Haftung der
BGB-Gesellschaft für deliktisches Handeln des Geschäftsführers analog § 31
BGB (Bestätigung und von Präzisierung von BGH NJW 2003, 1445);
Haftungsminderung bei "gestörter Gesamtschuld"
BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - VI ZR
434/01 - OLG Stuttgart, LG Stuttgart
Kommt bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts einem Gesellschafter die
Haftungsprivilegierung gem. § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII zugute, weil er
selbst auf der Betriebsstätte tätig war, so kann eine Inanspruchnahme der
Gesellschaft durch den Geschädigten nach den Grundsätzen des gestörten
Gesamtschuldverhältnisses ausgeschlossen sein.
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen eines
Unfalls vom 12. Dezember 1997 auf Ersatz materieller Schäden, Zahlung
eines Schmerzensgeldes und einer Schmerzensgeldrente sowie auf
Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich weiterer materieller und
immaterieller Schäden in Anspruch.
Die Beklagte zu 1 ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren
[vertretungsberechtigte] Gesellschafter der Beklagte zu 2 und seine
Ehefrau sind. Die Gesellschaft betreibt einen Kurierdienst, für den die
Klägerin als Subunternehmerin Büchersendungen auslieferte.
Die Übernahme der Sendungen erfolgte jeweils in der Lagerhalle der
Beklagten zu 1. Dort wurden die für verschiedene Empfänger bestimmten
Sendungen in Gitterboxen mit einem Lkw angeliefert, der von Mitarbeitern
der Beklagten zu 1 mit einem Gabelstapler entladen wurde. Für eine Tour
bestimmte Gitterboxen wurden zu dem Ladeplatz des dafür zuständigen
Subunternehmers gebracht. Dieser entnahm die einzelnen Bücherpakete,
kontrollierte, ob sie zu seiner Tour gehörten, und lud sie sodann in
seinen Transporter. Soweit eine Sammelbox Büchersendungen für
unterschiedliche Touren enthielt, wurden die Pakete von den betreffenden
Subunternehmern nach den jeweils von ihnen zu bedienenden Touren sortiert.
Als der Beklagte zu 2 am Unfalltag eine Gitterbox mit einem Gabelstapler
zum Ladeplatz der Klägerin bringen wollte, kam eine Ecke der Box mit einer
Bodenunebenheit in Berührung. Hierdurch kippte die Gitterbox von der Gabel
und verletzte die Klägerin an der linken Schulter.
Die Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen hat den Unfall als
Arbeitsunfall anerkannt und Leistungen für die Klägerin erbracht. Diese
meint, der Beklagte zu 2 habe den Unfall fahrlässig herbeigeführt. Deshalb
habe sie Schadensersatzansprüche gegen beide Beklagte.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die
Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Dagegen wendet diese sich mit der
Revision.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht meint, die Haftung der Beklagten sei
gem. § 106 Abs. 3, 3. Alt. SGB VII ausgeschlossen, da sich der Unfall bei
Tätigkeiten auf einer gemeinsamen Betriebsstätte ereignet habe. Diese
Haftungsfreistellung komme nicht nur dem Beklagten zu 2 zugute, der selbst
in der Lagerhalle tätig geworden sei, sondern müsse auch für die Beklagte
zu 1 gelten; andernfalls liefe die Haftungsprivilegierung des Beklagten zu
2 letztlich leer.
II. Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision im
Ergebnis stand.
1. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, daß sich der Unfall bei
Tätigkeiten auf einer gemeinsame Betriebsstätte im Sinne von § 106 Abs. 3,
3. Alt. SGB VII ereignet hat.
Nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung erfaßt der Begriff der
gemeinsamen Betriebsstätte über die Fälle der Arbeitsgemeinschaft hinaus
betriebliche Aktivitäten von Versicherten mehrerer Unternehmen, die bewußt
und gewollt bei einzelnen Maßnahmen ineinandergreifen, miteinander
verknüpft sind, sich ergänzen oder unterstützen, wobei es ausreicht, daß
die gegenseitige Verständigung stillschweigend durch bloßes Tun erfolgt
(grundlegend: Senatsurteil BGHZ 145, 331, 336; vgl. auch Senatsurteile
BGHZ 148, 209, 211; 148, 214, 216; vom 23. Januar 2001 - VI ZR 70/00 -
VersR 2001, 372, 373; vom 25. Juni 2002 - VI ZR 279/01 - VersR 2002, 1107
f. und vom 8. April 2003 - VI ZR 251/00 - zur Veröffentlichung bestimmt;
BAG, Urteil vom 12. Dezember 2002 - 8 AZR 94/02 - zur Veröffentlichung in
BAGE vorgesehen; OLG Hamm, VersR 2002, 1108, 1109; OLG Köln, r+s 2001,
328, 329; KG, VersR 2002, 573 f.; OLG Schleswig, r+s 2001, 197, 198 mit
NA-Beschluß des Senats vom 10. Juli 2001 - VI ZR 53/01; OLG München, r+s
2002, 507).
Diese Voraussetzungen sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts
im Streitfall gegeben. Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht
habe seinen Feststellungen nur den Vortrag in der Klageschrift zugrunde
gelegt und nicht berücksichtigt, daß die Klägerin ihr ursprüngliches
Vorbringen später dahin korrigiert habe, daß sie beim Entladen des Lkw
nicht mitgewirkt habe. Das Berufungsgericht hat seine Beurteilung
verfahrensfehlerfrei entscheidend auf das Ergebnis der persönlichen
Anhörung gestützt. Danach gehörte es zum Aufgabenbereich der Klägerin, die
in den Gitterboxen befindliche Ware zu kontrollieren, falsch zugeordnete
Pakete auszusondern und, wenn dazu Zeit war, die in der Sammelbox
befindlichen Pakete zu sortieren und dem Kollegen zu bringen, für dessen
Tour die betreffende Ware bestimmt war. Bei dieser Sachlage trafen die
Klägerin und der Beklagte zu 2 in der Lagerhalle nicht rein zufällig
aufeinander. Ihre Tätigkeiten vollzogen sich auch nicht beziehungslos
nebeneinander. Auch wenn die Klägerin dem Beklagten zu 2 nicht beim
Entladen des Lkw half, so war sie doch an dem gemeinsamen Warenumschlag
beteiligt, weil sie bei jeder Tour die Bücher in der beschriebenen Weise
sortierte. Ob das Merkmal einer gemeinsamen Betriebsstätte erfüllt wäre,
wenn sich ihre Tätigkeit darin erschöpft hätte, bereitgestellte Ware
abzuholen, kann dahin stehen, denn hier ging es nicht, wie die Revision
meint, um das bloße Abholen von Waren, die ein anderer Unternehmer auf
einem dafür bestimmten Platz abgestellt hatte. Einer Arbeitsverknüpfung
steht auch nicht entgegen, daß für die Anlieferung und den Weitertransport
der Waren getrennte Übergabeplätze eingerichtet waren. Die Tätigkeit der
Klägerin erschöpfte sich nämlich nicht darin, für sie bestimmte Ware
entgegenzunehmen und weiterzubefördern. Je nach Arbeitsanfall oblag ihr
zusätzlich - neben der Kontrolle der in der Gitterbox befindlichen Pakete
und Behältnisse und der Weitergabe der nicht für ihre Tour bestimmten
Sendungen an den dafür zuständigen Subunternehmer - auch die Sortierung
der in der Sammelbox befindlichen Pakete und deren Weiterleitung an andere
Subunternehmer. Bei dieser Sachlage handelte es sich um betriebliche
Tätigkeiten, die bewußt und gewollt bei einzelnen Maßnahmen
ineinandergriffen, miteinander verknüpft waren, sich gegenseitig ergänzten
und unterstützten.
2. Ohne Erfolg beanstandet die Revision, das Berufungsgericht habe keine
Feststellungen dazu getroffen, ob der Beklagte zu 2 unfallversichert war.
Allerdings kann die Haftungsfreistellung gem. § 106 Abs. 3, 3. Alt SGB VII
dem für ein Unternehmen Tätigen, der auf einer gemeinsamen Betriebsstätte
eine vorübergehende betriebliche Tätigkeit verrichtet und dabei den
Versicherten eines anderen Unternehmens verletzt hat, nur zugute kommen,
wenn er im Zeitpunkt der Schädigung selbst Versicherter der gesetzlichen
Unfallversicherung war (vgl. Senatsurteil BGHZ 148, 209, 212 m.w.N.), denn
unabdingbare Voraussetzung des Haftungsprivilegs ist, daß der Schädiger
selbst zu den versicherten Personen zählt (BGH, Urteil vom 27. Juni 2002 -
III ZR 234/01 - zur Veröffentlichung in BGHZ 151, 198 bestimmt). Das
Berufungsgericht ist jedoch mit Recht davon ausgegangen, daß der Beklagte
zu 2 Versicherter war. Dieser Umstand ist, worauf die Revisionserwiderung
zutreffend hinweist, in den Vorinstanzen nie in Zweifel gezogen worden und
wird letztlich auch von der Revision nicht ernstlich in Frage gestellt.
3. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, eine etwaige
Haftungsfreistellung des Beklagten zu 2 könne diesen nur dann wirksam vor
einer Inanspruchnahme durch die Geschädigte schützen, wenn das
Haftungsprivileg auch für die Beklagte zu 1 gelte.
a) Die Frage nach einer Geltung des Haftungsprivilegs für die Beklagte zu
1 stellt sich allerdings nur dann, wenn diese für ein Handeln des
Beklagten zu 2 einzustehen hätte. Das erscheint nach Lage des Falles nicht
ausgeschlossen.
aa) Anhaltspunkte dafür, daß die Beklagte zu 1 gem. § 831 BGB zum
Schadensersatz verpflichtet sein könnte, sind allerdings nicht
ersichtlich. Voraussetzung dafür wäre, daß der Beklagte zu 2
Verrichtungsgehilfe der Beklagten zu 1 war. Verrichtungsgehilfe im Sinne
des § 831 BGB ist nur, wer von Weisungen seines Geschäftsherrn abhängig
ist. Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Einer Gesellschaft
bürgerlichen Rechts steht im allgemeinen kein Weisungsrecht gegenüber
ihren Gesellschaftern zu (vgl. BGHZ 45, 311, 313). Daß die
gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse im Streitfall anders gelagert
gewesen wären, zeigt die Revision nicht auf.
bb) Ein zu Schadensersatz
verpflichtendes Handeln des Beklagten zu 2 könnte der Beklagten zu 1 aber
analog § 31 BGB zuzurechnen sein. Diese Vorschrift ist, wie der
Bundesgerichtshof in Abkehr von seiner früheren Auffassung (vgl. BGHZ 45,
311, 312; Senatsurteil vom 26. November 1974 - VI ZR 164/73 - VersR 1975,
329, 331) nach Erlaß des Berufungsurteils entschieden hat, auf die
Gesellschaft bürgerlichen Rechts entsprechend anwendbar (BGH,
Urteil vom 24. Februar 2003 - II ZR 385/99, NJW 2003, 1445,
- VersR 2003, 650, 651, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt; vgl. dazu
Ulmer, ZIP 2003, 1113 ff.; kritisch Altmeppen, NJW 2003, 1553 ff.). Mit
dieser Änderung der Rechtsprechung wird dem allgemein vollzogenen Wandel
im Verständnis der Rechtssubjektivität der Gesellschaft bürgerlichen
Rechts und ihrer Haftungsverfassung (vgl. BGHZ 146, 341) Rechnung
getragen. Die Haftung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts unterscheidet
sich insoweit nicht (mehr) von derjenigen der OHG, bei der die Haftung der
Gesellschaft auch für gesetzliche Verbindlichkeiten, insbesondere auch für
ein zum Schadensersatz verpflichtendes Verhalten ihrer Gesellschafter, und
die entsprechende Anwendbarkeit des § 31 BGB heute allgemein anerkannt ist
(vgl.
BGH, Urteil vom 24.
Februar 2003 - II ZR 385/99 - aaO m.w.N.).
Unter welchen Voraussetzungen diese Haftungsgrundsätze allerdings bei
deliktischem Handeln eines Gesellschafters bürgerlichen Rechts im
Einzelfall zum Tragen kommen, ist in Rechtsprechung und Literatur bisher
noch nicht abschließend geklärt. Insbesondere könnte durchaus zweifelhaft
sein, ob die deliktische Schadenszufügung in einem Fall der vorliegenden
Art "in Ausübung der (dem Gesellschafter) zustehenden (organschaftlichen)
Verrichtungen" begangen worden ist (vgl. dazu K. Schmidt, NJW 2003,
1897, 1904). Diese Problematik bedarf hier jedoch keiner weiteren
Vertiefung.
b) Etwaige Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 1
sind nämlich jedenfalls mittelbar wegen der auf § 106 Abs. 3, 3. Alt.
i.V.m. § 104 Abs. 1 SGB VII beruhenden Haftungsbefreiung des Beklagten zu
2 ausgeschlossen.
aa) Die Revisionserwiderung ist der Auffassung, die Haftungsbefreiung
gelte auch für die Beklagte zu 1; das ergebe sich schon aus § 31 BGB.
Richtig ist, daß diese Vorschrift keine haftungsbegründende, sondern eine
haftungszuweisende Norm ist und deshalb voraussetzt, daß der
verfassungsgemäße Vertreter eine zum Schadensersatz verpflichtende
Handlung begangen hat (vgl. Senatsurteil BGHZ 99, 299, 302). Ob es an
dieser Voraussetzung schon deswegen fehlt, weil der Beklagte zu 2 selbst
haftungsprivilegiert ist, kann im Streitfall offenbleiben.
bb) Nach Auffassung des Berufungsgerichts soll die Haftungsfreistellung
gem. § 106 Abs. 3, 3. Alt. i.V.m. § 104 Abs. 1 SGB VII der Beklagten zu 1
deswegen zugute kommen, weil die Privilegierung andernfalls gegenüber dem
Beklagten zu 2 leerliefe. Nach dem Wortlaut der Bestimmungen, ihrer
Entstehungsgeschichte und dem Sinn und Zweck der Regelung gilt die
Haftungsprivilegierung bei vorübergehenden Tätigkeiten auf einer
gemeinsamen Betriebsstätte allerdings nur für die Ersatzpflicht der für
die beteiligten Unternehmen Tätigen untereinander (vgl. Senatsurteile BGHZ
148, 209, 212 und 214, 217). Ob dazu auch die Beklagte zu 1 zu rechnen
ist, erscheint zweifelhaft.
Dabei kommt es entgegen der Auffassung der Revision nicht darauf an, ob
die geänderte Rechtsauffassung hinsichtlich der Haftungszurechnung gem. §
31 BGB dazu führt, bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts neben deren
vertretungsbefugten Gesellschaftern (vgl. BSGE 61, 15, 17) auch die
Gesellschaft selbst als Unternehmer im Sinne des § 106 Abs. 3, 3. Alt. SGB
VII anzusehen, denn die gesetzliche Haftungsprivilegierung knüpft nicht an
die Unternehmereigenschaft an, sondern an das Tätigwerden auf der
gemeinsamen Betriebsstätte.
Zwar könnte nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Haftungsfreistellung eine
Ausdehnung auf die Beklagte zu 1 zu erwägen sein. Denn die in § 106 Abs.
3, 3. Alt. SGB VII normierte Privilegierung findet ihre Rechtfertigung in
dem Gesichtspunkt der sogenannten Gefahrengemeinschaft (vgl. Senatsurteile
BGHZ 148, 209, 212 und 214, 220). Hiernach erhalten die in enger Berührung
miteinander Tätigen als Schädiger durch den Haftungsausschluß einen
Vorteil und müssen dafür andererseits als Geschädigte den Nachteil
hinnehmen, daß sie selbst gegen den unmittelbaren Schädiger keine
Schadensersatzansprüche wegen ihrer Personenschäden geltend machen können.
Um eine solche auf Gegenseitigkeit angelegte Haftungsbefreiung im Falle
des auf der Betriebsstätte tätigen Gesellschafters bürgerlichen Rechts zu
erreichen, könnte erwogen werden, die Privilegierung nicht ihm selbst,
sondern auch der Gesellschaft zugute kommen zu lassen. Dafür könnte
sprechen, daß der Beklagte zu 2, wäre er Geschädigter, den gesetzlichen
Haftungsausschluß gegen sich gelten lassen müßte. Wenn andererseits als
Schädiger zwar er selbst, nicht aber auch seine Gesellschaft privilegiert
wäre und diese dem Geschädigten daher in vollem Umfang Ersatz zu leisten
hätte, käme dem tätig gewordenen Gesellschafter der mit der gesetzlichen
Regelung bezweckte Vorteil letztlich nicht zugute, wenn er für die
Verbindlichkeit der Gesellschaft analog § 128 Satz 1 HGB persönlich
einzustehen hätte. Denn der in dieser Norm zum Ausdruck kommende Grundsatz
der akzessorischen Haftung findet entsprechende Anwendung auch auf
gesetzliche Verbindlichkeiten der Gesellschaft bürgerlichen Rechts
(BGHZ 146, 341, 357; BGH, Urteil vom 24. Februar 2003 - II ZR 385/99 - aaO
mit Anm. Reiff; vgl. auch Dauner-Lieb, DStR 2001, 356, 358 f.; Wiegand,
SchiedsVZ 2003, 52, 57; Altmeppen, NJW 2003, aaO; K. Schmidt, aaO, S. 1900
f.). Die Frage, ob dieser Grundsatz stets dazu führt, die in § 106 Abs. 3,
3. Alt. i.V.m. § 104 Abs. 1 SGB VII normierte Haftungsbefreiung auch der
Gesellschaft zugute kommen zu lassen, bedarf im Streitfall jedoch keiner
abschließenden Entscheidung.
cc) In Fallgestaltungen wie der vorliegenden ist eine Inanspruchnahme
der Gesellschaft jedenfalls nach den Grundsätzen des sogenannten gestörten
Gesamtschuldverhältnisses ausgeschlossen. Danach können in den Fällen,
in denen zwischen mehreren Schädigern ein Gesamtschuldverhältnis besteht,
Ansprüche des Geschädigten gegen einen Gesamtschuldner (Zweitschädiger)
auf den Betrag beschränkt sein, der auf diesen im Innenverhältnis zu dem
anderen Gesamtschuldner (Erstschädiger) endgültig entfiele, wenn die
Schadensverteilung nach § 426 BGB nicht durch eine
sozialversicherungsrechtliche Sonderregelung, wie sie früher in §§ 636,
637 RVO a.F. geregelt war (jetzt: §§ 104 ff. SGB VII), gestört wäre (vgl.
u.a. Senatsurteile BGHZ 61, 51, 55; vom 23. April 1985 - VI ZR 91/83 -
VersR 1985, 763 und vom 17. Februar 1987 - VI ZR 81/86 - NJW 1987, 2669).
Die Beschränkung der Haftung des Zweitschädigers beruht auf dem
Gedanken, daß einerseits die haftungsrechtliche Privilegierung nicht durch
eine Heranziehung im Gesamtschuldnerausgleich unterlaufen werden soll, es
aber andererseits bei Mitberücksichtigung des Grundes der
Haftungsprivilegierung, nämlich der anderweitigen Absicherung des
Geschädigten, nicht gerechtfertigt wäre, den Zweitschädiger den Schaden
allein tragen zu lassen (grundlegend Senatsurteil BGHZ 61, 53 ff.).
Unter Abwägung dieser Gesichtspunkte hat der Senat den Zweitschädiger "in
Höhe des Verantwortungsteils" freigestellt, der auf den Privilegierten im
Innenverhältnis entfiele, wenn man das Haftungsprivileg wegdenkt
(Senatsurteil BGHZ aaO, S. 54). Dabei ist unter "Verantwortungsteil" die
Zuständigkeit für die Schadensverhütung und damit der eigene Anteil des
betreffenden Schädigers an der Schadensentstehung zu verstehen
(Senatsurteil BGHZ 110, 114, 119).
Diese Grundsätze kommen im Streitfall zum Tragen. Für eine zum
Schadensersatz verpflichtende Handlung des Beklagten zu 2 hätten dieser
und die Beklagte zu 1 entsprechend §§ 823, 31, 840 Abs. 1 BGB
gegebenenfalls als Gesamtschuldner einzustehen. Da der Beklagte zu 2 den
Schaden allein verursacht hat und Anhaltspunkte für eine Mitverantwortung
der Beklagten zu 1 nicht ersichtlich sind, hätte er gem. § 426 BGB im
Innenverhältnis der beiden Gesamtschuldner den "Verantwortungsteil" allein
zu tragen und in vollem Umfang für den Schaden aufzukommen, wenn man das
in § 106 Abs. 3, 3. Alt. SGB VII normierte Haftungsprivileg wegdenkt. Da
diese Haftungsfreistellung nicht durch eine Heranziehung im
Gesamtschuldnerausgleich unterlaufen werden darf, wäre es der Beklagten zu
1 verwehrt, den Beklagten zu 2 im Innenverhältnis auf Ausgleich in
Anspruch zu nehmen. Weil jedoch die Beklagte zu 1 für den Schaden
ersichtlich nicht verantwortlich ist, auf sie also kein
"Verantwortungsteil" in dem oben dargelegten Sinne entfällt, wäre es nicht
gerechtfertigt, wenn sie (endgültig) gleichwohl für den Schaden - und zwar
in vollem Umfang - einzustehen hätte. Damit ist vorliegend ein Fall des
gestörten Gesamtschuldnerausgleichs gegeben, der im Ergebnis dazu führt,
daß die Klägerin - eine Haftung der Gesellschaft vorausgesetzt - schon im
Außenverhältnis mit Ansprüchen gegen die für die Schadenszufügung nicht
verantwortliche Beklagte zu 1 ausgeschlossen ist.
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