Internationales
Gesellschaftsrecht: Geltung der Gründungstheorie im Verhältnis zu den
EFTA-Staaten
BGH, Urteil vom 19.
September 2005 - II ZR 372/03
Fundstelle:
NJW 2005, 3351
BGHZ 164, 148
Amtl. Leitsatz:
a) Eine in dem
EFTA-Staat Fürstentum Liechtenstein nach dessen Vorschriften wirksam
gegründete Kapitalgesellschaft ist in einem anderen Vertragsstaat des
EWR-Abkommens auf der Grundlage der darin garantierten
Niederlassungsfreiheit (Art. 31 EWR) - unabhängig von dem Ort ihres
tatsächlichen Verwaltungssitzes - in der Rechtsform anzuerkennen, in der sie
gegründet wurde.
b) Eine liechtensteinische Aktiengesellschaft ist daher befugt, ihre
vertraglichen Rechte in der Bundesrepublik Deutschland geltend zu machen und
gerichtlich durchzusetzen.
Zentrale Probleme:
Die Klägerin ist eine nach dem Recht des Fürstentums
Liechtenstein gegründete und seit 1992 im Handelsregister des
Öffentlichkeitsregisteramtes in Vaduz eingetragene Aktiengesellschaft, deren
Geschäftstätigkeit über weite Zeiträume in der Bundesrepublik Deutschland
stattfand. In einem deutschen Handelsregister ist die Gesellschaft nicht
eingetragen. Im Jahr 1997 gewährte sie der späteren Gemeinschuldnerin ein
Darlehen für den Erwerb eines Mietshauses und ließ sich als Sicherheit die
Mietzinsforderungen aus dem Objekt abtreten. Der jetzt beklagte
Konkursverwalters hat dieser von seiner vorherigen Bestellung als Sequester
an bis zum 31. Juli 1999 Mieten in einer Gesamthöhe von (umgerechnet)
12.529,94 € erhalten. Diesen Betrag fordert die Klägerin von dem Beklagten.
Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, da die Klägerin
ihren Verwaltungssitz in Deutschland gehabt habe und – mangels Eintragung in
einem deutschen Handelsregister – hier nicht rechtsfähig sei. Das
Oberlandesgericht hat unter Rückgriff auf die im EWR-Abkommen statuierte
Niederlassungsfreiheit sowie die neuere Rechtsprechung des Gerichtshofs der
Europäischen Gemeinschaften (sog.
Überseering-Entscheidung) der
Klägerin die Rechtsfähigkeit zugebilligt und der Klage - unter Zulassung der
Revision - stattgegeben.
Auch der BGH hält die Klägerin für rechts- und parteifähig und stützt sich
dabei u. a. auf sein Urteil v. 14. März 2005 (NJW 2005, 1648).
Dort hatte er ausgesprochen, daß die in einem Vertragsstaat der Europäischen
Gemeinschaft wirksam gegründeten Gesellschaften im Inland rechts- und
parteifähig sind. Dieselben Prinzipien gelten auch für eine in einem
EFTA-Staat gegründete Kapitalgesellschaft. Art. 31 des von Deutschland
ratifizierten EWR-Abkommens regele die Niederlassungsfreiheit in
vergleichbarer Weise wie dies in Art. 43 des EG-Vertrages geschehen sei, so
daß eine einschränkende Auslegung im Verhältnis zu einem EFTA-Staat
ausscheide. Denselben Standpunkt nehme auch der EFTA-Gerichtshof ein, der
seinerseits den Gleichklang seiner Rechtsprechung zur Niederlassungsfreiheit
mit derjenigen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften betont habe.
Das Urteil überträgt also die Rspr. zum Gesellschaftsstatut innerhalb der EG
auf den Bereich der EFTA, was zweifellos konsequent ist. Über die sog.
"Drittstaatenproblematik", d.h. die Frage, ob die Gründungstheorie auch
gegenüber nicht EG- und nicht EFTA-Staaten gilt, sagt die Entscheidung
nichts aus. S. dazu BGH v. 27.10.2008 - II
ZR 158/06.
Zur Sitz- und Gründungstheorie s. auch
BGH v. 5.7.2004 - II ZR
389/02 = ZIP 2004, 1549 sowie EuGH Urteil v.
9.3.1999, Rs. C-212/97 "Centros", Slg. I 1999, 1459 = NJW 1999, 2027; EuGH, Urt. v.
5.11.2002 Rs. C-208/000 "Überseering", NJW 2002, 3614; zu
ihrer Reichweite (Eigenhaftung des Geschäftsführers einer "englischen"
private limited company; Anknüpfung der deliktischen Haftung des
Geschäftsführers nach Deliktsstatut) s. BGH NJW 2005, 1648.
Zur internationalen Zuständigkeit nach Art. 22 Nr. EuGVO s. auch
BGH v. 12.7.2011 - II ZR 28/10.
©sl 2005
Tatbestand:
Die Klägerin ist eine nach dem Recht des Fürstentums Liechtenstein
gegründete und seit 1992 im Handelsregister des Öffentlichkeitsregisteramtes
in V. eingetragene Aktiengesellschaft, deren Geschäftstätigkeit über weite
Zeiträume in der Bundesrepublik Deutschland stattfand. Eine Eintragung der
Gesellschaft in einem deutschen Handelsregister ist nicht erfolgt. Der
Beklagte ist seit dem 14. Juli 1999 Verwalter in dem an demselben Tage
eröffneten Konkursverfahren über das Vermögen der L. AG, B. (im Folgenden:
Gemeinschuldnerin); zuvor war er ab 12. Januar 1999 deren Sequester.
Die Klägerin gewährte der Gemeinschuldnerin am 15. Mai 1997 ein Darlehen für
den Erwerb eines Mietshauses und ließ sich als Sicherheit im Wege einer
stillen Zession die Mietzinsforderungen aus dem Objekt abtreten. Obwohl die
Klägerin Ende 1998 nach Ausbleiben der Darlehensraten die Abtretung
gegenüber den Mietern offen gelegt hatte, gingen bei ihr in der Folgezeit
keine Mietzahlungen ein. Auf ihre daraufhin erhobene Auskunftsklage erteilte
der Beklagte die verlangte Auskunft dahingehend, dass er in dem Zeitraum ab
Beginn der Sequestration bis zum 31. Juli 1999 Mieten in Höhe von lediglich
insgesamt 24.506,44 DM (= 12.529,94 €) vereinnahmt habe, darunter 7.570,44
DM von der R. K. Baustoffhandlung und 16.936,00 DM von der M. GmbH.
Nachdem die Klägerin nunmehr zum entsprechenden Zahlungsantrag übergegangen
war und die Parteien das Auskunftsbegehren übereinstimmend für erledigt
erklärt hatten, hat das Landgericht die Klage mit der Begründung als
unzulässig abgewiesen, die Klägerin habe nach dem Ergebnis der
Beweisaufnahme ihren Verwaltungssitz in Deutschland gehabt und sei daher
dort nicht rechtsfähig. Auf die Berufung der Klägerin hat das
Oberlandesgericht der Klage stattgegeben und die zweitinstanzlich erhobene
Widerklage auf Feststellung, dass die Klägerin nach deutschem
internationalen Gesellschaftsrecht nicht rechts- und parteifähig sei, als
unzulässig abgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen -
Revision verfolgt der Beklagte nur seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
Die auf die Klage beschränkte Revision des Beklagten ist begründet und führt
insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung
der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, die Klägerin sei rechts- und
parteifähig. Die Rechtsgedanken der Überseering-Entscheidung des
Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (nachfolgend: EuGH) seien auf
die in einem EWR-Staat ordnungsgemäß gegründete und weiterhin bestehende
Klägerin - unabhängig davon, ob sie von vornherein ihren faktischen Sitz
außerhalb Liechtensteins gehabt habe - entsprechend anwendbar. Die
Niederlassungsfreiheit sei im Verhältnis zu Liechtenstein nicht noch bis zum
1. Januar 1998 eingeschränkt gewesen, so dass die Klägerin bereits 1997
Rechte auch in Deutschland habe erwerben können. Materiellrechtlich stehe §
21 KO dem Zahlungsanspruch nicht entgegen, da dieser gemäß der erteilten
Auskunft nur Mietzahlungen aus der Zeit vor Konkurseröffnung betreffe.
II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nur zur
Zulässigkeit, nicht jedoch hinsichtlich der Begründetheit der Klage stand.
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings die in den Vorinstanzen
zentrale Streitfrage der Rechts- und Parteifähigkeit der Klägerin beurteilt.
Die Klägerin ist als eine im Fürstentum Liechtenstein, einem EFTA-Staat,
wirksam gegründete Kapitalgesellschaft hinsichtlich der Ansprüche aus
Rechtsgeschäften mit der Gemeinschuldnerin in Deutschland auch dann rechts-
und parteifähig, wenn sie ihren tatsächlichen Verwaltungssitz nicht -
entsprechend ihrem Vorbringen - in Liechtenstein, sondern - wie vom
Beklagten behauptet und vom Landgericht nach Beweisaufnahme angenommen - in
der Bundesrepublik Deutschland hat.
a) Wie der Senat im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH (vgl.
EuGH, Urt. v. 5. November 2002 - Rs C-208/00, ZIP
2002, 2037 - Überseering; bestätigt durch EuGH,
Urt. v. 30. September 2003 - Rs C-167/01, ZIP 2003, 1885 - Inspire Art)
bereits entschieden hat, ist die in einem Vertragsstaat der Europäischen
Gemeinschaft nach dessen Vorschriften wirksam gegründete Gesellschaft in
einem anderen Vertragsstaat auf der Grundlage der im EG-Vertrag garantierten
Niederlassungsfreiheit (Art. 43, 48 EG) - unabhängig von dem Ort ihres
tatsächlichen Verwaltungssitzes - in der Rechtsform anzuerkennen, in der sie
gegründet wurde (Urt. v. 14. März 2005 - II ZR 5/03,
ZIP 2005, 805 m.w.Nachw.). Das gilt selbst dann, wenn die Gesellschaft
im Ausland nur ihren gründungs- bzw. satzungsmäßigen Sitz hat, während sie
von vornherein ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in der Bundesrepublik
Deutschland nimmt und hier auch ihre Geschäfte betreibt und auf diese Weise
bewusst die Gründungsvorschriften am Ort ihrer tatsächlichen
Geschäftstätigkeit umgeht (EuGH, ZIP 2003 aaO Tz.
96 f., 137 ff. m.w.Nachw. - Inspire Art).
b) Diese Grundsätze gelten für die Klägerin als einer in einem EFTA-Staat
gegründeten Kapitalgesellschaft auf der Grundlage des EWR-Abkommens
entsprechend (so schon: Meilicke, GmbHR 2003, 793, 798; Leible/Hoffmann, RIW
2002, 925, 927; vgl. auch: Ressos, DB 2005, 1048; Forsthoff, DB 2002, 2471;
Schanze/Jüttner, AG 2003, 30, 36; Eidenmüller, ZIP 2002, 2233, 2244).
Nachdem das EWR-Abkommen zwischenzeitlich sowohl in der Bundesrepublik
Deutschland (aufgrund Gesetzes vom 31. März 1993, BGBl. II S. 266) als auch
in Liechtenstein (am 1. Mai 1995) in Kraft getreten ist, gilt zugunsten der
Klägerin in beiden Ländern die Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 31 EWR.
Diese Bestimmung entspricht der im Wesentlichen gleich lautenden Vorschrift
des Art. 43 EG und ist daher wie diese auszulegen und anzuwenden. Hieran
ändert auch der Umstand nichts, dass die Vertragsstaaten in Art. 6 EWR
ausdrücklich nur die bis zum Zeitpunkt der Unterzeichnung erlassenen
Entscheidungen des EuGH der Auslegung des Abkommens zugrunde gelegt haben.
Bereits in der Präambel zum EWR-Abkommen weisen die Vertragsstaaten nämlich
auf ihr Ziel hin, "bei voller Wahrung der Unabhängigkeit der Gerichte eine
einheitliche Auslegung und Anwendung dieses Abkommens und der
gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen, die in ihrem wesentlichen Gehalt in
dieses Abkommen übernommen werden, zu erreichen und beizubehalten und eine
Gleichbehandlung der Einzelpersonen und Marktteilnehmer hinsichtlich der
vier Freiheiten und der Wettbewerbsbedingungen zu erreichen". Ausgehend von
diesem Leitgedanken ist eine einschränkende Auslegung der
Niederlassungsfreiheit im Verhältnis zu einem EFTA-Staat nicht
gerechtfertigt, so dass die in den oben genannten Entscheidungen des EuGH (ZIP
2002, 2037 - Überseering; ZIP 2003, 1885 -
Inspire Art) niedergelegten Rechtsgrundsätze zur Anwendung zu bringen
sind. Der weitgehende Schutz der Niederlassungsfreiheit, wie ihn der EuGH
und - ihm folgend - auch der Bundesgerichtshof (Senat,
ZIP aaO; BGHZ 154, 185) klargestellt haben,
steht im Übrigen auch im Zentrum der jüngeren Rechtsprechung des
EFTA-Gerichtshofs (vgl. Urt. v. 22. Februar 2002 - E-2/01, ABl EG 2002, C
115/13 [Pucher]; Urt. v. 1. Juli 2005 - E-8/04
[EFTA-Aufsichtsbehörde/Fürstentum Liechtenstein]), wobei dieser selbst
ausdrücklich den Gleichklang seiner Rechtsprechung mit derjenigen des EuGH
betont hat (vgl. Urt. v. 1. Juli 2005 aaO Tz. 17 m.w.Nachw.).
Die Klägerin kann sich auch ab Inkrafttreten des EWR-Abkommens in
Liechtenstein auf diese Niederlassungsfreiheit berufen, ohne dass aus dem
Zusatzprotokoll 15 zum Zeitpunkt des Rechtserwerbs noch Einschränkungen
hergeleitet werden könnten. Die bis zum 1. Januar 1998 laufenden
Übergangsbestimmungen des Zusatzprotokolls erfassen nämlich ersichtlich nur
natürliche Personen, da schon begrifflich nur bei diesen die Einschränkung
der Freizügigkeit betreffend "Einreise, Aufenthalt und Beschäftigung"
möglich ist.
c) Die ordnungsgemäße Gründung der Klägerin nach dem liechtensteinischen
Personen- und Gesellschaftsrecht (PGR) vom 20. Januar 1926 (LGBl. 1926 Nr.
4; i.d. Fassung des Gesetzes v. 30. Oktober 1996 über die Abänderung des
Personen- und Gesellschaftsrechts - LGBl. 1997 Nr. 19) ist - abgesehen
davon, dass die Revision insoweit auch keine Rügen erhebt - nicht
zweifelhaft. Nach Art. 232 und 676 PGR genügt für eine - aus
liechtensteinischer Sicht - inländische Gesellschaft, dass diese inländische
Publizitäts- oder Registriervorschriften erfüllt oder - bei Fehlen solcher
Vorschriften - sich nach inländischem Recht organisiert hat. Diesen
Anforderungen wird die Klägerin gerecht, so dass es auf die weitergehenden
Varianten des Art. 676 Abs. 1 PGR (inländischer Verwaltungssitz, Ausübung
eines wesentlichen Teils des Geschäftsbetriebes im Inland oder inländischer
Wohnsitz mindestens der Hälfte der Gesellschafter) nicht ankommt.
d) Für einen Missbrauch der Niederlassungsfreiheit durch die Klägerin fehlt
- entgegen der Ansicht der Revision - jeglicher Anhaltspunkt. Ein solcher
liegt - wie erwähnt - selbst dann nicht vor, wenn eine Gesellschaft in einem
Vertragsstaat gegründet wird, um in den Genuss vorteilhafter
Rechtsvorschriften zu kommen, obwohl sie ihre Tätigkeit von vornherein
ausschließlich in einem anderen Vertragsstaat ausübt (vgl.
EuGH, ZIP 2003 aaO Tz. 96 f., 137 ff. m.w.Nachw. -
Inspire Art).
2. Demgegenüber begegnet die Ansicht des Berufungsgerichts, die Klägerin
könne als Sicherungszessionarin vom Beklagten als Konkursverwalter die
bereits während der Sequestration vereinnahmten Mietzahlungen beanspruchen,
durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Ein Zahlungsanspruch steht der Klägerin nämlich hinsichtlich der vom
Beklagten als Sequester vor Konkurseröffnung empfangenen Mieten - unabhängig
davon, ob die Mieter bei der Leistung gut- oder bösgläubig waren - unter
keinem rechtlichen Aspekt gegenüber der Konkursmasse zu.
a) Haben die Mietschuldner trotz der von der Klägerin behaupteten
Offenlegung der Zession gutgläubig vor Konkurseröffnung auf ein Konto der
Gemeinschuldnerin oder des Sequesters zur Tilgung der Forderungen gezahlt,
so hat die Klägerin als Zessionarin nach ständiger höchstrichterlicher
Rechtsprechung weder ein Recht auf Ersatzaussonderung oder Ersatzabsonderung
(§ 46 KO) noch einen Anspruch aus § 816 Abs. 2 BGB wegen rechtloser
Bereicherung der Masse (vgl. BGHZ 144, 192, 193 ff. m.w.Nachw.; BGH, Urt. v.
4. Oktober 1990 - IX ZR 270/89, ZIP 1990, 1417 ff.; Urt. v. 11. Mai 1989 -
IX ZR 222/88, ZIP 1989, 785 f.). Ein Ersatzabsonderungsrecht nach § 46 Satz
2 KO bestünde nur bei einem Zufluss des Mietzinses nach Eröffnung des
Konkursverfahrens, der jedoch vom Berufungsgericht gerade nicht festgestellt
wurde. Ein eventueller Anspruch nach § 816 Abs. 2 BGB wegen unberechtigten
Forderungseinzuges wäre, da ebenfalls vor Konkurseröffnung entstanden, nur
einfache Konkursforderung (BGHZ 144, 192, 195).
b) Sollten die Mieter trotz Kenntnis der Abtretung an die Gemeinschuldnerin
bzw. den Beklagten als Sequester geleistet haben, so wären sie nicht nach §
407 BGB von ihrer Verbindlichkeit frei geworden. Als Inhaberin des ihr dann
als Sicherungszessionarin weiterhin zustehenden Absonderungsrechts (§ 48 KO)
hätte die Klägerin freilich keine Masseforderung, sondern wäre allenfalls
befugt, unabhängig vom Konkursverfahren aus der abgetretenen Forderung
Befriedigung zu suchen (vgl. §§ 4 Abs. 2, 127 Abs. 2 KO; vgl. dazu: Urt. v.
28. April 1997 - II ZR 20/96, ZIP 1997, 1542 f.; BGHZ 95, 149, 152). Eine
Genehmigung der unwirksamen Leistungsannahme im Rahmen von § 816 Abs. 2 BGB
verhülfe der Klage ebenso wenig zum Erfolg, weil die bereicherungsrechtliche
Forderung auch in dieser Konstellation nur einfache Konkursforderung wäre.
c) Eine - das Klagebegehren etwa ausnahmsweise rechtfertigende -
treuhänderische Bindung des Sequesters zugunsten der Klägerin ist
hinsichtlich der Mietzahlungen nicht vorgetragen worden (vgl. BGHZ 144, 192,
195).
III. Wegen des aufgezeigten Rechtsfehlers unterliegt das angefochtene Urteil
der Aufhebung (§ 562 ZPO).
Eine abschließende Abweisung der Klage durch den Senat (§ 563 Abs. 3 ZPO)
kommt dennoch nicht in Betracht, da aufgrund der von der Klägerin erhobenen
Gegenrüge nicht auszuschließen ist, dass die Mietzahlungen - zumindest
teilweise - erst nach Konkurseröffnung bei dem Beklagten eingegangen sind
und bei einer derartigen Konstellation die Klage begründet sein kann. Zwar
hat das Berufungsgericht festgestellt, dass "es nur um Mietzahlungen aus der
Zeit vor Konkurseröffnung geht". Diese Feststellung findet aber keine
hinreichende Grundlage in dem Vortrag der Parteien, weil sich die der Klage
zugrunde gelegte Auskunft des Beklagten über die vereinnahmten Mieten auf
einen Zeitraum ab Beginn der Sequestration bis zum 31. Juli 1999 bezieht,
während zwischenzeitlich bereits am 14. Juli 1999 das Konkursverfahren
eröffnet worden war.
Da das Berufungsgericht aufgrund seines von Rechtsirrtum beeinflussten
Standpunkts den - gebotenen - Hinweis darauf, dass dem konkreten Zeitpunkt
der jeweiligen Zahlungseingänge entscheidungserhebliche Bedeutung zukommt,
nicht erteilt hat, ist den Parteien Gelegenheit zu geben, in der wieder
eröffneten Berufungsinstanz ihren Tatsachenvortrag zu ergänzen. In diesem
Rahmen wird sich das Berufungsgericht gegebenenfalls auch mit der Frage
auseinanderzusetzen haben, ob für die seitens der R. K. Baustoffhandlung
geleisteten Zahlungen eine wirksame Abtretung der Mietzinsforderungen
vorlag.
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