Rücktrittsrecht und
Schadensersatz statt der Leistung nach Fristsetzung bei Verweigerungsrecht
der Nacherfüllung nach § 439 III BGB; Bedeutung von Einreden im Rahmen von
§§ 218 I, 323 BGB (Erfordernis der "Durchsetzbarkeit"); Bezugspunkt des
Vertretenmüssens beim Schadensersatz statt der Leistung bei einem behebbaren
Mangel
OLG Celle v. 28.6.2006 - 7
U 235/05
Fundstelle:
ZGS 2006, 429
NJW-RR 2007, 353
Amtl. Leitsatz:
1. Bei einem Lunker im
Motorblock eines Neufahrzeugs (Gussfehler bei der Herstellung), der zum
Ölverlust führt und als Nachbesserung zumindest den Austausch des
Motorblocks mit Kopf erfordert, ist die Nacherfüllung durch Nachlieferung
eines gattungsmäßigen Ersatzfahrzeugs nach Wahl des Käufers nicht
unverhältnismäßig.
2. Der Einwand der Unverhältnismäßigkeit i.S.v. § 439 Abs. 3 BGB kann vom
Verkäufer nur solange erhoben werden, bis der Käufer vom Vertrag
zurücktritt.
3. Das Verschulden nach § 281 BGB knüpft in zeitlicher Hinsicht an das
Vertretenmüssen bei Ablauf der zur Nacherfüllung gesetzten Frist an und kann
sich gegenständlich - bei vom Verkäufer nicht zu vertretenden Mangel - auf
die unterlassene Nachlieferung beziehen.
Zentrale Probleme:
Ein sehr lehrreiche, viele komplizierte
Streitfragen aufwerfende Entscheidung des OLG Celle zum neuen Schuldrecht
(s. bereits OLG Celle ZGS 2004, 74;
OLG Celle NJW 2004,
3566; OLG Celle
NJW 2005, 2094):
Es geht um die Voraussetzungen des
Rücktrittsrechts bei einem behebbaren Sachmangel. Der Käufer hatte als
Nacherfüllung (§ 439 I BGB) Neulieferung verlangt und eine angemessene Frist
gesetzt. Nachdem diese Frist abgelaufen war, hat er Schadensersatz statt der
Leistung verlangt und ist vom Vertrag zurückgetreten. Erst nach diesem
Zeitpunkt hat der Verkäufer die Einrede aus § 439 III BGB
(Unverhältnismäßigkeit der Aufwendungen für eine Neulieferung) erhoben und
Mängelbeseitigung angeboten.
1. Das OLG verneint das Vorliegen der Voraussetzungen des § 439 III BGB mit
zutreffender Begründung.
2. Hilfsweise legt es aber auch dar, daß selbst bei Bestehen einer solchen
Einrede diese nicht mehr erhoben werden kann, wenn der Anspruch auf
Schadensersatz statt der Leistung bereits entstanden bzw. geltend gemacht
und/oder der Rücktritt bereits erklärt ist: Dem liegt der Gedanke zugrunde,
daß mit Ablauf der Nacherfüllungsfrist ist der Anspruch auf Schadensersatz
statt der Leistung gem. § 437 Nr. 3,280 I, III, 281 IV BGB entstanden ist.
Gleiches gelte in Bezug auf den (nach § 325 BGB neben dem Anspruch auf
Schadensersatz statt der Leistung möglichen) Rücktritt aus §§ 437 Nr. 2, 323
I BGB: Er ist wirksam ausgeübt, das Rückgewährschuldverhältnis aus § 346 I
BGB ist entstanden, so daß die Einrede nichts mehr bewirken kann. Ebenso
wäre dann zu entscheiden gewesen, wenn das Rücktrittsrecht bereits
entstanden, aber noch nicht ausgeübt worden wäre.
Das ist nicht unproblematisch: Sowohl der Rücktritt als auch der
Schadensersatz statt der Leistung setzen die Nichterbringung einer
"fälligen" Leistungspflicht voraus (s. den Wortlaut von §§ 281 I, 323 I
BGB). Es entspricht h.M., daß der dort verwendete Begriff der "Fälligkeit"
mit "Durchsetzbarkeit" gleichzusetzen ist und daher grundsätzlich nicht
vorliegt, wenn die Forderung mit einer Einrede behaftet ist, welche ihre
Geltendmachung auf Dauer ausschließt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die
Einrede geltend gemacht wird, bereits ihre Existenz schließt Fälligkeit aus.
Nur bei § 273 BGB verlangt die hM die Erhebung der Einrede (Grund:
Möglichkeit zur Abwendung der Einrede gem. § 273 III), s. dazu etwa
MünchKomm-Ernst § 281 Rn.19. Das ist auch für die Einrede aus § 275 II, III
BGB anerkannt. Ob man das im Rahmen von § 439 III BGB, der sich als ein "Unterfall" von § 275 II,
III BGB versteht, anders sehen muß, ist eine hochinteressante Frage. Man
könnte versucht sein, dies insbesondere in Bezug auf das Gebot
richtlinienkonformer Auslegung im Verhältnis Unternehmer/Verbraucher anders
zu sehen, weil die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ja für den Rücktritt
(Schadensersatzansprüche erfaßt sie nicht) kein Fristsetzungserfordernis,
sondern nur den Ablauf einer Nacherfüllungsfrist vorsieht und insbesondere
die Erhebung der Einrede dem Käufer ja die Möglichkeit eröffnet, die andere
Art der Nacherfüllung zu verlangen, also ähnlich wie bei § 273 BGB eine
Reaktionsmöglichkeit eröffnet. Unter dem ersten Aspekt kann man hier schon
nach § 323 II Nr. 3 BGB von der Entbehrlichkeit einer (erneuten)
Fristsetzung ausgehen, wenn der Unternehmer/Verkäufer sich auf das - wenn
auch einredebehafteten - Nacherfüllungsbegehren des Käufers nicht reagiert
hat, d.h. nicht zumindest Nacherfüllung in Form der Mängelbeseitigung
angeboten hat (s. dazu Köhler/Lorenz, PdW SchuldR II
Fall 35). Damit ist hier im Ergebnis zu recht ein Rücktrittsrecht bejaht
worden. Bei einem Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung kann man
freilich nicht unmittelbar mit dem Gebot richtlinienkonformer Auslegung
argumentieren, da die RL Schadensersatzansprüche nicht erfaßt. Deshalb
liegen entgegen der Ansicht des OLG die Voraussetzungen des Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung gar nicht vor, wenn
der Verkäufer die Einrede aus § 439 III BGB erheben kann, so daß die
Erhebung der Einrede auch materiellrechtlich gar nicht "zu spät" kommen
kann. Es bleibt dann nur noch die vom OLG ebenfalls angedeutete
prozeßrechtliche Präklusion, wenn der Sachverhalt nicht bis zum Zeitpunkt
der letzten mündlichen Verhandlung vorgetragen ist. Schade, daß das OLG die
Revision nicht zugelassen hat - es wäre spannend gewesen, den BGH hierzu zu
hören! S. dazu jetzt auch
BGH v. 16.10.2013 -
VIII ZR 273/12 wo die Frage leider nicht relevant
war.
3. Hochinteressant und zutreffend ist die Entscheidung auch in Bezug auf die
Frage des Vertretenmüssens: Das OLG stellt (mit der wohl hM) klar, daß es
für den Schadensersatz statt der Leistung nicht erforderlich ist, daß der
Verkäufer die ursprüngliche Mangelhaftigkeit der Leistung zu vertreten hat.
Das war hier nicht der Fall: Der Verkäufer war nicht Hersteller der Sache.
Der Hersteller ist auch nicht sein Erfüllungsgehilfe, weil der Verkäufer nur
Lieferung, aber nicht Herstellung schuldet (s. dazu
Lorenz/Köhler PdW SchuldR I Fall 99 m.w.N.) und er kannte den Mangel
auch nicht. Ausreichend ist, daß Vertretenmüssen in Bezug auf das
Unterlassen der Nacherfüllung vorliegt (s. dazu S. Lorenz, NJW 2002, 2497;
ders. NJW 2005, 1889, 1892;
Köhler/Lorenz PdW SchuldR II Fälle 43 und 45 sowie
die Anm. zu
BGH NJW 2005, 2852),
was hier vorlag. Dieses ist weitgehend unbestritten. Interessant ist die
(sich hier nicht stellende) Frage, ob im umgekehrten Fall bereits das
Vertretenmüssen der Lieferung einer mangelhaften Sache ausreicht, wenn das
Unterlassen der Nacherfüllung ausnahmsweise einmal nicht zu vertreten ist
(die hM bejaht das, ablehnend S. Lorenz
NJW 2005, 1889, 1892
sowie PdW aaO Fall 45).
BGH NJW 2005, 2852
hatte diese Frage noch offen gelassen, das OLG scheint sie, zumindest dem
Wortlaut nach, zu verneinen, wenn es darlegt, daß "im Rahmen des § 281 BGB
nach weitgehender Auffassung in der Literatur Bezugspunkt das
Vertretenmüssen bei Fristablauf ist" und dann fortfährt: "Es kommt im
Rahmen des § 281 BGB für die Frage des Schadensersatzes nicht darauf an, ob
der Verkäufer den Mangel der Kaufsache zu vertreten hat, sondern ob er die
fehlende Ersatzlieferung binnen der gesetzten Frist zu vertreten hat". Die
hierfür zitierte Literatur ist allerdings zu einem großen Teil der Ansicht,
daß Vertretenmüssen bei Lieferung auch genügen würde. Ein ungelöstes Problem
...
©sl 2006
Tatbestand:
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Rückabwicklung eines Kaufvertrags
über ein Wohnmobil und Schadensersatz in Anspruch.
Die Klägerin kaufte am 7. April 2004 bei der Beklagten ein Wohnmobil auf der
Basis eines F. D.. Es handelte sich hierbei um eine Tageszulassung. Der
Kaufpreis betrug 39.334 €. Die Klägerin stellte nach ungefähr 700 km
Fahrstrecke einen Ölverlust fest. Das Fahrzeug wurde in Absprache mit der
Beklagten einer Werkstatt vorgestellt. Dort wurde ein Fehler nicht gefunden.
Im August 2004 wurde wegen erneuten Ölverlusts das Fahrzeug wiederum
untersucht. Hierbei wurde festgestellt, dass das Wohnmobil einen sog. Lunker
im Motorblock aufwies. Die Beklagte bot daraufhin mit Schreiben vom 13.
August 2004 den Austausch und Neueinbau eines Teilemotors an. Die Klägerin
wies durch Schreiben vom 16. August 2004 unter Fristsetzung darauf hin, dass
eine einvernehmliche Lösung in dem Sinn, dass die Beklagte einen neuen Motor
liefere, für beide Parteien zufriedenstellend sein dürfte. Hierauf reagierte
die Beklagte unter dem 20. August 2004 dergestalt, dass sie den Austausch
eines inkompletten Motors (Rumpfmotor mit Kopf) anbot. Mit Schreiben vom 1.
September 2004 verlangte die Klägerin Nacherfüllung durch Nachlieferung
eines Neufahrzeugs in einer Frist von einem Monat. Nach erfolglosem
Fristablauf forderte die Klägerin mit Schreiben vom 12. Oktober 2004
Schadensersatz statt der Leistung. Mit Schreiben vom 16. November 2004
erklärte die Klägerin den Rücktritt. Mit Schreiben vom 25. November 2004
meldeten sich die Prozessbevollmächtigten der Beklagten und boten den
kostenlosen Einbau eines Teilemotors sowie einen Warengutschein von 500 €
unter Hinweis auf § 439 Abs. 3 BGB an.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 39.334 €
nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Übergabe des Wohnmobils G. ... mit der
Fahrgestellnummer ... zu zahlen sowie die Beklagte zu verurteilen, an sie
weitere 6.586 € nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen
Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, es sei unverhältnismäßig, wegen eines
produktionsbedingten Mangels wie eines Lunkers Nacherfüllung durch Lieferung
eines Neufahrzeugs zu begehren. Im Übrigen hat sie behauptet, sie treffe
kein Verschulden an dem Mangel.
Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen bis auf die mit der begehrten
Zug um Zug-Verurteilung verknüpfte Zinsforderung stattgegeben. Zur
Begründung hat es ausgeführt, dass die Beklagte gem. der §§ 437 , 281 BGB
nach erfolgtem Rücktritt der Klägerin Schadensersatz zu leisten habe. Soweit
die Beklagte mit Schriftsatz vom 3. August 2005 vorgetragen habe, sich am
20. August 2004 mit der Klägerin endgültig geeinigt zu haben, sei dieser
Vortrag gem. § 296 a ZPO nicht zu berücksichtigen. Die Klägerin habe mit
Schreiben vom 1. September 2005 eine angemessene Frist zur Nachlieferung
gesetzt. Die Beklagte habe zu spät die Nacherfüllung unter Hinweis auf die
Unverhältnismäßigkeit der Kosten verweigert. Für einen früheren Zeitpunkt
habe die Beklagte nichts vorgetragen, jedenfalls sei entsprechender Vortrag
verspätet. Die Beklagte habe mangelndes Verschulden nicht dargelegt.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie hat zunächst
klargestellt, dass eine endgültige vorgerichtliche Einigung der Parteien
nicht behauptet werde und nicht habe behauptet werden sollen. Allerdings sei
sie mit der Einrede der Unverhältnismäßigkeit aus § 439 Abs. 3 BGB nicht
ausgeschlossen. Eine Bestimmung, bis zu welchem Zeitpunkt dieser Einwand
erhoben werden müsse, sei vom Gesetzgeber ausdrücklich nicht getroffen
worden. Im Übrigen treffe die Beklagte kein Verschulden, da sie als
Händlerin grundsätzlich keine Produktverantwortung trage.
Sie stellt den Antrag, das Urteil des Landgerichts Hannover vom 17. August
2005, Geschäftszeichen 10 O 19/05 , aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie weist darauf hin, dass § 439 Abs. 3 BGB dem Verkäufer das Recht gebe,
die gewählte Art der Nacherfüllung zu verweigern; der Anspruch auf
Nacherfüllung erlösche ihrer Ansicht nach allerdings mit der
Rücktrittserklärung des Käufers. Damit würde auch das Recht auf den Einwand
der Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung untergehen.
Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen
Urteils sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
II. Die Berufung der Beklagten ist überwiegend unbegründet.
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Rückabwicklung des zwischen den Parteien
geschlossenen Kaufvertrags gem. den §§ 437 Nr. 2 , 323 , 346 Abs. 1 und 2
BGB zu. Das streitgegenständliche Wohnmobil war zum Zeitpunkt der Übergabe
mangelhaft. Der von der Beklagten erhobene Einwand der Unverhältnismäßigkeit
ist in der Sache unbegründet und zudem verspätet erfolgt.
Ferner steht der Klägerin ein Schadensersatzanspruch statt der Leistung gem.
den §§ 437 Nr. 3 , 280 Abs. 1 und 3 , 281 BGB zu, da die Beklagte schuldhaft
ein neues, vergleichbares Wohnmobil binnen der ihr gesetzten Frist nicht
geliefert hat.
A. Anspruch der Klägerin aus Rücktritt
1. Das Wohnmobil war unstreitig zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs mit einem
Mangel, nämlich dem Lunker im Motorblock behaftet.
2. Der Klägerin stand das Recht auf Nacherfüllung zu, als sie der Beklagten
mit Schreiben vom 1. September 2004 eine Frist zur Nachlieferung von einem
Monat setzte.
a) Die Klägerin war zu diesem Zeitpunkt nicht gehindert, eine Nachlieferung
von der Beklagten zu fordern. Zwar hatte die Beklagte zu diesem Zeitpunkt
bereits eine Nacherfüllung in Form der Neulieferung des Teilemotors
angeboten, mit welcher sich die Klägerin nicht einverstanden erklärt hatte.
Dabei obliegt zwar die Bestimmung des Umfangs der Mängelbeseitigung der
Verkäuferin (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl., Rn. 301). Allerdings
besteht das dem Käufer zukommende Wahlrecht nach § 439 Abs. 1 BGB solange,
wie mit einer Maßnahme noch nicht begonnen wurde. Dies ist vorliegend der
Fall.
b) Die der Beklagten gesetzte Frist von einem Monat ist angemessen und wird
im Übrigen auch nicht beanstandet.
c) Die Beklagte kann dem Begehren der Klägerin auf Nachlieferung den Einwand
der Unverhältnismäßigkeit nicht mit Erfolg entgegenhalten.
aa) Die von der Klägerin geforderte Nachlieferung ist nicht
unverhältnismäßig i. S. v. § 439 Abs. 3 BGB .
Die Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllungskosten kann sich nur aus dem
Vergleich mit dem Wert der vertraglich geschuldeten Sache für den Käufer
ergeben (OLG Karlsruhe, Urteil vom 02. September 2004 unter II 3 der
Gründe - aus juris m. w. N.). Hierbei ist gem. § 439 Abs. 3 Satz 2 BGB
insbesondere auf den Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung
des Mangels und die Frage abzustellen, ob auf die andere Art der
Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen
werden kann.
Es hat sich um einen wesentlichen Mangel gehandelt. Der Lunker im Motorblock
hatte zur Folge, dass die Klägerin permanent auf den Ölverbrauch des Motors
achten musste. Angesichts der Tatsache, dass es sich bei dem
streitgegenständlichen Wohnmobil um ein Neufahrzeug (mit Tageszulassung)
handelt, hält es der Senat wegen der eintretenden Wertminderung nicht für
hinnehmbar, dass sich die Klägerin bei einem derartigen Mangel mit einem
Austausch des Motors zufrieden geben muss. Soweit die Beklagte im übrigen
behauptet, eine Reparatur würde nur 1.115 € + MWSt. kosten, übersieht sie,
dass noch der Materialwert des Motors hinzutritt, was die Geschäftsführerin
der Beklagten in der mündlichen Verhandlung auch klargestellt hat.
bb) Das Landgericht hat nach Auffassung des Senats zu Recht die Ansicht
vertreten, der Beklagte sei zudem zum Zeitpunkt der Erklärung mit der
Einrede der Unverhältnismäßigkeit ausgeschlossen gewesen, da sie diese
verspätet erhoben habe. Die Beklagte hat den Einwand der
Unverhältnismäßigkeit nicht vor Ablauf der ihr gesetzten Frist zur
Nachlieferung erhoben. Dies wäre aber erforderlich gewesen.
(1) Für die Auffassung des Landgerichts spricht der Gesetzestext. Hiernach
kann der Verkäufer bei einer Unverhältnismäßigkeit die gewählte Art der
Nacherfüllung verweigern. Die Nacherfüllung ist aber nicht mehr möglich,
wenn der Käufer den Rücktritt vom Vertrag erklärt hat, da dieser dann in ein
Abwicklungsverhältnis umgewandelt wird. Es tritt hinzu, dass gem. § 439 Abs.
3 Satz 3 Halbsatz 1 BGB der Anspruch des Käufers bei einem Einwand der
Unverhältnismäßigkeit auf die andere Art der Nacherfüllung erhalten bleibt;
diese andere Art ist ausgeschlossen, wenn der Käufer den Rücktritt erklärt
hat.
Aus der Begründung des Diskussionsentwurfs zum
Schuldrechtsmodernisierungsgesetz (Stand: 04. August 2000, S. 490 f.) ergibt
sich nichts Gegenteiliges. Insbesondere wird dort der Zeitpunkt, bis zu dem
die Einrede der Unverhältnismäßigkeit möglich sein soll, weder erwähnt noch
wird dazu Stellung bezogen.
(2) Der Standpunkt der Beklagten, die als letztmöglichen Zeitpunkt zur
Erhebung der Einrede der Unverhältnismäßigkeit auf die letzte mündliche
Verhandlung abstellt, überzeugt nicht. Die von ihr herangezogene Literatur
(Reinking/Eggert, a.a.O., Rn 364) bezieht sich auf die Ermittlung der für
die Verhältnismäßigkeitsprüfung zu ermittelten Kosten, nicht auf den
Zeitpunkt der Erhebung der Einrede.
(3) Soweit die Beklagte behauptet, sie habe durch einen Mitarbeiter
mehrfach, zuletzt am 20. August 2004 darauf hingewiesen, dass eine
Nachlieferung in keinem Verhältnis zu den Kosten stehe, hat das Landgericht
dieses Vorbringen zu Recht gem. § 296 a ZPO als verspätet zurückgewiesen.
Die Beklagte greift dies in der Berufung auch nicht auf.
d) Die Nachlieferung war auch nicht unmöglich oder unzumutbar nach § 275
Abs. 1 und 2 BGB .
Eine Unmöglichkeit ist nicht ausreichend dargelegt. Die Behauptung, die von
der Firma D. aufgelegte Serie „G. ...“ sei im September 2004 komplett
ausverkauft gewesen, ist unzureichend. Es wird durch diese Behauptung nicht
ausgeschlossen, dass dieses Modell bei einem anderen Händler nicht mehr
erhältlich gewesen wäre, da nicht klar ersichtlich ist, bei wem diese Serie
ausverkauft gewesen sein soll. Zudem gab es anschließend nach eigenem
Vorbringen der Beklagten das Modell „G. ...“ der Baureihe 2005. Die Klägerin
wäre nach Treu und Glauben gehalten gewesen, bei einem - vorliegenden -
Gattungskauf geringere Abweichungen bei einer Nachlieferung des Wohnmobils
hinzunehmen; der Anspruch auf Ersatzlieferung bezieht sich auf den
Fahrzeugtyp (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn 324).
d) Die Klägerin muss sich gezogene Nutzungen gemäß § 346 Abs. 1 und 2 Nr. 3
BGB anrechnen lassen. Diese belaufen sich bei einer gefahrenen
Kilometerleistung von 4.665 km und eine Abnutzung von 0,5 % des Kaufpreises
pro gefahrene 1.000 km auf insgesamt 917,46 €. Bringt man diesen Betrag von
dem Kaufpreis von 39.334 € in Abzug, ergibt sich eine Summe von 38.416,54 €.
B. Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz
1. Wegen des Mangels der Kaufsache und der erforderlichen wirksamen
Fristsetzung wird auf die Ausführungen zu A 1 und 2 verwiesen.
2. Die Beklagte hat schuldhaft gehandelt.
Schuldhaftes Handeln wird gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet, wobei
im Rahmen des § 281 BGB nach weitgehender Auffassung in der Literatur
Bezugspunkt das Vertretenmüssen bei Fristablauf ist (Palandt/Heinrichs,
BGB, 65. Aufl., § 281 Rn. 16; Staudinger-Otto, BGB, Stand: Januar 2004, §
281 Rn B 98; Jauernig-Vollkommer, BGB, 10. Aufl., § 281 Rn 12; MüKo-Ernst,
BGB, 4. Aufl., § 281 Rn 47). Der Senat schließt sich dieser Auffassung an.
Es kommt im Rahmen des § 281 BGB für die Frage des Schadensersatzes nicht
darauf an, ob der Verkäufer den Mangel der Kaufsache zu vertreten hat,
sondern ob er die fehlende Ersatzlieferung binnen der gesetzten Frist zu
vertreten hat (Palandt-Heinrichs, a. a. O., § 437 Rn 37). Hierfür ist er
darlegungs- und ggf. beweispflichtig.
An einem solchen Vortrag fehlt es hier. Die Beklagte hat nur ausgeführt,
dass es sich bei dem Lunker im Motorblock um einen herstellerbedingten
Mangel handele und sie als Händlerin hierfür nicht einzustehen bräuchte. Sie
hat aber für die noch mögliche (s. II A 2 d) Ersatzlieferung einzustehen.
3. Die Klägerin ist so zu stellen, wie sie gestanden hätte, wenn die
Beklagte im Zeitpunkt der Fälligkeit ordnungsgemäß geleistet hätte
(Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 281 Rn. 25, 47).
a) Die Klägerin trägt unbestritten vor, sie müsse derzeit für ein
vergleichbares Modell einen Kaufpreis von 44.009 € sowie für die als
Zusatzausstattung vorhandenen Alufelgen 638 €, die Einschubvorrichtung 285 €
und die Einschübe 313 € aufwenden.
b) Die weiter geltend gemachten, unstreitigen Kosten für TÜV und Kfz-Brief
von 125 € sowie die Überführungskosten von 550 € für das Ersatzfahrzeug sind
ebenfalls zu ersetzen, weil die entsprechenden Kosten im Preis für das
Altfahrzeug von 39.334 € enthalten waren.
c) Die Klägerin muss sich keinen Abzug Alt für Neu dadurch gefallen lassen,
dass sie für die Hingabe eines Gebrauchtfahrzeugs ein Neufahrzeug erhalten
könnte. Dagegen spricht, dass ein Verkäufer verpflichtet ist, dem Käufer ein
ordnungsgemäßes Neufahrzeug zu liefern und im Fall einer Rückabwicklung
hierfür Voraussetzung ist, dass er dieser Pflicht nicht nachgekommen ist.
Der Käufer darf bei einer solchen Konstellation im Ergebnis nicht schlechter
gestellt werden. Im Übrigen wird diesem Gedanken bereits dadurch Rechnung
getragen, dass die von der Käuferin gezogenen Nutzungen gemäß § 346 Abs. 2
Nr. 3 BGB bereits berücksichtigt und in Abzug gebracht werden.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1 , 97 ZPO . Die
Regelung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10
, 711 ZPO .
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO
lagen nicht vor. |