Haftung der BGB-Gesellschaft für deliktisches
Handeln der Gesellschafter/Geschäftsführer analog § 31 BGB;
gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter der BGB-Gesellschaft für
gesetzliche Verbindlichkeiten der Gesellschaft; ; Bürgschaft auf Erstes
Anfordern, Bereicherungsausgleich bei Zahlung an den Zedenten, keine
Anwendung von § 822 BGB bei Insolvenz des primären Bereicherungsschuldners
BGH, Urteil vom 24. Februar 2003 - II
ZR 385/99
Fundstelle:
BGHZ 154, 88
NJW 2003, 1445
Amtl. Leitsätze:
a) Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts muß sich zu Schadensersatz verpflichtendes Handeln ihrer (geschäftsführenden) Gesellschafter entsprechend § 31 BGB zurechnen lassen.
b) Die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts haben grundsätzlich auch für gesetzlich begründete Verbindlichkeiten ihrer Gesellschaft persönlich und als Gesamtschuldner einzustehen.
Zentrale Probleme:
Hinter dem Recht komplizierten Sachverhalt
verbirgt sich ein sehr lehrreicher Fall. Dieser läßt sich wie folgt
skizzieren:
- Die C-GmbH hatte als Werkunternehmer einen
Vertrag mit der Grundstücksgesellschaft zur Bebauung eines Grundstücks.
Die Grundstücksgesellschaft war eine BGB-Gesellschaft, in der u.a. die
Co.-GmbH sowie die Beklagten Gesellschafter waren.
- Die C-GmbH schließt wiederum mit der Da.-GmbH als Bauunternehmerin einen
Subunternehmervertrag, durch den sich die Da.-GmbH gegenüber der C-GmbH
zur Bebauung verpflichtet.
- Die D-Bank erteilt der C-GmbH eine
Bürgschaft auf erstes Anfordern (s. dazu die Anm. zu
BGH NJW 2003, 352 m.w.N.) für evtl. Ansprüche gegen
die Da.-GmbH aus der Nichterfüllung des Werkvertrags.
- Die C-GmbH macht diese Bürgschaft
(materiell unberechtigt) geltend, die D-Bank zahlt also an die C.-GmbH
und belastet die Da.-GmbH (aus dem der Bürgschaft zugrundeliegenden
Geschäftsbesorgungsvertrag, §§ 675 I, 670 BGB, s. dazu die Anm. zu BGHZ 139, 325 [= NJW 1999, 55]).
- Die C-GmbH leitet die Zahlung durch ihren
Geschäftsführer, der personengleich mit jenem der Co.-GmbH ist, an die
BGB-Gesellschaft weiter (der vorher der Anspruch – verdeckt – abgetreten
wurde).
- Die D-Bank hat aus der materiell nicht
geschuldeten Zahlung (s.o.) einen Bereicherungsanspruch
aus § 812 I 1 BGB (Leistungskondiktion) gegen die C-GmbH, den sie an die Da.-GmbH abtritt.
- Diesen Anspruch klagt die Da.-GmbH
erfolgreich ein, kann ihn aber nicht realisieren, weil die C.-GmbH
insolvent ist.
Die Da.-GmbH tritt daraufhin alle Ansprüche an den Kl. ab, der nun die übrigen
Gesellschafter (nat. Personen!) der GbR in Anspruch nimmt, weil auch die
Co-GmbH insolvent ist.
Zwei Problemkreise sind zu unterscheiden:
Haftet die GbR haftet (1.)? Haften die Bekl. für Schulden der GbR
(2.)?
Zu 1.) Der BGH verneint zu Recht eine Haftung der GbR aus § 812 I 1.
Die D-Bank, deren abgetretene Rechte zunächst die Da.-.GmbH geltend machte,
hatte einen Anspruch aus Leistungskondiktion nur gegen die C-GmbH. An die
GbR hat sie nichts „geleistet“. Es wurde auch nicht auf Weisung des Zedenten
an den Zessionar gezahlt, sondern an den Zedenten selbst (s. dazu etwa BGHZ
105, 365 sowie die Anm. zu BGHZ 113,
62 ff ). Eine Haftung der GbR aus § 822 BGB scheitert daran, daß zwar eine
unentgeltliche Zuwendung des primären Bereicherungsschuldners C-GmbH
vorliegt, diese aber nicht „infolgedessen“ von der Leistungspflicht befreit
wird. Dies läge nur vor, wenn die C-GmbH sich ihrerseits auf § 818 III
berufen könnte, was in casu an § 820 I 2 scheitert. Eine analoge Anwendung
von § 822 bei Zahlungsunfähigkeit des primären Bereicherungsschuldners lehnt
der BGH seit langem ab (s. dazu die Anm. zu BGH NJW
2000, 134 sowie BGH
NJW 1999, 1026).
Die GbR haftet aber aus § 826 BGB: Das Verhalten des Geschäftsführers der
Co.-Gmbh erfüllt den Tatbestand des § 826. Dies ist der Co.-GmbH über § 31
BGB zuzurechnen. Dann stellt sich die Frage, ob das Verhalten der Co.-GmbH
(inklusive der „darin enthaltenen“ Handlungen des Geschäftsführers) der GbR
zuzurechnen ist. Auch dies bejaht der BGH in analoger Anwendung von § 31 BGB
in Abweichung von seiner bisherigen Rechtsprechung. Entscheidend dafür ist
der in der neuesten Rspr. entwickelte körperschaftliche Charakter (Rechts
und Parteifähigkeit!) der GbR (s. dazu die Anm. zu BGH
NJW 2001, 1056 sowie die Weiterführung in
BGH v. 3.5.2007 - IX ZR 218/05). Hierin liegt die erste wichtige Neuigkeit der
Entscheidung.
Zu 2.) In Weiterführung seiner Rechtsprechung zur persönlichen
gesamtschuldnerischen Haftung der BGB-Gesellschafter (s. dazu die Anm. zu
BGHZ 142,
315 = NJW 1999, 3483)
für die Verbindlichkeiten der GbR stellt der BGH
fest, daß dies nicht nur für vertragliche, sondern auch für gesetzlich
begründete Verbindlichkeiten, d.h. für die hier in Frage stehende Haftung
aus § 826 BGB.
©sl 2003
Grafische Darstellung (->
animierte Fassung):
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von den Beklagten aus
abgetretenem Recht Rückzahlung eines Teilbetrages von 70.000,00 DM einer von
der D. Bank - AG auf erstes Anfordern an die C. GmbH (C. GmbH) ausgezahlten
und von dieser an die Gesellschaft bürgerlichen Rechts M.straße 50 (im
folgenden: Gesellschaft oder Grundstücksgesellschaft) weitergeleiteten
Bürgschaftssumme.
Die Beklagten sind seit Juni 1991 Gesellschafter jener Gesellschaft, die
Eigentümerin des Grundstücks M.straße 50 in B. war. Weitere Gesellschafterin
und zugleich Geschäftsführerin der Gesellschaft war die Co. GmbH (Co. GmbH).
Die von der Gesellschaft als Generalunternehmerin eingeschaltete C. GmbH,
deren Geschäftsführer P. R. auch die Geschäfte der Co. GmbH führte, erteilte
der Zedentin der Klägerin, der Da. GmbH (Da. GmbH), im Juli 1991 den Auftrag
für die Rohbauarbeiten eines Wohn- und Geschäftshauses, das auf dem
Gesellschaftsgrundstück errichtet werden sollte. Die D. Bank AG übernahm die
von der Da. GmbH der C. GmbH
zu stellende Ausführungsbürgschaft auf erstes Anfordern über 719.340,47 DM.
Nachdem die Da. GmbH den Rohbauvertrag wegen Baubehinderung im November 1991
gekündigt hatte, schlossen die C. GmbH, vertreten durch P. R., und die
Grundstücksgesellschaft, vertreten durch die Co. GmbH, diese vertreten durch
P. R., am 14. Januar 1992 eine Abtretungsvereinbarung, mit der die C. GmbH
ihre Ansprüche gegen die D. Bank AG aus der Bürgschaft (neben etwaigen
Schadensersatzansprüchen gegen die Da. GmbH) zur Sicherung eventueller
Mehrkosten aus der erforderlichen neuen Auftragsvergabe an die
Grundstücksgesellschaft abtrat. Letztere ermächtigte die C. GmbH, die
Forderung aus der Bürgschaft einzuziehen. Auf Aufforderung der C. GmbH
zahlte die D. Bank AG dieser im Juni 1992 die Bürgschaftssumme unter
Vorbehalt der Rückforderung aus, belastete die Da. GmbH mit dem
entsprechenden Betrag und trat dieser den Rückzahlungsanspruch ab. Die C.
GmbH veranlaßte, daß die Bürgschaftssumme Anfang September 1992 der
Grundstücksgesellschaft überwiesen wurde.
Die Da. GmbH erwirkte gegen die C. GmbH ein 1995 rechtskräftig gewordenes
Urteil auf Rückzahlung der Bürgschaftssumme, ohne daraus jedoch noch
vollstrecken zu können. Die C. GmbH wurde im September 1995 im
Handelsregister gelöscht, die Löschung der Co. GmbH erfolgte im November
1996. 1997 trat die Da. GmbH ihre Ansprüche aus unberechtigter
Inanspruchnahme der Bürgschaft an die Klägerin ab.
Die Klägerin ist der Ansicht, der Bürgschaftsfall sei nicht eingetreten.
Ihre zunächst auf positive Vertragsverletzung und ungerechtfertigte
Bereicherung gestützte Klage blieb in erster Instanz ohne Erfolg. Ihre
Berufung, mit der sie auch eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung der
Da. GmbH durch die Grundstücksgesellschaft geltend gemacht hat, führte zur
Verurteilung der Beklagten. Mit ihrer Revision streben die Beklagten die
Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils an.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist nicht begründet.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Beklagten hafteten als
Gesellschafter der Grundstücksgesellschaft, die für Schadensersatzansprüche
der Klägerin einzustehen habe bzw. der die Bürgschaftssumme unberechtigt
zugeflossen sei, als Gesamtschuldner, und zwar sowohl aus ungerechtfertigter
Bereicherung nach § 812 Abs. 1 BGB, jedenfalls in Verbindung mit § 822 BGB,
als auch wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung nach § 826 BGB. Für
die Auszahlung der Bürgschaftssumme an die C. GmbH habe ein Rechtsgrund
nicht bestanden. Der C. GmbH hätten, wie im Rechtsstreit 15 O 844/92 des
Landgerichts B. festgestellt worden sei, wegen der Nichtausführung der
Rohbauarbeiten keine Ansprüche gegen die Da. GmbH zugestanden, jedenfalls
seien solche Ansprüche im vorliegenden Verfahren nicht einmal vorgetragen
worden. Auch Schadensersatzansprüche der Grundstücksgesellschaft gegen die
C. GmbH seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Tatbestand der
sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung der Da. GmbH sei erfüllt, weil der
Geschäftsführer der C. GmbH die Bürgschaftssumme eingezogen habe, obwohl der
C. GmbH keine durch die Bürgschaft gesicherten Ansprüche erwachsen seien,
und er das Geld zu einem Zeitpunkt an die Grundstücksgesellschaft
weitergeleitet habe, in dem die C. GmbH bereits überschuldet und konkursreif
gewesen sei.
II. Das hält revisionsrechtlicher Prüfung im Ergebnis stand.
1. Mit Recht rügt die Revision allerdings die Annahme eines
bereicherungsrechtlichen Anspruchs der Klägerin. Ein Anspruch aus § 812 Abs.
1 BGB besteht nicht, weil es an einer Leistung der D. Bank AG an die
Grundstücksgesellschaft fehlt. Die Bürgschaftssumme wurde an die C. GmbH
gezahlt. Die Abtretung der Forderung an die Grundstücksgesellschaft
verbunden mit der Ermächtigung der C. GmbH zu ihrer Einziehung konnte daran
nichts ändern. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hat die
bereicherungsrechtliche Rückabwicklung selbst einer auf Anweisung des
Zedenten an den Zessionar erfolgten Leistung zwischen dem Schuldner und dem
Zedenten stattzufinden, nicht zwischen dem Schuldner und dem Zessionar (BGHZ
105, 365, 369; BGHZ 122, 46, 50). Etwas anderes gilt nur, wenn der
Zessionar die Leistung an sich veranlaßt oder maßgeblich durch sein Drängen
initiiert hat (BGH, Urt. v. 8. Juni 1988 - IV b ZR 51/87, NJW 1989, 161,
162; Urt. v. 25. September 1996 - VIII ZR 76/95, NJW 1997, 461, 464), wofür
es hier jedoch an Anhaltspunkten fehlt.
Auch ein Anspruch aus § 822 BGB kommt nicht in Betracht. Er setzt neben der
Unentgeltlichkeit der Weiterleitung des Erlangten voraus, daß der
Erstempfänger aus Rechtsgründen nicht haftet (BGH,
Urt. v. 3. Dezember 1998 - III ZR 288/96, NJW 1999, 1026, 1028), was der
Fall ist, wenn er sich auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann, § 818
Abs. 3 BGB. Die Berufung auf § 818 Abs. 3 BGB war der C. GmbH jedoch
verwehrt, weil sie der verschärften Haftung analog § 820 Abs. 1 Satz 2 BGB
unterlag. Denn die Leistung der D. Bank AG erfolgte unter Vorbehalt der
Rückforderung, und ein Widerspruch der C. GmbH insoweit ist nicht
ersichtlich (BGH, Urt. v. 8. Juni 1988 aaO).
2. Das Berufungsgericht hat jedoch rechtsfehlerfrei einen Anspruch der
Klägerin gegen die Grundstücksgesellschaft aus § 826 BGB bejaht.
a) Die sittenwidrige vorsätzliche Schädigung der Da. GmbH liegt in der
Einforderung der Bürgschaftssumme durch die C. GmbH und der Weiterleitung an
die Gesellschaft durch den Geschäftsführer R. in seiner Doppelrolle als
Geschäftsführer der C. GmbH und zugleich der geschäftsführenden
Gesellschafterin der Grundstücksgesellschaft.
Der Grundstücksgesellschaft stand ein entsprechender Zahlungsanspruch gegen
die C. GmbH nicht zu; die C. GmbH besaß keine Forderung gegen die Da. GmbH,
die sie zur Inanspruchnahme der Bürgschaft berechtigt hätte. Die
Weiterleitung des Geldes an die Grundstücksgesellschaft erfolgte zu einem
Zeitpunkt, als die C. GmbH überschuldet und
konkursreif war. Letzteres hat das Berufungsgericht auf Grund des
Sachvortrags der Klägerin und der dazu eingereichten Unterlagen
rechtsfehlerfrei festgestellt; insoweit erhebt die Revision keine Bedenken.
Entsprechendes gilt für die Feststellung des Berufungsgerichtes, ein
Schadensersatzanspruch der Grundstücksgesellschaft gegen die C. GmbH sei
nicht geltend gemacht
worden.
Entgegen der Revision geht das Berufungsgericht auch ohne Rechtsfehler davon
aus, daß der Eintritt des Bürgschaftsfalls nicht schlüssig vorgetragen ist.
Die Beklagten haben eine Aufstellung der Kosten, die die Da. GmbH für die
Rohbauarbeiten veranschlagt hatte, und der nach Einschaltung einer neuen
Generalübernehmerin und Beauftragung eines neuen Bauunternehmens tatsächlich
entstandenen Kosten vorgelegt und behauptet, der die veranschlagten Kosten
übersteigende Mehrbetrag von rund 892.000,00 DM sei der der Gesellschaft
durch das Verhalten der Da. GmbH entstandene Schaden. Sie haben jedoch nicht
im einzelnen dargelegt, daß und weshalb die Kündigung des Bauvertrages durch
die Da. GmbH unberechtigt und für die Entstehung der Mehrkosten ursächlich
war.
Daß die Entgegennahme der Bürgschaftssumme durch die Gesellschaft unter
diesen - dem für die Geschäftsführerin der Gesellschaft wie für die C. GmbH
handelnden P. R. bekannten - Umständen gegen die guten Sitten verstieß, kann
keinem Zweifel unterliegen. Dabei handelte R. vorsätzlich und in dem
Bewußtsein, den Bürgschaftsbetrag damit zum Schaden der Da. GmbH deren
Zugriff zu entziehen. Deshalb geht auch die Rüge der Revision fehl, bei den
Feststellungen des Berufungsgerichtes, R. habe das Geld an der C. GmbH
vorbei auf die Grundstücksgesellschaft übergeleitet, um so den Zugriff der
Gläubiger der C. GmbH darauf zu verhindern, handele es sich um unhaltbare,
durch Parteivorbringen nicht gedeckte bloße Behauptungen des Gerichts.
b) Die Geschäftsführerin der Grundstücksgesellschaft, die Co. GmbH, muß sich
das deliktische Handeln ihres Geschäftsführers R. nach § 31 BGB ebenso
zurechnen lassen wie die Grundstücksgesellschaft in entsprechender Anwendung
dieser Bestimmung das Handeln ihrer geschäftsführenden Gesellschafterin.
Verfassungsmäßig berufener Vertreter im Sinne der Vorschrift kann auch eine
juristische Person sein, wenn diese wie im vorliegenden Fall zur
Geschäftsführung berechtigte Gesellschafterin einer Gesellschaft
bürgerlichen Rechts ist.
aa) Nach einer älteren Entscheidung des Bundesgerichtshofes soll allerdings
die Vorschrift des § 31 BGB auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht
anwendbar sein, weil sie, anders als die offene Handelsgesellschaft oder die
Kommanditgesellschaft, zu wenig körperschaftlich organisiert sei, als daß
man die für sie handelnden Gesellschafter als ihre "Organe" bezeichnen
könnte (BGHZ 45, 311, 312). Die darin zum Ausdruck kommende - inzwischen
nahezu durchweg abgelehnte (Nachweise bei K. Schmidt, Gesellschaftsrecht 4.
Aufl. § 60 II 4, S. 1782 f.) - Auffassung ist geprägt von der damals
herrschenden Meinung, die der Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine eigene
Rechts- und Parteifähigkeit absprach und eine akzessorische persönliche
Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht
kannte. Damit schien der Weg versperrt, über § 31 BGB deliktisches Handeln
eines Gesellschafters der Gesellschaft zuzurechnen und im Gefolge deren
Gesellschafter akzessorisch für die Verbindlichkeit haften zu lassen.
bb) Diese Auffassung ist jedenfalls durch den inzwischen mit Zustimmung
aller anderen Zivilsenate des Bundesgerichtshofes vollzogenen Wandel im
Verständnis der Rechtssubjektivität der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und
ihrer Haftungsverfassung (Senat, BGHZ 146, 341)
überholt. Danach besitzt die Gesellschaft bürgerlichen Rechts
Rechtsfähigkeit, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte
und Pflichten begründet; in diesem Rahmen ist sie im Zivilprozeß aktiv und
passiv parteifähig. Für die danach von der Gesellschaft bürgerlichen Rechts
begründeten Verbindlichkeiten in deren jeweiligen Bestand haften ihre
Gesellschafter persönlich als Gesamtschuldner.
Es gibt keinen überzeugenden Grund, diese Haftung - anders als bei der OHG,
bei der die Haftung der Gesellschaft auch für gesetzliche Verbindlichkeiten,
insbesondere auch für ein zum Schadensersatz verpflichtendes Verhalten ihrer
Gesellschafter, und die entsprechende Anwendbarkeit des § 31 BGB heute
allgemein anerkannt sind - auf rechtsgeschäftlich begründete
Verbindlichkeiten zu beschränken (Gesmann-Nuissl, WM 2001, 973, 978;
Grunewald, Gesellschaftsrecht 5. Aufl. Rdn. 113; Habersack, BB 2001, 477,
481; Hadding; ZGR 2001, 712, 725 f., 735 f.; K. Schmidt, NJW 2001, 993, 998
f.; Ulmer, ZIP 2001, 585, 597; Wiedemann, JZ 2001, 661, 663). Für die
Ausdehnung auf gesetzliche Verbindlichkeiten spricht insbesondere der
Gedanke des Gläubigerschutzes (Ulmer aaO): anders als bei
rechtsgeschäftlicher Haftungsbegründung können sich die Gläubiger einer
gesetzlichen Verbindlichkeit ihren Schuldner nicht aussuchen; dann aber muß
erst recht wie bei vertraglichen Verbindlichkeiten das Privatvermögen der
Gesellschafter als Haftungsmasse zur Verfügung stehen.
Die ausnahmslose Haftung für gesetzliche Verbindlichkeiten ist zudem im
Modell der akzessorischen Haftung angelegt; ohne sie bliebe die
Rechtssubjektivität der Gesellschaft bürgerlichen Rechts unvollkommen. Die
Haftung für deliktisches Handeln eines Gesellschafters, soweit dieses nach §
31 BGB der Gesellschaft zugerechnet werden kann, ist den übrigen
Gesellschaftern auch zumutbar, weil sie in aller Regel auf Auswahl und
Tätigkeit der Organmitglieder entscheidenden Einfluß besitzen (Ulmer aaO).
Die Stimmigkeit dieses Verständnisses wird im übrigen auch durch die
Möglichkeit der identitätswahrenden Umwandlung der gewerblich tätigen
Gesellschaft bürgerlichen Rechts in eine OHG belegt. Denn eine solche
Gesellschaft bürgerlichen Rechts wird von Gesetzes wegen ohne jeden
Publizitätsakt zu einer personen- und strukturgleichen OHG, sobald ihr
Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten
Gewerbebetrieb erfordert, §§ 105 Abs. 1, 1 HGB. Da dieser Übergang sich oft
gleitend vollzieht und die Erforderlichkeit kaufmännischer Einrichtungen nur
durch eine wertende Beurteilung festzustellen ist, läßt sich der Zeitpunkt,
ab dem es sich nicht mehr um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sondern
um eine OHG handelt, selten exakt bestimmen. Da sich zudem die Umwandlung
auch in umgekehrter Richtung vollziehen kann, wäre es mit dem Grundsatz der
Rechtssicherheit für Gesellschafter wie Gläubiger unvereinbar, OHG und
Gesellschaft bürgerlichen Rechts, was die Geltung des § 31 BGB betrifft,
unterschiedlich zu behandeln.
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