 322 Abs. 1
BGB).
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