Rückabwicklung
eines sittenwidrigen Adoptionsvertrages zur Vermittlung eines Adelstitels
BGH, Urteil v. 20.10.1996
Amtl. Leitsätze:
1. Zur Sittenwidrigkeit eines auf die Vermittlung
einer Adoption zum Zwecke des Erwerbs eines Adelstitels gerichteten Geschäftsbesorgungsvertrags.
2. Verlangt der Auftraggeber eines nichtigen
Geschäftsbesorgungsvertrags unter Anwendung der Grundsätze der
Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 681 S. 2, 667
Alt. 1 BGB die zur Durchführung des Geschäfts treuhänderisch
überlassenen Gelder heraus, so beantwortet sich die Frage, ob die
übergebenen Gelder zweckentsprechend verwendet worden sind, nach den
- wenn auch nichtigen - getroffenen Treuhandabreden.
Fundstellen:
NJW 1997, 47
ZIP 1996, 2113
FamRZ 1996, 1533
MDR 1997, 164
DNotZ 1997, 309
LM H. 2/1997 § 138 (Cd) BGB Nr. 29
Langenfeld
Zentralprobleme des Falles:
Im Zentrum des Falles steht die Rückzahlung
von Geldern, die über relativ verschachtelte Treuhandabreden für
die Vermittlung einer letztlich nicht zustandegekommenen "Adelstiteladoption"
gezahlt wurden. Interessant ist das - für die Rechtsprechung des BGH
- typische "Ausweichen" auf das Recht der GoA, um die Härten des Bereicherungsrechts
- hier insbesondere § 817 BGB - zu umgehen. Hierzu bedient er sich
der Figur des sog. "Auch fremden Geschäfts", vgl. hierzu Lorenz
NJW 1996, S. 883 ff.
Ausdrücklich verworfen wird diese Konstruktion
des BGH m.E. zu Recht durch
OLG Koblenz NJW 1999,
2904.
S. zu einer ähnlichen Konstellation
BGH v. 21.6.2012 - III ZR 291/11
(Bestätigung der
vorliegenden Entscheidung).
Zum Sachverhalt:
Die Parteien, im fraglichen Zeitraum beide Rechtsanwälte,
streiten über die bestimmungsgemäße Verwendung eines treuhänderisch
überlassenen Geldbetrages. Auf eine entsprechende Zeitungsanzeige
hin bekundete der Kl. dem Vermittler Z gegenüber sein Interesse daran,
von einer adoptionswilligen Adligen als Kind angenommen zu werden. Zerklärte
dem Kl., daß mit der Durchführung des "Adoptionsverfahrens"
der Bekl. betraut werden müsse und für die Adoption insgesamt
ein Betrag von 175000 DM aufzuwenden sei. Der Kl. setzte sich daraufhin
mit dem Bekl. in Verbindung und übersandte diesem im November 1992
zwei Verrechnungsschecks über 50000 DM und 125000 DM. Der Bekl. ließ
diese Schecks auf ein von ihm eingerichtetes Anderkonto einziehen. Noch
im November/Dezember überwies der Bekl. zunächst 35000 DM und
wenig später 89000 DM an eine von ihm eingeschaltete Rechtsanwaltskanzlei,
die diese Gelder an den "Titelhändler" W weiterleitete. 15000 DM erhielt
der Vermittler Z; einen Betrag von 36000 DM behielt der Bekl., nach seiner
Darstellung als ihm gegen W zustehenden Honoraranspruch, ein und verbuchte
ihn als Berufseinkünfte. Am Tage vor dem vom VormG auf den 16. 9.
1993 anberaumten Adoptionstermin traf sich der Kl. mit der adoptionswilligen
Gräfin v. Y; er teilte ihr mit, daß er an der Adoption kein
Interesse mehr habe. Der Kl. verlangt von dem Bekl. Rückzahlung der
diesem übergebenen 175000 DM nebst Zinsen und Herausgabe von Schriftstücken.
Das LG hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung
des Bekl. hat das BerGer. die Verurteilung zur Zahlung nur hinsichtlich
das von dem Bekl. einbehaltenen Betrags von 36000 DM nebst Zinsen aufrechterhalten;
die weitergehende Zahlungsklage hat es abgewiesen. Hinsichtlich der Verurteilung
zur Herausgabe von Unterlagen hat das BerGer. die Berufung mangels fehlender
Begründung als unzulässig zurückgewiesen. Mit der Revision
begehrt der Kl. die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der
Bekl. verfolgt mit der Anschlußrevision seinen Antrag auf vollständige
Abweisung der Klage weiter. Revision und Anschlußrevision führten
zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der
Sache an das BerGer.
Aus den Gründen:
I. Zur Revision des Kl.
1. Zu Recht zieht das BerGer. als Anspruchsgrundlage
für das kl. Zahlungsbegehren § 667 Alt. 1 BGB in Betracht, wonach
der Beauftragte zur Ausführung des Auftrags erhaltenes Geld herausgeben
muß, sofern er es nicht in Erledigung des Auftrags verbraucht hat.
a) Das BerGer. geht davon aus, daß der Bekl.
gegen Entgelt für den Kl. eine Adoption mit einer adligen Person vermitteln
und im Rahmen seiner Vermittlungstätigkeit den Kl. auch vor dem VormG
vertreten sollte. Dabei bleibt offen, ob die im Zuge der für den Kl.
erbrachten Vermittlungsleistungen entfaltete Anwaltstätigkeit vor
dem VormG ein derartiges Gewicht hat, daß der zwischen den Parteien
abgeschlossene "Vermittlungsvertrag" insgesamt als Anwaltsdienstvertrag
gem. §§ 675, 611 BGB einzuordnen ist (zur Abgrenzung zwischen
Anwaltsdienstvertrag und Maklervertrag vgl. nur BGH, NJW 1992, 681 (682)
= LM 5/1992 § 134 BGB Nr. 135; Senat, NJW 1985, 2642 = LM § 675
BGB Nr. 114; NJW 1996, 2499 = LM H. 11/96 § 138 (Cf) BGB Nr. 18 =
ZIP 1996, 1245 (1246f.) m.w.Nachw. aus der Rechtsprechung). Des weiteren
geht das BerGer. ersichtlich davon aus, daß der Bekl. auch als (Unter-)Vermittler
für den Titelhändler W tätig geworden ist, von dem er im
Verrechnungswege ein Vermittlungshonorar von 36000 DM erhalten haben will.
Welche Auswirkungen diese beiderseitige Vermittlungstätigkeit
auf die dem Bekl. dem Kl. gegenüber obliegenden Pflichten oder auf
die Wirksamkeit des - ohnehin nichtigen (s. unter b) - zwischen den Parteien
abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrages hat, kann indes ebenso
wie die nähere rechtliche Qualifizierung dieses Vertrages dahinstehen.
Denn für die - auch im Rahmen der Anwendung der Bestimmungen über
die Geschäftsführung ohne Auftrag (s. unter c) - entscheidungserhebliche
Frage, ob der Bekl. zur Weiterleitung bzw. Auskehrung der auf dem Anderkonto
eingezahlten Beträge befugt war, kommt es allein darauf an, welche
Treuhandabreden über die Verwendung dieses Geldes zwischen den Parteien
getroffen worden sind (vgl. auch Senat, NJW-RR 1988, 1299; BGHRBGBB §
675 - Rechtsanwalt 9). Dies ist auch der zutreffende rechtliche Ansatzpunkt
des BerGer.
b) Zuzustimmen ist dem BerGer. im Ergebnis auch
darin, daß die zwischen den Parteien getroffenen Abreden gem. §
138 I BGB nichtig sind.
Von Gesetzes wegen kann ein Volljähriger
als Kind angenommen werden, wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt ist;
insbesondere, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis
bereits entstanden ist (§ 1767 I BGB) oder die Entstehung eines solchen
Verhältnisses zu erwarten ist (§ 1767 II i.V. mit § 1741
I BGB). Zwischen dem Kl. und der adoptionswilligen Gräfin v. Y bestand
ein solches Verhältnis nicht und sollte auch nicht hergestellt werden.
Dem Kl. kam es nur auf den Erwerb eines "Adelstitels" an; die Gräfin
war allein am Erhalt des "Kaufpreises" interessiert.
Ein dergestalt "erkaufter" Adoptionsvertrag nach
§ 1741 S. 1 BGB a.F. war nach § 138 I BGB nichtig (BGHZ 35, 75
(80, 82) = NJW 1961, 1461). Allerdings ist durch das Adoptionsgesetz vom
2. 7. 1976 (BGBl I, 1749) das Vertragssystem durch das Dekretsystem abgelöst
worden; die Annahme als Kind wird nicht mehr durch Vertrag, sondern durch
gerichtlichen Ausspruch begründet (§ 1752 I BGB). Ein vormundschaftsgerichtlicher
Adoptions-Beschluß, der zur Erreichung gesetzesfremder Zwecke unter
Vorspiegelung eines Eltern-Kind-Verhältnisses erwirkt worden ist,
ist zwar nicht nichtig und gem. § 1771 i.V. mit § 1760 BGB auch
nicht ohne weiteres aufhebbar (BGHZ 103, 12 (16ff.) = NJW 1988, 1139 =
LM § 1767 BGB Nr. 2). Der Umstand, daß die Rechtsordnung im
Interesse der Allgemeinheit an Rechtssicherheit und der Bestandskraft gerichtlicher
Entscheidungen auch eine rechtsmißbräuchlich herbeigeführte
Kindesannahme als rechtsgültig anerkennt, ändert aber gleichwohl
nichts daran, daß rechtsgeschäftliche Abmachungen und Erklärungen,
die auf den "Kauf" eines Adelstitels abzielen, wegen Sittenverstoßes
nichtig sind (vgl. Mayer-Maly, in: MünchKomm, 3. Aufl., § 138
Rdnr. 60). Dies gilt nicht nur für Abreden, die zwischen den Adoptionswilligen
untereinander getroffen werden, sondern auch für einen Geschäftsbesorgungsvertrag,
bei dem - wie hier - der Geschäftsbesorger im eigenen finanziellen
Interesse verspricht, den Titel-Interessenten mit einem "verkaufswilligen"
Adligen zusammenzuführen und auf den Erlaß eines Kindesannahme-Beschlusses
durch das VormG hinzuwirken (vgl. Lieb, in: MünchKomm, 2. Aufl., §
817 Rdnr. 26). Ebenfalls sittenwidrig und damit gem. § 138 I BGB nichtig
ist die zwischen den Parteien zustandegekommene Treuhandvereinbarung, mit
der der "Fluß" der für den Titelkauf benötigten Gelder
in die Wege geleitet worden ist.
c) Im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH
ist das BerGer. der Auffassung, daß im Falle der Nichtigkeit eines
Rechtsgeschäfts wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches
Verbot oder gegen die guten Sitten auf die Vorschriften über die Geschäftsführung
ohne Auftrag zurückgegriffen werden kann. Der Umstand, daß sich
der Geschäftsführer zur Leistung verpflichtet hat bzw. für
verpflichtet hält, steht dem nicht entgegen (vgl. BGHZ 37, 258 (262f.)
= NJW 1962, 2010 = LM § 1 RechtsberatG Nr. 10; BGHZ 39, 87 (90) =
NJW 1963, 950 = LM § 817 BGB Nr. 18/19; BGHZ 101, 393 (399) = NJW
1988, 132 = LM § 313 BGB Nr. 117; BGH, NJW-RR 1993, 200 = LM H. 5/1993
§ 677 BGB Nr. 31; Senat, DtZ 1996, 345 = LM H. 11/1996 § 68 DDR-ZGB
Nr. 8).
Mit der Verwaltung und Weiterleitung der von dem
Kl. treuhänderisch zur Durchführung des "Adoptions-Geschäfts"
übermittelten Gelder erledigte der Bekl. ein Geschäft des Kl.
Er ist daher, was auch von der Revisionserwiderung im Ansatz nicht anders
gesehen wird, nach §§ 681 S. 2, 667 Alt. 1 BGB verpflichtet,
das ihm zur Verfügung gestellte Geld herauszugeben: zu den Gegenständen,
die der Beauftragte zur Ausführung des Auftrags erhalten hat, gehören
nicht nur solche, die von vornherein dafür vorgesehen sind, in Natur
zurückgegeben zu werden, sondern auch diejenigen (insbesondere Geld-)Mittel,
die dafür bestimmt waren, in Ausführung des Auftrags verbraucht
zu werden (Senat, NJW-RR 1991, 575; BGH, NJW 1991, 1884 = LM § 667
BGB Nr. 38). Sind diese Mittel beim Beauftragten noch vorhanden oder sind
sie tatsächlich nicht zu dem vorgesehenen Zweck verwendet worden,
muß er sie nach § 667 Alt. 1 BGB zurückgeben. Dabei trägt
der Beauftragte die Beweislast dafür, daß ein ihm zur Ausführung
des Auftrags zugewendeter Geldbetrag bestimmungsgemäß verwendet
worden ist (Senat, NJW-RR 1991, 575 m.w.Nachw. aus der Rechtsprechung).
Ist - wie hier - die der Geldzahlung zugrundeliegende
(Treuhand-)Vereinbarung nichtig, so kann, wenn der Auftraggeber nach §§
681 S. 2, 667 Alt. 1 BGB bereits verbrauchtes Geld herausverlangt, die
Frage, ob er die Weitergabe des Geldes gegen sich gelten lassen muß,
nur nach Maßgabe eben dieser nichtigen Abreden beurteilt werden.
Dies bedeutet nicht, daß die Rechtsordnung von ihr mißbilligten
Verträgen doch wieder Geltung verschafft - ein Anspruch auf oder eine
Pflicht zur Durchführung des nichtigen Auftrags bestand bzw. besteht
keinesfalls -, sondern führt nur zu einer angemessenen Risikoverteilung
unter den Parteien des nichtigen Auftrags- bzw. Geschäftsbesorgungsvertrags
bei der internen "Abwicklung" des Geschäfts, die zu verhindern auch
bei gesetzes- oder sittenwidrigen Geschäften kein Bedürfnis besteht
(vgl. auch BGH, WM 1967, 1217 (1218)).
2. Das BerGer. ist der Auffassung, daß der
Bekl., abgesehen von dem von ihm selbst vereinnahmten Betrag von 36000
DM, die ihm übermittelten 175000 DM bestimmungsgemäß verwendet
hat. Es hat hierzu ausgeführt:
Spätestens nach Erhalt des ersten Schecks
habe der Bekl. dem Kl. gegenüber mit Schreiben vom 17. 11. 1992 klargestellt,
daß das Geld nicht "bis zum Ende der Angelegenheit" auf dem Anwaltstreuhandkonto
verbleiben könne; es bedürfe vielmehr in einer solchen Angelegenheit
immer eines Vorschusses und niemand, "weder die von mir beauftragte Anwaltskanzlei,
noch die Gräfin selbst, geschweige denn das Gericht" würde irgend
etwas tun, ohne vorher Geld erhalten zu haben. Das Antwortschreiben des
Kl. vom 20. 11. 1992, es käme ihm "lediglich" darauf an, daß
"die Rückzahlung gesichert ist, wenn das Projekt scheitern sollte",
sei dahin auszulegen, daß der Bekl. befugt gewesen sei, die überlassenen
Gelder auch auszuzahlen; denn eine gesicherte Rückzahlung setzte vom
Ablauf her voraus, daß die Zahlung zunächst einmal geflossen
sei. Hätte der Kl. dies nicht gewollt, hätte er dies eindeutig
klarstellen müssen. Angesichts der Sittenwidrigkeit aller getroffenen
Abreden habe der Kl. nur eine faktische, keine rechtliche Sicherheit erwarten
können. Daß aber der Bekl. und seine Hintermänner zur Rückzahlung
nicht in der Lage seien, habe der Kl. nicht behauptet. Die vertragliche
Bedingung dafür, daß die bestimmungsgemäß geflossenen
Gelder zurückzuzahlen seien, sei im übrigen nicht eingetreten.
Der Kl. habe mit dem Bekl. eine zwar sittenwidrige, aber als verbindlich
gedachte Abmachung getroffen, bei der eine völlig freie Widerrufsmöglichkeit
für den Kl. nicht vereinbart worden sei.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen
Nachprüfung nicht stand.
a) Dem Schriftwechsel der Parteien läßt
sich mit hinreichender Deutlichkeit nur entnehmen, daß der Kl. mit
gewissen "Vorschußzahlungen" an bestimmte Personen bzw. Institutionen
(an die vom Bekl. eingeschaltete Anwaltskanzlei, die Gräfin v.Y, das
Gericht) einverstanden war; eine Zustimmung zu einer sofortigen und vollständigen
Auszahlung der Gesamtsumme in der Weise, wie sie im Falle eines erfolgreichen
Abschlusses des "Adoptionsgeschäfts" hätte vorgenommen werden
sollen bzw. dürfen, läßt sich, wie die Revision zu Recht
rügt, schon mit dem Wortlaut des Schriftwechsels kaum vereinbaren.
Die Auslegung des BerGer. beachtet nicht ausreichend das "Sicherungsinteresse"
des Kl., das zu wahren der Kl. den Bekl. nachdrücklich aufgefordert
hatte.
Hält man die Vorgehensweise des Bekl. mit
dem BerGer. für abredegemäß, so bestand die "faktische
Sicherung" des Kl. allein darin, daß die Hintermänner des Bekl.
diesem versprochen hatten, im Falle eines (nicht von ihnen zu vertretenden)
Scheiterns des Projekts die erhaltenen Gelder zurückzuzahlen. Bei
einer solchen Handhabung war der Kl. im "Rückzahlungsfalle" angesichts
der Sittenwidrigkeit aller getroffenen Abreden und der Tatsache, daß
diejenigen, denen die ausgekehrten Beträge letztlich wirtschaftlich
zugute kommen sollten, nicht zur Rückzahlung, und zwar auch nicht
aus Bereicherungsrecht (vgl. § 817 S. 2 BGB), verpflichtet sind (vgl.
BGH, NJW 1994, 187 = LM H. 3/1994 § 138 (Cg) BGB Nr. 5; NJW-RR 1994,
291 (293) = LM H. 7/1994 § 35 GmbHG Nr. 31), auf das Wohlwollen der
Zahlungsempfänger angewiesen. Aufgrund der Auslegung des BerGer. ist
somit der Kl. im Ergebnis genauso rechtlos gestellt wie er gestanden hätte,
wenn er ohne die Einschaltung des Bekl. den Gesamtbetrag sofort und unmittelbar
an den Titelhändler Wbzw. den Vermittler Z gezahlt hätte. Die
Einschaltung eines Treuhänders nebst Errichtung eines besonderen Treuhandkontos
- die über die Anwendbarkeit der §§ 677ff. BGB eine rechtliche
und nicht bloß faktische Absicherung des Treugebers zur Folge hat,
die auch im Falle der Einschaltung weiterer, möglicherweise
beidseitig gebundener "Zwischen-Treuhänder" (hier: der vom Beklagten
eingeschalteten Anwaltskanzlei) erhalten bleibt - machte bei einem solchen
Verständnis der Parteiabreden keinen Sinn.
Bei dieser Interessenlage kann keine Rede davon
sein, daß der Bekl. die möglicherweise unklaren und mißverständlichen
Äußerungen des Kl. im Zweifel dahin verstehen durfte, diesen
durch Auszahlung der Gesamtsumme an den Titelhändler W - von dessen
Einschaltung der Kl. erst später erfahren hat - und den Vermittler
Z völlig rechtlos zu stellen.
b) Rechtsfehlerhaft ist auch die Erwägung
des BerGer., weil der Kl. das Scheitern des "Adoptions-Geschäfts"
selbst herbeigeführt habe, habe er keinen Anspruch auf Rückzahlung
der dem Bekl. überlassenen Gelder, da keine "völlig freie Widerrufsmöglichkeit"
vereinbart worden sei.
Daß das "Gesamthonorar" von 175000 DM, das
der Gräfin v. Y und den eingeschalteten Vermittlern und Untervermittlern
zugute kommen sollte, erfolgs- und nicht tätigkeitsbezogen ist, versteht
sich von selbst und wird vom BerGer. im Ansatz genauso gesehen. Der als
verbindlich gedachte Vermittlungsvertrag besagt daher zunächst nur,
daß mit dem Zustandekommen des "Haupt-Geschäfts", auf das sich
der Vermittlungsauftrag bezieht, die vereinbarte Vergütung zu zahlen
ist. Demgegenüber folgt - was das BerGer. verkannt hat - aus der Verbindlichkeit
eines "Vermittlungsgeschäfts" nicht ohne weiteres, daß die Entschließungsfreiheit
des Auftraggebers, die vermittelte "Abschluß-Gelegenheit" zu nutzen,
mit Rücksicht auf das Provisionsinteresse des Vermittlers eingeschränkt
wäre. Dies ist selbst beim Makleralleinauftrag, der den Makler zum
Tätigwerden verpflichtet, nicht der Fall; auch hier bleibt die Entschließungsfreiheit
des Auftraggebers unangetastet (vgl. nur Staudinger/Reuter, BGB, 13. Aufl.,
Vorb. §§ 652ff. Rdnr. 10). Danach hätte sich die Weigerung
des Kl., sich von der Gräfin v. Y - aus welchen Gründen auch
immer - adoptieren zu lassen, auf die Rechtsbeziehungen der Parteien, insbesondere
die Befugnis des Bekl., die an ihn zu treuen Händen gezahlten Gelder
weiterzuleiten, nur dann auswirken können, wenn die Parteien ausdrücklich
vereinbart hätten, daß der Kl. bereits für das bloße
Bemühen bzw. die Beschaffung der "Adoptions-Gelegenheit" die vereinbarte
"Gesamtsumme" oder auch nur einen Teil dieses Betrages zu zahlen habe.
Das hat das BerGer. nicht festgestellt.
3. Die Auslegung des Schriftwechsels der Parteien
durch das BerGer. erweist sich somit als rechtsfehlerhaft. Die vom BerGer.
ausgesprochene Abweisung der Klage kann demnach nicht bestehenbleiben.
Das BerGer. wird die Abreden der Parteien unter Berücksichtigung der
Rechtsauffassung des Senats erneut auszulegen und weitere Feststellungen
- gegebenenfalls nach einer vom Bekl. in der Berufungsbegründungsschrift
beantragten Parteivernehmung des Kl. - zu treffen haben. Dabei wird insbesondere
zu prüfen sein, ob der Bekl. auch zu Vorschußzahlungen an solche
Personen ("Hintermänner") befugt war, die dem Kl. nicht benannt worden
waren, und ob und gegebenenfalls welche "Sicherungsmaßnahmen" - etwa
Einschaltungen eines weiteren "Zwischen-Treuhänders" - dabei einzuhalten
waren.
II. Zur Anschlußrevision des Bekl.
1. Das BerGer. spricht dem Kl. einen Anspruch
auf Zahlung des vom Bekl. selbst vereinnahmten Betrags in Höhe von
36000 DM zu, weil die zwischen dem Titelhändler W und dem Bekl. getroffene
Honorarvereinbarung (Verrechnungsabrede) sittenwidrig und deshalb unwirksam
sei und daher dieses Geld noch als beim Bekl. verbliebenes "Treuhandgeld"
angesehen werden müsse. Diese Ausführungen halten der rechtlichen
Nachprüfung ebenfalls nicht stand.
Der Bekl. sollte für seine Bemühungen
unstreitig eine Vergütung erhalten, die aus dem "Gesamtaufwand" von
175000 DM bestritten werden sollte und daher wirtschaftlich in vollem Umfange
vom Kl. aufzubringen war. Es versteht sich daher, daß der Bekl. bei
erfolgreicher Durchführung des "Adoptions-Geschäfts" seinen Entgeltanteil
vom Treuhandkonto auf ein Geschäftskonto hätte umbuchen dürfen.
Ob und in welchem Umfange er das schon vor der Erledigung des Auftrags
tun durfte - wobei es schwerlich von Bedeutung sein kann, ob der Bekl.
diese "Umbuchung" als Vergütung des Kl. oder als Vergütung des
Titelhändlers W deklariert -, bestimmt sich allein nach den von den
Parteien getroffenen Treuhandabreden. Wenn und soweit danach die vom Bekl.
vorgenommene Umbuchung absprachegemäß erfolgt sein sollte, so
ist darin ein bestimmungsgemäßer Verbrauch des Treuguts zu eigenen
(Entgelt-)Zwecken des Treuhänders zu sehen, so daß ein Herausgabeanspruch
nach §§ 681 S. 2, 667 Alt. 1 BGB nicht mehr in Betracht kommt.
Die Nichtigkeit der getroffenen Vereinbarungen und insbesondere der Vergütungsabreden
ändert daran - entgegen der Auffassung des BerGer. - nichts (vgl.
die Ausführung zu I 1c).
Das Berufungsurteil ist demnach auch insoweit,
als es den Bekl. zur Zahlung verurteilt hat, aufzuheben. Die Auslegung
der Treuhandabrede unter dem Aspekt der "Vergütungsmodalitäten"
des Bekl. ist - unter Berücksichtigung der auch insoweit zu beachtenden,
unter I 2 dargelegten Rechtsauffassung des Senats - nachzuholen. Dabei
wird das BerGer. zu beachten haben, daß der Kl. für den Fall,
daß der Bekl. den für ihn vorgesehenen Entgeltanteil bzw. Entgeltvorschuß
vor Durchführung des "Adoptions-Geschäfts" aus Treuhandmitteln
hätte entnehmen sollen oder können, einen entsprechenden Hinweis
erwarten durfte.
Für die erneute Verhandlung weist der Senat
auf folgendes hin: Sollte sich ergeben, daß der Bekl. zu der Umbuchung
nicht befugt war, kann der Kl. Herausgabe der 36000 DM nach §§
681 S. 2, 667 Alt. 1 BGB verlangen; ein - gegebenenfalls aufrechenbarer
- Vergütungsanspruch steht dem Bekl. in keinem Falle zu, auch nicht
in Gestalt eines Aufwendungsersatzanspruchs nach §§ 683 S. 1,
670 BGB. Der Bekl. ist zur Besorgung eines von der Rechtsordnung mißbilligten
Geschäfts tätig geworden, so daß er seine Aufwendungen
nicht "den Umständen nach für erforderlich halten" durfte (vgl.
nur Senat, BGHZ 118, 142 (150) = NJW 1992, 2021 = LM H. 10/1992 §
318 HGB Nr. 2).
Wenn die Umbuchung der 36000 DM auf das Geschäftskonto
des Bekl. von der Treuhandabrede gedeckt gewesen sein sollte, scheidet
ein solcher Herausgabeanspruch aus. Das ändert freilich nichts daran,
daß der Bekl. wegen der Nichtigkeit der abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsverträge
nach § 138 I BGB diesen Betrag ohne Rechtsgrund erlangt hat. Es kommt
daher (allenfalls) ein Bereicherungsanspruch nach § 812 I 1 und §
817 S. 1 BGB in Betracht, dem jedoch § 817 S. 2 BGB entgegenstehen
dürfte (vgl.BGH, NJW 1994, 187 = LM H. 3/1994 § 138 (Cg) BGB
Nr. 5).
2. Das BerGer. hat die Berufung des Bekl., soweit
sie sich gegen die Verurteilung zur Herausgabe von Unterlagen richtet,
als unzulässig zurückgewiesen, weil es insoweit an einer Begründung
fehle. Auch hiergegen wendet sich die Anschlußrevision mit Erfolg.
Legt eine Partei gegen ein Urteil Berufung ein, das der obsiegenden Partei
mehrere verschiedene Ansprüche - Zahlungsanspruch, Herausgabeanspruch
- zugesprochen hat, so muß die Berufungsbegründung, wenn das
erstinstanzliche Urteil - wie hier - insgesamt angegriffen wird, grundsätzlich
auch alle tragenden Erwägungen beanstanden, mit denen im angefochtenen
Urteil die einzelnen Ansprüche begründet worden sind. Die Berufungsbegründung
des Bekl. geht zwar auf den Herausgabeanspruch nicht besonders ein. Das
LG hat jedoch in seiner Urteilsbegründung diesen Anspruch nur mit
einem knappen Hinweis auf §§ 681 S. 2, 667 Alt. 2 BGB bejaht,
nachdem es zuvor bei seinen Ausführungen zu dem aus seiner Sicht aus
§§ 681 S. 2, 667 Alt. 1 BGB begründeten Zahlungsbegehren
auf die Frage der Anwendbarkeit der §§ 677ff. BGB näher
eingegangen ist. In der Berufungsbegründung wendet sich der Bekl.
gegen die Anwendbarkeit der §§ 677ff. BGB insgesamt und macht
geltend, daß die Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten
Bereicherung vorrangige spezielle Regelungen enthielten. Da somit die Berufungsbegründung
den in dem angefochtenen Urteil sowohl für die Begründung
des Zahlungs- als auch des Herausgabebegehrens [Herausgabebegehrens] tragenden
rechtlichen Gesichtspunkt - Anwendbarkeit der §§ 677ff. BGB -
im Ganzen angreift, wird sie den Anforderungen des § 519 III Nr. 2
ZPO auch bezüglich der Verurteilung zur Herausgabe (noch) gerecht
(vgl.BGH, NJW 1994, 2289 (2290f.) = LM H. 7/1994 § 826 (B) BGB Nr.
14).
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