IPR/Erbrecht: Zuwendung von Vermögen von Todes
wegen über eine liechtensteinische Anstalt; Schenkung von Todes wegen;
Internationales Gesellschaftsrecht: Anwendung der Gründungstheorie im
Verhältnis zu EWR-Staaten; Einwand des ordre public bei ausländischen
Gesellschaftsformen; Internationales Erbrecht (Art. 25 EGBGB): Reichweite
des Erbstatuts, Vorfrage der Nachlasszugehörigkeit
BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2014 -
IV ZB 9/14 - OLG Koblenz
Fundstelle:
noch nicht bekannt
S. auch BGH v.
23.7.2017 - VI ZR 261/16
Amtl. Leitsatz:
Die Verurteilung des Erben zur Auskunftserteilung
an den Pflichtteilsberechtigten über Schenkungen im Sinne des § 2325 Abs. 1
BGB kann sich auch auf Vermögensgegenstände erstrecken, die der Erblasser in
eine Anstalt oder Stiftung liechtensteinischen Rechts eingebracht hat.
Gründe:
1 I. Die Schuldnerinnen sind die beiden Töchter und testamentarischen
Erbinnen des am 8. Juni 2006 verstorbenen Gerhard V.
(im Folgenden: Erblasser). Der Erblasser erkannte am 24. Oktober 2003 die
Vaterschaft für den am 12. Oktober 2003 geborenen Gläubiger an. Zwischen den
Parteien ist streitig, ob der Gläubiger tatsächlich Sohn des Erblassers ist.
2 Der Gläubiger verlangt von den Schuldnerinnen zur Bezifferung eines
Pflichtteilsbegehrens Auskunft über den Nachlassbestand sowie über
Schenkungen des verstorbenen Vaters.
3 Der Erblasser hatte zu Lebzeiten Teile seines im Ausland belegenen
Vermögens in eine privatrechtliche Anstalt liechtensteinischen Rechts
eingebracht und besaß Rechte an einer in Liechtenstein gegründeten Stiftung.
4 Die Anstalt wurde für den Erblasser durch die J. Anstalt in V. (im
Folgenden: Gründerin) als fiduziarische Gründerin im Jahr 1985 errichtet.
Ihre Statuten enthalten auszugsweise nachfolgende Bestimmungen:
"§ 1
Firma und Sitz der Anstalt: Unter der Firma
I. ANSTALT
besteht mit Sitz in V. eine Anstalt mit Rechtspersönlichkeit im Sinne der
Art. 534 ff. des Liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrechtes. ...
§ 3
Zweck der Anstalt:
Anlage und Verwaltung von Vermögenswerten aller Art; Halten von
Beteiligungen und sonstigen Rechten sowie alle damit zusammenhängenden
Geschäfte.
§ 6
Destinatäre:
Das Anstaltskapital und seine Erträgnisse sowie allfällige Reingewinne der
Anstalt kommen den Destinatären (Begünstigten) zu, welche vom Gründer in
einem Beistatut bezeichnet werden. Die Bezeichnung sowohl der ursprünglichen
Destinatäre als auch ihrer Rechtsnachfolger kann widerruflich oder
unwiderruflich sein. ...
§ 8
Der Gründer resp. Rechtsnachfolger:
Das oberste Organ der Anstalt ist der Gründer resp. sein oder seine
Rechtsnachfolger. In seine Kompetenz fallen ...:
a) Bestellung und Abberufung des Verwaltungsrates ...;
b) Bezeichnung der Destinatäre und die Bestimmung der Art und des Umfanges
ihrer Berechtigung;
c) Änderung und Ergänzung dieser Statuten, evtl. durch Beistatuten;
d) Verteilung des Reingewinnes;
e) Auflösung des Unternehmens und Verwendung des Liquidationsergebnisses.
§ 9
Übertragung der Gründerrechte:
Der Gründer (Inhaber der Gründerrechte) kann alle ihm ... zustehenden Rechte
mittels einer einfachen Urkunde (Zessionserklärung) auf seinen
Rechtsnachfolger übertragen. Ferner kann die Rechtsnachfolge des Gründers
auch auf dem Erbwege erworben werden.
§ 10
Der Verwaltungsrat:
Der Verwaltungsrat besteht aus einer oder mehreren Personen, welchen die
Geschäftsführung und die Vertretung der Anstalt ... obliegt. ..."
5 In einem Beistatut vom 14. Juli 1999 bestimmte die Gründerin den
Erblasser zum Erstbegünstigten, im Falle seines Ablebens die Schuldnerin zu
2 zur Zweitbegünstigten und im Falle des Ablebens sowohl des Erst- als auch
der Zweitbegünstigten die Schuldnerin zu 1 zur Drittbegünstigten "am
Vermögen und Ertrag der Anstalt". Gleichzeitig ordnete sie die
Unabänderlichkeit des Beistatuts nach dem Tode des Erstbegünstigten an.
6 Zuvor hatte die Gründerin mit dem Erblasser unter dem 18. März 1999 einen
Mandatsvertrag geschlossen, kraft dessen sie einen ihrer Funktionäre gegen
ein Entgelt als Verwaltungsrat für die Anstalt zur Verfügung zu stellen
hatte und der u.a. folgende Regelungen vorsah:
"Artikel 2
Die Beauftragte und die Verwaltung der Gesellschaft üben ihre Mandate
treuhänderisch für den Auftraggeber aus (hiernach ist unter Beauftragte
sinngemäss auch die Verwaltung zu verstehen).
Instruktionen können der Beauftragten nur die nachgenannten Personen
erteilen:
Der Auftraggeber - einzeln.
Artikel 3
Die Beauftragte verpflichtet sich, bei Ausübung ihrer Mandate sich
ausschließlich an die Instruktionen der unter Artikel 2 dieses
Mandatsvertrages bezeichnete(n) Person(en) zu halten. Sie ist ohne
Instruktionen weder ermächtigt noch berechtigt, aber auch nicht
verpflichtet, selbständig zu handeln. Die Beauftragte kann von sich aus -
aber muss nicht -handeln, wenn Gefahr für die Gesellschaft in Verzug ist und
Weisungen nicht oder ni cht rechtzeitig eintreffen. ...
Artikel 5
Die Beauftragte verpflichtet sich, jederzeit auf Verlangen des Auftraggebers
ihre Mandate niederzulegen. .
Artikel 7
Der Auftraggeber ist verpflichtet, für die Erhaltung des statutarischen
Grundkapitals der Gesellschaft Sorge zu tragen. ..."
7 Von der "W. Stiftung V. " sind lediglich Teile des auf Grundlage der
Stiftungsstatuten erlassenen Reglements bekannt, die auszugsweise wie folgt
lauten:
"Art. 1
Herr Gerhard V. ... ist zeit seines Lebens allein über das Stiftungsvermögen
und dessen Erträge verfügungsberechtigt.
Art. 2
Nach dem Ableben von Herrn Gerhard V. soll das Stiftungsvermögen wie folgt
physisch aufgeteilt werden:
(geschwärzt)
20% = Teil D steht Herrn Uwe V. , ..., zu. (geschwärzt)
Art. 6
Herr Gerhard V. hat jederzeit das Recht, den Stiftungsrat um Abänderung
dieses Reglements zu ersuchen. Nach seinem Tode darf es indessen nicht mehr
verändert werden."
8 Bei Ableben des Erblassers war die Anstalt Inhaberin mehrerer
Unternehmensbeteiligungen. Über den Umfang des Stiftungsvermögens ist nichts
bekannt.
9 Durch Teilurteil des Landgerichts Koblenz vom 9. Juni 2011 wurden die
Schuldnerinnen verurteilt, dem Gläubiger (dortiger Kläger) über die
Nachlassgegenstände, die Nachlassverbindlichkeiten sowie die Schenkungen des
Erblassers an Dritte seit dem 13. Oktober 2003 Auskunft zu erteilen und den
Wert der Nachlassgegenstände zu ermitteln. Auf die Berufung der
Schuldnerinnen wies das Oberlandesgericht Koblenz durch Urteil vom 8.
November 2012 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels die Klage
bezüglich des Wertermittlungsantrags ab.
10 Zwischenzeitlich hatte das Landgericht Koblenz auf Antrag des Gläubigers
mit Beschluss vom 1. Februar 2012 gegen die Schuldnerinnen zur Erzwingung
der Auskunftserteilung und Wertermittlung ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000
€, ersatzweise Zwangshaft von zehn Tagen verhängt.
11 Im Beschwerdeverfahren haben die Schuldnerinnen ein durch eine
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erstelltes Gutachten über das Vermögen des
Erblassers im Zeitpunkt seines Todes sowie ein zusammenfassendes
Nachlassverzeichnis vorgelegt, in dem die liechtensteinische Anstalt und
Stiftung lediglich erwähnt werden, jedoch keine Auskünfte zum Vermögen
derselben enthalten sind. Sie haben die Auffassung vertreten, dass
sie insoweit keine Auskunft schulden, da weder das Anstalts- noch das
Stiftungsvermögen pflichtteilsrelevant und die Vermögensausgliederung des
Erblassers auf Anstalt und Stiftung sowie die Benennung der Begünstigten
bereits lange vor dem auskunftspflichtigen Zeitraum erfolgt seien.
Außerdem hätten sie dem Gläubiger alle Informationen zur Stiftung erteilt,
über die sie verfügten.
12 Mit Schriftsatz vom 30. Januar 2013 hat der Gläubiger das
Zwangsvollstreckungsverfahren hinsichtlich des Wertermittlungsverlangens für
erledigt erklärt und Kostenantrag gegen die Schuldnerinnen gestellt. Dem
sind die Schuldnerinnen mit der Begründung entgegen getreten, dass der
Vollstreckungsantrag von Anfang an unzulässig und unbegründet gewesen sei.
13 Das Oberlandesgericht hat den Zwangsmittelbeschluss auf die Durchsetzung
des Auskunftsbegehrens beschränkt und die weitergehende sofortige Beschwerde
der Schuldnerinnen unter Kostenaufhebung zurückgewiesen. Mit der durch das
Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen diese ihren Antrag
auf Zurückweisung des Zwangsmittelantrags weiter, während der Gläubiger mit
seiner Anschlussrechtsbeschwerde die Feststellung der Erledigung des
Beschwerdeverfahrens hinsichtlich des Wertermittlungsanspruchs begehrt.
14 II. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
15 1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, dass sowohl Anstalt als auch
Stiftung zum Nachlassbestand gehörten und die von den Schuldnerinnen zu
diesen bislang erteilten Auskünfte unzureichend seien.
16 Bei der Anstalt handele es sich nicht um ein dauerhaft verselbständigtes
Vermögen; vielmehr ergebe sich aus den Statuten sowie dem Mandatsvertrag
eine fortdauernde Einbindung der formal in die Anstalt ausgelagerten
Bestandteile in das nachlassrelevante Gesamtvermögen
des Erblassers. Der Erblasser, der treugeberischer Gründer der Anstalt
gewesen sei, habe sich über schuldrechtliche Vereinbarungen mit der
eingeschalteten Treuhänderin derart umfassende Verfügungsrechte vorbehalten,
dass diesen ein eigenständiger Vermögenswert beizumessen sei, der dem Wert
der Anstalt entsprechen dürfte. Zumindest seit 1999 sei er treugeberischer
Inhaber der Gründerrechte gewesen, die vererblich gewesen seien und damit
zum Nachlass zählten. Danach könne offen bleiben, ob im Hinblick auf die
Anstalt von einem Scheingeschäft auszugehen sei.
17 In ähnlicher Weise sei der Erblasser über das Vermögen der Stiftung zu
Lebzeiten allein und in unbegrenztem Umfang verfügungsberechtigt geblieben.
So hätte er jederzeit die Abänderung des Reglements dahin verlangen können,
dass das Stiftungsvermögen an ihn zurückfließe. Einer Auskunftspflicht der
Erbinnen stehe nicht entgegen, dass sich die im Reglement für das Ableben
des Erblassers getroffenen Anordnungen als Schenkungen auf den Todesfall
darstellten, da diese erst mit dem Todesfall angefallen seien. Auch greife
der Einwand mangelnder eigener Kenntnis bezüglich der Stiftung nicht, weil
den Ausführungen der Schuldnerinnen nicht entnommen werden könne, ob sie die
ihnen zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft hätten.
18 2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
19 a) Bezüglich der vom Erblasser kontrollierten Anstalt liechtensteinischen
Rechts ist der Auskunftsanspruch des Gläubigers noch nicht erfüllt.
20 Zum auskunftspflichtigen Aktivnachlass zählen allerdings weder das
Vermögen der Anstalt (hierzu aa) noch die Rechte des Erblassers an derselben
(hierzu bb). Jedoch erfolgte durch die Zweit- und Drittbegünstigtenbestimmung im Beistatut der Anstalt von 1999 eine
unentgeltliche Zuwendung des Erblassers zu Gunsten der Schuldnerinnen auf
den Todesfall (hierzu cc), die - je nachdem, ob sie durch einen
entsprechenden Rechtsgrund gedeckt ist - entweder einen Kondiktionsanspruch
gegen die Schuldnerinnen begründet, der als Teil des Aktivnachlasses der
Auskunftspflicht unterliegt (hierzu dd), oder aber dem fiktiven
Nachlassbestand zuzurechnen ist, für den die Schuldnerinnen im Rahmen des
Vollstreckungstitels ebenfalls als Erbinnen Auskunft schulden (hierzu ee).
21 aa) Die Anstalt selbst sowie die von ihr gehaltenen
Unternehmensbeteiligungen und sonstigen Vermögenswerte zählen nicht zum
Nachlassbestand i.S. des - gemäß Art. 25 Abs. 1 EGBGB anwendbaren -§ 2311
Abs. 1 Satz 1 BGB, da es sich bei ihr um eine besondere Unternehmensform
liechtensteinischen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit handelt.
22 (1) Die Rechtsfähigkeit der Anstalt ist nach liechtensteinischem
Sachrecht zu beurteilen.
23 Ob eine ausländische Unternehmensform als bestehend und als
eigenständiger Träger von Rechten und Pflichten anzusehen ist, bestimmt sich
nach ihrem Personalstatut (vgl. BGH, Urteil vom 17. November 1994 - III ZR
70/93, BGHZ 128, 41, 44). Dieses richtet sich bei Auslandsgesellschaften,
die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder - wie hier - des
Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) gegründet
worden sind, nach der Gründungstheorie, derzufolge eine nach dem
ausländischen Sachrecht wirksam gegründete Gesellschaft in der Rechtsform
anzuerkennen ist, in welcher sie gegründet wurde (BGH,
Urteile vom 27.
Oktober 2008 - II ZR 158/06, BGHZ 178, 192 Rn. 19; vom 19. September 2005 -
II ZR 372/03, NJW 2005, 3351 unter II 1 a (für die liechtensteinische
Aktiengesellschaft)). Danach ist liechtensteinisches Recht maßgebliches
Personalstatut der Anstalt.
24 (2) Das hiernach maßgebende liechtensteinische Recht darf der Senat
selbst ermitteln. Gemäß den §§ 560, 576 Abs. 1 und 3 ZPO sind die
Feststellungen des Beschwerdegerichts zum Inhalt ausländischen Rechts für
das Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich bindend; soweit aber das
Beschwerdegericht das ausländische Recht - wie hier - außer Betracht
gelassen und es infolgedessen nicht gewürdigt hat, ist das
Rechtsbeschwerdegericht nicht daran gehindert, es selbst zu ermitteln und
seiner Entscheidung zu Grunde zu legen (vgl. BGH, Urteil vom
12. November 2003 - VIII ZR 268/02, NJW-RR 2004, 308 unter II 1 a bb).
25 Nach Art. 534 Abs. 1 des liechtensteinischen Personen- und
Gesellschaftsrechts (PGR) ist eine Anstalt ein rechtlich verselbständigtes
Unternehmen, dem eigene Rechtspersönlichkeit und Rechtsfähigkeit zukommt
(von Oertzen/Ponath, Asset Protection im deutschen Recht 2. Aufl. Rn. 172;
Tamm, Die liechtensteinische privatrechtliche Anstalt im Todesfall des
Gründers 2003 S. 21 ; Fischer in Festschrift für Delle Karth, 2013 S. 169,
171 f.). Gründe, welche aus Sicht des liechtensteinischen Rechts hier
ausnahmsweise eine Außerachtlassung der Rechtssubjektivität rechtfertigten,
insbesondere eine Missbrauchsabsicht des Erblassers, sind weder durch das
Rechtsbeschwerdegericht festgestellt worden noch im Übrigen ersichtlich
(vgl. zur Durchbrechung des Trennungsprinzips bei der Stiftung liechtensteinischen Rechts: OLG Düsseldorf ZEV 2010,
528, 531 ff.; OLG Stuttgart ZEV 2010, 265, 267).
26 (3) Auch der Vorbehalt des ordre public gemäß Art. 6 EGBGB gebietet es hier nicht, der Existenz der Anstalt die Anerkennung zu versagen.
Die Rechtsform der juristischen Person kann nur in besonderen Ausnahmefällen
beiseitegeschoben werden (BGH, Urteil vom 27. Januar 1975 - III ZR 117/72,
WM 1975, 357 unter II 2), beispielsweise wenn die Steuerhinterziehung den
Hauptzweck derselben bildet (BGH, Urteil vom
23. März 1979 - V ZR 81/77, WM 1979, 692 unter 1 a). Umstände, welche im
konkreten Fall die Zubilligung der Rechtsfähigkeit als offensichtlich
unvereinbar mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts erscheinen
ließen, sind nicht erkennbar.
27 bb) Auch die dem Erblasser an der Anstalt zustehenden Rechte
sind nicht in den Nachlass gefallen.
28 (1) Die dem Erblasser nach dem Beistatut i.V.m. § 6 der Anstaltsstatuten und Art. 545 Abs. 1 Nr. 1 PGR zustehenden Begünstigtenrechte gingen
nach dem insoweit ebenfalls maßgeblichen liechtensteinischen Sachrecht
nicht
im Erbwege auf seine Rechtsnachfolger über. Zwar bestimmt sich der Umfang
des Nachlasses grundsätzlich nach dem Erbstatut gemäß Art. 25 EGBGB, hier
nach deutschem Erbrecht. Ob ein Recht nach dem Tode des Erblassers noch
vorhanden ist und einen Nachlassgegenstand darstellt, ist aber eine hiervon
zu unterscheidende Vorfrage, die gesondert kollisionsrechtlich anzuknüpfen
ist (BGH, Urteil vom 10. Juni 1968 - III ZR 15/66, BB 1969, 197).
29 Ob die Begünstigtenrechte des Erblassers in den Nachlass fielen,
richtet sich dementsprechend nach dem Rechtsverhältnis, dem sie entsprungen
sind, und das gemäß deutschem internationalen Privatrecht nach dem es
beherrschenden Personalstatut der Anstalt zu beurteilen ist (vgl. BGH aaO).
Das ist hier das Recht des Fürstentums Liechtenstein.
30 Nach dessen Maßgabe ist es zulässig, die Begünstigung durch
Schweigen in den Statuten den Gründerrechten folgen zu lassen (Art. 545 Abs.
1 bis PGR), sie vererblich auszugestalten oder sie durch unter Umständen nur
beistatutarische Regelung zu bedingen sowie zu befristen (Marok, Die
privatrechtliche liechtensteinische Anstalt unter besonderer
Berücksichtigung der Gründerrechte 1994 S. 149; Tamm aaO S. 124 f.; Wiedl in
Europäisches Gesellschaftsrecht 2012 S. 181, 197; zur Möglichkeit der
sogenannten Begünstigtenkaskade im insoweit vergleichbaren Stiftungsrecht:
Marxer & Partner, Liechtensteinisches Wirtschaftsrecht 11. Aufl. S. 102).
Letzteres ist hier geschehen, indem die Begünstigung des Erblassers im Beistatut durch seinen Tod auflösend befristet wurde, womit sie nicht mehr
vererbt werden konnte.
31 (2) Die gemäß Art. 541 PGR grundsätzlich vererblichen Gründerrechte sind ebenfalls nicht in den Nachlass gefallen. Dabei kann
dahinstehen, ob sie aufgrund der im Beistatut für unabänderlich erklärten
Destinatärfestlegung nicht bereits mit dem Ableben des Erstbegünstigten
untergegangen sind (vgl. zum Meinungsstand: Tamm aaO S. 132 ff.). Jedenfalls
war der Erblasser bei seinem Tode nicht Inhaber dieser Rechte, da er weder
rechtlicher Gründer der Anstalt war noch eine Übertragung der Rechte durch
die Gründerin auf ihn stattgefunden hat.
32 Die fiduziarische Gründung begründete für den Erblasser gegenüber der
Anstalt ebenfalls keine eigene Rechtsposition, sondern vermochte ihm
lediglich einen Anspruch gegen die Gründerin auf Übertragung der
Gründerrechte zu verschaffen (vgl. Fischer aaO S. 184). Auch ein eventueller
Übergang dieses Anspruchs auf die Erben ist ohne Belang, da diesem zumindest
aufgrund der nicht mehr abänderbaren Begünstigtenbestimmung kein
Vermögenswert beizumessen ist.
33 Nach dem Beistatut steht dem Begünstigten neben dem Ertrag auch das
Kapital der Anstalt zu. Dadurch hat die Gründerin sogar im Falle der
Auflösung der Anstalt keinen Anspruch auf den Liquidationserlös (Unkrüer,
RIW 1998, 205, 206). Eine Einschränkung der Begünstigtenrechte ist der
Gründerin nach dem Tode des Erblassers angesichts der
Unabänderlichkeitserklärung der Beistatutsregelungen nicht mehr möglich
(vgl. Tamm aaO S. 127, 130 f.; Fischer aaO S. 177; Unkrüer aaO S. 207). Den
Gründerrechten ist damit ihr vermögensrechtlicher Anteil zur Gänze entzogen,
so dass sie - soweit sie noch bestehen sollten - nur noch organschaftliche
Befugnisse enthalten, denen - ähnlich der Rechtsmacht eines
Testamentsvollstreckers - kein wirtschaftlicher Wert mehr zukommt.
34 cc) Die Zweit- und Drittbegünstigtenbestimmung im Beistatut der Anstalt
ist jedoch eine wirksame lebzeitige Zuwendung des Erblassers zu Gunsten der
Schuldnerinnen auf den Todesfall.
35 (1) Bei der Begünstigungskaskade im Beistatut der Anstalt handelt es sich
um eine Regelung, die nicht dem Erbstatut, sondern dem Personalstatut der
Anstalt untersteht.
36 Ob eine Anordnung auf den Todesfall bei einem Sachverhalt mit
Auslandsbezug eine letztwillige oder lebzeitige Verfügung darstellt, ist
eine Frage der Qualifikation, die sich nach der lex fori richtet (vgl.
Senatsbeschluss vom 12. Juli 1965 - IV ZB 497/64, BGHZ 44, 121, 124;
Senatsurteil vom 19. Dezember 1958 - IV ZR 87/58, BGHZ 29, 137, 139).
37 Als Mittel der gewillkürten Weitergabe von Vermögensgegenständen im Todesfall stehen dem Erblasser im deutschen Recht neben den
Verfügungen von Todes wegen auch rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten
außerhalb des Erbrechts offen. So kann er durch Rechtsgeschäft unter
Lebenden für den Fall seines Todes sogar dingliche Verfügungen zugunsten der
von ihm Bedachten treffen (Senatsurteil vom 19. Oktober 1983 - IVa ZR 71/82,
NJW 1984, 480 unter 1). Insbesondere im Recht der Personengesellschaften
besteht die Möglichkeit der Zuwendung von Rechtspositionen auf den Todesfall
kraft gesellschaftsvertraglicher Regelungen (BGH, Urteile vom 29. September
1977 - II ZR 214/75, NJW 1978, 264 unter B II 2 b zur Begründung eines
Eintrittsrechts; vom 29. November 2011 - II ZR 306/09, WM 2012, 320 Rn. 20
zur Zuwendung einer Unterbeteiligung).
38 Die Bestimmung weiterer Destinatäre im - insoweit einem Gesellschaftsvertrag vergleichbaren - Beistatut ist danach als lebzeitige
Verfügung zu qualifizieren, weil sie eine aufschiebend befristete Gestaltung
der Rechtsverhältnisse der Anstalt darstellt. Dem steht nicht entgegen, dass
sie zu Lebzeiten des Erblassers noch jederzeit hätte abgeändert werden
können, da ein fehlendes Anwartschaftsrecht des Berechtigten der Annahme
einer Zuwendung unter Lebenden nicht entgegensteht (vgl. Senatsurteil vom
28. April 2010 - IV ZR 73/08, BGHZ 185, 252 Rn. 17).
39 (2) Nach dem danach maßgeblichen liechtensteinischen Anstaltsrecht
begegnet die Begünstigtenbestimmung zugunsten der Schuldnerinnen keinen
Wirksamkeitsbedenken.
40 Gemäß Art. 545 Abs. 1 Nr. 1 PGR kann in den Anstaltsstatuten, zu denen
auch das Beistatut zählt, bestimmt werden, wem die Anstalt und ihre
Reingewinne zukommen. Diese Destinatärbestellung ist befristbar (hierzu
bereits: II 2 a bb (1)) und unterliegt mangels erbrechtlicher Qualifikation
auch nicht den für letztwillige Verfügungen geltenden Formvorschriften.
41 (3) Die Begünstigtenbestimmung stellt auch für die Schuldnerin zu 1 eine
Zuwendung auf den Todesfall dar, da jene mit Ableben ihres Vaters - ähnlich
wie ein Nacherbe im deutschen Recht - ein Anwartschaftsrecht auf den
Anstaltsgenuss erwarb. Die mit dem Tode des Erblassers eintretende
Unabänderlichkeit der Statuten verschaffte ihr eine gesicherte
Rechtsstellung, die durch Dritte nicht mehr einseitig beseitigt werden kann
und zugleich gewährleistet, dass der Vollrechtserwerb der Drittbegünstigten
nur noch vom festgeschriebenen Bedingungseintritt abhängt (vgl. Marok aaO S.
155 Fn. 703; Müller/Bösch in Richter/Wachter, Handbuch des internationalen
Stiftungsrechts 2007 Länderbericht Liechtenstein Rn. 132 (zur
Anwartschaftsberechtigung im liechtensteinischen Stiftungsrecht)).
42 dd) Ob die Schuldnerinnen das ihnen auf diese Weise Zugewandte auch
behalten dürfen oder ob dem Nachlass insoweit ein Rückerstattungsanspruch
aufgrund ungerechtfertigter Bereicherung zusteht, über den nach Maßgabe des
Vollstreckungstitels Auskunft zu erteilen wäre, bestimmt sich allerdings
nicht nach den Statuten der Anstalt, sondern
dem Kausalverhältnis zwischen dem Erblasser und den
Zuwendungsempfängerinnen, das schuldrechtlich zu qualifizieren ist
(Senatsurteile vom 21. Mai 2008 - IV ZR 238/06, VersR 2008, 1054 Rn. 19,
sowie vom 19. Oktober 1983 - IVa 71/82, NJW 1984, 480 unter 1). Fehlt es in
diesem an einem Rechtsgrund - die Schuldnerinnen haben zu einem solchen
nichts vorgetragen - so ergibt sich ein Anspruch des Nachlasses aus den
Grundsätzen der Leistungskondiktion, der mangels Identität von neuem
Gläubiger, den beiden Erbinnen in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit,
und Schuldner, die Erbinnen jeweils einzeln, auch nicht durch Konfusion, die
in analoger Anwendung der §§ 1976, 2143, 2377 BGB bei der
Pflichtteilsberechnung ohnehin außer Betracht bliebe (Senatsurteil vom 18.
Januar 1978 - IV ZR 181/76, MDR 1978, 649, 650), untergegangen wäre.
43 ee) Sollte hingegen eine wirksame Schenkung vorliegen, so unterlägen die
zugewandten Begünstigenrechte als fiktive Nachlassaktiva ebenfalls der
Auskunftspflicht der Schuldnerinnen.
44 (1) In diesem Fall fände § 2325 Abs. 1 BGB Anwendung.
45 Zwar sind keine Begünstigtenrechte vom Erblasser auf die Schuldnerinnen
übergegangen, da die des Erblassers mit seinem Tode endeten und jene der
Schuldnerinnen zur gleichen Zeit erst originär entstanden, so dass sie nie
zum Erblasservermögen gehörten. Eine ergänzungspflichtige Schenkung setzt
jedoch keine unmittelbare Übertragung von Vermögenswerten voraus. Vielmehr
genügt hierfür bereits eine mittelbare Zuwendung, die im Falle eines
Vertrages zugunsten Dritter auf den Todesfall bejaht wird, wenn der
Erblasser den Anspruch des Bezugsberechtigten durch seine Leistungen an den
Versprechenden gleichsam erkauft
hat (Senatsurteil vom 28. April 2010 - IV ZR 73/08, BGHZ 185, 252
Rn. 17 f.).
46 Hier gilt nichts anderes, obgleich das Rechtsverhältnis zwischen
Erblasser und Anstalt nicht vertraglicher Natur ist. Denn auch hier werden
die Entreicherung des Erblassers und die Bereicherung der Schuldnerinnen
durch die Einschaltung einer Zwischenperson und rechtsgeschäftliche
Einwirkungsmöglichkeiten des Erblassers auf diese vermittelt. Wenn der
Erblasser nicht dafür Sorge getragen hätte, dass die Anstalt gegründet sowie
mit Teilen seines Vermögens ausgestattet wird und dass die zur
Destinatärbestimmung allein befugte Gründerin - mandatsvertraglich
abgesichert - seinen Weisungen unterliegt, wäre den Schuldnerinnen der den
fraglichen Begünstigtenrechten innewohnende Vermögenswert nicht zugewachsen.
Der Erblasser hat seinen Töchtern auf diese Weise mit seinen Mitteln einen
Vermögensgegenstand verschafft und sie damit aus seinem Vermögen bereichert.
47 (2) Die Schuldnerinnen sind als "Dritte" im Sinne des Titeltenors
anzusehen. Ausweislich der Entscheidungsgründe erfolgte die Verwendung des
Begriffs in Anlehnung an § 2325 Abs. 1 BGB. Danach erfasst der Personenkreis
der Dritten auch die Erben selbst (MünchKomm-BGB/ Lange, 6. Aufl. § 2325 BGB
Rn. 15; vgl. auch Motive V S. 457: "Schenkung an einen Anderen als den
Pflichtteilsberechtigten").
48 (3) Die Zuwendung erfolgte in den durch die Urteilsformel gezogenen zeitlichen Grenzen. Entscheidend ist insofern - wie auch die Bezugnahme
in den Entscheidungsgründen auf das zwischenzeitlich überholte Senatsurteil
vom 25. Juni 1997 (IV ZR 233/96, NJW 1997, 2676) verdeutlicht - der
Zeitpunkt des Vollzuges der Schenkung (aaO unter II). Dieser
erfolgte hier nicht durch die Vermögensübertragung vom Erblasser auf die
Anstalt oder die Begünstigtenbenennung, sondern mit Ableben des Erblassers,
da der Rechtserwerb der Schuldnerinnen erst in diesem Moment eintrat.
49 (4) Der Auskunftspflicht entsprechend den Grundsätzen im Senatsurteil vom
28. April 2010 (IV ZR 73/08, BGHZ 185, 252) stehen entgegen der Auffassung
der Rechtsbeschwerde auch die liechtensteinischen Verjährungsregeln nicht
entgegen, da das für die Beurteilung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs
maßgebliche Erbstatut deutsches Recht ist. Nachdem die Kollisionsnorm des
Art. 25 Abs. 1 EGBGB unmittelbar auf dieses verweist, kommt es auf die
Ausführungen der Schuldnerinnen zum internationalen Privatrecht des
Fürstentums Liechtensteins nicht an.
50 b) Auch im Hinblick auf die vom Erblasser beherrschte Stiftung ist der
titulierte Auskunftsanspruch des Gläubigers noch nicht erfüllt. Dabei kann
offen bleiben, ob das Vermögen der Stiftung selbst als Nachlassbestandteil
anzusehen ist, weil jener keine Rechtspersönlichkeit zuzuerkennen wäre. Denn
jedenfalls sind die im Reglement für das Ableben des
Alleinverfügungsberechtigten getroffenen Bestimmungen als Zuwendungen des
Erblassers zu Gunsten Dritter auf den Todesfall zu bewerten, die wiederum
entweder Kondiktionsansprüche gegen die so Begünstigten begründen oder dem
fiktiven Nachlassbestand zuzurechnen sind; für beides wären die
Schuldnerinnen auskunftspflichtig (hierzu aa). Der erstmals im
Rechtsbeschwerdeverfahren erhobene Einwand der Unmöglichkeit weitergehender
Auskunftserteilung greift nicht durch (hierzu bb).
51 aa) Die Anerkennung der Stiftung als selbständiger Rechtsträger
braucht hier nicht abschließend geklärt zu werden. Selbst wenn die Stiftungsaktiva als vom Nachlass getrenntes Vermögen einer juristischen Person
liechtensteinischen Rechts anzuerkennen sein sollten, wäre der titulierte
Auskunftsanspruch des Gläubigers bezüglich der Stiftung noch nicht erfüllt.
Die Rechtslage entspricht dann derjenigen im Fall der Anstalt (siehe hierzu:
oben II 2 a cc bis ee):
52 Die im Stiftungsreglement enthaltene Vorschrift zur Verteilung des
Stiftungsvermögens bei Ableben des Erblassers ist als lebzeitige Zuwendung
desselben auf den Todesfall zu Gunsten der benannten Empfänger zu bewerten.
Die Anordnung der kompletten Vermögensauskehrung zu einem definierten
Zeitpunkt stellt eine durch Art. 568 3. Var. PGR in der vor dem 1. April
2009 gültigen Fassung (im Folgenden: a.F.) eröffnete Befristung der Stiftung
sowie eine zulässige Bestimmung der Letztbegünstigten dar (vgl. Wiedl in
Europäisches Gesellschaftsrecht, 2012 S. 181, 191), denen auf diese Weise
kraft der Stiftungsdokumente Rechtspositionen auf den Tod des Erblassers
zugewandt wurden. Falls den Zuwendungen keine wirksamen Schenkungen zugrunde
liegen sollten, stünden dem Nachlass gegen die Empfänger
Rückforderungsansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung zu, über die dem
Gläubiger Auskunft zu erteilen wäre. Andernfalls wäre die Letztbegünstigung
als mittelbare Zuwendung des Erblassers Teil des für die
Pflichtteilsergänzung relevanten Fiktivnachlasses, der ebenfalls der
Auskunftspflicht innerhalb der durch den Titeltenor gezogenen zeitlichen
Grenzen unterliegen würde, da der Rechtserwerb der Letztbegünstigten erst
mit Ableben des Erblassers eintrat.
53 bb) Der Einwand der Schuldnerinnen, dass ihnen bezüglich der
Stiftung keine weitergehenden Auskünfte möglich seien, bleibt erfolglos,
nachdem der zugrunde liegende Sachvortrag erst im Rechtsbeschwerde
verfahren gehalten worden ist (§ 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 Abs. 1 ZPO). In
ihren instanzgerichtlichen Schriftsätzen haben sie ausschließlich
mitgeteilt, dass ihnen über die Stiftung nicht mehr bekannt sei, als sie dem
Gläubiger bereits mitgeteilt hätten. Daraus ergibt sich nicht, dass es ihnen
nicht möglich wäre, sich darüber hinausreichende Kenntnis zu verschaffen.
54 Entgegen der Auffassung des Gläubigers dürfte die Stiftung gemäß
Art. 557 Abs. 2 PGR a.F. nicht in das liechtensteinische
Öffentlichkeitsregister einzutragen gewesen und damit wohl auch nicht
eingetragen worden sein. Indes wäre die Stiftungsurkunde dann gemäß Art. 554
PGR a.F. beim Öffentlichkeitsregisteramt zumindest zu hinterlegen gewesen,
wo sie von den Schuldnerinnen unter Umständen noch heute eingesehen werden
kann (vgl. Müller/Bösch in Richter/Wachter, Handbuch des internationalen
Stiftungsrechts 2007 Länderbericht Liechtenstein Rn. 95).
55 III. Der Anschlussrechtsbeschwerde bleibt der Erfolg versagt, soweit sie
sich gegen die Auferlegung von erstinstanzlichen Kosten durch das
Beschwerdegericht wendet und die Feststellung begehrt, dass sich das
Beschwerdeverfahren teilweise erledigt habe. Im Übrigen führt sie zur
Feststellung der Teilerledigung des Zwangsmittelantrags, zur Zurückweisung
der sofortigen Beschwerde sowie zur Auferlegung der zweitinstanzlichen
Kosten zu Lasten der Schuldnerinnen.
56 1. Die Anfechtung der Kostenentscheidung für das Vollstreckungsverfahren
ist unzulässig, da dem Gläubiger das hierfür erforderliche
Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
57 Das Rechtsschutzinteresse stellt keine besondere Voraussetzung für die
Zulässigkeit eines Rechtsmittels dar. Indes kann bei ganz besonderer
Sachlage eine Prüfung angezeigt sein, ob eine unnötige, zweckwidrige oder
missbräuchliche Beschreitung des vom Gesetz vorgesehenen Rechtsmittelweges
anzunehmen ist (Senatsurteil vom 3. November 1971 - IV ZR 26/70, BGHZ 57,
224, 225). Dies kann der Fall sein, wenn bei materieller Erledigung der
Hauptsache die Klageabweisung durch Erledigungserklärung ersetzt werden soll
(BGH, Urteil vom 23. April 1958 - V ZR 229/56, NJW 1958, 995, 996).
58 Ein solcher Ausnahmefall liegt hier vor. Der Gläubiger wendet sich gegen
die teilweise Auferlegung der Kosten für das Vollstreckungsverfahren durch
das Beschwerdegericht gemäß § 788 Abs. 3 ZPO, da diese Vorschrift lediglich
einen materiellen, hier nicht gegebenen Kostenerstattungsanspruch des
Schuldners normiere, der für die nach § 891 Satz 3 ZPO zu treffende
Kostenentscheidung keine Rolle spiele. Vielmehr müssten die Schuldnerinnen
nach Auferlegung der kompletten Kostenlast gemäß § 91 ZPO gesondert nach §
717 Abs. 2 oder Abs. 3 ZPO gegen den Gläubiger hinsichtlich der ihn
treffenden Kosten vorgehen.
59 Der Gläubiger beanstandet damit nicht, dass er die Kosten des
Vollstreckungsverfahrens im fraglichen Umfang am Ende zu tragen hat, sondern
nur den Weg, auf dem die Schuldnerinnen zu diesem Ergebnis gelangen. Es
liefe jedoch auf eine reine Förmelei hinaus und widerspräche den Grundsätzen
der Prozessökonomie, die Kostenentscheidung diesbezüglich in seinem Sinne zu
ändern und ihm damit die Möglichkeit der Festsetzung von Kosten zu eröffnen,
die er ungeachtet der Frage, welche von diesen unter § 788 Abs. 3 ZPO fallen
und welche nach § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO zu ersetzen sind (vgl. zum
Streitstand statt aller:
Münzberg in Stein/Jonas, ZPO 22. Aufl. § 788 ZPO Rn. 51 m.w.N.), den
Schuldnerinnen im unmittelbaren Anschluss wieder zu erstatten hätte. Ein
schutzwürdiges Interesse an der Durchführung eines Rechtsmittelverfahrens
zum Zwecke einer solchen Abänderung der Kostenentscheidung ist nicht zu
erkennen.
60 2. Im Übrigen ist die Anschlussrechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 4 ZPO
zulässig und weitgehend begründet.
61 a) Dem Gläubiger fehlt es diesbezüglich nicht am Rechtsschutzbedürfnis.
Zwar richtet er sich im Ergebnis ebenfalls gegen die Kostenentscheidung
(hier: für das Beschwerdeverfahren). Die für die Durchsetzung des
Wertermittlungsanspruchs im Rechtsmittelverfahren angefallenen Mehrkosten
fallen dem Gläubiger jedoch anders als diejenigen des erst-instanzlichen
Zwangsmittelverfahrens nach der Teilaufhebung des Titels nicht ohne weiteres
zur Last, sondern nur dann, wenn die sofortige Beschwerde der Schuldnerinnen
insoweit zulässig und begründet war. Denn der Schuldner kann nur notwendige
Kosten erstattet verlangen, zu denen solche nicht zählen, die durch
unbegründete Rechtsbehelfe entstehen (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1965 -
VII ZR 159/64, WM 1965, 1022 unter III). Eben dies macht der Gläubiger hier
geltend.
62 b) Die Anschlussrechtsbeschwerde hat im danach zulässigen Umfang auch
größtenteils Erfolg.
63 aa) Das Beschwerdegericht hat die einseitige Erledigungserklärung des
Gläubigers in Bezug auf sein Wertermittlungsverlangen rechtsfehlerhaft
unberücksichtigt gelassen.
64 Die im Klageverfahren anerkannte einseitige Erledigungserklärung ist auch
im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens nach § 888 ZPO möglich und auf die
Feststellung gerichtet, dass der Vollstreckungsantrag ursprünglich zulässig
sowie begründet war und durch ein nachträgliches Ereignis unzulässig oder
unbegründet geworden ist (OLG Stuttgart MDR 2010, 1078; OLG Köln OLGR 2004,
79, 80; OLG Rostock OLGR 1997, 360, 362). Die damit verbundene
Antragsänderung kann noch im Rechtsmittelverfahren erfolgen
(Zöller/Vollkommer, ZPO 30. Aufl. § 91a
Rn. 36 ff.).
65 bb) Sie veranlasste indes nicht die vom Gläubiger mit seiner
Anschlussrechtsbeschwerde verfolgte Feststellung, dass sich das
Beschwerdeverfahren teilweise erledigt habe. Eine solche ist nur dann
möglich, wenn der Beschwerdeführer sein Rechtsmittel für erledigt erklärt.
Die Schuldnerinnen als Beschwerdeführerinnen sind der Erledigungserklärung
des Gläubigers aber entgegengetreten und haben die Auffassung vertreten,
dass mit der Teilaufhebung des Titels kein Ereignis eingetreten sei, welches
ihre Beschwerde erledigt hätte.
66 cc) Vielmehr war auf die Erledigungserklärung hin festzustellen, dass
sich der Vollstreckungsantrag - im Umfang der Erledigungserklärung -
erledigt hat, und die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
67 (1) Der Antrag auf Zwangsmittelverhängung gemäß § 888 ZPO war
ursprünglich in Bezug auf das Wertermittlungsbegehren des Gläubigers
zulässig und begründet. Insbesondere war jenes zumindest im Hinblick auf die
liechtensteinische Anstalt und Stiftung noch nicht erfüllt worden (vgl.
hierzu die Ausführungen unter II 2). Erst durch die im Urteil des
Oberlandesgerichts Koblenz vom 8. November 2012 enthaltene Teilaufhebung des vorläufig vollstreckbaren Titels wurde dem Antrag des Gläubigers
in Bezug auf das Wertermittlungsverlangen die Grundlage entzogen, wodurch er
sich insoweit nachträglich erledigt hat.
68 (2) Nach erfolgreicher Umstellung des Vollstreckungsantrages auf
Feststellung seiner (Teil-)Erledigung war die durch Eintritt des
erledigenden Ereignisses in Bezug auf das Wertermittlungsverlangen
vorübergehend erfolgversprechende sofortige Beschwerde zurückzuweisen, da
sie wieder zur Gänze unbegründet geworden war.
69 dd) Nachdem die sofortige Beschwerde damit insgesamt erfolglos bleibt,
haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 97 Abs. 1 ZPO
ausschließlich die Schuldnerinnen zu tragen.
70 IV. Die Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren
beruht auf den § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
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