Abgrenzung von Dienst-
und Werkvertrag, gemischttypische Verträge: Maßgeblichkeit des Schwerpunkts;
Qualifikation eines "Partnerportals" als Partnervermittlung, Kündigung nach
§ 627 I BGB; Berechnung des nach Kündigung geschuldeten Honorars für bereits
erbrachte Leistungen; Grenzen der Inhaltskontrolle von AGB, keine Kontrolle
von Preisvereinbarungen (§ 307 Abs. 3 S. 1 BGB); Umgehungsverbot (§ 306a
BGB)
BGH, Urteil vom 8. Oktober
2009 - III ZR 93/09
Fundstelle:
NJW 2010, 150
Amtl. Leitsatz:
a) Zur Anwendbarkeit von § 627 Abs.
1, § 628 Abs. 1 Satz 1, 3 BGB auf einen Vertrag mit dem Betreiber eines
sogenannten Video-Partnerportals.
b) Zur Unzulässigkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die in
Abweichung von § 628 Abs. 1 Satz 1, 3 BGB bei Kündigung die vertraglich
vereinbarte Vergütung auch unabhängig von der Erbringung der
vertragstypischen Hauptleistung als verdient gilt.
Zentrale Probleme:
Es geht wieder einmal um Partnervermittlung.
Zunächst ist die Entscheidung von Interesse für die Qualifikation eines
Vertrages als Werk- oder Dienstvertrag. Partnerschaftsvermittler haben ein
Interesse an der Qualifikation als Werkvertrag, weil es dann nicht zur
jederzeitigen, nicht durch AGB ausschließbaren Kündigungsmöglichkeit nach §
627 I BGB kommt. Zwar kann man auch einen Werkvertrag jederzeit kündigen (§
649 BGB), man schuldet aber dann dennoch den vollen Werklohn (unter Abzug
ersparte Aufwendungen bzw. anderweitigen Erwerbs), während nach § 628 nur
eine Teilvergütung geschuldet wird (s. dazu
BGHZ
106, 341;
BGH
NJW 1999, 276 ff; BGH
NJW 2005, 2543 sowie
BGH v. 4.3.2004 - III ZR 124/03; zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung
bei "Lockvogelangeboten" s.
BGH NJW 2008, 982).Der
BGH sieht hier zu recht in der werkvertraglichen Komponente (Erstellung
eines Videos) eine nur untergeordnete Leistung. Es liegt also ein gemischter
Vertrag vor, der seinen Schwerpunkt aber im Dienstvertragsrecht hat und
daher zumindest für die Kündigungsmöglichkeit allein Dienstvertragsrecht
unterliegt.
Das ist für diese Problematik alles nicht neu. Interessant an der
Entscheidung ist aber insbesondere die Berechnung des nach § 628
geschuldeten Honorars für bereits erbrachte Dienste (s. ab Tz.
19). Der Senat kann zwar nicht die Gegenleistung als solche
kontrollieren, da diese nach § 307 III BGB kontrollfrei ist, wohl aber die
willkürliche Aufteilung auf bestimmte Leistungsabschnitte. Der Unternehmer
kann hier also nicht einen Großteil des Honorars einfach auf die bereits
erbrachte Leistung (Erstellung des Videos) aufteilen, um bei einer Kündigung
so den Anspruch auf die Gegenleistung in erheblicher Höhe
aufrechtzuerhalten. Durch diese AGB-Regelung entwertet der Unternehmer das
Kündigungsrecht nach § 627, das durch AGB nicht ausgeschlossen werden kann,
weil de facto der Entgeltanspruch aufrechterhalten bleibt. Damit verstößt
die Klausel gegen das AGB-rechtliche Umgehungsverbot (§ 306a BGB) und ist
deshalb nichtig. Eine sehr kluge, dogmatisch klare Entscheidung.
©sl 2009
Tatbestand:
1 Der Kläger verlangt von der Beklagten Rückzahlung von 4.750 €.
2 Die Beklagte, die durch Partnerschaftsanzeigen und Zeitungsinserate in der
örtlichen Presse wirbt, betreibt in H. unter der Firma ... eine Agentur, die
mit Interessenten Videointerviews durchführt und die Videos sodann zeitlich
unbegrenzt in ihr sogenanntes Partnerportal einstellt. Mittels des Videos
kann sich der Kunde anderen Partnersuchenden vorstellen; durch ein von
dritter Seite erstelltes Video kann er nicht in das Portal aufgenommen
werden. Gleichzeitig hat er die Möglichkeit, sich die Videos anderer Kunden
zwecks Partnersuche anzusehen.
3 Aufgrund einer von der Beklagten geschalteten Anzeige unter der Rubrik
"Heiraten und Bekanntschaften" suchte sie der Kläger am 5. Februar 2007 in
ihren Geschäftsräumen auf. Dort wurde ihm ein Einführungsfilm zum Thema
"Partner finden per Video" gezeigt. Ein Mitarbeiter führte anschließend mit
ihm ein Gespräch, in welchem der Kläger nähere Angaben über seine Person
machte, um so seine Aussichten, im Partnerportal ausgesucht zu werden, zu
erhöhen. Danach wurde ein ca. zehnminütiges Video von ihm aufgenommen und
ein Foto gemacht. Der Kläger zahlte für das Foto 10 € und - nach seiner
insoweit bestrittenen Behauptung für die Erstellung des Videos - weitere 25
€. Sodann wurde ihm ein von der Beklagten vorformuliertes, mit "Werkvertrag
über Videoarbeiten" überschriebenes Schriftstück mit u.a. folgendem Inhalt
vorgelegt:
"Ich habe . . beauftragt, heute ein
Videointerview auf DVD von mir zu erstellen. Ich habe ab heute die
Möglichkeit, mich anderen Partnersuchenden mit meinem Foto und diesem
Videointerview vorzustellen. Ehe- oder Partnervermittlung ist nicht
Gegenstand dieses Vertrages.
Ich zahle nur die effektiv in Anspruch genommenen Leistungen. Hierbei
steht das für mich gefertigte Videointerview im Mittelpunkt. Die
Einstellzeit meines Videointerviews in das Partnerportal von . ... ist
nicht begrenzt. Die Videointerviews und Foto-Auswahlkarten herzustellen,
die Daten zu katalogisieren und die Vorhaltung der Studios an sieben
Tagen in der Woche erfordert großen kostenmäßigen Aufwand und auch den
persönlichen Einsatz eines jeden Mitarbeiters. Hierdurch erklärt sich
die Höhe des Preises für die Videoarbeiten von 4.750 € incl. 19 % MwSt.
Weitere Kosten entstehen nicht.
Aufteilung des Gesamtpreises:
A) 25 % für das analytische Vorgespräch zur Vorbereitung meines
Interviews.
B) 50 % für die Herstellung meines Videointerviews.
C) 25 % für die Filmeingliederung, weil meine Fotokarte und mein
Videointerview schon heute von allen Mitgliedern gesehen werden kann.
...
Ich weiß, dass mein Videointerview extra für mich hergestellt wird und
dass ein Widerruf bzw. eine Kündigung für diese Vertragsteile nach
Leistung durch ... nicht mehr möglich ist (§ 631 BGB
.). ."
4 Der Kläger unterzeichnete das
Schriftstück, ferner eine sogenannte "Filmabnahme Erklärung" sowie auf einem
Formular der Beklagten eine "Persönliche Einladung", in der es u.a. heißt:
"Liebe .
Du gefällst mir vom Video her schon sehr. Ich möchte Dich sehr gerne
treffen!
Bitte ruf mich an, Tel. ...
□ Wollen wir zusammen Essen gehen?
x Wollen wir zusammen Kaffee trinken und Spazieren gehen?
□ Wollen wir uns bei . treffen?
□ Ich bedanke mich für Dein Interesse.
Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Hauses akzeptiere ich."
5 Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen
der Beklagten enthalten unter der Überschrift "Der beste Weg in's Glück zu
Zweit!" u.a. folgende Bestimmungen:
§ 1 Warum .?
Wer wenig Zeit oder Gelegenheit hat, hat es schwer, den richtigen
Partner zu finden. Erfolggewohnte Menschen entscheiden sich deshalb für
den .. . Aus einer Vielzahl von Charakteren können Sie hier Ihren
Wunschpartner selbst auswählen. Bevor Sie durch . jemanden treffen,
wissen Sie schon sehr viel über ihn - durch sein Video. So ist es viel
leichter, das Eis zu brechen.
§ 2 Wie funktioniert .?
Ab sofort können Sie Filmprofile von Mitgliedern auswählen und auch
ausgewählt werden. Über das Einladungs-System hinterlassen Sie Ihrem
Wunsch-Partner eine Nachricht mit Ihrer Telefonnummer. So haben Sie
selbst die Kontrolle über Ihre Daten. Deshalb ist . keine
"Partnervermittlung".
§ 4 Die 2-Wochen-Regel
Sie verstehen und akzeptieren, dass das schnelle Kontaktknüpfen von
fundamentalem Interesse ist für alle Mitglieder. Auch Sie können
ausgewählt werden. Rufen Sie deshalb bitte mindestens alle 2 Wochen Ihr
Studio an und fragen Sie, welche neuen Einladungen es für Sie gibt
(Studio B. : Mittwochs 15-19 Uhr; Studio H. : Dienstags 15-19 Uhr). So
kann ... dank Ihrer Mithilfe die bekannt günstigen Preise bieten.
Spätestens alle 4 Wochen sollten Sie in Ihrem Studio die Mitglieder in
Augenschein nehmen, von denen Sie zwischenzeitlich ausgewählt wurden.
Länger sollten Sie niemanden warten lassen. Sie müssen deshalb, wenn Sie
ausgewählt wurden, innerhalb von 30 Tagen mit "Ja" oder "Nein"
antworten. Wenn sogar 90 Tage verstrichen sind und Sie haben noch immer
nicht geantwortet, kann Ihr Film gesperrt werden.
§ 5 Kostenfreie Serviceleistungen
Kostenfrei ist das Erhalten von Einladungen inklusive Videosichtung.
Gerne sind wir Ihnen bei der Wahl eines stilvollen Restaurants für Ihr
erstes Treffen behilflich. Jeden Monat gibt es zudem viele
Möglichkeiten, Theater und Konzerte gemeinsam mit anderen zu erleben.
Informieren Sie sich über die Vorankündigungen am schwarzen Brett -
machen Sie mit!
§ 6 Kostenpflichtige Serviceleistungen
Einladungen an Mitglieder auszubringen kostet 25,- pro Einladung
inklusive Videosichtung.
§ 9 Kündigungsregelungen
Sie können diesen Vertrag jederzeit kündigen. ...
§ 11 Probleme allgemeiner Art
Unsere netten Berater sind unter der Telefonnummer . Montags bis
Freitags von 11-16 Uhr immer persönlich für Sie da. ... Für uns ist
wichtig, dass Sie sich gut betreut fühlen."
6 Mit Anwaltsschreiben vom 27. August
2007 focht der Kläger den Vertrag vom 5. Februar 2007 wegen arglistiger
Täuschung an, hilfsweise kündigte er mit sofortiger Wirkung, und verlangte
Rückzahlung der geleisteten Vergütung von 4.750 €.
7 Der Klage auf Rückzahlung hat das Amtsgericht - unter Abweisung der
weitergehenden Klage - in Höhe von 4.412,50 € nebst Zinsen stattgegeben. Die
hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben.
8 Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte
ihren Antrag auf vollständige Klagabweisung weiter.
Entscheidungsgründe:
9 Die zulässige Revision ist unbegründet.
I.
10 Das Berufungsgericht hat angenommen, dass dem Kläger gegen die Beklagte
ein Rückzahlungsanspruch aus § 812 Abs. 1, § 628 Abs. 1 Satz 3, § 627 Abs.
1, § 611 BGB zustehe.
11 Der von den Parteien unter dem 5. Februar 2007 geschlossene Vertrag sei
nach Dienstvertragsrecht zu behandeln. Zwar schulde die Beklagte auch die
Erstellung eines Videos, worin ein werkvertragliches Element liege. Unter
Berücksichtigung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ergebe sich jedoch,
dass die dienstvertraglichen Bestandteile überwiegen würden, zumal der
eigentliche Schwerpunkt der von den Parteien getroffenen Vereinbarung darin
bestehe, dass die Beklagte das Video zeitlich unbegrenzt in ihre
Videobibliothek einstelle und damit dem Kunden erst die Möglichkeit, Partner
kennen zu lernen, eröffne.
12 Zutreffend habe das Amtsgericht den Dienstvertrag auch als einen höherer
Art im Sinne des § 627 Abs. 1 BGB eingestuft. Dass es sich bei der Beklagten
um eine GmbH handele, ändere daran nichts. Denn insoweit bestehe eine
besondere Vertrauensbeziehung zu dem Mitarbeiter der Beklagten, der das
analytische Vorgespräch führe. Dieses erfolge im Hinblick auf das zu
erstellende Video, das der Partnersuche diene und insoweit die Privatsphäre
des Klägers berühre.
13 Ob die vom Amtsgericht im Rahmen der Bemessung des Rückzahlungsanspruchs
nach § 628 Abs. 1 BGB vorgenommene Schätzung (§ 287 Abs. 2 ZPO) zulässig und
inhaltlich richtig sei, bedürfe keiner Entscheidung. Denn es fehle - trotz
entsprechender Hinweise - an einem substantiierten Vortrag der Beklagten zu
dem ihren bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung;
diesbezüglich trage sie die Darlegungs- und Beweislast. Auf die
Untergliederung der Vergütung in prozentuale Anteile gemäß dem
Formularvertrag vom 5. Februar 2007 könne sie sich nicht berufen, da diese
Klausel gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sei. Die Tatsache,
dass das Amtsgericht dennoch einen Teilvergütungsanspruch in Höhe von 337,50
€ in Abzug gebracht habe, sei wegen des Verschlechterungsverbotes für das
Berufungsgericht bindend.
II.
14 Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.
15 1. Das Berufungsgericht ist zutreffend von der Maßgeblichkeit des
Dienstvertragsrechts ausgegangen.
16 a) Zwar liegt ein gemischter Vertrag vor, der auch werkvertragliche
Bestandteile enthält. Gemischte Verträge sind jedoch grundsätzlich dem Recht
des Vertragstyps zu unterstellen, in dessen Bereich der Schwerpunkt des
Rechtsgeschäftes liegt (vgl. nur BGH, Urteil vom 13. Oktober 2006 - V ZR
289/05 - NJW 2007, 213, 214, Rn. 7; Senat, BGHZ 180, 144, 150, Rn. 17).
Hierbei kommt es für die rechtliche Einordnung nicht auf die von den
Vertragspartnern gewählte Benennung, sondern auf die inhaltliche
Ausgestaltung des Vertrages bzw. den tatsächlichen Inhalt der
wechselseitigen Rechte und Pflichten an (vgl. nur BGH, Urteil vom 24.
Juni 1987 - IVa ZR 99/86 - NJW 1987, 2808;
BGHZ
106, 341, 345). Deshalb sind die von der Beklagten im
Formularvertrag vom 5. Februar 2007 verwandten und auf das Werkvertragsrecht
Bezug nehmenden Formulierungen als solche nicht entscheidend.
17 b) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die
dienstvertraglichen Elemente überwiegen. Zwar schuldete die Beklagte
auch die Erstellung eines Videos und damit ein Werk. Für ihre Kunden ist
aber maßgeblich, dass das Video zeitlich unbegrenzt in das Partnerportal
eingestellt und ihnen dadurch die Möglichkeit verschafft wird, sich
gegenüber den derzeitigen wie auch zukünftigen Mitgliedern zu präsentieren.
Darin liegt der eigentliche Sinn der Fertigung des Videos, das für sich
genommen für den Vertragspartner keinen eigenständigen Wert hat.
Gleichzeitig erwirbt der Kunde mit Vertragsschluss das Recht, das
Partnerportal für seine Suche zu nutzen und sich andere Videos anzusehen.
Die dauerhafte Bereitstellung und Pflege des Partnerportals ist insoweit
eine Leistung mit Dienstvertragscharakter. Zu Recht hat das Berufungsgericht
auch den Inhalt der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur vertragstypischen
Einordnung des Rechtsverhältnisses der Parteien herangezogen und darauf
verwiesen, dass danach eine andauernde Vertragsbeziehung der Beklagten zum
Kunden gewünscht wird. Die Beklagte ist an dem sog. Einladungs-System, durch
das sich ihre Kunden erst persönlich kennen lernen können, unmittelbar
beteiligt, wie §§ 2, 4 und 6 deutlich machen. Sie verpflichtet sich zu
Serviceleistungen, die teils kostenfrei, teils kostenpflichtig sind. Auch
der Inhalt von § 5 Abs. 2, § 11 zeigt, dass die Beklagte ihren Kunden bei
der Kontaktaufnahme zu potentiellen Partnern Hilfestellung bietet. Sie
betreibt damit über ihr Videoportal Partnerschaftsvermittlung bzw.
-anbahnung, auch wenn sie dies im vorformulierten Vertragstext ausdrücklich
in Abrede nimmt. Für diesen eigentlichen Zweck des Vertrages stellen die
Fertigung eines Fotos sowie des Videointerviews nur unselbständige
Vorbereitungshandlungen dar, die eine Einstufung des Rechtsverhältnisses als
Werkvertrag nicht rechtfertigen. Nach Sinn und Zweck des
Geschäftsmodells der Beklagten und dem Erwartungshorizont ihrer Kunden ist
entscheidend, über die zeitlich unbegrenzte Einstellung in das Videoportal
und über die Teilnahme an dem von der Beklagten betreuten Einladungssystem
einen Partner fürs Leben zu finden. Diesen - für die Einordnung als
Dienstvertrag wesentlichen - Zusammenhang kann die Beklagte nicht dadurch
entkräften, dass sie ihre Kunden einen separaten "Werkvertrag über
Videoarbeiten" unterzeichen lässt und damit versucht, das einheitliche
Rechtsverhältnis und in diesem Rahmen ihre nur zusammen ein sinnvolles
Ganzes ergebenden Vertragspflichten künstlich in zwei getrennte Teile
aufzuspalten, um hierdurch letztlich ihren Kunden den AGB-rechtlichen Schutz
ihrer dienstvertraglichen Rechte zu entziehen. Denn für die rechtliche
Einordnung bestimmend ist der objektive Gehalt des gesamten jeweiligen
Vertragsverhältnisses.
18 2. Vor diesem Hintergrund ist auch die Annahme des Berufungsgerichts,
dass dem Kläger ein Kündigungsrecht nach § 627 Abs. 1 BGB zustand, nicht zu
beanstanden.
19 Nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs (Urteil vom 24. Juni 1987 - IVa ZR 99/86 - NJW 1987,
2808;
BGHZ
106, 341, 345 ff; Urteil vom 29. Mai 1991 - IV ZR
187/90 - NJW 1991, 2763; Senat, Urteile vom 5. November 1998 - III ZR 226/97
-
BGH
NJW 1999, 276, 277; 19. Mai 2005 - III ZR 437/04 -
NJW 2005, 2543;
2. Juli 2009 - III ZR 303/08 - FamRZ 2009, 1575, 1576 f, Rn. 10,15) unterfallen
Verträge, die Dienstleistungen im Zusammenhang mit einer
Partnerschaftsvermittlung bzw. -anbahnung zum Gegenstand haben, dem § 627
BGB, wobei ein Ausschluss des Kündigungsrechtes durch Allgemeine
Geschäftsbedingungen nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unzulässig ist. Die
Qualifizierung als Dienste höherer Art, die nur aufgrund besonderen
Vertrauens übertragen werden, rechtfertigt sich daraus, dass es in der Natur
der Sache liegt, dass ein Kunde, der um Unterstützung bei der
Partnerschaftsvermittlung nachsucht, besonderes Vertrauen zu seinem
Auftragsnehmer, auf dessen Seriosität er setzt, haben muss. Es ist
notwendig, zumindest aber auch geboten und üblich, dass er seinem
Vertragspartner Auskünfte über seine eigene Person und die des gewünschten
Partners gibt. Das Vertragsverhältnis berührt insoweit in besonderem Maße
die Privat- und Intimsphäre des Kunden. Unerheblich ist in diesem
Zusammenhang, dass die Beklagte ihr Geschäft als GmbH und damit als
juristische Person betreibt. Dies ändert angesichts des Charakters des
Rechtsgeschäfts nichts an der Anwendbarkeit des § 627 BGB (siehe auch
BGH, aaO).
20 3. Aufgrund der Kündigung des Klägers steht der Beklagten nach § 628 Abs.
1 Satz 1, 3 BGB nur ein ihren bisherigen Leistungen entsprechender
Vergütungsanteil zu, d.h. sie kann das vom Kläger gezahlte Geld nur
behalten, soweit sie es sich bereits verdient hat. Die gesetzliche Regelung
läuft dabei im allgemeinen auf eine pro rata temporis-Berechnung hinaus,
wobei allerdings speziell zur Erfüllung des konkreten Vertrags bis zum
Vertragsende bereits erbrachte besondere Aufwendungen, die nicht mehr
rückgängig zu machen und auch nicht für andere Verträge verwendbar sind,
ungekürzt in Rechnung gestellt werden können (BGH, Urteil vom 29. Mai
1991, aaO, S. 2764; Senat, Urteil vom 5. November 1998, aaO).
21 a) Hierbei kann sich die Beklagte nicht auf die im Formularvertrag
enthaltene Aufteilung berufen, wonach ihr 4.750 € - 1.187,50 € für das
Vorgespräch, 2.375 € für die Erstellung des Videos, 1.187,50 € für die
Filmeingliederung -bereits aufgrund der am 5. Februar 2007 erbrachten
Leistungen zustehen. Diese Bestimmung ist unwirksam.
22 aa) Zwar findet eine Inhaltskontrolle von Allgemeinen
Geschäftsbedingungen im Rahmen von § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, §§ 308, 309
BGB nur insoweit statt, als eine von Rechtsvorschriften abweichende oder
diese ergänzende Regelung getroffen wird (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB). Der
Inhaltskontrolle entzogen sind hingegen Abreden, die ihrer Art nach nicht
der Regelung durch Gesetz oder andere Rechtsvorschriften unterliegen,
sondern von den Vertragspartnern festgelegt werden müssen. Damit scheiden
als Prüfungsgegenstand unter anderem Abreden aus, die Art und Umfang der
vertraglichen Leistungspflichten unmittelbar regeln. Dies ist die Konsequenz
aus dem im Bürgerlichen Recht geltenden Grundsatz der Vertragsfreiheit.
Dieser umfasst das Recht der Parteien, den Preis für eine Ware oder
Dienstleistung frei bestimmen zu können. Preisvereinbarungen für
Hauptleistungen stellen deshalb im nicht preisregulierten Markt weder eine
Abweichung noch eine Ergänzung von Rechtsvorschriften dar und unterliegen
deshalb grundsätzlich nicht der Inhaltskontrolle (BGHZ 141, 380, 382 f;
143, 128, 138 f; Senat, Urteile vom 18. April 2002 - III ZR 199/01 - NJW
2002, 2386; vom 24. Mai 2007 - III ZR 467/04 - NJW 2007, 3344, 3345, Rn. 10;
alle Entscheidungen noch zu § 8 AGBG ergangen; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs,
AGB-Recht, 10. Aufl., § 307 BGB, Rn. 6, 14, 18 ff).
23 bb) Um eine solche Preisvereinbarung handelt es sich hier aber nicht.
Die Beklagte hat mit der streitgegenständlichen Klausel nicht den Preis für
die von ihr geschuldete Leistung festgelegt, sondern den unzulässigen (§
306a BGB) Versuch unternommen, das ihren Kunden gesetzlich zustehende
jederzeitige Kündigungsrecht (§ 627 BGB) sowie das Recht, nach Kündigung
eine noch nicht verdiente, aber im Voraus bereits erbrachte Vergütung
zurückzufordern, zu entwerten. Nach § 628 Abs. 1 Satz 1, 3 BGB soll der
Dienstverpflichtete für seine Tätigkeit vor der Kündigung nur einen
Teilbetrag der Gesamtvergütung erhalten, errechnet aus dem Verhältnis der
für die Dauer des Dienstverhältnisses insgesamt zu erbringenden und der
bereits erbrachten Leistungen. Dem widerspricht die Regelung im
Formularvertrag in fundamentaler Weise, insoweit als die - abgesehen von dem
Zusatzbetrag von 25 € für das Ausbringen einer Einladung - gesamte vom
Kunden zu zahlende Vergütung bereits am Tag des Vertragsschlusses als von
der Beklagten verdient gelten soll. Damit wird, obwohl wie ausgeführt
die zeitlich unbegrenzte und von der Beklagten betreute Teilnahme am
Partnervermittlungs-System die für den Kunden entscheidende Leistung
ausmacht, dieser Teil völlig ausgeblendet und stattdessen die Vergütung an
die Erstellung des Videos geknüpft, das für sich genommen für den Kunden
keinen eigenständigen Wert hat und dessen Fertigung insoweit nur eine
Vorbereitungshandlung darstellt für die eigentliche, diesem Vertrag
insgesamt das Gepräge gebende Hauptleistung, nämlich die Vermittlung von
Partnerschaften. Insoweit steht der Begriff der (Haupt-)Leistung auch nicht
zur Disposition des Verwenders von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (vgl.
Senat, Urteil vom 18. April 2002, aaO) und scheidet demnach eine letztlich
willkürliche Gewichtung von Leistungsbestandteilen aus. AGB-Klauseln, die in
diesem Sinn den Rückerstattungsanspruch des Kündigenden unangemessen kürzen
oder einschränken, sind nach § 308 Nr. 7a BGB unwirksam. Sie führen
darüber hinaus unter dem Aspekt des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu einer
unzulässigen Einschränkung des Rechts auf außerordentliche Kündigung nach §
627 BGB (Senat, Urteil vom 5. November 1998, aaO; siehe auch BGH, Urteil
vom 29. Mai 1991, aaO; beide Entscheidungen noch zu § 10 Nr. 7a bzw. § 9
Abs. 2 Nr. 1 AGBG ergangen; Senat, Urteil vom 19. Mai 2005, aaO, S. 2544).
24 cc) Insoweit unterscheidet sich der streitgegenständliche Sachverhalt
auch grundlegend von demjenigen, über den der Senat in seinem von der
Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung angesprochenen Urteil vom
2. Juli 2009 (III ZR 303/08 - FamRZ 2009, 1575) entschieden hat. Zum einen
handelte es sich nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen, weil die dort im
Streit befindliche "Preisklausel" individuell ausgehandelt worden war.
Durch Individualvereinbarung kann aber in gewissen Grenzen eine von der
gesetzlichen Regelung der §§ 627, 628 BGB abweichende Bestimmung getroffen
werden (vgl. zu § 627 BGB: Senat, Urteil vom 19. Mai 2005 - III ZR
437/04 -NJW 2005, 2543; zu § 628 BGB: Senat, Urteil vom 16. Oktober 1986 -
III ZR 67/85 - NJW 1987, 315, 316; BGH, Urteil vom 27. Februar 1978 - AnwSt
(R) 9/77 - NJW 1978, 2304, m.w.N.). Zum anderen war dort - anders als hier -
die vertragstypische Hauptleistung (Erbringung von 5
Partnerschaftsvorschlägen, für die die Parteien jeweils 1.000 € vereinbart
hatten) erbracht worden und hatte sich der Vermittler lediglich
verpflichtet, bei Bedarf kostenlos weitere Vorschläge zu liefern.
25 b) Da mithin davon auszugehen ist, dass die vom Kläger gezahlte
Vergütung von 4.750 € von der Beklagten nicht bereits am Tag des
Vertragsschlusses verdient wurde, sondern auch eine Vorauszahlung für deren
weitere Leistungen darstellt, hätte die Beklagte im Einzelnen dazu vortragen
müssen, welcher Wert ihrer bis zur Kündigung erbrachten Tätigkeit im
Verhältnis zu der von ihr geschuldeten Gesamtleistung zukommt. Denn als
Dienstverpflichtete und Bereicherungsschuldnerin muss sie behaupten und
beweisen, zu welchem Teilbetrag die Vorauszahlung ihr für die bisherigen
Dienstleistungen zusteht (BGH, Urteil vom 29. Mai 1991, aaO). Dass dies
nicht in ausreichender Form erfolgt ist, hat das Berufungsgericht
rechtsfehlerfrei festgestellt; hierzu verhält sich die Revisionsbegründung
im Übrigen nicht. |