Analoge Anwendung von § 656 (Anspruch des Heiratsvermittlers als
Naturalobligation) auf den Partnerschaftsvermittlungsdienstvertrag
BGH, Urteil vom 4. März 2004
- III ZR 124/03
Fundstelle:
NJW-RR 2004, 778
Amtl. Leitsatz:
a) Zur Auslegung eines Auftrags zur
Partnervermittlung "für einen Freizeitkontakt" als
Partnerschaftsvermittlungsdienstvertrag.
b) § 656 BGB ist auf Partnerschaftsvermittlungsdienstverträge entsprechend
anzuwenden (Fortführung von BGHZ 112, 122).
c) § 656 BGB führt zur sachlichen Abweisung der auf Zahlung der vereinbarten
Vergütung gerichteten Klage, nicht zur Abweisung als unzulässig.
Zentrale Probleme:
Zur Rechtsnatur des
Partnerschaftsvermittlungsdienstvertrags sowie zum Kündigungsrecht nach §
627 s. BGHZ 106, 341 sowie die Anm. zu
BGH NJW
1999, 276 ff.
Zur Anfechtung wg. arglistiger Täuschung s.
BGH v. 17.1.2008 - III ZR 239/06.
S. weiter die Anm. zu BGH v.
8.10.2009 - III ZR 93/09 sowie zu
BGH v. 17.6.2021 - III ZR 125/19:
Keine analoge Anwendung von § 656 BGB auf die online-Partnervermittlung!
Tatbestand:
Der Kläger
unterschrieb am 21. September 1998 einen Formularvertrag
("Auftragserteilung") der Beklagten, in dem es heißt:
"Ich beauftrage hiermit die Freizeitvermittlung N. , für mich einen
Partner/eine Partnerin aus einem bestehenden Kundenpool von mehreren
tausend Interessenten zu ermitteln und mir für einen Freizeitkontakt die
Adresse zu übersenden.
Grundlage für die Erarbeitung des jeweiligen Vorschlages sind meine
Angaben, welche auf dem Persönlichkeitsprofil durch den beauftragten
Mitarbeiter der Freizeitvermittlung N. korrekt dokumentiert und von mir
dort unterschriftlich bestätigt worden sind.
Der Vermittlungszeitraum, in welchem die oben genannte Leistung erbracht
wird, beträgt 6 Monate."
Als
Vergütung wurden insgesamt 3.600 DM eingesetzt, die "gemäß
Abbuchungsauftrag" zahlbar sein sollten. Die Parteien vereinbarten zugleich
einen Zahlungsplan, wonach die 3.600 DM in monatlichen Raten von 100 DM,
beginnend ab 1. Oktober 1998, zu tilgen waren.
Der Beklagte zahlte bis zum 1. Oktober 1999 insgesamt 1.300 DM. Die
nachfolgenden Abbuchungen der Klägerin für November, Dezember 1999 und
Januar 2000 machte er rückgängig. Mit Schreiben vom 9. Januar 2001 kündigte
die Klägerin die Teilzahlungsvereinbarung mit sofortiger Wirkung und stellte
die Restzahlung zum 31. Januar 2001 fällig.
Das Amtsgericht hat der auf Zahlung von 2.300 DM nebst Zinsen und Ersatz von
Rückbuchungskosten in Höhe von 100 DM (4 x 25 DM unter Einschluß einer
weiteren vom Beklagten rückgängig gemachten Abbuchung im Oktober 1998)
gerichteten Klage gegen den Beklagten - unter Aufrechterhaltung eines
zunächst ergangenen Versäumnisurteils - stattgegeben. Das Landgericht hat
auf die Berufung des Beklagten diese Entscheidung in Höhe von 38,35 € (75 DM
Rückbuchungskosten) bestätigt, im übrigen jedoch die Klage - hinsichtlich
der Hauptforderung als unzulässig - abgewiesen. Mit der hiergegen
gerichteten, vom Berufungsgericht zugelassenen, Revision erstrebt die
Klägerin die vollständige Wiederherstellung der Entscheidung des
Amtsgerichts.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist nicht begründet.
I. 1. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, auf den vorliegenden Vertrag
sei im Anschluß an die höchstrichterliche Rechtsprechung (Hinweis auf BGHZ
112, 122) § 656 BGB analog anwendbar, der Anspruch der Klägerin auf
restliche Vergütung sei danach nicht einklagbar.
Es qualifiziert das hier zustande gekommene Vertragsverhältnis mit folgender
Begründung als "Partnervermittlungs- oder auch
Partnerschaftsanbahnungsvertrag": Die nach dem Vertragstext vereinbarte
Leistung der Interessen(ten)ermittlung und Adressenübersendung "für einen
Freizeitkontakt" sei hinsichtlich der zu erbringenden Leistungspflicht so
allgemein gehalten und unbestimmt, daß es zur Bestimmung der geschuldeten
Leistung einer Auslegung bedürfe. Unter Freizeitkontakt könne sowohl im
engen Sinne eine konkret bestimmte und darauf begrenzte gemeinsame
Freizeitaktivität als auch allgemein das gemeinsame Verbringen von Freizeit
überhaupt in einer höchstpersönlichen Beziehung verstanden werden. Während
im zuerst genannten Fall als Ziel eine dauerhafte Lebenspartnerschaft
überhaupt keine Rolle spiele und sich, wie bei Begegnungen überhaupt, eine
Partnerschaft nur zufällig ergeben könnte, beinhalte das Vermitteln von
Freizeitkontakt im allgemeinen Sinne die Suche eines Partners für das
gemeinsame Verbringen von Freizeit überhaupt, und zwar in einer
höchstpersönlichen, tendenziell dauerhaft angelegten Beziehung, mithin die
Suche eines Lebenspartners; letzterenfalls handele es sich ungeachtet der
vertraglichen Bezeichnung der Leistung um eine Partnerschaftsvermittlung.
Welcher Art Freizeitkontakt hier vermittelt werden sollte, werde damit
maßgeblich von den bei Vertragsschluß zutage getretenen Vorstellungen der
Parteien bestimmt. Vorliegend sei davon auszugehen, daß, wie vom Beklagten
behauptet, die von der Klägerin zu erbringende Leistung von der Vorstellung
des Beklagten bestimmt worden sei, es werde ihm eine Frau namens "Ines" -
die in der Rubrik "Herzblatt" einer Zeitung vom 30. August 1998 unter
anderem unter Angabe der Telefonnummer einer Filiale der Klägerin annonciert
hatte - vermittelt. Daß die Klägerin dies bestreite, sei unbeachtlich.
Unstreitig sei dem Zusammentreffen der Parteien anläßlich der
Vertragsanbahnung ein Telefonanruf des Beklagten vorausgegangen. Während der
Beklagte unter Vorlage der Zeitungsannonce vorgetragen habe, Anlaß und
Inhalt des Telefonats sei die Annonce der "Ines" gewesen, habe die Klägerin
einen anderen Anlaß und Inhalt des Telefongesprächs nicht entgegnet. Es sei
auch nicht ersichtlich, daß bei Vertragsschluß ausdrücklich vom
Gesprächsanlaß der Suche des Beklagten nach einer "Ines" und dem
Gesprächsinhalt der Suche nach einer Lebenspartnerin abgegangen worden sei.
Das bloße Bestreiten der Klägerin sei daher unsubstantiiert und
unbeachtlich. Der eigene Vortrag der Klägerin, wonach bei Vertragsschluß
besprochen worden sei, der Beklagte wollte jemanden "zum mal gemütlich gut
essen gehen" bzw. jemanden, der wie er Interesse an Sport und Wandern habe,
deute darauf hin, daß es dem Beklagten einzig um Partnersuche - diese nicht
auf konkret eingegrenzte Freizeitaktivität beschränkt, sondern auf
höchstpersönliche, dauerhafte Lebensbeziehung gerichtet - gegangen sei.
Dafür, daß auch die Klägerin ihre Aufgabe in diesem Sinne verstanden habe,
spreche, daß die Klägerin dem Beklagten ausschließlich Interessenten
weiblichen Geschlechts zugeführt habe.
2. Diese Auslegung wird von der Revision ohne Erfolg als rechtsfehlerhaft
angegriffen.
a) Zu Unrecht meint die Revision, der Begriff "Freizeitkontakt" sei im
vorliegenden Zusammenhang ausschließlich "im eigentlichen Sinne", nämlich
begrenzt auf "gemeinsame Freizeit" zu verstehen und insoweit eindeutig und
nicht auslegungsfähig. Schon die hierzu angestellten Erwägungen des
Berufungsgerichts widerlegen dies und machen deutlich, daß es auch und
gerade bei Verträgen der hier in Rede stehenden Art entscheidend darauf
ankommt, den wirklichen Willen der Parteien zu erforschen und nicht an dem
buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften (§§ 133, 157 BGB). Daran führt
auch nicht der Hinweis der Revision vorbei, daß es sich hier um einen (von
der Klägerin gestellten) Formularvertrag gehandelt hat. Im übrigen liegt
schon dann, wenn man nur den Inhalt des Vordrucks für sich nimmt, nach
dessen Gesamtbild das Verständnis nahe, daß das Ziel des Vertrages die
Vermittlung eines Partners nicht nur im Sinne einer gemeinsamen Teilnahme an
bestimmten Freizeitunternehmungen, sondern im Sinne einer allgemeinen (Lebens-)Partnerschaft
war.
b) Soweit das Berufungsgericht bei seiner Auslegung darauf abstellt, daß vor
Vertragsschluß die Vorstellung des Beklagten zur Kontaktaufnahme mit einer
"Ines" zutage getreten sei, rügt die Revision, das Berufungsgericht habe
unter Verstoß gegen § 286 ZPO entscheidungserheblichen Sachverhalt außer
acht gelassen bzw. diesem eine nicht zutreffende Bedeutung beigemessen.
Diese Rüge ist unbegründet.
aa) Das Berufungsgericht durfte das Bestreiten der Behauptung des Beklagten,
daß Anlaß und Inhalt des zur Vertragsanbahnung führenden Telefonats die
Zeitungsannonce der "Ines" gewesen sei, als unsubstantiiert (unbeachtlich;
vgl. Zöller/Greger ZPO 24. Aufl. § 138 Rn. 8a) im Hinblick darauf ansehen,
daß die Klägerin konkrete Tatsachen über einen anderen Anlaß des
Telefongesprächs nicht vorgetragen hat. Das von der Revision in Bezug
genommene Vorbringen der Klägerin in den Tatsacheninstanzen - unter anderem
habe die Klägerin darauf hingewiesen, daß ein zeitlicher Zusammenhang
zwischen dem behaupteten Telefonat und dem Vertragsschluß nicht vorliege;
außerdem habe die Klägerin vorgetragen, in dem Telefonat, das kurz vor dem
21. September 1998 geführt worden sei, sei dem Beklagten "die Leistung der
Klägerin … vorgestellt worden" - verhält sich weder zu dem Grund, den der
Beklagte in dem Telefonat für seinen Anruf bei der Klägerin angab, noch
dazu, über welche konkreten Leistungen der Klägerin bei diesem
Telefongespräch, durch das der Vertragsschluß angebahnt wurde, gesprochen
wurde.
bb) Die von der Revision hervorgehobene Behauptung der Klägerin, bei
Vertragsschluß sei von der "Ines" keine Rede gewesen, hat - wie die Revision
selbst nicht verkennt - das Berufungsgericht nicht übersehen. Diese
Behauptung ließ die Feststellung des Berufungsgerichts unberührt, daß bei
dem Vertragsschluß von dem ursprünglichen Gesprächsanlaß und
Gesprächsinhalt, der Suche des Beklagten nach einer "Ines", nicht
"abgegangen", also nicht ausdrücklich Abstand genommen wurde. Es bleiben
also die Schlußfolgerungen, die der Tatrichter hieraus gezogen hat und
ziehen durfte, unangetastet.
Das Berufungsgericht hat entgegen der Revision auch nicht den Vortrag der
Klägerin übersehen, der Beklagte habe bei Vertragsschluß angegeben, daß er
zum gemeinsamen Erleben seiner Freizeitinteressen einen Kontakt suche; er
suche jemanden, der wie er Interesse an Sport und Wandern habe; insbesondere
hierfür wünsche er einen Freizeitkontakt. Dieses Vorbringen hat das
Berufungsgericht ausdrücklich in seine Würdigung mit einbezogen. Soweit die
Revision meint, bei Berücksichtigung des Vortrags der Klägerin könne nicht
von einem Partnervermittlungsvertrag ausgegangen werden, versucht sie nur in
unzulässiger Weise ihre eigene Auslegung an die Stelle derjenigen des
Tatrichters zu setzen.
3. Auf der Grundlage seiner Vertragsauslegung hat das Berufungsgericht die
auf Zahlung der restlichen Vergütung gerichtete Klage mit Recht abgewiesen.
Auf den festgestellten Partnervermittlungsvertrag (richtiger:
Partnerschaftsvermittlungsdienstvertrag; vgl. zur Rechtsnatur
BGHZ 106, 341, 343 ff; 112, 122, 123) ist §
656 Abs. 1 Satz 1 BGB analog anwendbar, der für den Ehemaklervertrag - wie
auch sinngemäß für den Eheanbahnungsdienstvertrag (vgl. BGHZ 87, 309, 313;
BGH, Urteil vom 9. Mai 1984 - IVa ZR 113/82 – NJW 1984, 2407; BGHZ 112, 122,
125 ff) - die Klagbarkeit des Vergütungsanspruchs ausschließt (BGHZ 87, 309,
314 f).
a) Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die entsprechende Anwendung
des § 656 BGB auf Partnerschaftsvermittlungsdienstverträge in seinem Urteil
vom 11. Juli 1990 mit eingehender Begründung bejaht (IV ZR 160/89 - BGHZ
112, 122 = NJW 1990, 2550 m. Anm. Börstinghaus und Anm. Peters = JZ 1991, 95
m. Anm. Vollkommer/Grün = FamRZ 1990, 1211 m. Anm. Beckmann = EWiR 1990, 879
m. Anm. Gilles). Er hat den Standpunkt vertreten, es bestehe kein Anlaß, §
656 BGB von Sinn und Zweck her als obsolet zu betrachten; im Einklang damit
behandelten das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 20, 31) und der
Bundesgerichtshof (BGHZ 25, 124; 87, 309; 106, 341) die Vorschrift als nach
wie vor geltendes Recht. Wie bei der Ehevermittlung und Eheanbahnung bestehe
auch bei der Partnerschaftsvermittlung ein schützenswertes
Diskretionsbedürfnis des Kunden. Ehe- und Partnerschaftsvermittlung ließen
sich dabei praktisch nicht trennen; ob eine Bekanntschaft, die von einem
Heiratsvermittlungsinstitut oder einer Partnerschaftsvermittlung vermittelt
wird, zur Ehe oder zu einer außerehelichen Partnerschaft führe, hänge von
Umständen ab, die sich bei Beginn der Tätigkeit des Vermittlers nicht
übersehen ließen. Wenn Verträge, die die Anbahnung von außerehelichen
Partnerschaften zum Gegenstand haben, klagbar wären, dann wäre die Umgehung
des § 656 BGB, die dessen Absatz 2 gerade weitgehend eindämmen wolle, auf
einfache Weise möglich.
Diese Entscheidung hat in der Fachliteratur überwiegend Zustimmung (Beckmann
aaO; Börstinghaus aaO; Staudinger/Reuter BGB [März 2003] § 656 Rn. 7;
MünchKomm-BGB/Roth 3. Aufl. § 656 Rn. 20; Kotzian-Marggraf in Bamberger/Roth
BGB § 656 Rn. 5; Jauernig BGB 10. Aufl. § 656 Rn. 3; Palandt/Sprau BGB 63.
Aufl. § 656 Rn. 1a, 9; Soergel/Lorentz BGB [Stand: Frühjahr 1999] § 656 Rn.
13; Schwerdtner Maklerrecht 4. Aufl. Rn. 1026 f; Compensis/Reiserer BB 1991,
2457, 2461), aber auch Ablehnung (Peters aaO; Vollkommer/Grün aaO; Gilles
aaO) erfahren.
b) Der erkennende Senat, der seit 1995 für Rechtsstreitigkeiten über die
Vertragsverhältnisse der Mäkler (§§ 652 ff BGB) zuständig ist, hält an
dieser Rechtsprechung, die er auch dem Senatsurteil vom 5. November 1998
über die Wirksamkeit einer vorformulierten Laufzeitverlängerungsklausel
zugrunde gelegt hat (III ZR 226/97 - NJW 1999, 276, 277), fest. Die Kritik,
die in erster Linie daran anknüpft, daß sich die Beurteilung der Ehe- und
Partnerschaftsvermittlung in der Gesellschaft erheblich verändert habe und
die ursprünglich behauptete sittliche Anstößigkeit der entgeltlichen
gewerblichen Ehevermittlung überholt sei (vgl. BGHZ 87, 309, 315 f) –
wodurch allerdings nicht alle Vorbehalte entfallen sind, derentwegen der
Gesetzgeber die Ehevermittlung als unerwünscht behandelt hat (vgl. BGHZ 112,
122, 125) - , richtet sich im Kern gegen die Weitergeltung des § 656 BGB
selbst (vgl. etwa Peters aaO S. 2553: "§ 656 BGB ist schon lange obsolet
..."). Daß aber § 656 BGB nach wie vor geltendes Recht ist, entspricht
ständiger Rechtsprechung (BGHZ 25, 124; 87, 309; 106, 341; 112, 122, 125;
BVerfGE 20, 31). Eine Reform des Gesetzes in den achtziger Jahren des
vorigen Jahrhunderts ist gescheitert (vgl. den Gesetzentwurf der
Bundesregierung aus dem Jahre 1984; BT-Drucks. 10/1014, S. 1, 6). Damit
gehen aber auch die Einwände gegen eine analoge Anwendung des § 656 BGB im
Blick darauf, daß sich Ehe- und Partnerschaftsvermittlung praktisch nicht
trennen lassen (BGHZ 112, 122, 126), fehl. Das in dieser Entscheidung
hervorgehobene schützenswerte Diskretionsbedürfnis des Kunden besteht bei
der Partnerschaftsvermittlung nicht anders als bei der Ehevermittlung und
Eheanbahnung.
Ob die Vorschrift des § 656 BGB - einschließlich ihrer Ausweitung auf
Eheanbahnungsverträge und (analog) auf
Partnerschaftsvermittlungsdienstverträge - (noch) zum Schutze der
Intimsphäre der Beteiligten unverzichtbar und insoweit in jeder Hinsicht
"stringent" (vgl. Kotzian-Marggraf aaO Rn. 5) und interessengerecht ist
(vgl. etwa Peters aaO 2553; Vollkommer/Grün aaO S. 97; Beckmann aaO S.
1214), hat hier keine entscheidende Bedeutung. Darüber zu befinden, ist
Sache des Gesetzgebers, der in seine Überlegungen auch miteinzubeziehen
hätte, daß der Vorschrift heute auch die Aufgabe zugeschrieben wird, die
Kunden von Ehevermittlern - bzw. von Eheanbahnern und
Partnerschaftsvermittlern, die diese praktisch verdrängt haben - vor den
Folgen eines übereilten Vertragsschlusses zu schützen (vgl. MünchKomm/Roth
aaO Rn. 3; Hk-BGB/Ebert 3. Aufl. § 656 Rn. 1).
c) Damit bleibt auch das Vorbringen der Revision erfolglos, die die
dargestellte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Überprüfung stellt.
Insoweit führt weder der Hinweis darauf, daß seit der Entscheidung BGHZ 112,
122 fast 13 Jahre vergangen sind, zu einer anderen Beurteilung, noch der von
der Revision hervorgehobene Umstand, daß das Leben in der heutigen Zeit in
einem Maße kommerzialisiert werde, wie es für den historischen Gesetzgeber
kaum habe vorhersehbar sein können, daß sich die damalige Gesellschaft zur
heutigen Medien- und Dienstleistungsgesellschaft gewandelt habe und daß
immer mehr Dinge des täglichen Lebens immer weiter kommerzialisiert würden.
aa) Entgegen der von einzelnen Instanzgerichten, die die Revision zitiert,
geäußerten Ansicht kann für eine Rechtsprechungsänderung - etwa auch in dem
Sinne, daß die Vorschrift des § 656 BGB nur noch eng, d.h. dem Wortlaut
entsprechend, auszulegen sei - nichts aus der Reform des Schuldrechts
hergeleitet werden. Die Überlegung der Gesetzgeber habe dadurch, daß er im
Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung in Kenntnis der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs und der derzeitigen Entwicklung auf dem Markt der
Partnersuche die Vorschrift vollends unverändert gelassen habe, zu erkennen
gegeben, daß die reine Partnerschaftsvermittlung nicht mehr dem
Anwendungsbereich des § 656 BGB unterfallen solle (AG Gardelegen FamRZ 2002,
1626), ist nicht schlüssig. Wenn der Gesetzgeber § 656 BGB unangetastet
gelassen hat, so kann daraus allenfalls hergeleitet werden, daß der
Gesetzgeber an dieser Vorschrift insgesamt - in der Form, wie sie in der
Rechtspraxis, insbesondere in der höchstrichterlichen Rechtsprechung,
gehandhabt wird – festhalten wollte.
bb) Ebensowenig läßt sich für den hier in Rede stehenden Fragenkreis etwas
aus dem Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten vom
20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3983) herleiten. Daraus, daß dieses Gesetz
einen klagbaren Anspruch auf ein vorher vereinbartes Entgelt für sexuelle
Handlungen vorsieht, was gegebenenfalls den in Anspruch genommenen "Freier"
in peinliche Situationen vor Gericht bringen könnte (zur praktischen
Wirksamkeit dieser Regelung vgl. allerdings Palandt/Heinrichs aaO Anhang zu
§ 138 Rn. 1), läßt sich nicht ohne weiteres schließen, daß auch das
Diskretionsbedürfnis des Kunden von Ehe- und Partnerschaftsvermittlern und
-anbahnern, dem § 656 BGB nach dem heutigen Verständnis dient, nicht mehr
schützenswert ist.
4. Die mangelnde "Klagbarkeit" der Forderung nach bzw. analog § 656 Abs. 1
Satz 1 BGB führt richtigerweise zur Abweisung der Klage als unbegründet,
nicht als unzulässig; denn es liegt schon ein materiellrechtliches
Hindernis, den Anspruch geltend zu machen, vor (Musielak/Foerste ZPO 3.
Aufl. vor § 253 Rn. 6; Zöller/Greger ZPO 24. Aufl. vor § 253 Rn. 19; Wagner
Prozeßverträge [1998] S. 394 f, 413 ff m.w.N.; Stech ZZP 77, 161, 170 ff;
Münch-Komm/Roth aaO § 656 Rn. 1; a.A. Staudinger/Reuter aaO Rn. 12 m.w.N.).
Der Senat hat dies im Tenor klargestellt (vgl. Senatsurteil vom 2. März 2000
- III ZR 65/99 - NJW 2000, 1645, 1647).
III. Die Revision ist auch unbegründet, soweit das Berufungsgericht der
Klägerin einen Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung
bezüglich der letzten Rückbuchung im Ergebnis wegen Mitverschuldens der
Klägerin (Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB)
versagt hat. Das Landgericht lastet der Klägerin an, nachdem sie mit zwei
fälligen Abbuchungen hintereinander gescheitert war, hätte sie auf den
Erfolg weiterer Abbuchungsmaßnahmen nicht mehr vertrauen können. Die
betreffende Würdigung liegt im wesentlichen im Bereich des Tatrichters. Sie
ist rechtsfehlerfrei und deshalb im Revisionsverfahren hinzunehmen.
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