Qualifikation eines DSL-Vertrags als
Dienstvertrag; außerordentliche Kündigung nach § 626 II und § 314 BGB:
Abgrenzung der Verantwortlichkeit für die Leistungsstörung nach
Risikosphären; Bereicherungsanspruch bei rechtsgrundloser Nutzung von
Telekommunikationsdiensten; kein Nutzungsersatz für nicht gezogene Nutzungen
auch bei Nutzungen als primärem Leistungsgegenstand
BGH, Urteil vom 7. März 2013 - III ZR
231/12 - LG Berlin
Fundstelle:
NJW 2013, 2021
BGHZ 196, 285
Amtl. Leitsatz:
a) Zur Kündigung eines DSL-Anschlussvertrags aus
wichtigem Grund durch den Kunden, wenn bei einem Wechsel des Anbieters eines
DSL-Anschlusses der neue Vertragspartner verspricht, die Rufnummermitnahme
zu erledigen, und der bisherige Anbieter es versäumt, die
Teilnehmerdatenbank zu aktualisieren, so dass der Kunde nach dem Wechsel
nicht aus allen Netzen erreichbar ist.
b) Auch wenn Nutzungen primärer Bereicherungsgegenstand und nicht nach § 818
Abs. 1 BGB herauszugeben sind, ist der Kondiktionsschuldner lediglich zum
Ersatz der tatsächlich gezogenen Nutzungen verpflichtet.
c) Hat der Anbieter von Telekommunikationsleistungen nach dem Wirksamwerden
der Kündigung eines Pauschaltarifvertrags einen Kondiktionsanspruch gegen
seinen früheren Kunden auf Ersatz der nach Beendigung des
Vertragsverhältnisses gezogenen tatsächlichen Nutzungen, benötigt er zur
Begründung seines Anspruchs die Verkehrsdaten und ist nach § 97 Abs. 1 TKG
zu deren Verwendung berechtigt.
Zentrale Probleme:
Eine ebenso wichtige wie lehrreiche Entscheidung, die
auch grundlegende Aussagen zum Bereicherungsrecht enthält und wohl aus
diesem grund für BGHZ vorgesehen ist.
Es geht im
Ausgangspunkt wieder einmal um die Qualifikation eines
Telekommunikationsdienstleistungsvertrags und dessen Kündigung
aufgrund eines fehlgeschlagenen Providerwechsels (eine typische
"Leidensgeschichte" ...). Der BGH lässt die Qualifikation als Dienstvertrag
(§ 611 BGB), die er schon früher angedeutet hat (s.
BGH NJW-RR 2011, 916 und NJW 2005, 2076),
wiederum offen, da die Kündigung sowohl nach § 626 II BGB als auch - bei
Annahme eines Vertrages sui generis - nach § 314 BGB gerechtfertigt war. Im
Zentrum steht dabei die Abgrenzung der Risikosphären der Parteien. Hier war
Grund der Leistungsstörung ein Versäumnis beim bisherigen Provider des
beklagten Kunden. Da aber der Kläger mit einem unproblematischen
Anbieterwechsel geworben hatte ("Wir erledigen alles Weitere für Sie ...")
hat er damit ein solches Risiko übernommen. Dass dieser Werbetext uU nicht
Vertragsbestandteil war und lediglich Bestandteil einer "invitatio ad
offerendum" war, spielt dabei keine Rolle (s. dazu Tz. 19 f).
Von allgemeinem Interesse sind auch die Ausführungen zur Rechtzeitigkeit der
Kündigungserklärung.
Von großer Bedeutung ist die Entscheidung auch
bereicherungsrechtlich: Wenn ein Bereicherungsschuldner einen
Gegenstand herauszugeben hat, erstreckt sich die Herausgabepflicht nach §
818 I BGB auch auf (tatsächlich gezogene) Nutzungen. Können sie nicht in
natura herausgegeben werden, ist deren Wert zu ersetzen. Wer also etwa
rechtsgrundlos aufgrund eines nichtigen Kaufvertrags einen Gegenstand
erworben und diesen vermietet hat, muss nach § 818 I BGB auch die erzielte
Miete herausgeben. Davon zu unterscheiden sind Fälle, in welchen die Nutzung
primärer Bereicherungsgegenstand sind, d.h. Gegenstand der rechtsgrundlosen
Leistung waren. Die wohl hM geht hier davon aus, dass nach hier unabhängig
von der tatsächlichen Nutzung nach § 818 II BGB der Wert der
Nutzungsmöglichkeit zu ersetzen ist (so soll etwa, wer aufgrund eines
nichtigen Mietvertrags besitzt, den Wert der Nutzungsmöglichkeit, d.h. die
ortsübliche Miete, nach § 818 II BGB unabhängig davon zu ersetzen haben, ob
er die Mietsache tatsächlich genutzt hat). Dies sieht der Senat aber anders
(s. dazu bei Tz. 27).
Zunächst einmal ließe sich hier – was die Entscheidung nicht problematisiert
– an einen vollständigen Kondiktionsausschluss nach § 241a I BGB denken,
denn der Beklagte, von dessen Verbrauchereigenschaft wohl auszugehen ist,
hatte hier ohne Zweifel im Zeitraum nach der wirksamen Kündigung eine
unbestellte Dienstleistung empfangen. Ein Bereicherungsanspruch wäre nach §
241a II BGB nur dann nicht ausgeschlossen gewesen, wenn diese Dienstleistung
in der „irrigen Vorstellung einer Bestellung“ erfolgte und der Beklagte dies
zumindest hätte erkennen können. Davon kann nur ausgegangen werden, wenn der
Provider den Anschluss in Unkenntnis der Kündigung oder der (irrigen)
Annahme ihrer Unwirksamkeit aufrechterhalten hätte.
Liegt eine solche Kondiktionssperre nicht vor, kommt es auf die in der
Literatur streitige Frage des bereicherungsrechtlichen Nutzungsersatzes an.
Dabei werden in der Literatur zwei grundlegende Konstellationen
unterschieden: Hat der Bereicherungsschuldner einen bestimmten
rechtsgrundlos erlangten Gegenstand herauszugeben, erstreckt sich dieser
Bereicherungsanspruch nach § 818 I BGB auch auf Nutzungen. Dass der
gutgläubige und unverklagte Bereicherungsschuldner dabei nur tatsächlich
gezogene Nutzungen herauszugeben oder (wie meist) nach § 818 II BGB dem
Werte nach zu ersetzen hat, ist vollkommen unstreitig (für den
bösgläubigen/verklagten Schuldner s. §§ 818 IV, 819 I, 292, 987 II BGB). Um
diesen sog. sekundären Nutzungsersatzanspruch ging es aber hier gerade
nicht, da Gegenstand der Leistung nicht ein Gegenstand, sondern die
Nutzungsmöglichkeit bzw. die Dienstleistung selbst war. Nach in der
Literatur bisher wohl überwiegend vertretener Ansicht ergibt sich die
Verpflichtung zur Herausgabe der Nutzungsmöglichkeit als primärem
Leistungsgegenstand dann bereits unmittelbar aus § 812 I BGB und nicht erst
aus § 818 I BGB. Da die Nutzungsmöglichkeit als solche nicht herausgegeben
werden kann, ergibt sich dann über § 818 II BGB eine Wertersatzpflicht in
Höhe des üblichen Entgelts (nach oben begrenzt durch das vereinbarte
Entgelt) ohne Rücksicht auf die deren tatsächliche Inanspruchnahme durch den
Bereicherungsschuldner. Korrekturen können dann allerdings über § 818 III
BGB erfolgen. Das wäre selbstverständlich auch im vorliegenden Fall mehr als
angebracht, da die weitere „Freischaltung“ des vom Bekl. nicht mehr
gewünschten Anschlusses als „aufgedrängte Bereicherung“ für diesen wohl
weitgehend wertlos, ja u.U. sogar hinderlich für einen weiteren
Providerwechsel war. Dieser Ansicht, die in der Literatur auch vehemente
Kritik erfahren hat, stellt sich der Senat nun radikal entgegen: Sie
widerspreche dem Zweck des Bereicherungsrechts, das lediglich darauf
gerichtet sei, eine tatsächlich erlangte rechtsgrundlose Bereicherung
abzuschöpfen. Sie stehe auch im Widerspruch zu dem oben erwähnten Grundsatz,
dass nur der verklagte oder bösgläubige Bereicherungsschuldner für nicht
gezogene Nutzungen Ersatz zu leisten habe. Das entspricht auch der Rspr. des
BGH zu den Fällen rechtsgrundloser Kapitalüberlassung (s. dazu zuletzt BGH
ZIP 2006, 2119 Rn. 25 = BeckRS 2006, 12561).
Sicherlich wichtigste praktische Folge der Entscheidung ist die dezidierte
Aussage in Leitsatz b), reicht sie doch in ihrer generellen Natur weit über
den entschiedenen Fall hinaus: Sie ist eine klare Stellungnahme für alle
Fälle des Bereicherungsausgleichs bei unwirksamen Verträgen, die Nutzungen
oder Dienstleistungen zum Gegenstand haben. Die in weiten Teilen der
Literatur vertretene Ansicht, dass in diesen Fällen die Nutzungsmöglichkeit
bzw. die Dienstleistung als solche eine Bereicherung für den anderen Teil
darstellt und (vorbehaltlich einer Korrektur nach § 818 III BGB) im Wege des
Wertersatzes ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Nutzung bzw.
Inanspruchnahme bereicherungsrechtlich zu ersetzen ist, wird klar verworfen.
Damit haftet etwa auch bei unwirksamen Mietverträgen der
Bereicherungsschuldner nur für tatsächlich gezogene Nutzungen, obwohl im
Fall der Wirksamkeit des Vertrags die Entgeltpflicht nicht von der
tatsächlichen Nutzung abhinge (§ 537 I S. 1 BGB). Der in der Literatur
vertretenen Gegenansicht, die sich maßgeblich darauf stützt, dass z.B. der
Mieter auch im Falle der Unwirksamkeit des Mietvertrags eine
„vermögensmäßige Entscheidung“ getroffen hat, die Nutzungsmöglichkeit eines
Gegenstandes zu erhalten, die durch die Nichtigkeit des Vertrags nur in
Ausnahmefällen in Frage gestellt wird (s. etwa Flume, Gedächtnisschrift für
Knobbe-Keuk, 1998, S. 111, 125), wird ausdrücklich entgegengetreten (s. zur
Kritik an dieser maßgeblich auf Manfred Lieb zurückgehenden Sichtweise
bereits Canaris, 1. Festschrift f. W. Lorenz, 1991, S. 19, 48 ff; aus
jüngerer Zeit s. insbesondere MünchKommBGB/Schwab, 5. Aufl., § 818 Rn. 20
ff). Vor dem Hintergrund der Rspr. des BGH zur Frage des Nutzungsersatzes
bei rechtsgrundloser Überlassung von Kapital ist dies durchaus konsequent,
weil widerspruchsfrei.
S. dazu auch den Aufsatz von Fervers/Gsell NJW 2013, 3607.
©sl 2013
Tatbestand:
1 Die Klägerin bietet
Telekommunikationsdienste an. Sie verlangt von dem Beklagten Entgelte für
die Bereitstellung und Nutzung eines DSL-Anschlusses von Januar bis Juli
2010.
2 Der Beklagte unterhielt den in seiner Wohnung in B. befindlichen Anschluss
zunächst bei dem Anbieter A. . Er entschloss sich, zur Klägerin zu wechseln.
Diese stellte auf ihren Internetseiten unter der Überschrift "So werden Sie
Kunde bei V. - ganz einfach in nur drei Schritten!" das Procedere eines
Anbieterwechsels zu ihr wie folgt dar:
"1. Sie wählen Ihr individuelles DSL-Produkt aus: ...
2. Sie beauftragen Ihr individuelles DSL-Produkt: ...
3. Wir erledigen dann alles Weitere für Sie: ..."
3 Unter der Nummer 3 war folgender Text abgebildet: "Kündigung Ihres
bisherigen Anschlusses, Rufnummernmitnahme in vielen Gebieten möglich und
bereits inklusive, Einrichtung des V. -Anschlusses"
Der Beklagte wählte einen Pauschaltarif (Flatrate) für Telefon und
Internetnutzung von 29,89 € pro Monat einschließlich Umsatzsteuer mit einer
Vertragslaufzeit von 24 Monaten. Seine bisherige Rufnummer sollte übernommen
werden. Der Anbieterwechsel wurde Ende 2009 vollzogen.
4 Anfang Dezember 2009 bemerkte der Beklagte, dass sein Telefonanschluss nur
aus dem Netz der Klägerin, nicht aber aus denen anderer Diensteanbieter,
insbesondere nicht aus dem der D. AG und seines bisherigen
Teilnehmernetzbetreibers aus erreichbar war. Er teilte dies der
Störungsstelle der Klägerin per E-Mail am 7. Dezember 2009 mit. Diese riet
ihm mit elektronischer Post vom Folgetag, einen Neustart des DSL-Modems
durchzuführen. Nachdem dies nicht den gewünschten Erfolg gehabt und der
Beklagte die Klägerin hiervon in Kenntnis gesetzt hatte, unterrichtete ihn
diese davon, dass sein Anliegen an die Technikabteilung weitergeleitet
worden sei und sich dort im Bearbeitungsprozess befinde, um das
"Routingproblem" prüfen zu lassen. Als am 15. Dezember 2009 der Anschluss
des Beklagten immer noch nicht aus den Fremdnetzen erreichbar war, sprach er
in einer Geschäftsstelle der Klägerin in B. -S. vor. Dort wurde ihm
erläutert, es handle sich um einen "Routingfehler". Er möge sich noch einige
Tage gedulden. Der Beklagte erwiderte, seine Geduld sei bereits am Ende und
er werde den Vertrag kündigen, wenn die Störung nicht binnen einer Woche
behoben sei.
5 Nachdem der Fehler auch nach den Weihnachtstagen nicht beseitigt
war, erklärte der Beklagte mit am 29. Dezember 2009 bei der Klägerin
eingegangenem Schreiben die außerordentliche fristlose Kündigung des
Vertrags. Die Klägerin schaltete den Anschluss des Beklagten
gleichwohl nicht ab. Dieser nutzte ihn in der Folgezeit noch gelegentlich.
Er ging davon aus, ein erneuter Anbieterwechsel scheitere daran, dass die
Klägerin, die die Kündigung nicht akzeptierte, die Rufnummer nicht
"freigebe". Im Januar 2010 war der Telefonanschluss auch aus den Fremdnetzen
erreichbar. Im April 2010 verzog der Beklagte nach H. N. .
6 Die Klägerin stellte ihm weiterhin das regelmäßig anfallende
monatliche Entgelt für die Monate Januar bis Juli 2010, die darüber hinaus
in Anspruch genommenen Gesprächseinheiten für Telefonate in das
Mobilfunknetz sowie eine "Sperrgebühr", insgesamt 233,07 €, in Rechnung.
Schließlich kündigte sie das Vertragsverhältnis ihrerseits wegen des nach
ihrer Ansicht bestehenden Zahlungsrückstands des Beklagten fristlos.
7 Sie hat behauptet, die Ursache für die fehlende Erreichbarkeit des
Anschlusses des Beklagten aus den Fremdnetzen sei ein Fehler von A. im
Rahmen der Übertragung der Rufnummer gewesen. Dieses Unternehmen habe es
unterlassen, die so genannte Portierungsdatenbank zu aktualisieren. Sie hat
die Auffassung vertreten, dieses Versäumnis falle nicht in ihren
Risikobereich. Vielmehr sei es der rechtlichen Sphäre des Beklagten
zuzuordnen, da dessen früherer Teilnehmernetzbetreiber sein Vertragspartner
gewesen sei und eine nachvertragliche Pflicht verletzt habe. Aus
diesem Grunde habe der Beklagte keinen wichtigen Grund zur fristlosen
Kündigung des Vertrags gehabt.
8 Das Amtsgericht hat die auf Verurteilung des Beklagten zur Zahlung der
oben genannten Summe gerichtete Klage abgewiesen. Auf die zugelassene
Berufung hat das Landgericht den Beklagten zur Zahlung von 32,59 €
verurteilt und das Rechtsmittel im Übrigen zurückgewiesen. Mit ihrer vom
Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre
Restforderung weiter.
Entscheidungsgründe
9 Die zulässige Revision bleibt in der Sache ohne Erfolg.
I.
10 Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die Klägerin keinen
Zahlungsanspruch aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag. Der
Beklagte habe diesen wirksam gekündigt. Das von der Klägerin behauptete
Versäumnis des früheren Teilnehmernetzbetreibers falle in ihren
Risikobereich. Sie habe angepriesen, sie werde bei dem Anbieterwechsel alles
für den Beklagten erledigen. Dies könne nur dahin verstanden werden, dass
sie sämtliche Schritte, auch im Verhältnis zum alten Anbieter, übernommen
habe und damit auch das Risiko von irgendwie gearteten Problemen bei der
Umstellung. Die Kündigung des Beklagten sei innerhalb der maßgeblichen Frist
erfolgt. Nach allem schulde der Beklagte auch nicht die Sperrgebühr.
11 Selbst wenn der Risikobereich des Beklagten betroffen gewesen sein
sollte, ergäbe sich kein anderes Ergebnis. Dieser habe bestritten, dass es
sich um ein Routingproblem in der Sphäre von A. gehandelt habe. Die Klägerin
habe keinen geeigneten Beweis angetreten. Ihr Beweisangebot
"Sachverständigengutachten" sei nicht ausreichend. Die reine Behauptung der
Fehlerursache ohne eine Darstellung der Bemühungen, den Fehler zu finden und
abzustellen, sei im Übrigen unsubstantiierter Vortrag.
12 Wegen der Teilnutzung des Anschlusses nach der Kündigung stehe der
Klägerin jedoch ein Wertersatz gemäß §§ 812, 818 BGB in Höhe von 32,59 € zu.
Dass die Klägerin dem Beklagten mangels Speicherung von Einzelverbindungen
nicht nachweisen könne, welche Leistungen er in der maßgeblichen Zeit noch
in Anspruch genommen habe, stehe einer Verurteilung zur Zahlung von
Wertersatz nicht entgegen. Da zwischen den Parteien eine Flatrate vereinbart
gewesen sei, sei die Klägerin nicht berechtigt gewesen, die Verkehrsdaten
der unter diesen Tarif fallenden Verbindungen zu speichern. Der Wert der vom
Beklagten nach der Kündigung in Anspruch genommenen Dienstleistungen sei auf
der Basis der üblichen Vergütung gemäß § 287 Abs. 2 ZPO zu schätzen, wobei
der Vertragsinhalt Anhaltspunkt für deren Bemessung sein könne.
Dementsprechend könne der vereinbarte Pauschaltarif als Ausgangswert
herangezogen werden. Der Wert der in Anspruch genommenen Leistungen könne
aber nicht zwangsläufig mit diesem identisch sein, da der Beklagte nach
seinen unbestrittenen Angaben im Termin zur mündlichen Verhandlung den
Anschluss als Zugang zum Internet nur "ab und zu" verwendet habe. Das
Telefonfestnetz habe er gar nicht genutzt. Für Januar, als der Beklagte noch
nicht vollständig erreichbar gewesen sei, seien 10 % der Flatrate für den
Festnetzanschluss und 25 % des Pauschaltarifs für den Internetzugang
anzusetzen. Für die Monate Februar bis April 2010 belaufe sich der
Wertersatz auf 25 % beider Pauschaltarife. Weiterhin hat das
Berufungsgericht die einzeln berechneten Entgelte für Anrufe in das
Mobilfunknetz hinzugerechnet. Für die Zeit ab Mai sei kein Wertersatz mehr
geschuldet, da der Beklagte aus B. fortgezogen sei und den Anschluss nicht
mehr habe nutzen können.
II.
13 Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
14 1. Vertragliche Ansprüche der Klägerin auf Zahlung der
vereinbarten Entgelte scheiden aus, da der Beklagte den zwischen den
Parteien geschlossenen Vertrag wirksam fristlos gekündigt hat. Mit
Zugang des Kündigungsschreibens bei der Klägerin am 29. Dezember 2009 war
das Vertragsverhältnis aufgelöst.
15 a) Der Senat neigt dazu, den Vertrag, durch den sich der Anbieter
von Telekommunikationsleistungen verpflichtet, einem Kunden den Zugang zum
Telefonfestnetz und Internet herzustellen, als Dienstvertrag zu
qualifizieren (vgl. Urteil vom
11. November 2010 - III ZR 57/10,
NJW-RR 2011, 916 Rn. 8;
Beschluss vom 23. März 2005 - III
ZR 338/04, NJW 2005, 2076). Er hat die Frage
bisher offen lassen können. Auch jetzt muss sie nicht entschieden werden.
Ob sich das Recht des Beklagten zur außerordentlichen Kündigung des
Vertrags mit der Klägerin nach § 626 BGB oder nach § 314 BGB richtet, kann
auf sich beruhen. Denn die Anforderungen an einen wichtigen Grund zur
Kündigung des Rechtsverhältnisses im Sinne des § 626 Abs. 1 und des § 314
Abs. 1 Satz 2 BGB sind, wie sich aus dem Wortlaut der beiden Vorschriften
ergibt, inhaltlich im Wesentlichen gleich (Senatsurteil
vom 11. November 2010 aaO).
16 Für die Kündigungsfristen gelten zwar unterschiedliche Regelungen
(§ 314 Abs. 3 und § 626 Abs. 2 BGB). Sie führen im vorliegenden Fall aber
nicht zu verschiedenen Ergebnissen (siehe unten Buchstabe c).
17 b) Voraussetzung für eine außerordentliche
Kündigung aus wichtigem Grund ist, dass dem Kündigenden die Fortsetzung des
Vertragsverhältnisses unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles
und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht zugemutet werden kann
(z.B. Senatsurteil
vom 11. November 2010 aaO Rn. 9 mwN; zu § 314 BGB z.B.:
BGH, Urteil vom 9. März 2010 - VI ZR 52/09, NJW 2010, 1874 Rn. 15; siehe
ferner zu § 313 BGB z.B.: BGH, Urteil vom 30. April 2009 - I ZR 42/07, BGHZ
181, 77 Rn. 72). Dies ist im Allgemeinen nur
dann anzunehmen, wenn die Gründe, auf die die Kündigung gestützt wird, im
Risikobereich des Kündigungsgegners liegen (Senatsurteil
vom 11. November 2010 aaO und BGH, Urteil vom 9. März
2010 aaO mwN). Wird der Kündigungsgrund hingegen aus Vorgängen
hergeleitet, die dem Einfluss des Kündigungsgegners entzogen sind und aus
der eigenen Interessensphäre des Kündigenden herrühren, rechtfertigt dies
nur in Ausnahmefällen die fristlose Kündigung (Senat aaO).
Die Abgrenzung der Risikobereiche ergibt sich dabei aus dem Vertrag, dem
Vertragszweck und den anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen
(Senat aaO und BGH, Urteil vom 9. März 2010 aaO mwN).
18 aa) Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht zu Recht dem Beklagten
einen wichtigen Grund zur Kündigung des zwischen den Parteien geschlossenen
Vertrag zugebilligt, wobei sich die revisionsgerichtliche Kontrolle darauf
beschränkt, ob der Tatrichter den Rechtsbegriff des wichtigen Grunds richtig
erfasst, ob er aufgrund vollständiger Sachverhaltsermittlung geurteilt und
ob er in seine Wertung sämtliche Umstände des konkreten Falls einbezogen hat
(Senatsurteil vom 11. November 2010 aaO Rn. 10).
19 (1) Das
von der Klägerin behauptete Versäumnis des früheren Teilnehmernetzbetreibers
des Beklagten bei der Aktualisierung der Portierungsdatenbanken fällt nach
dem Vertrag in den Risikobereich der Klägerin. Zutreffend hat das
Berufungsgericht bei seiner Würdigung die Darstellung der Klägerin in ihrer
Internetanzeige über den Ablauf des Anbieterwechsels berücksichtigt.
Zwar mag deren Inhalt nicht ausdrücklich in die zum Vertragsschluss
führenden Willenserklärungen einbezogen worden seien. Insoweit fehlen
Vortrag der Parteien und dementsprechend Feststellungen der Vorinstanz.
Jedoch auch wenn die Erläuterung der Klägerin nur Bestandteil einer
invitatio ad offerendum gewesen sein sollte, sind die darin enthaltenen
Angaben bei der Bestimmung der Risikobereiche zu berücksichtigen, da die
Klägerin davon ausgehen musste, dass der Beklagte seine Erklärung auf der
Grundlage ihrer Darstellung des Verfahrensablaufs abgab (vgl.
BGH, Urteil vom 26. Januar
2005 - VIII ZR 79/04, WM
2005, 659, 660 f).
20 Zutreffend hat das Berufungsgericht diese Erläuterung dahin
gewürdigt, dass die Klägerin die gesamte Abwicklung des Anbieterwechsels,
einschließlich der Mitnahme der bisherigen Rufnummer für den Beklagten
übernahm. Darin enthalten war auch die Auseinandersetzung mit dem bisherigen
Anbieter. Dies folgt daraus, dass sich die Klägerin berühmte, nach
Beauftragung eines von ihr angebotenen DSL-Produkts "alles Weitere" für den
Kunden zu erledigen. Aus dieser sämtliche erforderlichen Maßnahmen
erfassenden Wendung folgt, dass die Klägerin es auch übernahm, die
Verwendbarkeit der bisherigen Rufnummer zu gewährleisten und die dafür
notwendigen Schritte gegenüber dem vormaligen Teilnehmernetzbetreiber zu
ergreifen. Unterstrichen wird dies dadurch, dass die Klägerin ihre Kunden
auch von der Kündigung gegenüber dem bisherigen Anbieter entlastete.
Mit der Übernahme all dessen, was zur Rufnummernmitnahme zu veranlassen war
- und zwar auch im Verhältnis zum bisherigen Diensteanbieter -, trat die
Klägerin in das Risiko von Versäumnissen des vormaligen Anbieters bei diesem
Vorgang ein.
21 Unbeachtlich ist, ob, wie die Klägerin geltend macht, in technischer
Hinsicht zwischen der Übertragung der Rufnummer des Kunden von dem alten auf
den neuen Anschluss (Portierung) und dem so genannten Routing, das heißt der
Festlegung der Wege für die Nachrichtenübermittlung, zu unterscheiden ist.
Es mag auch sein, dass das Routing zu dem neuen Teilnehmernetzbetreiber von
dem bisherigen Anbieter durch eine Aktualisierung der Rufnummerndatenbanken
zu veranlassen ist. Diese, von der Klägerin behauptete technische
Unterscheidung zwischen Portierung und Routing ist nicht in den Vertrag
zwischen den Parteien eingeflossen. Diese Differenzierung ist einem
durchschnittlichen Kunden, der nicht über fernmeldetechnisches Spezialwissen
verfügt, nicht geläufig. Sie findet in dem von der Klägerin verwendeten
Begriff der "Rufnummernmitnahme", die sie für ihre Anschlussnehmer zu
erledigen versprach, auch keinen Ausdruck. Der normal gebildete
Anschlussnehmer versteht diese Zusage dahin, dass die Klägerin für ihn
sämtliche Maßnahmen - auch gegenüber dem bisherigen Anbieter - veranlasst,
die notwendig sind, damit er seine gewohnte Rufnummer für abgehende und
ankommende Verbindungen auch nach dem Wechsel zur Klägerin verwenden kann.
22 Da das behauptete Versäumnis von A. bei der Rufnummernmitnahme in den
Risikobereich der Klägerin fällt, kommt es auf die Hilfserwägungen des
Berufungsgerichts für den Fall, dass dies nicht zutrifft, und die insoweit
erhobenen Rügen der Revision nicht mehr an.
23 (2) Die mehrwöchige Nichterreichbarkeit des Anschlusses des
Beklagten aus den Netzen anderer Telekommunikationsdiensteanbieter als dem
der Klägerin stellt einen wichtigen Grund zur Kündigung des Vertrags dar, da
damit eine wesentliche Funktion des Telefons, mithin ein entscheidender Teil
der von der Klägerin geschuldeten Leistung, ausfiel (siehe bereits
Senatsurteil vom 24. Januar
2013 - III ZR 98/12, juris Rn. 15, zur Veröffentlichung
in BGHZ vorgesehen). Im vorliegenden Fall tritt - ohne dass es hierauf noch
ankommt - hinzu, dass die Klägerin ein vergleichsweise kleines Netz
unterhält und insbesondere Anrufe aus dem Netz der D. AG, die nach wie vor
mit Abstand der größte Teilnehmernetzbetreiber ist, den Beklagten nicht
erreichen konnten.
24 bb) Entgegen der Ansicht der Revision hat der Beklagte seine
Kündigungserklärung auch rechtzeitig (§ 314 Abs. 3, § 626 Abs. 2 BGB)
abgegeben. Maßgeblich ist nicht der Zeitpunkt, zu dem der Beklagte
Kenntnis davon erhielt, dass sein Anschluss aus Fremdnetzen nicht erreichbar
war. Dieser Umstand allein hätte noch nicht einen wichtigen Grund für eine
fristlose Kündigung dargestellt. Vielmehr war der Klägerin
Gelegenheit zu geben, diesen Mangel binnen angemessener Frist abzustellen (§
314 Abs. 2 BGB; zur Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB siehe z.B.
Palandt/Weidenkaff, BGB, 72. Aufl., § 626 Rn. 18). Der wichtige
Grund, der den Beklagten zur fristlosen Kündigung berechtigte, war vielmehr
das ergebnislose Verstreichen der der Klägerin gesetzten Frist zur Behebung
des Fehlers. Der Beklagte hatte der Klägerin bei seiner Vorsprache
in deren Geschäftsstelle in B. -S. am 15. Dezember 2009 eine Woche Zeit
gegeben, die umfassende Erreichbarkeit seines Anschlusses herzustellen. Die
nach Ablauf dieser Frist am 22. Dezember 2009 der Klägerin am 29. Dezember
2009 zugegangene Kündigungserklärung des Beklagten erfolgte sowohl innerhalb
der in § 626 Abs. 2 BGB bestimmten zweiwöchigen als auch innerhalb einer
angemessenen Frist gemäß § 314 Abs. 3 BGB.
25 2. Soweit das Berufungsgericht der Klägerin auf der Grundlage von § 812
Abs. 1 Satz 1, 1. Alt., § 818 Abs. 2 BGB einen Wertersatz für die Nutzung
des Anschlusses in der Zeit nach der Auflösung des Vertragsverhältnisses bis
zum Umzug des Beklagten lediglich in Höhe von 32,59 € zuerkannt hat, weist
das angefochtene Urteil keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin auf.
26 a) Der Beklagte erlangte durch die - nach den Feststellungen des
Berufungsgerichts auch wahrgenommene - Möglichkeit, den von der Klägerin
bereitgestellten Zugang zum Telekommunikationsnetz nach der wirksamen
Kündigung des Vertrags weiterhin zu nutzen, Vorteile, für die ein
Rechtsgrund nicht bestand. Maßgeblich sind die tatsächlich
gezogenen Nutzungen (vgl. z.B. BGH, Urteile vom 12. September 2006
- XI ZR 296/05, ZIP 2006, 2119 Rn. 25; vom 12. Mai 1998 - XI ZR 79/97, NJW
1998, 2529, 2530; vom 8. Oktober 1991 - XI ZR 259/09, BGHZ 115, 268, 270 und
vom 8. Oktober 1987 - VII ZR 185/86, BGHZ 102, 41, 47). Allerdings
soll nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung, soweit die
Nutzungen - wie im vorliegenden Sachverhalt - primärer
Bereicherungsgegenstand und nicht nach § 818 Abs. 1 BGB herauszugeben sind,
der Kondiktionsschuldner unabhängig vom Umfang der tatsächlich erlangten
Nutzungen zur Erstattung des objektiven Werts der Nutzungsmöglichkeit
verpflichtet sein (Erman/Buck-Heeb, BGB, 13. Aufl., § 818 Rn. 10;
MünchKomm BGB/Lieb, 4. Aufl., § 812 Rn. 357 ff, 369, § 818 Rn. 12 ff,
Staudinger/Lorenz, BGB [2007] § 818 Rn. 13 sowie Bamberger/Roth/Wendehorst,
BGB, 3. Aufl., § 818 Rn. 18, die unabhängig davon, ob die Herausgabe von
Nutzungen primär geschuldet wird oder als Folgeanspruch nach § 818 Abs. 1
BGB den Wert der Nutzungsmöglichkeit für maßgeblich hält; aA: MünchKommBGB/Schwab,
5. Aufl., § 818 Rn. 20 ff, 27; Palandt/Sprau, BGB, 72. Aufl., § 818 Rn. 10;
Prütting/Wegen/Weinreich/Leupertz, BGB, 7. Aufl., § 818 Rn. 5, 7).
27 Dieser
Ansicht ist jedoch nicht beizutreten. Sie widerspricht dem Zweck des
Bereicherungsrechts, das - von den Ausnahmefällen der § 818 Abs. 4, § 819
BGB abgesehen - lediglich darauf gerichtet ist, eine tatsächlich erlangte
rechtsgrundlose Bereicherung abzuschöpfen und sie demjenigen zuzuführen, dem
sie nach der Rechtsordnung gebührt (z.B.
Bamberger/Roth/Wendehorst aaO § 812 Rn. 4 f; Erman/Buck-Heeb aaO Vor § 812
Rn. 2; Palandt/Sprau aaO Einf v § 812 Rn. 1). Danach kann von einer
Bereicherung im Sinne der §§ 812 ff BGB in der Regel nur gesprochen werden,
wenn und soweit der Bereicherte eine echte Vermögensvermehrung erfahren hat
(BGH, Urteil vom 7. Januar 1971 - VII ZR 9/70, BGHZ 55, 128, 131).
Deshalb gilt als allgemein anerkannter Grundsatz, dass die
Herausgabepflicht des Bereicherten keinesfalls zu einer Verminderung seines
Vermögens über den wirklichen Betrag der Bereicherung hinaus führen darf
(BGH aaO mwN). Damit wäre der von Teilen der Literatur befürwortete
Bereicherungsausgleich von Nutzungen ohne Rücksicht auf die tatsächlich
gezogenen Vorteile nicht zu vereinbaren. Überdies steht diese Auffassung im
Widerspruch zu § 818 Abs. 4, § 819 Abs. 1, § 292 Abs. 2 und § 987 Abs. 2
BGB, nach denen Ersatz für nicht gezogene Nutzungen lediglich der
bösgläubige oder verklagte Schuldner zu leisten hat und dies auch nur,
soweit ihn ein Verschulden trifft.
28 Da die Herausgabe der vom Beklagten (tatsächlich) gezogenen
Nutzungen in natura nicht möglich ist, hat er gemäß § 818 Abs. 2 BGB
Wertersatz zu leisten. Dieser richtet sich nach dem objektiven Verkehrswert
des Erlangten (st. Rspr. z.B. Senatsurteil vom 21. März 1996 - III
ZR 245/94, BGHZ 132, 198, 207; BGH, Urteil vom 5. Juli 2006 - VIII ZR
172/05, BGHZ 168, 220 Rn. 39 jew. mwN). Dieser Wert findet in der am
Markt üblichen oder - in Ermangelung einer solchen - in der angemessenen
Vergütung seinen Ausdruck, die bei ordnungsgemäßer Inanspruchnahme des in
Rede stehenden Rechtsguts zu entrichten ist (aaO mwN).
Begrenzt wird der Anspruch jedoch durch das vereinbarte Entgelt
(BGH, Urteil vom 31. Mai 1990 - VII ZR 336/89, BGHZ 111, 308, 314), hier den
Pauschaltarif. Zur Bestimmung des danach von dem Kondiktionsschuldner zu
leistenden Betrags sind der Umfang der tatsächlich gezogenen Nutzungen und
die hierfür übliche beziehungsweise angemessene Vergütung festzustellen.
29 b) Das Berufungsgericht konnte zur Bemessung des Umfangs der
Inanspruchnahme des Anschlusses durch den Beklagten und des Werts dieser
Nutzungen eine Schätzung gemäß § 287 Abs. 2 ZPO vornehmen. Eine solche liegt
im pflichtgemäßen Beurteilungsermessen des Tatrichters und ist durch das
Revisionsgericht nur beschränkt dahingehend nachprüfbar, ob die Vorinstanz
erhebliches Vorbringen der Parteien unberücksichtigt gelassen, wesentliche
Bemessungsfaktoren außer Acht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige
Maßstäbe zugrunde gelegt hat (z.B. BGH, Urteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR
262/10, NJW 2012, 2427 Rn. 65 und Versäumnisurteil vom 17. Mai 2011 - VI ZR
142/10, NJW-RR 2011, 1109 Rn. 7 mwN). Derartige Rechtsfehler zeigt die
Revision nicht auf und sind auch ansonsten nicht ersichtlich.
30 aa) Das Berufungsgericht hat seiner Schätzung des Werts der vom Beklagten
gezogenen Nutzungen im Ausgangspunkt den vereinbarten Pauschaltarif zugrunde
gelegt und hiervon aufgrund seiner Feststellungen zum Umfang der
tatsächlichen Inanspruchnahme des Anschlusses einen prozentualen Anteil in
Ansatz gebracht. Diese Berechnungsmethode ist, da § 287 ZPO eine bestimmte
Schätzungsgrundlage nicht vorgibt (BGH, Versäumnisurteil vom 17. Mai 2011
aaO), nicht zu beanstanden. Auch die Revision erhebt hiergegen keine Rüge.
31 bb) Soweit das Berufungsgericht bei seiner Schätzung auf der Basis der
Angaben des Beklagten davon ausgegangen ist, dieser habe seinen
Telefonfestnetz- und Internetanschluss nur noch in geringem Umfang genutzt,
ist dies im Ergebnis ebenfalls nicht zu bemängeln.
32 Allerdings hat das Berufungsgericht unzutreffend angenommen, die Klägerin
sei entsprechend § 45i Abs. 2 TKG von der insoweit ihr obliegenden
Darlegungslast befreit gewesen, weil sie wegen des vereinbarten
Pauschaltarifs die Verkehrsdaten nicht habe speichern dürfen. Die
Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Kunde die Leistung des
Diensteanbieters in Anspruch genommen hat, trägt Letzterer (Senatsurteil vom
24. Juni 2004 - III ZR 104/03, NJW 2004, 3183). Ferner trägt er, obgleich
dies nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt ist, nach den allgemeinen
zivilrechtlichen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast für die richtige
Berechnung der Telekommunikationsdienstleistung, für die er das Entgelt
beansprucht (Senatsurteil vom 7. Februar 2013 - III ZR 200/11, Rn. 26 mwN,
zur Veröffentlichung vorgesehen). Gemäß § 45i Abs. 2 TKG entfällt die
Nachweispflicht des Anbieters für die erbrachten Verbindungsleistungen, wenn
aus technischen Gründen keine Verkehrsdaten gespeichert wurden, diese unter
den dort näher bestimmten Voraussetzungen rechtmäßig gelöscht wurden oder
der Teilnehmer nach einem Hinweis auf den Fortfall der Nachweispflicht
verlangt hat, die Verkehrsdaten zu löschen oder nicht zu speichern. Dies
dürfte entsprechend gelten, wenn der Diensteanbieter zur Verwendung der
angefallenen Verkehrsdaten nicht berechtigt ist (vgl. §§ 96, 97, 100 TKG).
Es mag auch unterstellt werden, wovon das Berufungsgericht ausgegangen ist,
dass die Klägerin im Hinblick auf die mit dem Beklagten getroffene
Pauschaltarifvereinbarung zunächst nicht gemäß § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1 TKG
befugt war, die Verkehrsdaten zu verwenden, soweit sie sich auf Verbindungen
bezogen, die unter diesen Tarif fielen (siehe jedoch Senatsurteil vom 13.
Januar 2011 - III ZR 146/10, NJW 2011, 1509 Rn. 17, 18, 23 ff).
33 Mit der wirksamen Kündigung des zwischen den Parteien
geschlossenen Vertrags durch den Beklagten war jedoch die Flatrateabrede
entfallen. Die Klägerin, die den Anschluss trotz der
Kündigung nicht abschaltete, kann für dessen Nutzung deshalb ein Entgelt nur
noch in Form des kondiktionsrechtlichen Wertersatzes (§ 818 Abs. 2 BGB)
verlangen, welcher sich nach den von dem Beklagten konkret gezogenen
Nutzungen richtet, begrenzt durch den vereinbarten Pauschaltarif
(siehe oben Buchstabe a). Zur Ermittlung deren Umfangs und des daraus
folgenden Entgeltanspruchs war die Klägerin auf die Erfassung der einzelnen
Verbindungen, die vom Anschluss des Beklagten aus hergestellt wurden, und
deshalb auf die Erfassung und Speicherung der Verkehrsdaten angewiesen.
Damit war sie gemäß § 97 Abs. 1 TKG zu deren Verwendung berechtigt, so dass
eine entsprechende Anwendung von § 45i Abs. 2 TKG ausscheidet. Rechtlich
unbeachtlich ist, ob die Klägerin davon ausging, die
Pauschaltarifvereinbarung gelte wegen Unwirksamkeit der Kündigung des
Beklagten fort, so dass sie zu einer Speicherung der Verkehrsdaten nicht
befugt sei. Eine solche Auffassung würde auf einem von der Klägerin selbst
zu verantwortenden Rechtsirrtum beruhen, der in ihr Risiko fiele und nicht
zu Lasten des Beklagten gehen dürfte. Dementsprechend konnte sich die
Klägerin entgegen ihrer Auffassung zum schlüssigen Vortrag ihrer Forderung
nicht auf die Behauptung beschränken, der Beklagte habe ihre sämtlichen
Leistungen auch nach der Kündigung in Anspruch genommen.
34 Der Rechtsfehler des Berufungsgerichts hat sich jedoch nicht zum Nachteil
der Klägerin ausgewirkt. Die Vorinstanz hat trotz des Fehlens der
erforderlichen substantiierten Angaben der Klägerin über die konkrete
Nutzung des Anschlusses nach dem 29. Dezember 2009 bis zu dem Umzug des
Beklagten einen Wertersatz auf der Grundlage von dessen Angaben zuerkannt.
35 cc) Bei der Bemessung der Nutzungsvorteile ist neben dem Wert des
einzelnen aktiven Nutzungsvorgangs, das heißt dem der Herstellung der
einzelnen Verbindung durch den Teilnehmer, auch ein Betrag für die - im
konkreten Fall im Laufe des Januars 2010 vollständig hergestellte -
Erreichbarkeit des Telefonanschlusses mit zu berücksichtigen. Auch dem wird
das angefochtene Urteil gerecht. Dies ergibt sich daraus, dass das
Berufungsgericht für Januar 2010 unter Hinweis auf die eingeschränkte
Funktionsfähigkeit des Telefonanschlusses zunächst nur 10 % des
Pauschaltarifs für diesen Teil der Leistungen der Klägerin angesetzt und die
Quote für die Folgemonate auf 25 % erhöht hat.
36 Zumindest im Ergebnis unbegründet ist in diesem Zusammenhang die Rüge der
Revision, das Berufungsgericht habe zu Unrecht als unstreitig angesehen,
dass der Beklagte seinen Telefonanschluss seit der Kündigung nicht mehr
benutzt hat. Zwar mag die von der Revision hierzu angeführte Formulierung im
Berufungsurteil insoweit durch die Verwendung des Indikativs statt des
Konjunktivs missverständlich sein. Wie sich aus der Differenzierung, die das
Berufungsgericht zwischen Januar 2010 und den Folgemonaten in Bezug auf den
zuerkannten Anteil an dem Pauschaltarif für das Telefon vorgenommen hat,
ergibt, ist es jedoch auch von einer aktiven Nutzung des Telefonanschlusses
durch den Beklagten ausgegangen, die es mit 15 % bemessen hat.
37 Die geschätzten Quoten von 25 % des Internettarifs und von 10
beziehungsweise 25 % für den Telefonfestnetztarif halten sich innerhalb des
tatrichterlichen Beurteilungsspielraums, so dass die Schätzung des
Berufungsgerichts auch insoweit rechtlich nicht zu beanstanden ist. Die
aufgrund des Gesetzes zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Regelungen
vom 3. Mai 2012 (BGBl. I S. 958) in § 46 Abs. 2 Satz 2 TKG getroffene
Regelung, dass bei nicht rechtzeitig vollzogenem Anbieterwechsel der
bisherige Diensteanbieter einen Zahlungsanspruch in Höhe von 50 % des
ursprünglich vereinbarten Anschlussentgelts hat, ist für den Streitfall noch
nicht anwendbar, so dass sich auch eine Erörterung des Verhältnisses dieser
Bestimmung zu den kondiktionsrechtlichen Anspruchsgrundlagen erübrigt.
38 Soweit die Klägerin die Auffassung vertreten hat, es müsse eine über die
zugebilligte Summe hinaus gehende "Grundgebühr" angesetzt werden, hat sie es
versäumt, durch Vortrag dazu, in welcher Höhe eine solche Gebühr bei Fehlen
einer Pauschaltarifabrede üblich ist, dem Berufungsgericht die Grundlage zur
Schätzung eines höheren als des zuerkannten Betrags an die Hand zu geben.
39 c) Zutreffend hat das Berufungsgericht den Wertersatzanspruch der
Klägerin auf die Zeit bis zum Umzug des Beklagten von B. nach H. N.
begrenzt, da er den Anschluss seither nicht mehr nutzen konnte. Zu
Unrecht verweist die Revision für ihre gegenteilige Ansicht auf das
Senatsurteil vom 11. November 2010 (III
ZR 57/10, NJW-RR 2011, 916 Rn. 12). Diese Entscheidung
ist nicht einschlägig. Danach hat der Inhaber eines DSL-Anschlusses kein
Recht zur Kündigung des mit dem Telekommunikationsunternehmen geschlossenen
Vertrags vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit, wenn er an einen Ort umzieht,
an dem keine Leitungen verlegt sind, die die Nutzung der DSL-Technik
zulassen. Im vorliegenden Sachverhalt war zum Zeitpunkt des Umzugs das
Vertragsverhältnis bereits gelöst, so dass eine vereinbarte Laufzeit nicht
mehr bestand.
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