Teilungsvereinbarung beim Grundstückskauf zu Miteigentum: Wahrung der Form
des § 311b I BGB, keine Heilung der Formnichtigkeit durch Vollzug des
Grundstückskaufvertrags BGH, Urteil vom 3. Juni 2002 - - OLG Rostock - LG Stralsund Fundstelle: NJW 2002, 2560 Amtl. Leitsatz: Eine der Form der §§ 313 Satz 1 a.F., 311 b Abs. 1 Satz 1 n.F. BGB nicht genügende Vereinbarung zwischen künftigen Miteigentümern über die - von § 752 BGB abweichende - Realteilung eines gemeinschaftlich zu erwerbenden Grundstücks wird durch dessen Auflassung an sie und ihre Grundbucheintragung als Miteigentümer nicht gem. §§ 313 Satz 2 a.F., 311 b Abs. 1 Satz 2 n.F. BGB geheilt. Zentrale Probleme: Im Mittelpunkt der sehr lehrreichen Entscheidung, die zahlreiche Probleme der Form von Rechtsgeschäften anspricht (Bestimmtheitserfordernis, Andeutungstheorie, falsa demonstratio, arglistige Berufung auf den Formmangel) steht die Frage der Form einer Teilungsvereinbarung und deren Heilung. Die Parteien hatten - formgerecht - von einem Dritten gemeinsam zu Miteigentum ein Grundstück erworben und dabei untereinander eine bestimmte spätere dingliche Aufteilung des Grundstücks in zwei Grundstücke vereinbart. Letzteres wurde nicht notariell beurkundet und war daher - da die Verpflichtung zur Verschaffung von Eigentum an einem Grundstück begründet wurde und nicht etwa einem gesetzlichen Anspruch entsprach (s. dazu BGHZ 127, 168) - nach § 313 S. 1 BGB a.F. (nunmehr § 311b I S. BGB n.F.) formunwirksam. Es stellte sich damit die Frage, ob die Vereinbarung nach § 313 S. 2 BGB a.F. (= § 311b I S. 2 BGB n.F.) durch die Auflassung des Grundstücks an die Erwerber (und nicht etwa durch den Vollzug der Teilung, zu der es nicht gekommen war und die der Kläger im vorliegenden Verfahren einklagt) geheilt wurde. Der BGH verneint dies zu recht. Eine Heilung wäre erst durch den Vollzug der Teilungsvereinbarung selbst erfolgt. Vgl. neben den zitierten Entscheidungen auch BGH NJW 2001, 1932 (Formerfordernis bei Vertragsänderung) sowie die weiteren in der Systematischen Rechtssprechungssammlung zu Formfragen aufgeführten Entscheidungen. Tatbestand: Die Parteien erwarben durch notariellen Vertrag vom 26. Mai 1991 ein Grundstück von ca. 3,25 ha zu Miteigentum, und zwar der Kläger zu 1/5, der Beklagte zu 4/5. Entsprechend wurden sie im Grundbuch eingetragen. Der Kaufvertrag enthält eine Klausel, wonach die Erwerber im Innenverhältnis eine Aufteilung des Grundstücks nach dem Eigentumswechsel derart vereinbarten, daß der Kläger "eine Teilfläche von 6.000 qm als Alleineigentümer" erhalten sollte. Er errichtete auf einer später katastermäßig abgeschriebenen und angeblich vereinbarungsgemäß ihm gebührenden Teilfläche von ca. 4.530 qm ein Haus, während die übrige Fläche wider Erwarten der Parteien nicht bebaut werden durfte. Mit der Klage begehrt der Kläger von dem Beklagten die Übertragung seines Miteigentumsanteils an der besagten Teilfläche Zug um Zug gegen Übertragung des klägerischen Miteigentumsanteils an der Restfläche. Beide Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Dagegen richtet sich die Revision des Beklagten, die der Senat durch Versäumnisurteil vom 4. Februar 2002 zurückgewiesen hat. Der Beklagte hat dagegen Einspruch eingelegt. Entscheidungsgründe: I. Auf den zulässigen Einspruch des Beklagten ist das gegen ihn ergangene Versäumnisurteil aufzuheben und anderweitig zu entscheiden (§ 343 Satz 2 ZPO). II. Die Revision ist begründet und führt zur Abweisung der Klage. 1. a) Wie das Berufungsgericht selbst sieht, bedurfte die der Klage zugrundeliegende Teilungsvereinbarung der Prozeßparteien der Form des - gem. Art. 229 § 5 EGBGB anzuwendenden, mit § 311 b Abs. 1 n.F. BGB sachlich übereinstimmenden - § 313 a.F. BGB, weil hier schon mangels gleichmäßiger Bebaubarkeit der einzelnen Grundstücksteile keine dem Gesetz (§ 752 BGB) entsprechende Aufteilung verabredet wurde (vgl. BGH, Urt. v. 27. Oktober 1972 - V ZR 41/70, WM 1973, 82). Da gemäß dem notariellen Vertrag jeder Erwerber den auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Kaufpreis an den Veräußerer zu zahlen hatte und nicht ersichtlich ist, daß der Beklagte seinen Miteigentumsanteil an der streitigen Fläche im Auftrag und für Rechnung des Klägers (treuhänderisch) erwerben sollte, scheidet auch ein gesetzlicher Anspruch des Klägers hierauf gemäß § 667 BGB (vgl. dazu BGHZ 127, 168, 170 f.) aus. b) Die Klausel in dem notariellen Kaufvertrag, wonach der Kläger eine Teilfläche von 6.000 qm erhalten sollte, ist mangels hinreichender Kennzeichnung dieser Teilfläche gemäß §§ 313 Abs. 1 a.F., 125 BGB formunwirksam (vgl. BGHZ 74, 116, 120 f.; 87, 150). Formungültig waren ebenfalls die mündlichen Vereinbarungen der Parteien, welche diese - nach der von dem Berufungsgericht für glaubhaft erachteten erstinstanzlichen Zeugenaussage - vor Abschluß des notariellen Kaufvertrages hinsichtlich der Lage der wegzumessenden Teilfläche 6.000 qm (an der Straßenseite des handtuchförmigen Grundstücks) getroffen haben sollen. Diese Lage kam in der Klausel des notariellen Kaufvertrages auch nicht "andeutungsweise" (vgl. BGHZ 87, 150, 154 f.) zum Ausdruck, weshalb es bei dem Formmangel verbleibt (vgl. BGHZ 74, 116, 121). Mit einer versehentlichen Falschbezeichnung der veräußerten Fläche (dazu BGHZ 87, 150) ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar. 2. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes ist die formunwirksame Teilungsvereinbarung durch die Auflassung des Grundstücks an die beiden Prozeßparteien und durch deren Eintragung im Grundbuch als Miteigentümer nicht gemäß § 313 Satz 2 a.F. BGB geheilt worden. a) Die Formvorschrift des § 313 Satz 1 a.F. (= 311 b Abs. 1 n.F.) BGB bezweckt, Veräußerer und Erwerber vor übereilten Grundstücksgeschäften zu bewahren, sie auf die Wichtigkeit des Geschäfts hinzuweisen und ihnen die Möglichkeit rechtskundiger Belehrung und Beratung durch den Notar im Hinblick auf das abzuschließende Geschäft zu eröffnen. Des weiteren soll durch die notarielle Beurkundung auch der Inhalt der Vereinbarung klar und genau festgestellt und die Beweisführung gesichert werden (BGHZ 87, 150, 153 f.). Mit der Heilungsvorschrift des § 313 Satz 2 a.F. BGB geht das Gesetz davon aus, daß die genannten Zwecke ersatzweise erfüllt sind, wenn die Auflassung (§ 925 BGB) erfolgt und der Erwerber als neuer Eigentümer des im Grundbuch bezeichneten Grundstücks eingetragen wird. Dementsprechend setzt eine Heilung gemäß § 313 Satz 2 a.F. BGB grundsätzlich den Vollzug des betreffenden Grundstücksgeschäfts durch Auflassung und Grundbucheintragung voraus. Soweit danach ein ganz oder zum Teil ohne Beobachtung der Form geschlossener Vertrag "seinem ganzen Inhalt nach gültig" wird, gilt das nach der - vom Berufungsgericht herangezogenen - Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. BGHZ 59, 269, 272) zwar auch für eine nicht (mit-)beurkundete Rückübertragungsabrede in einem Grundstückskaufvertrag nach Grundbucheintragung des Ersterwerbers. Aus dieser das Verhältnis zwischen Veräußerer und Erwerber betreffenden und auf eine Erwerbseinschränkung in diesem Verhältnis hinauslaufenden (vgl. MünchKomm./Kanzleiter, BGB 3. Aufl. § 313 Rdn. 85) Rechtsprechung läßt sich aber kein allgemeiner Grundsatz des Inhalts entnehmen, daß immer dann, wenn die Durchführung eines unter § 313 a.F. BGB fallenden Vertrages mehrere Übereignungen erfordert, schon der Vollzug einer dieser Übereignungen für eine Heilung gemäß § 313 Satz 2 a.F. BGB genügt (BGHZ 59, 269, 273). Insbesondere werden formbedürftige Abreden in Zusammenhang mit einem Grundstücksgeschäft, die nicht zwischen Veräußerer und Erwerber, sondern von diesem oder jenem mit einem Dritten formlos getroffen worden sind, nach § 313 Satz 2 a.F. BGB nur dann geheilt, wenn ihre Formbedürftigkeit allein auf ihrer Verbindung mit dem (geheilten) Veräußerungsvertrag beruht (vgl. BGH, Urt. v. 12. November 1973 - V ZR 201/71, NJW 1974, 136; Soergel/M. Wolf, BGB 12. Aufl. § 313 Rdn. 107), wie z.B. im Fall einer Geschäftseinheit (§ 139 BGB; vgl. Urt. v. 10. Dezember 1993 - V ZR 108/92, NJW 1994, 720) oder eines mittelbaren Abschlußzwangs durch die Bedingungen eines Maklervertrages (vgl. dazu BGH, Urt. v. 15. März 1989 - IVa ZR 2/88, WM 1989, 918 m.w.N.). Das gilt dagegen nicht, wenn die betreffende Abrede Pflichten begründet, die über den sachenrechtlichen Vollzug des Vertrages hinausgehen und einem selbständigen Formzwang nach § 313 Satz 1 a.F. BGB (oder nach einer anderen Vorschrift) unterliegen (vgl. Backhaus, JuS 1985, 512, 513 f.; Soergel/M. Wolf aaO; MünchKomm./Kanzleiter aaO § 313 Rdn. 82, 85), wie z.B. eine vom Erwerber mit einem Dritten getroffene Weiterverkaufsvereinbarung (vgl. auch BGH, Urt. v. 24. Februar 1967 - V ZR 2/65, WM 1967, 610; BGHZ 127, 168, 172). b) Nichts anderes kann für die vorliegende Teilungsvereinbarung der Prozeßparteien gelten, mag diese auch Teil der Abmachungen zwischen ihnen zum gemeinschaftlichen Erwerb des Grundstücks gewesen sein, der durch Abschluß des notariellen Kaufvertrages und Eintragung der Prozeßparteien im Grundbuch vollzogen wurde. Das gilt aber nicht für die - einem selbständigen Formzwang unterliegende - Teilungsvereinbarung, die der Beklagte mit dem Erwerb des Miteigentums an dem Kaufgrundstück auf eigene Rechnung noch nicht erfüllt hat. Ebensowenig ist die Schutzfunktion des Beurkundungserfordernisses dadurch gewahrt, daß der Beklagte an dem notariellen Grundstückskaufvertrag und an der Auflassung beteiligt war, weil durch beide die Grenzen der dem Kläger zuzuteilenden Fläche nicht festgelegt wurden, damit der Übereilungsschutz in dieser hier wesentlichen Hinsicht nicht gewahrt und zugleich die Beweisfunktion des § 313 a.F. BGB nicht erfüllt wurde. Im übrigen haben die Parteien in dem notariellen Kaufvertrag nicht einmal einen gemeinschaftlichen Auflassungsanspruch auf das Gesamtgrundstück entsprechend § 432 BGB, sondern jeweils getrennte Einzelansprüche gegen den Veräußerer auf Einräumung der Miteigentumsanteile von 1/5 bzw. 4/5 gegen Zahlung des jeweils hierauf entfallenden Kaufpreises (ohne gesamtschuldnerische Haftung) begründet, so daß die Rechtslage derjenigen bei zwei getrennten Kaufverträgen entspricht, deren grundbuchlicher Vollzug formlose Abreden zwischen den Erwerbern erst recht nicht gemäß § 313 Abs. 2 a.F. BGB heilen könnte. 3. Die Berufung des Beklagten auf die Formnichtigkeit der Teilungsvereinbarung führt hier auch nicht zu einem für den Kläger schlechthin unzumutbaren Ergebnis, weil er einerseits immerhin Miteigentümer des Gesamtgrundstücks unter Einschluß der von ihm beanspruchten Teilgrundstücke ist und es an ihm gelegen hätte, vor der Bebauung des von ihm beanspruchten Grundstücksteils klare Verhältnisse zu schaffen, zumindest eine Benutzungsregelung gemäß § 746 BGB und deren Eintragung im Grundbuch mit Wirkung auch für Rechtsnachfolger des Beklagten (§ 1010 Abs. 1 BGB) herbeizuführen. Des weiteren liegt ein Verstoß des Beklagten gegen Treu und Glauben auch insofern nicht vor, als die Parteien bei Vertragsschluß von einer gleichmäßigen Bebaubarkeit der beiden Grundstückshälften ausgingen und dies Geschäftsgrundlage ihrer internen Abreden war (vgl. auch BGHZ 34, 32, 41; BGH, Urt. v. 19. November 1971 - V ZR 103/69, NJW 1972, 152; v. 14. Oktober 1977 - V ZR 253/74, NJW 1978, 695). |