Vertrag mit Schutzwirkung für
Dritte und Schutzbedürftigkeit des Dritten ("Nitrierofen-Fall")
BGH, Urteil v. 02.07.1996 - X ZR 104/94
(Düsseldorf)
Fundstellen:
BGHZ 133, 168 NJW 1996, 2927 JZ 1997, 358 mit Anm. W. Lorenz LM H. 12/1996 § 157 (C) BGB Nr. 49 BB 1996, 2009 DB 1996, 2224 WM 1996, 1739 ZIP 1996, 1664
Schließen mehrere Auftraggeber mit einem
Werkunternehmer unabhängig voneinander, aber gleich abzuwickelnde
Werkverträge ab (hier: Einbringen von Nitriergut verschiedener Auftraggeber
in denselben Ofen), scheidet die Annahme eines Vertrages mit Schutzpflichten
zugunsten Dritter bezüglich der anderen Auftraggeber regelmäßig
aus, es sei denn, es bestünden zwischen dem jeweiligen Auftraggeber
und dem Werkunternehmer besondere vertragliche Vereinbarungen zugunsten
anderer Auftraggeber.
Zum Sachverhalt:
Die Firma G in R., die selbst nicht am Rechtsstreit
beteiligt ist, befaßt sich mit dem Härten von Werkstücken
aus Stahl und anderen Metallen. Die Härtung erfolgt in einem sogenannten
Nitrierofen. Im Innern des Nitrierofens befindet sich ein zylindrischer
Behälter (Retorte), der mit den Werkstücken, dem sogenannten
Nitriergut, gefüllt und bei einer Nitriertemperatur von 515 °
C betrieben wird. Die Parteien dieses Rechtsstreits waren jeweils Kunden
der Firma G. Eines Tages befand sich Nitriergut der Parteien gemeinsam
im Nitrierofen der Firma G. Geraume Zeit nach Beginn des Nitriervorganges
kam es zu einer Explosion, bei der wesentliche Teile des Nitrierofens im
Gewicht von mehreren Tonnen durch die Luft flogen und die Werkhalle der
Firma G erheblich beschädigt wurde. Die Kl. hat geltend gemacht, das
von der Bekl. zum Nitrieren übergebene Nitriergut habe nicht den Vorschriften
der Firma G entsprochen, weil die geschlossenen Hohlkörper der von
der Bekl. gelieferten Walzen Flüssigkeit enthalten hätten. Durch
die hierdurch im Nitrierofen verursachte Explosion seien vier im Ofen befindliche
Kegelradkränze der Kl. zerstört worden. Als Schaden macht die
Kl. insoweit einen Betrag von 142162 DM geltend.
Das LG hat der Klage antragsgemäß in
vollem Umfang entsprochen und den zuerkannten Schadensersatzanspruch auf
§ 823 I BGB gestützt. Auf die Berufung der Bekl. hat das OLG
mit dem angefochtenen Urteil die Auffassung des LG dem Grunde nach bestätigt,
sich aber gehindert gesehen, ohne Beweiserhebung über die Höhe
des der Kl. entstandenen Schadens zu befinden. Im Gegensatz zum LG hat
das OLG nach den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten
Dritter entschieden. Die Revision der Bekl. führte zur Aufhebung des
Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das BerGer.
Aus den Gründen:
I. Nach Auffassung des BerGer. enthielt das Vertragsverhältnis
zwischen der Bekl. und der Firma G Schutzpflichten zugunsten Dritter. Das
BerGer. ist der Ansicht, die Bekl. habe die ihr obliegende vertragliche
Nebenpflicht, die zur Weiterbearbeitung bestimmten Walzen jeweils mit trockenen
Hohlräumen der Firma G zu übergeben, verletzt. Die Werkstücke
hätten sich in einem Zustand befinden müssen, der gewährleistete,
daß die Rechtsgüter sowohl der Firma G als auch der anderen
Kunden, zu denen die Kl. gehöre, durch die mit der Nitrierung verbundene
Erhitzung nicht zu Schaden kämen. Für die Bekl. sei offensichtlich
gewesen, daß in dem Nitrierofen der Firma G Werkstücke verschiedener
Auftraggeber behandelt würden. Ferner sei bekannt gewesen, daß
die zu härtenden Hohlwalzen trocken, fettfrei und sauber angeliefert
werden mußten. Das hätten die in erster Instanz vernommenen
Zeugen S und W eindeutig bestätigt.
Das BerGer. nimmt ferner an, durch die von der
Walze der Bekl. ausgelöste Explosion seien auch die im Nitrierofen
befindlichen Kegelrandkränze der Kl. beschädigt worden. Das ergebe
sich aus der gutachterlichen Stellungnahme des TÜV Rheinland. Angesichts
des Ausmaßes der Explosion sei sicher, daß die Kegelradkränze
Schaden genommen hätten. Der genaue Umfang des Schadens könne
indessen erst durch eine Beweisaufnahme geklärt werden.
II. 1. Das Berufungsurteil kann schon deshalb
in der Sache keinen Bestand haben, weil die Haftung der Bekl. nicht auf
einen Vertrag zwischen der Bekl. und der Firma G mit Schutzpflichten zugunsten
der Kl. gestützt werden kann. a) In Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt,
daß auch Dritte, an einem Vertrag nicht unmittelbar beteiligte Personen
in den Schutzbereich eines Vertrages einbezogen werden können. Ihnen
gegenüber ist der Schuldner dann zwar nicht zur Leistung, wohl aber
unter Umständen zum Schadensersatz verpflichtet.
Das RG hat schon früh in seiner Rechtsprechung
in Anwendung von § 328 BGB geschädigten Dritten bei derartigen
Sachverhaltsgestaltungen vertragliche Schadensersatzansprüche zugebilligt.
So wurde beispielsweise den Familienangehörigen oder den Hausangestellten
eines Mieters, die durch ein Verschulden eines Handwerkers, den der Hauseigentümer
und Vermieter mit einer Reparatur an dem Haus betraut hatte, einen Schaden
erlitten, im Rahmen des Werkvertrages ein vertraglicher Schadensersatzanspruch
zugunsten dieser Personen gewährt (vgl. hierzu etwa RGZ91, 21 (24);
102, 231f.; 127, 218 (222); 160, 153ff. (155)). Des weiteren hat das RG
Schadensersatzansprüche etwa bei Personenbeförderungsverträgen
den beförderten Personen zugestanden, die den Beförderungsvertrag
nicht selbst abgeschlossen hatten (hierzu etwa RGZ 87, 64 (65); 87, 289
(292)). Auch das Kind, für das die Eltern einen ärztlichen Behandlungsvertrag
abgeschlossen haben, sollte bei Behandlungsfehlern einen unmittelbaren
Schadensersatzanspruch geltend machen können (vgl. hierzuRGZ 85, 183;
152, 175f.); das gleiche gilt für das Mitglied einer Krankenkasse,
für das diese den Behandlungsvertrag abgeschlossen hat (hierzu nunmehr
BGH, NJW 1992, 2962 = LM H. 5/1993 § 823 (Aa) BGB Nr. 41). Der BGH
hat diese Rechtsprechung fortgesetzt und ebenfalls im Wege der ergänzenden
Vertragsauslegung Schutzpflichten zugunsten Dritter begründet
(für Personenbeförderung s. BGHZ 24, 325 = NJW 1957, 1187 = LM
§ 254 (Ea) BGB Nr. 5 = VersR 1957, 455; BGH, LM § 328 BGB Nr.
18a = VersR 1960, 153 (155f.); für den Mietvertrag s. BGHZ5, 378 (384)
= NJW 1952, 1050 = LM § 823 (Dc) BGB Nr. 1; für Dienst- und Werkvertrag
etwa BGH, NJW 1954, 874 = LM § 328 BGB Nr. 6; für die Krankenbehandlung
BGHZ 1, 383 (386) = NJW 1951, 798 = LM § 328 BGB Nr. 2).
Die Rechtsprechung des RG und die frühe Rechtsprechung
des BGH ist dadurch gekennzeichnet, daß den beurteilten Sachverhaltsgestaltungen
nur Personenschäden zugrunde lagen. Maßgebliche Stimmen in der
Literatur sehen darin lediglich einen dogmengeschichtlichen Zufall (beispielhaft
etwa Lorenz, JZ 1966, 143; Staudinger/Jagmann, BGB, 13. Aufl. (1995), Vorb.
§§ 328ff. Rdnr. 96). Die Rechtssicherheit und das auch schützenswerte
Interesse des Schuldners, für den das Risiko der von ihm eingegangenen
vertraglichen Verpflichtungen überschaubar und kalkulierbar bleiben
muß, geboten es, den Kreis der zu schützenden Personen einzugrenzen.
Dies geschah dadurch, daß ein Dritter in den Schutzbereich eines
Vertrages nur dann einbezogen werden konnte, wenn sich Schutz- und Fürsorgepflichten
aufgrund vertraglicher Vereinbarungen nach dessen Zweck nicht nur auf den
Gläubiger als Vertragspartner beschränkten, sondern auch zwangsläufig
Dritte erfaßten. Das wird an den genannten Sachverhaltsgestaltungen
sinnfällig; denn dem Schuldner ist hier ohne weiteres einsichtig,
daß seinem Vertragspartner gegenüber Dritten eine gesteigerte
Fürsorgepflicht obliegt, ihm gleichsam deren "Wohl und Wehe" anvertraut
ist. Auf dieser Grundlage wurden vor allem Familienangehörige und
Arbeitnehmer des Gläubigers geschützt.
Die Rechtsprechung ist hierbei nicht stehengeblieben.
Die Einbeziehung dritter Personen in vertragliche Beziehungen, an denen
sie selbst nicht teilhaben, ist auf Vermögensschäden ausgedehnt
worden. Diese Entwicklung wurde mit einer Entscheidung des BGH aus dem
Jahre 1965 eingeleitet (NJW 1965, 1955 = LM § 328 BGB Nr. 29 = JZ
1966, 141 m. Anm. Lorenz). Sie betraf eine unmittelbare Haftung eines Rechtsanwalts
wegen schuldhafter Säumnis gegenüber der Tochter des Erblassers
aus einer Vereinbarung, in der der Rechtsanwalt sich gegenüber dem
Erblasser zur Mitwirkung bei der testamentarischen Erbeinsetzung der Tochter
als Alleinerbin verpflichtet hatte. Der BGH ließ sich in jener Entscheidung
von der Annahme rechtsgeschäftlicher Sorgfaltspflichten des Rechtsanwalts
gegenüber der Tochter aus dem Sinn und Zweck des Vertrages und den
Grundsätzen von Treu und Glauben leiten. In jener Entscheidung stand
noch ein Schutz- und Fürsorgeverhältnis zwischen den geschützten
Dritten und dem Gläubiger im Vordergrund. Der BGH hat in der Folgezeit
auf dieses Erfordernis verzichtet und lediglich nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen
geprüft, ob die Vertragsparteien den Willen hatten, zugunsten eines
Dritten eine Schutzpflicht zu begründen (vgl. etwa BGH, NJW 1984,
355 = LM § 328 BGB Nr. 75). Auf dieser Entwicklungslinie hat sich eine Berufshaftung
für Rechtsanwälte, Sachverständige, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
herausgebildet. Es handelt sich hier um Berufsgruppen, die über eine
besondere, vom Staat anerkannte Sachkunde verfügen und deren Vertragsleistungen
von vornherein erkennbar zum Gebrauch gegenüber einem Dritten bestimmt
sind und nach dem Willen des Auftraggebers mit einer entsprechenden Beweiskraft
ausgestattet sein sollen, so etwa ganz deutlich bei einer Bilanz oder einem
Sachverständigengutachten, die nicht für das Innenverhältnis
zwischen Auftraggeber und Sachverständigem oder Steuerberater und
Wirtschaftsprüfer bestimmt sind (Einzelheiten hierzu etwa beiStaudinger/Jagmann,
Vorb. §§ 328ff. Rdnr. 98; ausf. Gottwald,in: MünchKomm,
3. Aufl. (1994), § 328 Rdnrn. 107ff.; Soergel/Hadding, BGB, 12. Aufl.
(1990), Anh. zu § 328 Rdnrn. 28ff.; Erman/Westermann, BGB, 9. Aufl.,
§ 328 Rdnr. 37; zuletzt aus der Rspr. des BGH etwa BGHZ 126, 261 =
NJW 1994, 2483 = LM H. 12/1994 Art. 9 WG Nr. 1; BGHZ 127, 378 = NJW 1995,
392 = LM H. 3/1995 § 328 BGB Nr. 91; BGHZ 128, 54 (62) = NJW 1995,
589 = LM H. 5/1995 § 315 BGB Nr. 51).
b) Schon früh wurde zunächst auch deutliche
Kritik an der letztlich richterlichen Rechtsfortbildung geübt (beispielhaft
etwa Larenz, SchuldR I, 1960, § 16 III, S. 163). Allgemein wurde trotz
allmählicher Anerkennung jedenfalls gewarnt, vertragliche Schutzpflichten
zugunsten Dritter zu weit auszudehnen (beispielhaft wiederum Larenz, S.
164; ders., SchuldR I, 13. Aufl. (1982), § 17 II, S. 208ff.). Der
Kreis der in den Schutz eines Vertrages einbezogenen Dritten ist unter
Beachtung einer sachgerechten Abwägung der Interessen der Beteiligten
dahin zu begrenzen, daß der Dritte bestimmungsgemäß mit
der Hauptleistung in Berührung kommt. Dies entspricht der herrschenden
Meinung in Literatur und Rechtsprechung, wenn auch in der Terminologie
- nicht aber in der Sache - Nuancen bestehen (vgl. statt aller die Nachw.
aus Lit. und Rspr. bei Staudinger/Jagmann, Vorb. §§ 328ff. Rdnrn.
103ff.). Auch die danach geforderte Leistungsnähe des Dritten reichtallein
nicht aus. Es muß ein schutzwürdiges Interesse des Gläubigers
an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Vertrages hinzutreten.
Das wird an den bisher entschiedenen Sachverhaltsgestaltungen deutlich;
denn es ist beispielsweise den Belangen des Mieters nicht Genüge getan,
wenn seine Familienangehörigen und Hausangestellten nicht mit
in die vertraglich begründeten Schutzpflichten einbezogen werden.
Das gilt genauso für den Schutzbereich eines Kaufvertrages, wenn ein
Kind, das den Käufer begleitet, nicht einbezogen würde (z.B.
BGHZ 66, 51 = NJW 1976, 712 = LM § 328 BGB Nr. 52). Den Interessen
des Schuldners, also etwa des Vermieters oder des Geschäftsinhabers,
wird dadurch Rechnung getragen, daß die Einbeziehung Dritter und
die damit für ihn verbundene Haftungserweiterung erkennbar sein muß.
Hierauf hat die Rechtsprechung immer hingewiesen und Zustimmung in der
Literatur gefunden (etwa BGHZ 49, 350 (354) = NJW 1968, 885 = LM §
538 BGB Nr. 11; BGHZ 51, 91 (96) = NJW 1969, 269 = LM § 823 (J) BGB
Nr. 22; Soergel/Hadding, Anh. § 328 Rdnr. 17; Gottwald, in: MünchKomm,
§ 328 Rdnr. 91; Staudinger/Jagmann, Vorb. §§ 328ff. Rdnr.
107; Larenz, SchuldR I, 1982, § 17 II, S. 210).
Eine Einbeziehung des Dritten ist nach der Rechtsprechung
des BGH und der überwiegenden Meinung in der Literatur abzulehnen,
wenn ein Schutzbedürfnis des Dritten nicht besteht. Sie ist im allgemeinen
dann zu verneinen, wenn dem Dritten eigene vertragliche Ansprüche
- gleich gegen wen - zustehen, die denselben oder zumindest einen gleichwertigen
Inhalt haben wie diejenigen Ansprüche, die ihm über eine Einbeziehung
in den Schutzbereich eines Vertrages zukämen. Der BGH hat diesen Grundsatz
inBGHZ 70, 327 (330) = NJW 1978, 883 = LM § 538 BGB Nr. 27 bei der
Beurteilung der Frage formuliert, ob der Untermieter in den Schutzbereich
des (Haupt-)Mietvertrages einbezogen sei. Er hat die Frage verneint. Dem
Untermieter stehen deshalb vertragliche Schadensersatzansprüche aus
§ 538 BGB unmittelbar gegen den (Haupt-)Vermieter nicht zu. Der BGH
hat insoweit Schutzwirkungen des Mietvertrages zwischen Vermieter und (Haupt-)Mieter
zugunsten des Untermieters verneint. Es bestehe weder Raum noch gar ein
Bedürfnis hierfür, wenn der Geschädigte seinerseits eigene
vertragliche Ansprüche desselben Inhalts, wenn auch gegen einen anderen
Schuldner, habe wie diejenigen, die er auf dem Weg über die Einbeziehung
in den Schutzbereich eines zwischen anderen geschlossenen Vertrages durchsetzen
wolle. In einem solchen Falle Ansprüche aus dem Gesichtspunkt des
Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter zu gewähren, würde
auch
gegen das von der Rechtsprechung stets hervorgehobene Anliegen verstoßen,
eine uferlose Ausdehnung des Kreises der in den Schutzbereich fallenden
Personen zu vermeiden (so schon etwa BGHZ 49, 350 (354) = NJW 1968, 885
= LM § 538 BGB Nr. 11; BGHZ 61, 227 (234) = NJW 1973, 2059 = LM §
538 BGB Nrn. 17/18/19).
2. Das Berufungsurteil setzt sich mit diesen Grundlagen
einer Anerkennung eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter nicht
auseinander. Die von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Kriterien, unter
denen Dritte in einen Werkvertrag - oder überhaupt in einen schuldrechtlichen
Vertrag -, dessen Vertragspartner sie selbst nicht sind, einbezogen werden
dürfen, sind vorliegend nach den vom BerGer. getroffenen Feststellungen
ersichtlich nicht gegeben.
a) Das BerGer. hat ausgeführt, die Bekl.
habe eine vertragliche Nebenpflicht für den Zustand, in dem sie das
Nitriergut anliefern müsse, übernommen. Diese Auslegung der vertraglichen
Beziehungen zwischen der Firma G und der Bekl. mag als solche nicht zu
beanstanden sein. Für die Begründung von Schutzpflichten auch
zugunsten weiterer Kunden der Firma G läßt sich daraus wenig
ableiten. Insoweit ist schon nicht zu erkennen, worauf sich die Annahme
des BerGer. stützt, für die Bekl. sei offensichtlich gewesen,
daß in dem Nitrierofen der Firma G Werkstücke verschiedener
Auftraggeber behandelt würden. Die Annahme eines Vertrages mit Schutzwirkung
zugunsten Dritter liegt aber selbst unter Zugrundelegung der Auffassung
des BerGer. fern. Das BerGer. nimmt einerseits an, der Bekl. sei "damit"
bekannt gewesen, daß die genannten Sicherheitsanforderungen (geschlossene
Hohlkörper müssen innen unbedingt absolut trocken, fettfrei und
sauber sein) erfüllt sein müßten, um Schaden von den eigenen
Werkstücken und auch von den Sachen Dritter abzuwenden. Andererseits
hat die Bekl. geltend gemacht, ihr gegenüber habe sich die Firma G
verpflichtet, selbst sicherzustellen, daß die Hohlräume der
Walzen vor Beginn der Behandlung im Nitrierofen entleert worden seien und
daß die vorhandenen Bohrlöcher offen gewesen seien. Darüber
müßte das BerGer., das diese Darstellung der Bekl. als bestritten
bezeichnet, Beweis erheben, um hierüber näheren Aufschluß
zu erhalten. Denn die Annahme des BerGer. ist mit dem Sachvortrag der Bekl.
unvereinbar. Die Firma G kann die Pflicht zur Gewährleistung ordnungsgemäßer
Beschaffenheit des Nitriergutes nicht zugleich der Bekl. übertragen
und selbst übernommen haben. Es wirkt gekünstelt und könnte
allenfalls bei einem unzweideutigen übereinstimmenden Willen
der Vertragsparteien gerechtfertigt sein, wenn das BerGer. annimmt, die
Firma G sei dann eben Erfüllungsgehilfin der Bekl. zur Erfüllung
der dieser von ihr selbst auferlegten Verpflichtung gewesen.
b) Aufgrund des vom BerGer. festgestellten und
revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Sachverhalts läßt
sich aber schon jetzt beurteilen, daß entscheidende Kriterien fehlen,
die in der Rechtsprechung des BGH für die Bejahung eines Vertrages
mit Schutzwirkung zugunsten Dritter aufgrund einer bestimmten Sachverhaltsgestaltung
gefordert werden.
Nach den vom BerGer. getroffenen Feststellungen
hatten Kl. und Bekl. selbständige und voneinander unabhängige
Werkverträge mit der Firma G geschlossen, deren Inhalt es war, daß
die Firma G angeliefertes Gut von Kl. und Bekl. in ihrem Nitrierofen härte.
Die Hauptleistung der Firma G bestand sonach in der Herstellung des versprochenen
Werkes, und die Hauptleistung der Bekl. als Besteller bestand darin, die
vereinbarte Vergütung zu entrichten (§ 631 I BGB). Es bedarf
keiner weiterer tatsächlicher Feststellungen des BerGer. insoweit;
denn es ist offensichtlich, daß die Kl. mit der Hauptleistung der
Bekl., die in der Zahlung des vereinbarten Werklohns liegt, nicht in Berührung
kommt. Damit fehlt die von der Rechtsprechung zur sachgerechten Abgrenzung
des geschützten Personenkreises geforderte ausreichende Leistungsnähe.
Nach dem bisher festgestellten oder behaupteten Sachverhalt ist auch kein
Anhaltspunkt dafür erkennbar, daß die Kl. - oder andere Auftraggeber
der Firma G - gleichwohl in den Vertrag zwischen der Bekl. und der Firma
G einbezogen werden sollten (vgl. zu dieser Möglichkeit aus der neueren
Rechtsprechung des BGH, NJW 1995, 1739 (1747 1. Sp. unter B I) = LM H.
8/1995 § 53a AktG 1965 Nr. 2).
Es besteht zudem nach den vom BerGer. getroffenen
Feststellungen überhaupt kein Schutzbedürfnis der Kl., diese
in den Schutzbereich des Vertrages zwischen der Bekl. und der Firma Geinzubeziehen.
Dieses von der Rechtsprechung zur Vermeidung einer unangemessenen Ausweitung
des von der Rechtsprechung maßgeblich entwickelten Rechtsinstituts
für unabdingbar angesehene Kriterium ist nicht erfüllt; denn
die Kl. hat selbst und unabhängig von der Bekl. aufgrund des zwischen
ihr und der Firma Ggeschlossenen Werkvertrages Gewährleistungsansprüche
gegen diese gem. §§ 633ff. BGB. Hierauf weist die Revision zu
Recht hin. Diese vertraglichen Ansprüche der Kl. gegen die Firma Gsind
ihrem Gehalt nach den Ansprüchen, die die Kl. über den vom BerGer.
gefundenen Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte gegen die Bekl. verfolgt,
rechtlich in jeder Hinsicht gleichwertig.
III. Nach allem kann das Berufungsurteil keinen
Bestand haben. Es war deshalb auf die Revision der Bekl. aufzuheben. Der
Senat kann selbst nicht in der Sache entscheiden. Das BerGer. wird in der
erneuten Verhandlung den Parteien Gelegenheit geben müssen, zu den
Rechtsgrundlagen, auf die die Kl. ihre Klage gegen die Bekl. stützt,
Stellung zu nehmen. Es wird sich mit der Frage auseinandersetzen müssen,
ob der Kl. gegen die Bekl. deliktische Ansprüche nach §§
823ff. BGB zustehen; dabei wird es insbesondere zu klären haben, ob
die Bekl. ihre Verpflichtung zur Prüfung des Zustands des angelieferten
Gutes zum Nitrieren auf die Firma G übertragen hat.