Rücktrittsausschluß nach
§ 323 V S. 1 bei Teilleistungen: Erfordernis der Teilbarkeit der
(Gegen-)Leistung
BGH, Urteil vom 16. Oktober
2009 - V ZR 203/08
Fundstelle:
NJW 2010, 146
Amtl. Leitsatz:
§ 323 Abs. 5 Satz 1 BGB setzt neben
der Teilbarkeit der Leistung des Schuldners auch die Teilbarkeit der
Leistung des Gläubigers voraus. Fehlt es daran, kann der Gläubiger auch dann
vom ganzen Vertrag zurücktreten, wenn sein Interesse an der Teilleistung des
Schuldners nicht entfallen ist.
Zentrale Probleme:
Nach § 323 V ist ein an sich möglicher
Rücktritt in zwei Fallgruppen ausgeschlossen:
(1) Nach § 323 V S. 1 ist bei
Teilleistungen ein Rücktritt ohne weiteres hinsichtlich des ausgebliebenen
Teils der Leistung möglich. Der Gesamtrücktritt setzt aber vom Gläubiger (d.h. vom Zurücktretenden) darzulegenden und zu beweisenden Interessefortfall
voraus. Interessefortfall liegt nur, aber auch bereits dann vor, wenn der
Teilaustausch von Leistung und Gegenleistung den ursprünglichen
vertraglichen Zweck des Gläubigers auch nicht mehr teilweise erreichen kann.
Liegt kein Interessefortfall vor, kann der Gläubiger auch nicht Schadensersatz "statt der ganzen
Leistung" verlangen (also Rückgabe der Teilleistung und Schadensersatz in
Höhe des Wertes der gesamten geschuldeten Leistung), sondern nur in Bezug
auf die ausgebliebene Leistung ("kleiner" Schadensersatz"), s. § 281 I S. 2.
Dies stärkt "pacta sunt servanda": Der Vertrag soll nur insoweit aufgehoben
werden, als das zur Interessenwahrung des Gläubigers nötig ist. Vorsicht:
Der Gläubiger kann aber die Teilleistung nach § 266 ablehnen und dann ohne
Einschränkung nach Fristsetzung insgesamt zurücktreten. § 323 V 1 gilt erst,
wenn eine Teilleistung tatsächlich erbracht wurde!
(2) Nach § 323 V S. 2 ist der Rücktritt (und parallel dazu nach § 281 I S. 3
auch der Schadensersatz statt der ganzen Leistung) bei einer mangelhaften Leistung
ausgeschlossen, wenn die
Pflichtverletzung unerheblich ist (Minderung ist aber möglich, s. § 441 I S.
2). Auch hier geht es um Vertragserhaltung:
So soll zB ein Käufer einen unerheblichen Sachmangel nicht zum Anlaß nehmen
dürfen, sich von einem - vielleicht aus anderen Gründen bereuten - Vertrag
zu lösen (s. dazu sowie zu (1) die Anm. zu BGH NJW 2006, 1960;
BGHZ 176, 19
sowie
BGH NJW 2007, 2111).
Der Gläubiger wird hier aber in zweifacher besser gestellt, als nach S. 1:
Erheblichkeit ist eine deutlich geringere Schwelle als Interessefortfall:
Wenn etwa ein Kfz in der falschen Farbe geliefert wird, muss damit noch nicht
das Interesse des Käufers weggefallen sein, "erheblich" ist das aber
allemal. Überdies wird die Darlegungs- und Beweislast umgedreht: Der
Verkäufer muss die Unerheblichkeit darlegen und beweisen!
Ausführlich zum gesamten Problemkreis Medicus/Lorenz,
SchuldR I, Rn. 439 (teilweise Unmöglichkeit) und Rn. 484 ff (teilweise
Verspätung); Allgemein zu Teilleistungen aaO Rn. 157 ff. Übungsfälle bei
Köhler/Lorenz, Prüfe Dein Wissen, SchuldR I Fälle 12, 22, 39.
Hier geht nur um die Fallgruppe (1), d.h. die
Teilleistung. Natürlich setzt die Rücktrittseinschränkung voraus, dass die
Leistung überhaupt teilbar ist. Kauft jemand ein 12bändiges Lexikon und
erfolgt die Lieferung eines Bandes nicht, so liegt nach der
Verkehrsauffassung keine teilbare Leistung vor. Der Käufer muss jetzt nicht
Interessefortfall nachweisen, sondern kann ohne weiteres vom gesamten
Vertrag zurücktreten. Im vorliegenden Fall lag die Besonderheit darin, dass
zwar die ausgebliebene Leistung des Schuldners teilbar war, nicht aber die
Gegenleistung des zurücktretenden Gläubigers: Dieser hatte sich zur
Übereignung einer Eigentumswohnung gegen die Zahlung von Geld und die
Erbringung von Werkleistungen verpflichtet (ein gemischter Vertrag in Form
eines Kaufvertrag mit anderstypischer Gegenleistung). Einen Teil dieser
Leistungen hat er auch nach Fristsetzung nicht erbracht, so dass die
Rücktrittsvoraussetzungen nach § 323 I vorlagen. Der Senat läßt hier den
Gesamtrücktritt nicht an § 323 V S. 1 scheitern: Zwar ist die nicht
erbrachte Leistung teilbar. Wenn aber der Kläger nur teilweise zurücktreten
könnte, müsste seine Gegenleistung nur anteilig erbringen. Das aber geht
nicht, weil diese Leistung (Übereignung einer Eigentumswohnung) nicht
teilbar ist: "Der Gläubiger kann seine - unteilbare - Leistung nicht auf
einen Teil beschränken, der der Teilleistung des Schuldners entspricht. Er
kann sie nur ganz erbringen oder ganz davon absehen". Ergebnis: Der Gläubiger muss für den Rücktritt nicht
Interessefortfall nachweisen, sondern kann ohne weiteres zurücktreten.
Grenze kann dann nur noch § 242 BGB sein, der hier nicht im Raum stand.
Eingehend zur Problematik der Teilbarkeit im Leistungsstörungsrechts jüngst
Canaris in
FS Medicus (2009) S. 17 ff.
©sl 2009
Tatbestand:
1 Der Kläger verkaufte dem Beklagten mit notariellem Vertrag vom 18.
Dezember 2002 eine Eigentumswohnung für 31.000 €. Der Kaufpreis sollte wie
folgt berichtigt werden:
(1) 16.000 € in Geld,
(2) 7.000 € durch Anrechnung von vor Vertragsschluss erbrachten
Planungs- und Bauleistungen und
(3) 8.000 € durch Durchführung folgender Werkleistungen am
Gemeinschaftseigentum:
- Sanierung der Außenfassade im Bereich der von ihm erworbenen
Sondereigentumseinheit 16 (einschließlich Anstrich, Wärmedämmung und
Austausch von Fenstern) und
- Eindeckung der Dachfläche des Seitenflügels einschließlich statischer
Verstärkungsmaßnahmen.
2 Diese zuletzt genannten Leistungen
waren nach § 16 des Vertrags bis zum 31. August 2004 „insoweit fertig zu
stellen, dass von den Baumaßnahmen keine unvertretbaren Belästigungen für
die anderen Sondereigentümer ausgehen". Bei Fristüberschreitung war eine
Vertragsstrafe von 500 € je angefangenem Monat bestimmt. Streit „über die
Fertigstellung und/oder Ordnungsgemäßheit der Leistungen" sollten durch
einen Schiedsgutachter geklärt werden, dessen Kosten die Parteien anteilig
zu tragen haben sollten.
3 Der Beklagte zahlte 16.000 € und führte einen Teil der zu erbringenden
Leistungen aus. Mit Schreiben vom 22. Juni 2004 wies der Kläger den
Beklagten darauf hin, dass die zu erbringenden Bauleistungen noch teilweise
ausstünden, und behielt sich vor, nach Setzung einer angemessenen Nachfrist
von dem Vertrag zurückzutreten. Mit weiterem Schreiben vom 7. September 2004
setzte der Kläger dem Beklagten eine Nachfrist bis zum 30. September 2004,
die von ihm geschuldeten Bauleistungen zu erbringen. Diese blieb fruchtlos.
Der Beklagte stellte die Zahlung der geforderten Vertragsstrafe nach zwei
Monatsraten ein. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2004 erklärte der Kläger den
Rücktritt vom Kaufvertrag. Er holte ein Schiedsgutachten ein, das zu dem
Ergebnis kam, die noch ausstehenden Arbeiten führten zu einer unzumutbaren
Beeinträchtigung der anderen Sondereigentümer. Der Kläger verlangt, soweit
hier von Interesse, Räumung und Herausgabe der Wohnung und Zustimmung zur
Löschung der eingetragenen Auflassungsvormerkung.
4 Das Landgericht hat der Klage insoweit stattgegeben. Auf die Berufung des
Beklagten hat das Kammergericht die Klage unter Zurückweisung des
Rechtsmittels im Übrigen insoweit abgewiesen. Mit der von dem Senat
zugelassenen Revision möchte der Kläger die Wiederherstellung des
landgerichtlichen Urteils erreichen. Der Beklagte beantragt, das
Rechtsmittel zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I.
5 Das Berufungsgericht meint, dem Kläger stünden die geltend gemachten
Ansprüche auf Herausgabe der Eigentumswohnung und auf Löschung der
Auflassungsvormerkung nicht zu. Die Voraussetzungen für einen Rücktritt vom
Vertrag nach § 323 Abs. 1 BGB lägen nicht vor. Der Kläger habe in seiner
Rücktrittserklärung zur Begründung geltend gemacht, der Beklagte habe die
mit Schreiben vom 7. September 2004 gesetzte Nachfrist unbeachtet
verstreichen lassen. Diese Nachfrist habe sich darauf bezogen, dass der
Beklagte die Bauleistungen nicht innerhalb der vereinbarten Frist bis zum
31. August 2004 vollständig erbracht habe. Das rechtfertige einen Rücktritt
nicht. Der Beklagte sei zur Durchführung der in § 2 Nr.1 des Kaufvertrags
bezeichneten Maßnahmen verpflichtet gewesen. In § 16 des Vertrages sei diese
Verpflichtung jedoch dahin eingeschränkt worden, dass die Leistungen bis zum
31. August 2004 nur insoweit fertig zu stellen gewesen seien, dass von den
Baumaßnahmen keine unvertretbaren Belästigungen für die anderen
Sondereigentümer ausgingen. Das habe der Kläger nicht dargelegt. Das von ihm
dazu vorgelegte Gutachten sei unbrauchbar, weil es von einer unzutreffenden
Begrifflichkeit ausgehe.
II.
6 Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
7 1. Der Kläger kann von dem Beklagten nach § 346 Abs. 1 BGB die Räumung und
die Herausgabe der verkauften Eigentumswohnung und nach §§ 346 Abs. 1, 894
BGB die Zustimmung zur Löschung der Auflassungsvormerkung verlangen. Auf
Grund des erklärten Rücktritts sind das Recht des Beklagten zum Besitz der
Wohnung und sein Eigentumsverschaffungsanspruch erloschen.
8 2. Der Kläger ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts wirksam vom
Kaufvertrag der Parteien zurückgetreten. Er war dazu nach § 323 Abs. 1
BGB berechtigt, weil der Beklagte seine fälligen Verpflichtungen nicht
vollständig erfüllt und der Kläger ihm erfolglos eine Frist zur
Nacherfüllung gesetzt hat.
9 a) Der Beklagte hatte nach § 2 des Vertrags bestimmte Werkleistungen zu
erbringen. Diese Verpflichtung ist mit dem Ablauf des 31. August 2004
insgesamt fällig geworden.
10 aa) Das Berufungsgericht legt den Vertrag der Parteien allerdings in
diesem Punkt abweichend aus. Es entnimmt der Regelung in § 16 des Vertrags,
dass mit dem Ablauf des 31. August 2004 nur die Werkleistungen fällig
geworden seien, von deren Ausführung unvertretbare Belästigungen für die
anderen Sondereigentümer ausgingen. Diese Auslegung ist revisionsrechtlich
nur eingeschränkt, nämlich nur darauf nachprüfbar, ob das Berufungsgericht
Auslegungs- und Ergänzungsregeln oder Denk- oder Erfahrungssätze verletzt
oder wesentliche Umstände unbeachtet gelassen hat (Senat, BGHZ 111, 110,
115; Urt. v. 12. Dezember 1997, V ZR 250/96, NJW 1998, 1219, 1220; BGH, Urt.
v. 17. April 2002, VIII ZR 297/01, NJW 2002, 2310; Senat, Urt. v. 13.
Februar 2004, V ZR 225/03, NJW 2004, 1873; Urt. v. 23. Januar 2009, V ZR
197/07, NJW 2009, 1810, 1811). Ein solcher Rechtsfehler ist dem
Berufungsgericht aber unterlaufen. Die Auslegung der Regelung durch das
Berufungsgerichts ist mit dem in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
anerkannten Erfordernis einer beiderseits interessengerechten Auslegung (BGHZ
131, 136, 138; 143, 175, 178 [Senat]; Senat, Urt. v. 31. Oktober 1997, V ZR
248/96, NJW 1998, 535, 536; Urt. v. 9. Mai 2003, V ZR 240/02, NJW-RR 2003,
1053, 1054; Urt. v 23. Januar 2009, V ZR 197/07, NJW 2009, 1810, 1812; BGH,
Urt. v. 28. Mai 2009, VII ZR 206/07, BGH-Report 2009, 866) nicht zu
vereinbaren.
11 bb) Der Regelung in § 16 des Vertrags ist zwar zu entnehmen, dass die
Werkleistungen, die der Beklagte unter Anrechnung auf den Kaufpreis zu
erbringen hatte, nicht sofort fällig, sondern bis zum Ablauf des 31. August
2004 gestundet waren. Richtig ist auch, dass die mit unvertretbaren
Belästigungen für die anderen Sondereigentümer verbundenen Arbeiten auf
jeden Fall bis zu diesem Datum auszuführen waren. Das bedeutet aber nicht,
dass mit dem Ablauf dieses Datums nur diese Leistungen fällig geworden
wären. Ein solches Verständnis der Regelung liefe auf eine von Parteien
ersichtlich nicht gewollte und sachlich nicht zu rechtfertigende einseitige
Begünstigung des Beklagten hinaus. Die Folge wäre nämlich, dass die
Leistungen, die mit vertretbaren Belästigungen für die Sondereigentümer
erbracht werden können, auch knapp zwei Jahre nach Vertragsschluss noch
nicht fällig geworden wären und auch künftig nicht fällig werden könnten.
Der Kläger hätte auf Dauer keine Möglichkeit, ihre Erbringung durchzusetzen.
Er könnte mangels Fälligkeit weder nach § 323 BGB von dem Vertrag
zurücktreten noch nach §§ 280, 281 BGB Schadensersatz statt der Leistung
verlangen. Er könnte den Beklagten aus dem gleichen Grund nach § 286 BGB
nicht in Verzug setzen und - als Folge davon - nach § 339 Satz 1 BGB nicht
die im Vertrag bestimmte Vertragsstrafe verlangen. Der Beklagte könnte nicht
einmal zur Leistung aufgefordert werden.
Im Ergebnis schuldete er entgegen § 2 des Vertrags nicht alle dort
bestimmten Leistungen, sondern nur diejenigen, die sich nur mit
unvertretbaren Belästigungen der anderen Sondereigentümer ausführen lassen.
Es käme nicht einmal darauf an, ob solche Maßnahmen ohne die übrigen
sinnvoll wären. Dieses ungerechte und auch wenig zweckmäßige Ergebnis haben
die Parteien mit § 16 des Vertrags ersichtlich nicht angestrebt.
12 cc) Die genannte Vorschrift sollte die werkvertraglichen
Leistungsverpflichtung des Beklagten nach § 2 des Vertrags nicht inhaltlich
einschränken. Sie hatte vielmehr nur den Zweck, die Modalitäten der
Ausführung dieser Leistungen zu regeln. Dabei sollte einerseits dem
Beklagten eine ausreichend lange Ausführungszeit eingeräumt werden.
Andererseits sollte aber auch sichergestellt werden, dass in dieser
Ausführungsfrist auf jeden Fall die Arbeiten durchgeführt wurden, die mit
unvertretbaren Belästigungen für die anderen Sondereigentümer verbunden
waren (und sind). Rechtlich haben die Parteien mit der Ausführungsfrist
in § 16 des Vertrags zum einen die Fälligkeit aller werkvertraglichen
Leistungspflichten des Beklagten bis zum Ablauf des 31. August 2004
hinausgeschoben. Zum anderen haben sie für einen Teil dieser Leistungen,
nämlich für diejenigen, deren Ausführung mit unvertretbaren Belastungen für
die anderen Sondereigentümer verbunden war, eine Leistungsfrist im Sinne von
§ 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB vereinbart. Die Folge davon ist, dass der Kläger ohne
weiteres von dem Vertrag zurücktreten konnte, wenn bei Ablauf der Frist
solche Werkleistungen ganz oder teilweise fehlten. Außerdem wurden,
worauf es hier ankommt, zu diesem Zeitpunkt nicht nur solche, sondern
sämtliche werkvertraglichen Leistungen fällig, die der Beklagte zu erbringen
hatte.
13 b) Bei Ablauf des 31. August 2004 hatte der Beklagte unstreitig nur
einen Teil der ihm obliegenden Werkleistungen erbracht. Der Kläger hat ihm,
wie nach § 323 Abs. 1 BGB geboten, eine Frist zur Erbringung der fehlenden
Teile seiner werkvertraglichen Leistungen gesetzt. Diese Frist war mit einem
Monat angemessen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger dem
Beklagten sein Vorgehen schon vor Ablauf der Frist rechtzeitig angekündigt
hatte.
14 c) Der Kläger war berechtigt, von dem ganzen Vertrag
zurückzutreten.
15 aa) Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte den Barkaufpreis gezahlt
und einen Teil der ihm noch obliegenden Bauleistungen erbracht hat. Eine
Teilleistung des Schuldners berechtigt den Gläubiger zwar nach § 323 Abs. 5
Satz 1 BGB zum Rücktritt vom ganzen Vertrag nur, wenn er an der Teilleistung
kein Interesse hat. Ein Fortfall des Interesses des Klägers an der Leistung
des Beklagten kann hier auch nicht ohne Weiteres angenommen werden, weil die
erbrachten Bauleistungen des Beklagten notwendig waren, um das Gebäude in
einen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechenden Zustand zu versetzen. Das
kann indessen offen bleiben, weil die Vorschrift hier nicht anwendbar ist.
16 bb) Sie setzt nämlich voraus, dass nicht nur die Leistung des Schuldners
teilbar ist, sondern auch die des Gläubigers. Daran fehlt es.
17 (1) Mit § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB hat sich der Gesetzgeber für den
Grundsatz des Teilrücktritts entschieden. Bei einem teilweisen Ausbleiben
der geschuldeten Leistung soll dem Gläubiger im Regelfall kein Rücktritt vom
ganzen Vertrag, sondern nur ein Teilrücktritt möglich sein. Damit will der
Gesetzgeber erreichen, dass der Vertrag bei einer Teilleistung des
Schuldners nicht immer vollständig rückabgewickelt werden muss, sondern sich
auf die durchführbaren oder durchgeführten Teile beschränkt. Etwas anderes
soll nur gelten, wenn der Gläubiger an dem durchgeführten Teil des Vertrags
kein Interesse hat (Begründung des Entwurfs eines
Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes in
BT-Drucks. 14/6040 S. 186).
Dieses Regelungskonzept setzt gedanklich voraus, dass der als Regelfall
gedachte Teilrücktritt möglich ist. Das ist bei dem typischen
Anwendungsfall, der dem Gesetzgeber dabei vorschwebte, der Erbringung einer
teilbaren Sachleistung gegen Entgelt, regelmäßig der Fall. Hier führt der
Teilrücktritt zu dem angestrebten Ergebnis, dass sich die wechselseitigen
Rechte und Pflichten aus dem Vertrag auf den durchgeführten Teil
beschränken. Anders liegt es aber dann, wenn der teilbaren Leistung des
Schuldners eine nicht teilbare Leistung des Gläubigers gegenübersteht. In
einer solchen Konstellation lässt sich das mit dem Teilrücktritt angestrebte
Ergebnis einer Beschränkung „des Vertrags" auf den durchgeführten Teil nicht
erreichen. Der Gläubiger kann seine - unteilbare -
Leistung nicht auf einen Teil beschränken, der der Teilleistung des
Schuldners entspricht. Er kann sie nur ganz erbringen oder ganz davon
absehen. Eine solche Konstellation lässt sich auch nicht mit dem
Erfordernis eines Interessefortfalls sinnvoll beherrschen. Dieses
Abgrenzungskriterium erfasst nicht das Problem, dass sich der Vertrag selbst
bei bestehendem Interesse des Gläubigers an der Leistung des Schuldners
nicht eingeschränkt rückabwickeln lässt. Diese Möglichkeit setzt die Norm
vielmehr stillschweigend voraus. Daran fehlt es, wenn nur die Leistung
des Schuldners, nicht auch die Leistung des Gläubigers teilbar ist.
18 (2) Dieser Fall liegt hier vor. Zwar sind die Leistungen, zu denen der
Beklagte verpflichtet ist, teilbar. Ihnen steht aber die Verpflichtung des
Klägers gegenüber, dem Beklagten die verkaufte Eigentumswohnung zu übergeben
und aufzulassen. Diese Leistungen sind nicht teilbar. Damit scheidet ein
Teilrücktritt von vornherein aus. Es kommt nur ein Rücktritt vom ganzen
Vertrag in Betracht.
19 d) Die Frage, welche Störungen der anderen Sondereigentümer die
Durchführung der Arbeiten verursacht und ob das dazu eingeholte
Schiedsgutachten brauchbar ist, stellt sich nicht. Auf sie käme es nur an,
wenn der Kläger ohne Fristsetzung gemäß § 323 Abs. 2 BGB zurückgetreten
wäre. Der Kläger ist aber nach Fristsetzung gemäß § 323 Abs. 1 BGB
zurückgetreten.
20 3. Zur Herausgabe und Räumung der Wohnung und zur Bewilligung der
Löschung der Auflassungsvormerkung ist der Beklagte zwar nach § 348 Satz 1
BGB nur Zug um Zug gegen Rückzahlung des Barkaufpreises und Ersatz der
erbrachten Bauleistungen verpflichtet. Dieser Einwand wird aber nach § 348
Satz 2 i. V. m. §§ 320, 322 BGB nur auf Einrede des Rückgewährschuldners
berücksichtigt (BGH, Urt. v. 7. Oktober 1998, VIII ZR 100/97, NJW 1999, 53,
54; Urt. v. 7. Juni 2006, VIII ZR 209/05, NJW 2006, 2839, 2842). Zur
Erhebung der Einrede muss kein förmlicher Antrag gestellt werden; es genügt,
wenn der Wille, die eigene Leistung im Hinblick auf das Ausbleiben der
Gegenleistung zurückzubehalten, eindeutig erkennbar ist (BGH, Urt. v. 7.
Oktober 1998, VIII ZR 100/97, NJW 1999, 53 f.). Das hat die
Revisionserwiderung zwar mit einer Gegenrüge geltend gemacht. Sie hat aber
nicht, wie geboten (MünchKommZPO/Wenzel, 3. Aufl., § 557 Rdn. 33), auf
Vortrag verwiesen, der den Willen des Beklagten eindeutig ergibt, die bei
der Rückabwicklung des Kaufvertrags seinerseits geschuldete Leistung wegen
des Ausbleibens der Leistung zurückzubehalten, die der Kläger in diesem
Rahmen ihm selbst schuldet. Die Folge hiervon ist, dass der Beklagte seine
Gegenansprüche, die ihm durch ihre Nichtberücksichtigung im vorliegenden
Rechtsstreit nicht abgeschnitten werden, gesondert geltend machen muss.
III.
21 Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO. |