Organhaftung für
deliktisches Handeln eines (Schein)Sozius einer Rechtsanwaltssozietät analog
§ 31 BGB; Aufrechnungsverbot gegen Ansprüche aus vorsätzlich begangener
unerlaubter Handlung (§ 393 BGB)
BGH, Urteil vom 3. Mai 2007
- IX ZR 218/05
Fundstelle:
noch nicht bekannt
BGHZ 172, 169
Amtl. Leitsatz:
a) Für das deliktische
Handeln eines Scheinsozius haftet die Rechtsanwaltssozietät entsprechend §
31 BGB.
b) Haftet eine Rechtsanwaltssozietät für das deliktische Handeln eines
Scheinsozius, müssen auch die einzelnen Sozien mit ihrem Privatvermögen
dafür einstehen.
Zentrale Probleme:
Eine ebenso lehrreiche wie praktisch wichtige
Entscheidung, die in Anwaltskreisen sicher nicht auf ungeteilte Freude
stoßen wird: Der BGH wendet - was nicht neu ist - § 31 BGB auch auf
BGB-Gesellschaften analog an und geht dabei von einem sehr weiten, nicht auf
geschäftsführende Gesellschafter beschränkten Begriff des
"verfassungsmäßigen Vertreters" aus (s. dazu
BGHZ 154, 88, 93 f;
155, 205, 210). Offen gelassen wurde bisher, ob dies auch
für die Haftung einer in Form der BGB-Gesellschaft geführten Anwaltssozietät
gilt. Der Senat bejaht auch eine gesamtschuldnerische Haftung analog § 128
HGB. Dies wird nunmehr bejaht. Eingekleidet ist die Problematik in das
Aufrechnungsverbot nach § 393 BGB, wonach gegen eine Forderung aus
vorsätzlicher unerlaubter Handlung nicht aufgerechnet werden darf.
S. auch BGH NJW 2009, 3508.
©sl 2007
Tatbestand:
1 Der Streithelfer der Kläger betrieb in den Jahren 1999 bis 2001 getrennte
Klageverfahren gegen zwei italienische Unternehmen, gegen die er jeweils
Ansprüche aus Handelsvertreterverträgen geltend machte. In beiden Verfahren
beauftragte er - wie inzwischen feststeht - mit der Prozessvertretung die
aus den Beklagten zu 1 bis 5 bestehende Anwalts(schein)sozietät. Tatsächlich
waren nur die Beklagten zu 1 bis 4 in einer Sozietät verbunden; betreut
wurden die Mandate von dem Beklagten zu 5, einem Scheinsozius. Später
schlossen die Beteiligten in dem einen Verfahren einen gerichtlichen
Vergleich; in dem anderen Verfahren einigte man sich außergerichtlich. An
den Streithelfer waren danach jeweils 80.000 DM zu entrichten. Die Beträge
wurden von den Vergleichsschuldnern auf Weisung des Beklagten zu 5 auf
dessen Privatkonto einbezahlt und von diesem veruntreut. Von den Beklagten
erhielt der Streithelfer lediglich 18.316,00 €.
2 Die Kläger ließen sich den restlichen, zuvor von ihnen gepfändeten
Anspruch des Streithelfers gegen die Beklagten abtreten. Die Klage gegen den
Beklagten zu 4, der bereits zum 1. Oktober 2000 aus der Kanzlei
ausgeschieden war, haben sie zurückgenommen. Gegen den Beklagten zu 5 haben
sie in erster Instanz ein Versäumnisurteil erwirkt, welches rechtskräftig
geworden ist. Das Landgericht hat auch der Klage gegen die im Rechtsstreit
verbliebenen Beklagten zu 1 bis 3 in Höhe von 59.545,47 € stattgegeben. Das
Oberlandesgericht hat deren Berufung zurückgewiesen. Der Senat hat ihre
Revision zugelassen, soweit sie zur Zahlung von mehr als 50.972,71 €
verurteilt worden sind.
Entscheidungsgründe:
3 Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
4 Das Berufungsgericht hat ausgeführt, soweit die Beklagten hilfsweise gegen
die Klageforderung mit einem titulierten Kostenerstattungsanspruch gegen den
Streithelfer aus einem anderen Verfahren in Höhe von 8.572,76 € nebst Zinsen
aufgerechnet hätten, scheitere dies an § 393 BGB. Danach sei die
Aufrechnung gegen eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen
unerlaubten Handlung nicht zulässig. Das Aufrechnungsverbot greife auch dann
ein, wenn die anspruchsbegründende Handlung zugleich eine Vertragsverletzung
und eine vorsätzliche unerlaubte Handlung darstelle und beide Ansprüche
miteinander konkurrierten. Es wirke gegen die Beklagen zu 1 bis 3,
obwohl ausschließlich der (frühere) Beklagte zu 5 eine unerlaubte Handlung
begangen habe.
II.
5 Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand.
6 1. Dass gegen den Streithelfer in Höhe des hilfsweise aufgerechneten
Betrages ein titulierter Kostenerstattungsanspruch besteht, hat das
Berufungsgericht festgestellt. Dagegen wird in der Revisionsinstanz nichts
erinnert.
7 2. Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der
(Hilfs-) Aufrechnung das Verbot des § 393 BGB entgegensteht. Zwar haben die
im Prozess verbliebenen Sozien selbst keine vorsätzliche unerlaubte Handlung
begangen. Das deliktische Verschulden des Scheinsozius (früheren Beklagten
zu 5) müssen sie sich im Rahmen des § 393 BGB jedoch zurechnen lassen.
8 a) Die Vorschrift gilt auch für eine juristische Person, die für die
vorsätzlich unerlaubte Handlung eines verfassungsmäßig berufenen, in
Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen tätig werdenden Vertreters nach
§ 31 BGB haftet (BayObLGZ 1984, 269, 272; Staudinger/Gursky, BGB
Bearbeitung 2000 § 393 Rn. 26; MünchKomm-BGB/Schlüter, 4. Aufl. § 393 Rn. 5;
Palandt/ Grüneberg, BGB 66. Aufl. § 393 Rn. 2).
9 b) Soweit die (Außen-) Gesellschaft bürgerlichen Rechts durch Teilnahme
am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet und ihr somit
Rechtsfähigkeit zuerkannt wird (BGHZ
146, 341, 344 ff), ist § 31 BGB auf sie
entsprechend anwendbar (BGHZ
154, 88, 93 f;
155, 205, 210; Staudinger/Weick,
BGB Neubearbeitung 2005 § 31 Rn. 45; MünchKomm-BGB/Ulmer, 4. Aufl. § 705 Rn.
263; Soergel/Hadding, BGB 13. Aufl. § 31 Rn. 7; Schwarz in Bamberger/Roth,
BGB § 31 Rn. 3; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht 4. Aufl. § 60 II 4). Ein
zum Schadensersatz verpflichtendes Handeln ihrer geschäftsführenden
Gesellschafter muss sich die Gesellschaft also zurechnen lassen (BGHZ
154, 88, 93 f;
155, 205, 210).
10 c) Dasselbe gilt für Anwaltssozietäten in der Rechtsform einer
Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
11 aa) Die Anwaltssozietät ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts
(BGHZ 56, 355, 357; BGH, Urt. v. 20. Juni 1996 - IX ZR 248/95, NJW 1996,
2859), sofern die Rechtsanwälte nicht ausdrücklich eine andere Rechtsform
gewählt haben (Sieg in Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der
Anwaltshaftung 2. Aufl. Rn. 340; vgl. auch BGHZ 157, 361, 364). Dies ist
hier nicht der Fall.
12 bb) Früher wurde das deliktische Verschulden des Mitglieds einer
Anwaltssozietät dieser nicht analog § 31 BGB als eigenes zugerechnet
(BGHZ 45, 311, 312; Zugehör/Sieg, Handbuch der Anwaltshaftung 1. Aufl. Rn.
389). Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat zwar entschieden (BGHZ
154, 370, 373 ff), dass die Grundsätze seiner neuen Rechtsprechung (BGHZ
146, 341 ff) auch für Sozietäten von Freiberuflern
in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts gelten. Er hat jedoch
offen gelassen, ob dies auch für berufshaftungsrechtliche Verbindlichkeiten
der Gesellschaft zutrifft (BGHZ 154, 370, 377; vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 12.
Dezember 2005 - II ZR 283/03, WM 2006, 187, 188). In der Rechtsprechung
der Instanzgerichte (OLG Celle NJW 2006, 3431, 3433) und im
Schrifttum wird dies bejaht (Zugehör in Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, aaO
Rn. 1952; Terbille in Rinsche/Fahrendorf/Terbille, Die Haftung des
Rechtsanwalts 7. Aufl. Rn. 139; Vollkommer/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht
2. Aufl. Rn. 378; vgl. auch Borgmann/Jungk/Grams, Anwaltshaftung 4. Aufl.
Kap. VII Rn. 28). Der erkennende Senat hatte sich mit der Frage bislang noch
nicht zu befassen.
13 cc) Für berufshaftungsrechtliche Verbindlichkeiten der Gesellschaft
kann keine Ausnahme bei der Anwendung des § 31 BGB anerkannt werden.
14 (1) In Ermangelung einer gegenteiligen Regelung ist bei einer
Anwaltssozietät jeder Sozius "verfassungsmäßig berufener Vertreter" im Sinne
des § 31 BGB.
15 In der Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestimmt sich die
Vertretungsbefugnis nach dem Gesellschaftsvertrag und ohne
gesellschaftsvertragliche Regelung nach dem Gesetz. Dieses verknüpft die
Vertretungsmacht mit der Befugnis zur Geschäftsführung (§ 714 BGB).
Grundsätzlich steht die Führung der Geschäfte der Gesellschaft den
Gesellschaftern gemeinschaftlich zu (§ 709 Abs. 1 Halbs. 1 BGB). Ob dies den
Gepflogenheiten innerhalb einer Anwaltssozität entspricht, wonach die
Bearbeitung der Mandate meist einzelnen Sozien zur eigenverantwortlichen
Erledigung übertragen wird, kann offen bleiben.
16 Bei der Auslegung des Begriffs des "verfassungsmäßig berufenen
Vertreters" im Sinne des § 31 BGB orientiert sich die Rechtsprechung nicht
strikt an der gesellschaftsrechtlichen Vertretungsbefugnis. Sie fasst den
Begriff vielmehr weiter. Darunter fällt nicht nur der geschäftsführende
Gesellschafter (BGHZ 154,
88, 93). Verfassungsmäßig berufener Vertreter
ist vielmehr auch ein Nichtgesellschafter, dem durch allgemeine
Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, für die Gesellschaft
wesensmäßige Funktionen zur selbstständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung
zugewiesen sind, so dass er die Gesellschaft im Rechtsverkehr repräsentiert
(BGHZ 49, 19, 21; BGH, Urt. v. 21. September 1971 - VI ZR 122/70, NJW
1972, 334; v. 5. März 1998 - III ZR 183/96, NJW 1998, 1854, 1856). Sogar
das unerlaubte Handeln eines bloßen Sachbearbeiters ist der Gesellschaft
zuzurechnen, falls jenem eine wichtige Angelegenheit zur
eigenverantwortlichen Erledigung übertragen worden ist (RGZ 162, 129,
166 ff).
17 Entgegen der Ansicht der Revision genügt es für die Annahme eines
"verfassungsmäßig berufenen Vertreters", dass einzelnen Sozien die
selbstständige und eigenverantwortliche Bearbeitung von Mandaten überlassen
worden ist. Die Sozien müssen nicht in Angelegenheiten des "Managements"
tätig geworden sein, welche die Sozietät als solche betreffen, wobei die
Revision als Beispiel die Anmietung der Kanzleiräume genannt hat. Die
Bearbeitung von Mandaten ist als anwaltstypische Hauptaufgabe eine wichtige
Angelegenheit der Sozietät. Es trifft nicht zu, dass - wie die Revision
gemeint hat - der Rechtsanwalt hierbei nur den Mandanten, nicht aber die
Sozietät vertritt. Vielmehr tritt der Rechtsanwalt bei der Wahrnehmung des
Mandats auch als Repräsentant der Sozietät in Erscheinung. Der Mandant, der
eine Sozietät beauftragt, will sich in der Regel die Vorteile zu Nutze
machen, die ihm die Gesellschaft im Hinblick auf Organisation,
Arbeitsteilung und die Möglichkeit der Beratung der ihr angehörenden Anwälte
untereinander bietet (vgl. BGHZ 56, 355, 360).
18 (2) Aus dem zuvor Gesagten ergibt sich zugleich, dass der Sozius, der
die vorsätzliche unerlaubte Handlung bei der Bearbeitung eines Mandats
begangen hat, "in Ausführung einer ihm zustehenden Verrichtung" im Sinne von
§ 31 BGB tätig geworden ist.
19 d) Die vorstehenden Ausführungen gelten auch für einen
berufsrechtlichen Zusammenschluss von Rechtsanwälten, der - ohne eine
Gesellschaft zu sein - nach außen hin diesen Anschein erweckt
(Scheinsozietät).
20 aa) Eine Scheinsozietät ist für die Zurechnung vertraglicher
Haftungstatbestände grundsätzlich ausreichend. Insofern rechtfertigen schon
die Grundsätze zur Anscheins- und Duldungsvollmacht, eine
Rechtsscheinhaftung anzunehmen (vgl. BGH, Urt. v. 8. Juli 1999 - IX ZR
338/97, WM 1999, 1846, 1847; zum Scheingesellschafter einer OHG oder KG vgl.
BGHZ 17, 13 ff; BGH, Urt. v. 8. Mai 1972 - II ZR 170/69, NJW 1972, 1418,
1419; Baumbach/Hopt, HGB 32. Aufl. § 128 Rn. 5). Die Sozietät, die den
Scheinsozius nach außen wie einen Sozius handeln lässt, gibt damit auch zu
erkennen, dass sie für dessen Handeln grundsätzlich einstehen will. Fehler
des Scheinsozius bei der Bearbeitung eines Mandats werden als solche der
Sozietät behandelt. Wollte die Sozietät dies anders sehen, wäre nicht zu
rechtfertigen, dass sie - ohne dies offen zu legen - ein ihr erteiltes
Mandat von jemandem bearbeiten lässt, der nicht Sozius, sondern lediglich
Angestellter oder freier Mitarbeiter der Sozietät ist.
21 bb) Das Ergebnis ist nicht anders, wenn der Scheinsozius deliktisch
handelt.
22 Dass insoweit Anknüpfungspunkte für eine Anwendung der Grundsätze über
die Anscheins- oder Duldungsvollmacht fehlen (so OLG Celle NJW 2006, 3431,
3433), hat im Rahmen des § 31 BGB keine Bedeutung. Die Organhaftung baut
nicht auf Rechtsscheingesichtspunkten auf. Sie knüpft nicht an die
scheinbare Vertretungsmacht, sondern an die Fähigkeit des "Organs" an, für
die juristische Person zu handeln (BGHZ 98, 148, 151). "Organ" kann - wie
ausgeführt -auch ein Nichtgesellschafter sein.
23 e) Im vorliegenden Fall sind die Beklagten zu 1 bis 3 nicht als
Gesellschaft, sondern persönlich verklagt und verurteilt worden; sie sollen
also gesamtschuldnerisch mit ihrem Privatvermögen für die unerlaubte
Handlung des (früheren) Beklagten zu 5 einstehen. Dies setzt - neben der
(analogen) Geltung des § 31 BGB - voraus, dass die Vorschrift des § 128
HGB (oder des § 8 PartGG) auf die Gesellschafter bürgerlichen Rechts,
namentlich auf anwaltliche Sozien, analog anwendbar ist.
24 aa) In der neueren Rechtsprechung des II. Zivilsenats des
Bundesgerichtshofs (BGHZ 142, 315, 318; 146, 341, 358) und der
Instanzgerichte (OLG Saarbrücken NJW-RR 2006, 707, 708) wird dies
grundsätzlich bejaht. Im Schrifttum sind die Meinungen geteilt (für
Analogie: Erman/H. P. Westermann, BGB 11. Aufl. § 714 Rn. 22; Palandt/Sprau,
BGB 66. Aufl. § 714 Rn. 13; Jauernig/Stürner, BGB 11. Aufl. § 715 Rn. 7; K.
Schmidt, aaO § 60 III 4; Grunewald, Gesellschaftsrecht 5. Aufl. Kap. 1 A Rn.
112 f.; Habersack BB 2001, 477, 481; Ulmer ZIP 2001, 585, 597; dagegen:
Altmeppen NJW 2003, 1553, 1554 ff; Schäfer ZIP 2003, 1225, 1227; Canaris ZGR
2004, 69, 109 ff; vermittelnd Klerx NJW 2004, 1907 ff).
25 Die Bestimmung des § 128 HGB umfasst nach ihrem Wortlaut unterschiedslos
vertragliche und deliktische Verbindlichkeiten (MünchKomm-HGB/ K. Schmidt,
2. Aufl. § 128 Rn. 10; Baumbach/Hopt, aaO § 128 Rn. 2). Die Gesellschafter
einer offenen Handelsgesellschaft sollen für ein "fremdes" Delikt
solidarisch haften, um dem Geschädigten dafür, dass bei
Personengesellschaften ein gesicherter Haftungsfonds fehlt, einen Ausgleich
zu bieten (Münch-Komm-BGB/Ulmer, 4. Aufl. § 714 Rn. 38). Da sich der
deliktische Gläubiger seinen Schuldner nicht aussuchen kann, muss - noch
mehr als bei vertraglichen Verbindlichkeiten - das Privatvermögen der
Gesellschafter als Haftungsmasse zur Verfügung stehen (BGHZ 154, 88, 94 f im
Anschluss an Ulmer ZIP 2001, 585, 597).
26 Diese Überlegungen treffen auch für die Gesellschafter einer
bürgerlichrechtlichen Gesellschaft zu. Danach zu unterscheiden, ob die
Gesellschaft kaufmännisch organisiert ist (vgl. § 2 Satz 2 und 3, §§ 5, 105
Abs. 2 HGB) - und somit dem Recht der offenen Handelsgesellschaft unterliegt
- oder nicht, somit lediglich eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist,
wäre der Rechtssicherheit abträglich (BGHZ
154, 88, 95). Die Befürworter einer analogen
Anwendung des § 128 HGB können für sich zudem in Anspruch nehmen, dass die
BGBGesellschafter auf Auswahl und Tätigkeit der "Organe" (§ 31 BGB) Einfluss
nehmen können und somit - soweit es um die Verteilung des Schadensrisikos
geht - "näher dran" sind als die deliktisch Geschädigten (BGHZ
154, 88, 95 im Anschluss an Ulmer ZIP 2001, 585,
597).
27 bb) Allerdings hat der II. Zivilsenat wiederum offen gelassen, ob das in
§ 128 HGB zum Ausdruck kommende Haftungsprinzip auf die
berufshaftungs-rechtlichen Verbindlichkeiten der Gesellschaft zutrifft (BGHZ
154, 370, 377; vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 12. Dezember 2005 aaO).
28 (1) Der erkennende Senat hat sich der neueren Rechtsprechung des II.
Zivilsenats im Ansatz bereits angeschlossen (BGHZ 157, 361, 364). Die
Erwägung war seinerzeit nicht tragend, weil das anwaltliche
Vertragsverhältnis nur zwischen dem Geschädigten und dem bisherigen
Einzelanwalt bestand, so dass - ungeachtet des Umstands, dass dessen
Pflichtverletzungen während des Bestehens der Sozietät begangen wurden - nur
dieser haftete. Auch das berufsrechtliche Schrifttum folgt überwiegend dem
II. Zivilsenat (Terbille in Rinsche/Fahrendorf/Terbille, aaO Rn. 139;
Vollkommer/Heinemann, aaO Rn. 378; für Sieg in Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee,
aaO Rn. 350 liegt eine Analogie zu § 8 PartGG näher als eine solche zu § 128
HGB, was aber in dem vorliegenden Zusammenhang bedeutungslos ist; kritisch
Borgmann/Jungk/ Grams, aaO Kap. VII Rn. 28).
29 (2) Das in § 128 HGB zum Ausdruck kommende Haftungsprinzip trifft auch
auf die berufshaftungsrechtlichen Verbindlichkeiten einer Anwaltssozietät
zu. Wenn im Allgemeinen ein Gesellschafter für ein fremdes Delikt einstehen
muss, ist nicht einzusehen, weshalb dies bei einem anwaltlichen Sozius
anders sein soll. Die Rechtsanwälte, die sich zu einer Sozietät
zusammenschließen und werbend als solche auftreten, nehmen auch das Risiko
auf sich, dass ein Sozius das in ihn gesetzte Vertrauen missbraucht.
30 (3) Auch insoweit verdient eine Scheinsozietät keine besondere
Behandlung. Geben die Sozien der Sozietät den Anschein, größer zu sein, als
sie in Wirklichkeit ist, gehen die Folgen mit ihnen heim; denn sie hätten es
in der Hand gehabt, dem Mandanten gegenüber rechtzeitig klarzustellen, dass
der sachbearbeitende Rechtsanwalt nicht zu den Mitgliedern der Sozietät
gehört.
III.
31 Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, muss die Revision
zurückgewiesen werden (§ 563 Abs. 3 ZPO).
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