Testamentsauslegung bei
Erbeinsetzung nach Vermögensgruppen, "Handeln unter falschem Recht",
Verjährung von Pflichtteilsansprüchen
BGH, Urteil vom 22. März
2006 - IV ZR 93/05
Fundstelle:
NJW-RR 2006, 948
Amtl. Leitsatz:
Die Aufteilung des Nachlasses in
einer letztwilligen Verfügung zwischen der ehelichen Familie einerseits und
der Mutter der nichtehelichen Kinder, die lediglich als deren Ersatzerben
bestimmt sind, andererseits kann als schlüssige Enterbung der nichtehelichen
Kinder durch Vergabe des Nachlasses an andere zu werten sein.
Der im Wege einer Stufenklage geltend gemachte Leistungsanspruch verjährt
nicht, solange der Kläger aus dem Titel über einen Hilfsanspruch vollstreckt
oder sich insoweit gegen eine Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO zur
Wehr setzt; endet das Verfahren der Vollstreckungsabwehrklage durch einen
Vergleich unter Widerrufsvorbehalt, gerät das mit der Stufenklage betriebene
Verfahren erst nach Unterlassen des Widerrufs in Stillstand.
Zentrale Probleme:
In dem Fall, der den BGH schon mehrfach beschäftigt hat
(s.
BGH NJW 1994,
939 und
BGH NJW 1997,
392 sowie BGH v.
12.7.2017 - IV ZB 15/16) geht es nunmehr zentral um die Auslegung einer
Testamentsklausel, in welcher der Erblasser "feststellt", daß seine eheliche
Familie mit einem bestimmten Teil seines Vermögens abgefunden "ist". Der BGH
legt dies zutreffend als eine Erbeinsetzung (nach Vermögensgruppen) und
damit als eine Enterbung seiner nichtehelichen Kinder aus, welchen
demzufolge ein Pflichtteilsanspruch zusteht. Um dessen Verjährung geht es
dann in der Folge. Von Interesse ist dabei auch, daß der BGH Regelungen aus
einer ausländischen Rechtsordnung, die zwar aufgrund von Art. 25 EGBGB nicht
anwendbar sind, die der Erblasser aber für anwendbar hielt, als Hintergrund
für die Auslegung bei der Ermittlung des Erblasserwillens heranzieht. Man
nennt dies auch "Handeln unter falschem Recht" (s. etwa LG
München I IPRax 1998, 117): Das vermeintlich anwendbare
Recht findet dann nicht als objektives Recht Anwendung, sondern dient als
Hilfsmittel zur Ermittlung des Parteiwillens auf der Basis des anwendbaren
deutschen Rechts (§ 133 BGB).
©sl 2006
Tatbestand:
Die Kläger sind die nichtehelichen Kinder des am 8. November 1988
verstorbenen Erblassers. Mit ihrer Stufenklage haben sie Pflichtteils- und
Pflichtteilsergänzungsansprüche gegenüber den Beklagten, den ehelichen
Kindern des Erblassers, geltend gemacht. Mit Schriftsatz vom 27. Mai 1993
wurde die Klage in erster Linie auf Erbersatzansprüche umgestellt; die
Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche wurden nur noch hilfsweise
weiterverfolgt. Der Erblasser hat am 29. März 1977 ein Testament errichtet,
in dem es auszugsweise heißt:
"Für den Fall meines Todes verfüge
ich über mein in der Schweiz, ausgenommen meine Liegenschaft in F. , in
Liechtenstein, in Oesterreich und Italien (Südtirol) sich befindliche
Vermögen wie folgt:
Alleinerbin nach meinem Tode ist Frau K. [Mutter der Kläger]...
Sollte Frau K. vor mir sterben, so setze ich an deren Stelle als meine
Erben zu gleichen Rechten deren Kinder ein (meine unehelichen Kinder P.
und B.).
Sollte nach Eröffnung des Testaments noch ein uneheliches Kind
nachgeboren werden, so gilt die vorumschriebene Erbberechtigung auch für
dieses nachgeborene Kind.
Ich stelle fest, daß meine eheliche Frau und meine ehelichen Kinder in
D. , aus meinem in Deutschland liegenden Vermögen und aus meiner
Liegenschaft in F. /GR bedacht bzw. abgefunden sind.
Sollte jemand aus meiner Verwandtschaft dieses Testament anfechten, so
wird das Betreffende, soweit es pflichtteilberechtigt ist, auf
Pflichtteil gesetzt, soweit es nicht pflichtteilberechtigt ist, voll
enterbt.
Für dieses Testament soll liechtensteinisches Recht, oder für den Fall
als ich den Wohnsitz im Kanton Graubünden bis zu meinem Tode beibehalten
werde, schweizerisches Recht in Anwendung kommen."
Die (inzwischen verstorbene) Witwe des
Erblassers und Mutter der Beklagten hat die Erbschaft ausgeschlagen. Die
Kläger meinen, der Erblasser habe mit dem Testament vom 29. März 1977 nur
über sein Vermögen im Ausland (mit Ausnahme der Liegenschaft in F. )
verfügt; im Übrigen sei gesetzliche Erbfolge eingetreten. Dagegen legen die
Beklagten das Testament dahin aus, dass der Erblasser über sein gesamtes
Vermögen verfügt habe. Das Auslandsvermögen (mit Ausnahme des Grundstücks in
F. ) sei der Mutter seiner nichtehelichen Kinder zugewandt worden und das
restliche Vermögen seiner ehelichen Familie. Die Beklagten haben die Einrede
der Verjährung erhoben.
Die Vorinstanzen haben den in letzter Stufe gestellten Zahlungsantrag der
Kläger dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, auch soweit er auf §
1934a BGB a.F. gestützt war. Dagegen wenden sich die Beklagten mit der
Revision.
Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel hat teilweise Erfolg. Den Klägern stehen zwar keine
Erbersatzansprüche zu, wohl aber Pflichtteilsansprüche, die nicht verjährt
sind.
I. 1. Das Berufungsgericht geht - insoweit in Übereinstimmung mit den in
anderen Verfahren zu dem hier auszulegenden Testament ergangenen
Senatsurteilen vom 19. Januar 1994 (IV ZR 207/92 -
NJW 1994, 939 unter A I 1) und vom 16. Oktober 1996 (IV
ZR 349/95 - NJW 1997, 392 unter 1) - von der Formgültigkeit des
Testaments sowie davon aus, dass dessen Auslegung und die Erbfolge sich nach
deutschem Recht richten. Nach Ansicht des Berufungsgerichts ergibt sich aus
dem Testament kein hinreichender Anhaltspunkt dafür, dass der Erblasser
bereits abschließend über sein gesamtes Vermögen verfügt habe. Vielmehr habe
er lediglich seiner Lebensgefährtin das näher bezeichnete ausländische
Vermögen zugewandt. Die insoweit getroffene Ersatzerbeinsetzung der Kläger
sei nicht zum Tragen gekommen. Im Hinblick auf die eheliche Familie habe der
Erblasser lediglich zum Ausdruck gebracht, dass er sie aus seinem in
Deutschland liegenden Vermögen und aus seiner Liegenschaft in F. bedenken
und abfinden wolle. Abgesehen von dem Vermögen, für das die Mutter der
Kläger als (Mit-)Erbin eingesetzt worden sei, trete mithin gesetzliche
Erbfolge ein. Damit stehe den Klägern ein Erbersatzanspruch nach § 1934a BGB
a.F. zu.
2. Dagegen wendet sich die Revision mit Recht.
a) Das Berufungsgericht hat verfahrensfehlerhaft nicht alle für die
Auslegung des Testaments bedeutsamen Gesichtspunkte in seine Erwägungen
einbezogen. Es hat zwar erkannt, dass dem Testament eine Aufteilung des
wesentlichen Nachlasses in zwei Vermögensmassen zugrunde liegt, deren eine -
das ausländische Vermögen mit Ausnahme der Liegenschaft in F. - der Mutter
der Kläger als (Mit-)Erbin zugedacht war. Wem das übrige Vermögen im Erbfall
zustehen sollte, ist im Testament vom 29. März 1977 aber nicht
unberücksichtigt geblieben. Vielmehr wollte der Erblasser insoweit seine
eheliche Familie bedenken. Auch wenn man darin mit dem Berufungsgericht
keine unmittelbare Einsetzung der ehelichen Familie auf einen dem
Restvermögen entsprechenden Erbteil sieht, ändert sich nichts daran, dass
den Klägern jedenfalls weder von dem einen noch von dem anderen Nachlassteil
etwas zugewandt werden sollte. Sie sind lediglich als Ersatzerben bei einem
Vorversterben ihrer Mutter berufen, sollten im Erbfall also leer ausgehen,
wenn diese - wie geschehen - das Erbe antrat.
Diese Sicht wird durch die vom Berufungsgericht nicht gewürdigte
Testamentsklausel unterstützt, wonach das Recht der Schweiz oder
Liechtensteins anzuwenden sei. Die damit beabsichtigte Rechtswahl ist zwar
nach Art. 25 Abs. 2 EGBGB unwirksam (vgl. Staudinger/Dörner, EGBGB/IPR
[2000] Art. 25 EGBGB Rdn. 488). Die mit der Rechtswahl verfolgten
Absichten des Erblassers behalten aber für die Auslegung des Testaments
Bedeutung (vgl. BayObLGZ 2003, 68, 82 f.). Im Zeitpunkt der
Testamentserrichtung hatten nichteheliche Kinder unstreitig weder nach dem
damals geltenden Recht der Schweiz noch Liechtensteins ein Erbrecht nach dem
Vater. Damit war aus der Sicht des Erblassers eine ausdrückliche Enterbung
der Kläger nicht erforderlich.
b) Soweit es um die hier allein zu entscheidende Frage geht, ob die Kläger
enterbt worden sind, kann der Senat die erforderliche Auslegung des
Testaments vom 29. März 1977 selbst vornehmen. Nach dem umfassenden Vortrag
der Parteien in den Vorinstanzen sowie in den Verfahren, die den
Senatsurteilen vom 19. Januar 1994 und vom 16. Oktober 1996 (aaO) zugrunde
liegen, ist weder neuer Tatsachenvortrag zu erwarten noch sind weitere
tatsächliche Feststellungen zu treffen. Wie schon die Einsetzung der Kläger
als Ersatzerben ihrer Mutter zeigt, hat der Erblasser bei Abfassung des
Testaments vom 29. März 1977 auch die Frage einer Beteiligung seiner
nichtehelichen Kinder an seinem Nachlass vor Augen gehabt. Über eine
Ersatzerbschaft nach ihrer Mutter hinaus hat er den Klägern aber nichts
zugewandt. Soweit die Mutter nicht als Erbin eingesetzt war, stellt der
Erblasser fest, dass sein Vermögen in Deutschland und die Liegenschaft in F.
seiner ehelichen Familie zustehen sollten. Damit war das gesamte Vermögen
des Erblassers verteilt. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass dem
Erblasser bei Testamentserrichtung etwa weitere, wesentliche
Vermögensgegenstände gehört hätten, die von den im Testament erwähnten
Vermögensmassen in Deutschland, in der Schweiz, in Liechtenstein und in
Italien nicht er-fasst würden. Die zumindest hinsichtlich des ausländischen
Vermögens (mit Ausnahme des Grundvermögens in F. ) bereits getroffene
Erbeinsetzung in Verbindung mit der hinsichtlich des restlichen Vermögens
jedenfalls in Bezug genommenen oder angekündigten Zuwendung zugunsten der
ehelichen Familie erschöpften also den Nachlass. Damit waren die Kläger,
wenn sie nicht Ersatzerben ihrer Mutter wurden, von der Erbfolge
ausgeschlossen. Anhaltspunkte dafür, dass der Erblasser den Klägern
Erbersatzansprüche hätte belassen wollen, sind nicht ersichtlich; im
Gegenteil spricht die Rechtswahlklausel dafür, dass der Erblasser wie nach
damaligem Liechtensteiner und Schweizer Recht nicht einmal von einem
gesetzlichen Erbrecht der Kläger als nichtehelicher Kinder ausgegangen ist.
Einer besonderen Entziehung des Erbersatzanspruchs (§ 1934a BGB a.F.)
bedurfte es bei dieser Sachlage nicht. Das Pflichtteilsrecht der Kläger
folgt bereits unmittelbar aus § 2303 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V. mit § 2338a Satz
2 BGB a.F. (BGHZ 80, 290, 292 f.; Urteil vom 16. September 1987 - IVa ZR
97/86 - NJW 1988, 136 unter III; MünchKomm-BGB/Leipold, 3. Aufl. § 1934a Rdn.
55).
Im Übrigen spricht viel dafür, dass der Erblasser durch das Testament vom
29. März 1977 seine eheliche Familie als Miterben gemäß §§ 2093, 2091, 2066
Satz 1 BGB entsprechend ihren gesetzlichen Erbteilen auf den in Deutschland
einschließlich der Liegenschaft in F. belegenen Nachlassanteil berufen hat.
Auch das Berufungsgericht, das weitere Testamente des Erblassers in Erwägung
gezogen hat, geht bei seiner Annahme einer gesetzlichen Erbfolge
hinsichtlich des Restvermögens davon aus, dass der Erblasser jedenfalls kein
anderes, wirksames Testament hinterlassen hat. Gegen eine Erbeinsetzung der
ehelichen Familie im Testament vom 29. März 1977 wendet das Berufungsgericht
im Wesentlichen ein, insoweit habe der Erblasser - anders als bezüglich der
Mutter der Kläger - keine Formulierungen gebraucht, die als Erbeinsetzung
verstanden werden könnten. Dem hält die Revision mit Recht entgegen, dass
hinsichtlich der ehelichen Familie immerhin festgestellt wird, sie sei "aus"
dem restlichen Vermögen "bedacht". Das lässt sich im Sinne einer
Erbeinsetzung bezüglich des restlichen Vermögens verstehen. Eine solche
Auslegung wäre kaum zweifelhaft, wenn der Erblasser ein Wort wie "hiermit"
hinzugesetzt hätte, das nach dem Zusammenhang aber auch mitgedacht werden
kann. In diese Richtung weist vor allem die dem Testament zugrunde liegende
Aufteilung des Gesamtnachlasses nach Vermögensgruppen zwischen der
Lebensgefährtin einerseits und der ehelichen Familie andererseits.
Danach war die Klage, soweit sie auf Erbersatzansprüche gestützt wird, als
unbegründet abzuweisen.
II. Mit dem Einwand der Verjährung hat sich das Berufungsgericht - von
seinem Standpunkt aus folgerichtig - nur bezüglich des Erbersatzanspruchs
auseinandergesetzt. Der Einwand greift jedenfalls gegenüber den
Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüchen der Kläger nicht durch.
1. Diese Ansprüche verjähren nach § 2332 Abs. 1 BGB in drei Jahren von dem
Zeitpunkt an, in welchem der Pflichtteilsberechtigte von dem Eintritt des
Erbfalls und der ihn beeinträchtigenden Verfügung Kenntnis erlangt. Hier ist
die Stufenklage zur Durchsetzung der Pflichtteils- und
Pflichtteilsergänzungsansprüche bereits vor Ablauf der Frist von drei Jahren
nach dem Erbfall (8. November 1988) erhoben worden, nämlich am 30. Oktober
1991. Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB richten sich Beginn und Hemmung
der Verjährung für die Zeit vor dem 1. Januar 2002 nach dem Bürgerlichen
Gesetzbuch in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung. Insoweit bleiben auch
die Vorschriften über die Unterbrechung der Verjährung weiterhin zu beachten
(Palandt/Heinrichs, BGB 65. Aufl. EGBGB Art. 229 § 6 Rdn. 7). Hier ist die
Verjährung wirksam durch Erhebung der Stufenklage unterbrochen worden (§ 209
Abs. 1 BGB a.F.), und zwar auch bezüglich des noch unbezifferten
Zahlungsantrags (vgl. BGH, Urteile vom 17. Juni 1992 - IV ZR 183/91 - NJW
1992, 2563 unter I 2; vom 27. Januar 1999 - XII ZR 113/97 - NJW 1999, 1101
unter II 1).
2. Die Unterbrechung durch Klageerhebung endigt, wenn der Prozess nicht mehr
betrieben wird, mit der letzten Prozesshandlung der Parteien oder des
Gerichts (§ 211 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F.). Bei einer Stufenklage kann die
Unterbrechung enden, wenn der Anspruch nach Erfüllung der seiner
Vorbereitung dienenden Hilfsansprüche nicht beziffert wird; die
Unterbrechung dauert aber fort, solange aus einem Urteil über einen
Hilfsanspruch vollstreckt wird, weil die klagende Partei gerade auf diese
Weise ihren Zahlungsanspruch weiterverfolgt (BGH, Urteile vom 17. Juni 1992
aaO unter I 3 d; vom 27. Januar 1999 aaO unter II 1).
15 a) Hier hatten die Kläger das Urteil des Landgerichts München I vom 22.
Februar 1996 auf Auskunft und Vorlage von Unterlagen erwirkt. Nachdem die
Beklagten ihre Berufung gegen dieses Urteil mit Schriftsatz vom 28. Mai 1996
zurückgenommen hatten, haben die Kläger mit Schriftsätzen vom 2. Juli 1996
und 21. August 1996 Anträge gemäß § 888 ZPO gestellt. Durch Beschluss vom
16. September 1996 drohte das Landgericht ein Zwangsgeld an. Nachdem das
Oberlandesgericht über die dagegen gerichtete Beschwerde entschieden hatte,
erteilten die Beklagten weitere Auskünfte mit Schreiben vom 29. Januar 1997.
Die Kläger setzten gleichwohl die Vollstreckung aus dem Beschluss des
Landgerichts vom 16. September 1996 fort. Darauf erhoben die Beklagten am 9.
Juli 1997 eine Vollstreckungsgegenklage, die durch Beschluss vom 28. August
1997 zur vorläufigen Einstellung der Zwangsvollstreckung führte. Am 2.
Dezember 1997 schlossen die Parteien im Verfahren der
Vollstreckungsgegenklage einen Vergleich, in welchem die Kläger auf eine
weitere Zwangsvollstreckung verzichteten. Dieser Vergleich wurde unter dem
Vorbehalt des Widerrufs bis zum 16. Dezember 1997 geschlossen, tatsächlich
aber nicht widerrufen. Mit Rücksicht u.a. auf das Verfahren über den
Zugewinnausgleich der Mutter der Beklagten reichten die Kläger im
vorliegenden Verfahren erst am 15. Dezember 2000 die bezifferte
Zahlungsklage beim Landgericht ein.
b) Danach trifft die Auffassung der Revision nicht zu, der Beschluss des
Landgerichts vom 16. September 1996, spätestens aber die
Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts vom 14. Januar 1997 seien als
letzte Prozesshandlungen zu werten, mit denen die Unterbrechung der
Verjährung geendet und die Verjährung neu begonnen habe. Denn die Kläger
haben auch nach dem Beschluss des Oberlandesgerichts die Vollstreckung
weiterbetrieben. Das zeigt nicht zuletzt die Erhebung der
Vollstreckungsgegenklage durch die Beklagten. Ob die Kläger
Vollstreckungsmaßnahmen betrieben oder sich gegenüber dieser
Vollstreckungsgegenklage verteidigt haben, ist nicht entscheidend. Mit der
Abwehr der auf Unzulässigkeit weiterer Vollstreckungsmaßnahmen gerichteten
Klage aus § 767 ZPO (vgl. BGHZ 118, 229, 235 f.) haben die Kläger genügend
zum Ausdruck gebracht, dass sie auf der zwangsweisen Verwirklichung der
ihnen nach ihrer Ansicht zustehenden weiteren titulierten Ansprüche
bestehen. Es wäre reine Förmelei zu verlangen, trotz Erhebung der
Vollstreckungsgegenklage und der mit ihr verbundenen vorläufigen Einstellung
der Zwangsvollstreckung müsse der sich gegen diese Klage zur Wehr setzende
Inhaber des vollstreckbaren Titels weitere Zwangsvollstreckungsversuche
unternehmen, um die Unterbrechung der Verjährung aufrechtzuerhalten (BGHZ
122, 287, 295). Für die Unterbrechung der Verjährung kommt es auch nicht -
wie die Revision meint -darauf an, ob das Ziel der Kläger, die Vollstreckung
fortzusetzen, berechtigt war oder nicht. Nach gefestigter Rechtsprechung
genügt vielmehr jede zur Förderung des Prozesses bestimmte und geeignet
erscheinende Handlung einer Partei, wobei an diese Voraussetzung kein zu
enger Maßstab angelegt werden darf; ob die Handlung zum Erfolg führt, ist
nicht entscheidend (BGHZ 73, 8, 10 f.; Urteile vom 17. Oktober 1975 - I ZR
3/75 - VersR 1976, 36 unter II; vom 12. Oktober 1999 - VI ZR 19/99 - NJW
2000, 132 unter II 2).
c) Das Berufungsgericht ist mit Recht zu dem Ergebnis gelangt, die
Unterbrechung der Verjährung habe jedenfalls bis zum 16. Dezember 1997
angedauert. An diesem Tage lief die Widerrufsfrist des im Verfahren der von
den Beklagten erhobenen Vollstreckungsgegenklage geschlossenen Vergleichs
ab. Bis zu diesem Tage bestand auch für die Kläger die Möglichkeit einer
Fortsetzung des Verfahrens, um eine Abweisung der Vollstreckungsgegenklage
zu erreichen und so die Vollstreckung weiterführen zu können. Insoweit kommt
es nicht auf die Frage an, ob der Widerrufsvorbehalt als aufschiebende oder
auflösende Bedingung des Vergleichs zu verstehen ist. In jedem Fall hing die
Wirksamkeit des Vergleichs davon ab, dass weder die Beklagten noch die
Kläger einen rechtzeitigen Widerruf erklärten. Das Absehen von einem
Widerruf beruht auf einer Entscheidung der jeweiligen Partei, an die sich
nach dem Prozessrecht Rechtsfolgen im Hinblick auf die Führung und
Erledigung des Rechtsstreits knüpfen (vgl. RGZ 77, 324, 329; Zöller/Greger,
ZPO 25. Aufl. vor § 128 Rdn. 14). Infolge des Ausbleibens eines Widerrufs
beendete der Vergleich das Verfahren der Vollstreckungsgegenklage und
schloss zugleich die Vollstreckung der Kläger aus dem im vorliegenden
Verfahren auf der ersten Stufe erwirkten Auskunftsurteil ab. Ein
Weiterbetreiben der Stufenklage hing nunmehr von einem neuen Antrag der
Kläger auf einer nachfolgenden Stufe ab. Ihr letztes prozessuales Verhalten,
das noch der Vollstreckung des Auskunftsurteils zuzurechnen ist, war also
das Verstreichenlassen der Widerrufsfrist am 16. Dezember 1997. Zumindest
ist den Klägern bis zu diesem Zeitpunkt ein nach außen erkennbarer,
triftiger Grund dafür zuzubilligen, dass sie das Verfahren der Stufenklage
noch nicht weiter betrieben haben (vgl. etwa BGH, Urteile vom 28. September
1999 - VI ZR 195/98 - NJW 1999, 3774 unter II 2; vom 18. Oktober 2000 - XII
ZR 85/98 - NJW 2001, 218 unter II 2).
d) Ist mit dem Wirksamwerden des Vergleichs im Verfahren der
Vollstreckungsgegenklage die Verjährungsfrist des § 2332 Abs. 1 BGB erneut
in Lauf gesetzt worden (§ 211 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F.), wurde sie jedenfalls
rechtzeitig durch den Eingang des bezifferten Klageantrags am 15. Dezember
2000 unterbrochen. Insoweit rügt die Revision, dieser Klageantrag, der den
Beklagten erst am 21. Februar 2001 zugestellt worden ist, habe zunächst vom
Landgericht nicht zugeordnet werden können, weil die Kläger das Aktenzeichen
unrichtig angegeben hatten. Das Landgericht hat deshalb mit Schreiben vom
12. Januar 2001 bei den Klägern nachgefragt. Bei dieser Sachlage kann nach
Ansicht der Revision nicht angenommen werden, die Kläger hätten den
Stillstand des Verfahrens schon am 15. Dezember 2000 beendet. Indessen waren
die Kläger nicht verpflichtet, auf ihrem Zahlungsantrag das Aktenzeichen des
vorliegenden Verfahrens anzugeben. In jeder Prozesshandlung einer Partei,
die bei Anlegung nicht zu enger Maßstäbe dazu bestimmt und geeignet
erscheint, den Stillstand des Verfahrens zu beenden, liegt ein
Weiterbetreiben des Prozesses, selbst wenn die betreffende Prozesshandlung
tatsächlich keine Förderung des Prozesses bewirkt (vgl. BGHZ 73, 8, 11;
Urteile vom 17. Oktober 1975 - I ZR 3/75 - VersR 1976, 36 unter II; vom 12.
Oktober 1999 - VI ZR 19/99 - NJW 2000, 132 unter II 2). Insbesondere bedarf
es für die Unterbrechungswirkung des § 211 Abs. 2 Satz 2 BGB a.F. nicht der
Zustellung eines Schriftsatzes; vielmehr wird das Verfahren bereits mit
dessen Eingang bei Gericht weiter betrieben (BGH, Urteile vom 20. Oktober
1983 - I ZR 86/82 - NJW 1984, 2102 unter II 2 b; vom 19. Januar 1994 - XII
ZR 190/92 - NJW-RR 1994, 514 unter 3). Hier lag die Verantwortung für das
weitere Betreiben des Verfahrens mit dem Eingang der bezifferten Klage am
15. Dezember 2000 zunächst wieder in der Hand des Gerichts. Damit war der
Stillstand des Verfahrens beendet.
Mithin sind die Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche der Kläger
nicht verjährt. Insoweit ist die Klage dem Grunde nach gerechtfertigt.
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