§§ 10 - 13 Willensmängel
Fälle


Fall 1: (Unterverbriefung)

V und K haben schriftlich über den Verkauf des Grundstücks des V an K zum Preis von  200.000 € geeinigt. Beide vereinbaren, vor dem Notar nur einen Kaufpreis von nur 100.000 € zu beurkunden, um bei der Grunderwerbssteuer und den Notargebühren günstiger wegzukommen. Entsprechend wurde bei der notariellen Beurkundung Termin verfahren. In dem privatschriftlichen Vertrag ist eine Klausel enthalten, nach der sich keine Partei auf eventuelle Formfehler berufen dürfe.
 
Frage 1:  
Kann K von V Übereignung des Grundstücks verlangen?  Lösung

K und V einigen sich vor dem Notar zur Übertragung des Eigentums. Anschließend wird K als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen.
 
Frage 2:
Kann V von K Zahlung von 200.000 € verlangen?   Lösung



Fall 2 (Gescheitertes Scheingeschäft)
(nach BGH NJW 2000, 3127)

K will von V ein bestimmtes Grundstück kaufen. G, der Verhandlungsgehilfe des K, handelte mit V einen Preis von 100.000,- € aus, wovon im notariellen Kaufvertrag lediglich 50.000,- € beurkundet werden sollten, „um Steuern zu sparen“. K wußte jedoch weder von einem verhandelten Kaufpreis von 100.000,- €, noch von der Abrede, daß zum Schein nur die Hälfte dieses Preises notariell beurkundet werden sollte.
Als V und K den notariell beurkundeten Kaufvertrag unterzeichneten, ging K davon aus, dass der beurkundete Kaufpreis von 50.000,- € von V wirklich gewollt war. V meinte hingegen, dass K über alle Absprachen informiert sei und das Geschäft so abschließen wolle, wie er es mit G mündlich vereinbart hatte.
V meint nun, das Geschäft sei nichtig, während K Übergabe und Übereignung des Grundstücks verlangt.
 
Fragen:
1.) Kann K von V Übereignung des Grundstücks gegen Zahlung von € 50000.- verlangen? Lösung
2.) Kann V von K Zahlung von € 100000.- gegen Übereignung des Grundstücks verlangen? Lösung
3.) Kann K von V Übereignung des Grundstücks gegen Zahlung von € 100000.- verlangen? Lösung



Fall 3 (falsa demonstratio)
(nach RGZ 99, 147)

V bietet K eine Tonne „Haakjöringsköd“ (norwegisch: Haifischfleisch) zum Preis von 3000.- € an. K nimmt dieses Angebot an. Beide gehen davon aus, daß es sich dabei um Walfischfleisch handelt. K verlangt nun Lieferung von Walfischfleisch, während V, der inzwischen herausgefunden hat, was Haakjöringsköd  bedeutet, nur Haifischfleisch liefern möchte.
 
Frage:
 Kann K von V Übergabe und Übereignung von Walfischfleisch verlangen? Lösung



Fall 4 (Inhaltsirrtum)

Der Manager M wollte sich ein weiteres Giro-Konto bei der B-Bank einrichten lassen. Um nicht lange durch die Formalitäten aufgehalten zu werden, teilte er seinen Wunsch dem Bankangestellten A telefonisch mit. Dieser verspricht, die erforderlichen Unterlagen unterschriftsreif vorzubereiten, so daß M nur noch unterschreiben müsse. Aus Versehen geriet dem schusseligen A jedoch zusätzlich das derzeit am Schalter ausliegende Bestellformular für den Kauf der Sammlermünze "König Ludwig II" zum Preis von 198,- € in die Unterlagen.
Kurze Zeit später erschien M in der Bank und unterschrieb in Eile sämtliche vorgelegten Papiere, ohne sie vorher durchzulesen ungelesen, wobei er in diesem Moment fest davon ausging, lediglich ein Konto einzurichten.
Tags darauf meldet sich A bei M und teilt dem verdutzten Manager mit, dass er die gekaufte und heute eingetroffene Silbermünze gegen Bezahlung abholen könne.
M erklärte, er halte den Kauf für unwirksam und wolle die Münze weder haben, noch bezahlen, da er nur ein Konto eröffnen wollte. A entgegnet, daß "unterschrieben nun mal unterschrieben" sei.
 
Frage: 
Kann die B-Bank von M Zahlung und Abnahme der Silbermünze verlangen ? Lösung

 


Fall 5 (Erklärungsirrtum)

Karl (K) will dieses Jahr seiner Ehefrau zum Hochzeitstag einen Ring schenken. Er begibt sich daher zum Juwelier (J), bei dem er bekannt und Stammkunde ist. Dort sieht in einem Schaukasten ein Exemplar, das ihm gefällt und bittet J, das Schmuckstück, an dem sich kein Preisschild befindet, aus dem Kasten herauszuholen.
Von K nach dem Preis gefragt, nennt J einen Betrag von 200,- €. J wollte in diesem Moment eigentlich den zutreffenden Preis von 2000,- € nennen. In der Vorfreude auf das gute Geschäft hatte er sich jedoch versprochen.
K, der dieses Jahr ohnehin nicht viel mehr ausgeben wollte, sagte sofort, dass er den Ring für diesen Preis nehme. Kurz darauf streckte er J seine offene Hand entgegen, J gab ihm den Ring, den K einsteckte. K legte € 200.- auf den Ladentisch und verließ dankend das Geschäft. Erst in diesem Moment wurde J klar, dass soeben etwas gewaltig schiefgelaufen war.
J konnte den K, der vor dem Juwelierladen gerade in eine Straßenbahn einsteigen wollte, gerade noch aufhalten. J erklärte sofort gegenüber K, dass er "sämtliche Geschäfte" wegen seines Versprechers anfechte und den Ring zurückhaben möchte. K hingegen beharrt auf seinem Anspruch.

Fragen:
1.) Liegt ein wirksamer Kaufvertrag vor? Lösung
2.) Kann J von K die Herausgabe des Ringes verlangen? Lösung
3.) K erklärt dem J, ihm sei das Geschenk auch 2000,- € wert. J glaubt inzwischen, den Ring noch teurer veräußern zu können und will auf jeden Fall am Geschäft nicht mehr festhalten. Kann K den Ring gegen Zahlung von insgesamt € 2000.- € behalten? Lösung

 


Fall 6 (Preisirrtum)

Dieter (D) begibt sich zu Viktor (V), der mit Autoersatzteilen handelt. Aus V´s Katalog hatte er sich bereits den benötigten Auspuff ausgesucht. Er war dort unter der Bestellnummer 443 589 abgebildet. Im Katalog betrug der Kaufpreis 500,- €.
D sagte zu V, dass er diesen Auspuff für 500,- € kaufen wolle. V entgegnete, er wolle nur noch nachschauen, ob der Preis im Katalog richtig angegeben sei. Daraufhin gab er die Bestellnummer 443 589 in seinen Computer ein. Der Computer ermittelte anhand der Nummer in Übereinstimmung mit dem Katalog einen Kaufpreis von 500,- €, welcher auf dem Bildschirm angezeigt wurde. V meinte daraufhin, dass das Geschäft „so in Ordnung gehe" und D den Auspuff in einer Woche abholen könne.
Eine Woche später will D bei V den Auspuff abholen. V übergibt ihm eine Rechnung über 650,- €. Die Preisangabe von 500,- € hätte sich irrtümlicherweise nur dadurch ergeben, dass im Computer noch „die alte Preisliste" gespeichert war. Das Versehen habe er gerade bemerkt. Bevor er, V, den Auspuff für 500,- € hergeben müsse, fechte er den Kaufvertrag an.

Frage:
Kann D von V Übergabe und Übereignung des Auspuffs gegen Zahlung eines Kaufpreises von 500,- € verlangen? Lösung

Fall 7 (Eigenschaftsirrtum)

Helga (H) hatte sich auf eine Stellenanzeige eines von der katholischen Kirche (K) betriebenen Kindergartens gemeldet und wurde als Kindergärtnerin eingestellt. Im Arbeitsvertrag vom 11. März war als Arbeitsbeginn der 1. Mai vorgesehen. Am 15. März erhält K ein anonymes Schreiben, in dem behauptet wurde, H gehöre der S-Sekte, einer Organisation, die sich öffentlich gegen das Christentum ausspricht, an. Am 20. März zur Rede gestellt, räumte H ihre Mitgliedschaft bei dieser Organisation ein. K sieht die christliche Erziehung, ein wesentlicher Teil der Betreuung im Kindergarten, der ihr anvertrauten Kinder gefährdet.

Frage:
Kann K den Arbeitsvertrag anfechten? Lösung

Fall 8 ("online-shopping")

Kunstliebhaber K stößt beim surfen im Internet auf einen Buchangebot des Buchhändlers V. Dieser bietet auf seiner Homepage das Buch "Picasso, Leben und Werke" zum Preis von 30.- € an. Neben dem abgebildeten Buch ist auf dem Bildschirm die Frage: "Möchten Sie das Buch kaufen?" zu sehen. Darunter befinden sich zwei Schaltfelder ("Buttons") mit den Antworten "Ja" und "Nein". Klickt K mit der Maus auf das Feld "Ja". Danach wird er noch nach seinen Personalien befragt, die er bereitwillig angibt. Sekunden später bekommt K eine vom Rechner des V automatisch erstellte E-Mail, in dem der Kauf des bestellten Buches zum angegebenen Preis bestätigt wird. Zufrieden wartet K auf seine Bestellung. Statt der Bestellung erhält er allerdings am nächsten Tag eine zweite E-Mail. Darin teilt ihm V mit, er hätte seine EDV zu spät auf die neue Preisliste umgestellt, weshalb im Internet die falschen Preise wiedergegeben gewesen wären. Das Buch könne nur zum Preis von € 35.- geliefert werden.

Frage:
Kann K die Lieferung des Buches gegen Zahlung von € 30.- verlangen? Lösung