Verbot des In-sich-Geschäfts nach § 181 BGB und „rechtlich lediglich vorteilhaftes Geschäft“: Schenkung eines vermieteten Grundstücks an Minderjährige BayObLG, Beschluß vom 5. 12. 2002 - 2Z BR 108/02 Fundstelle: NJW 2003, 1129 Amtl. Leitsatz: Die schenkweise Übertragung eines Grundstücks ist nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn das Grundstück mit einem Nießbrauch belastet ist und der Nießbraucher das Grundstück vermietet hat. Sachverhalt: Der Bet. zu 1 ist im
Grundbuch als Miteigentümer zu 1/6 eingetragen. Dieser Anteil ist mit
einem Nießbrauch für die Eltern des Bet. zu 1 als Gesamtberechtigte
belastet. Das Grundstück ist vermietet. Vermieter sind unter anderem die
Eltern des Bet. zu 1. Der Bet. zu 1 schloss mit den Bet. zu 2 bis 4 einen
Vertrag, in dem er sich verpflichtete, den genannten Miteigentumsanteil
unentgeltlich im Wege vorweggenommener Erbfolge zu je 1/3 an seine drei
1990, 1992 und 1997 geborenen Kinder, die Bet. zu 2 bis 4, zu übertragen.
Gleichzeitig wurde die Auflassung erklärt. Die Bet. zu 2 bis 4 wurden
dabei vom Bet. zu 1 und ihrer Mutter, der Ehefrau des Bet. zu 1,
vertreten. Gleichzeitig wurde vereinbart, dass die Bet. zu 2 bis 4 ihren
Eltern auf deren Lebensdauer den unentgeltlichen Nießbrauch an dem
Grundstück einräumen. Die Bet. bewilligten und beantragten die Eintragung
des Nießbrauchsrechts, wobei der Notar angewiesen wurde, die Eintragung
des Nießbrauchs erst zu beantragen, wenn der jetzt eingetragene Nießbrauch
löschungsfähig ist. Der Verfahrensbevollmächtigte der Bet. beantragte, die
Bet. zu 2 bis 4 als Eigentümer einzutragen. Das Grundbuchamt hat mit
Zwischenverfügung vom 8. 4. 2002 den Vollzug der Eintragung von der
Genehmigung des Rechtsgeschäfts durch einen für die minderjährigen
Erwerber zu bestellenden Ergänzungspfleger abhängig gemacht. Aus den Gründen: I. .... II. 1. Das LG hat ausgeführt: Eine wirksame Auflassungserklärung des geschäftsunfähigen Bet. zu 4 und der beschränkt geschäftsfähigen Bet. zu 2 und 3 liege nicht vor. Sie seien bei der Abgabe der Erklärung von ihrer Mutter und dem Bet. zu 1 nicht wirksam vertreten gewesen, weil die Eltern gem. §§ 1629 II , 1795 II , 181 BGB von der Vertretung ausgeschlossen gewesen seien. Zwar greife der Schutzzweck dieser Vorschriften nicht ein, wenn das Rechtsgeschäft dem Minderjährigen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringe, da dann ein Interessenwiderstreit ausgeschlossen sei und Belange Dritter nicht entgegenstünden. Der Erwerb eines vermieteten Grundstücks begründe jedoch nicht einen rechtlichen Vorteil, da der Erwerber gem. § 566 BGB in das bestehende Mietverhältnis eintrete. Etwas anderes ergebe sich im vorliegenden Fall auch nicht daraus, dass der verfahrensgegenständliche Grundstücksanteil bereits mit einem Nießbrauch belastet sei und den Eltern der Erwerber ein weiterer Nießbrauch eingeräumt werde. Im Falle des Erlöschens des Nießbrauchs trete der Eigentümer gem. § 1056 BGB in das Mietverhältnis ein. Die Möglichkeit der persönlichen Haftung aus dem Mietverhältnis auf Grund des Grundstückserwerbs bestehe für die Bet. zu 2 bis 4 jedenfalls dann, wenn sowohl ihre Großeltern als auch ihre Eltern vorversterben würden. 2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung stand. a) Das LG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Bet. zu 1 und dessen Ehefrau gem. §§ 1626 II , 1795 II , 181 BGB von der Vertretung der Bet. zu 2 bis 4 ausgeschlossen waren. Die Voraussetzungen, unter denen eine Ausnahme von dem Vertretungsverbot angenommen werden kann (vgl. BayObLGZ 1998, 139 = NJW 1998, 3574), liegen nicht vor, weil das Rechtsgeschäft den Bet. zu 2 bis 4 nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt. b) Der Erwerb eines vermieteten Grundstücks ist nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, da der Erwerber nach Maßgabe der §§ 566 ff. BGB in das Mietverhältnis eintritt (OLG Oldenburg, NJW-RR 1988, 839; Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 107 Rdnr. 4; a.A. Jerschke, DNotZ 1982, 473). Durch den Eintritt in das Mietverhältnis wird eine persönliche Verpflichtung des Erwerbers begründet. Der schuldrechtliche und der dingliche Vertrag sind dabei als Einheit zu sehen (BGH, NJW 1981, 109 = BGHZ 78, 28). c) Nicht anders zu beurteilen ist die Rechtslage, wenn nicht der Grundstückseigentümer, sondern der Nießbraucher Vermieter ist. Nach § 1056 I BGB tritt im Falle der Beendigung des Nießbrauchs der Grundstückseigentümer in entsprechender Anwendung des § 566 BGB in das Mietverhältnis ein. Dass dem Eigentümer gem. § 1056 II BGB ein Sonderkündigungsrecht zusteht, vermag den rechtlichen Nachteil nicht zu beseitigen, da die Bindung des Grundstückseigentümers während des Fortdauerns des Mietverhältnisses besteht. d) Unerheblich ist, dass auch ein Nießbrauch zu Gunsten der Eltern der Bet. zu 2 bis 4 bestellt wurde. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass sich dieser Nießbrauch an den derzeit bestehenden Nießbrauch anschließt, würden die Bet. zu 2 bis 4 mit Vermieterpflichten belastet. Das Gesetz sieht einen unmittelbaren Übergang des Mietverhältnisses von einem Nießbraucher auf den anderen nicht vor. Vielmehr tritt im Falle des Erlöschens des ersten Nießbrauchs der Eigentümer nach §§ 1056 , 566 BGB in das Mietverhältnis ein. Der neue Nießbraucher tritt dann wiederum gem. § 567 S. 1 i.V. mit § 566 BGB in das Mietverhältnis ein. Der Eigentümer ist deshalb für eine logische Sekunde Vermieter, was ausreicht, um die Haftung des Eigentümers für die Rückgewähr der Mietsicherheit nach § 556a S. 2 i.V. mit § 567 S. 1 BGB zu begründen. Davon abgesehen steht nicht fest, dass der für die Eltern der Bet. zu 2 bis 4 bestellte Nießbrauch überhaupt zum Tragen kommt. Dies wäre zum Beispiel nicht der Fall, wenn die Eltern vor Erlöschen des derzeit eingetragenen Nießbrauchs versterben würden. Die Rechtsbeschwerde kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Bet. zu 2 bis 4 im Falle des Versterbens ihrer Eltern gleichzeitig als Erben in die Vermieterpflichten eintreten würden. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Eltern der Bet. zu 2 bis 4 tatsächlich als Nießbraucher in den Mietvertrag eintreten würden und wenn die Bet. zu 2 bis 4 Erben ihrer Eltern werden würden. Beides steht aber derzeit noch nicht fest. Abgesehen vom Fall des Versterbens vor Eintritt in das Mietverhältnis können die Eltern der Bet. zu 2 bis 4 auch andere Erben einsetzen. Die Bet. zu 2 bis 4 wären dann lediglich pflichtteilsberechtigt. Als Pflichtteilsberechtigte träfen sie aber keine Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis. Aber auch wenn sie zur Erbschaft berufen würden, könnten sie sich den Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis durch Ausschlagung der Erbschaft entziehen.
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