Arglistiges Verschweigen eines Mangels, Mangelfolgeschaden und Verjährung, deliktische Haftung bei „weiterfressendem“ Mangel


BGH, Urteil vom 11. Februar 2004 - VIII ZR 386/02


Fundstelle:

NJW 2004, 1032


Amtl. Leitsatz:

Beim Verkauf eines Gebrauchtwagens muß ein Kraftfahrzeughändler das Alter der Reifen jedenfalls dann anhand der DOT-Nummer überprüfen, wenn aufgrund besonderer Umstände hierfür Anlaß besteht. Unterläßt er diese Prüfung, so haftet er für den Schaden, der dadurch entsteht, daß ein Reifen infolge Überalterung platzt und es zu einem Unfall kommt.


Zentrale Probleme:

Die noch zum alten Kaufrecht ergangene Entscheidung ist auch unter dem Blickwinkel des neuen Schuldrechts von Interesse. Die Bekl., eine GmbH, hatte dem Käufer einen gebrauchten Ferrari mit untauglichen, weil veralteten Reifen verkauft. Dadurch kam es zu einem Unfall, bei welchem das Fahrzeug zerstört wurde.

Der BGH prüft einen Schadensersatzanspruch zunächst nach § 463 BGB a.F., der noch arglistiges Verschweigen eines Mangels voraussetzt und verneint eine solche hier. Einen Anspruch aus (fahrlässiger) Nebenpflichtverletzung (pVV) scheitert an dessen Verjährung, da mangelabhängige Nebenpflichtverletzungen ("Mangelfolgeschäden") auch nach bisherigem Recht der kurzen 6-monatigen Verjährung des § 477 BGB a.F. unterlagen.

Damit kommen für den geltend gemachten Schaden nur noch deliktische Schadensersatzansprüche in Betracht. Der BGH bejaht hier eine (fahrlässige) Eigentumsverletzung, weil die mangelhaften Reifen den Unfall und damit die Zerstörung des Ferrari verursacht haben. Insoweit geht es, was der BGH hier mit keinem Wort erwähnt, um die klassische sog. "Weiterfresserproblematik", wie sie der BGH bereits im berühmten "Schwimmerschalter-Fall" (
BGHZ 67, 359) und im "Gaszug-Fall" (BGHZ 86, 256) entwickelt hat (s. dazu die Anm. zu BGH NJW 2001, 1346): Zwar ist die Lieferung einer mangelhaften Sache keine Eigentumsverletzung, weil der Käufer ja nie mangelfreies Eigentum hatte. Wenn aber ein funktionell begrenztes Einzelteil (hier: Reifen) einer im übrigen mangelfreien Sache diese schädigt (sich also in ihr "weiterfrißt"), kann darin eine Eigentumsverletzung i.S.v. § 823 I BGB gesehen werden. Ob diese Rechtsprechung auch nach der Schuldrechtsreform und der damit erfolgten erheblichen Verlängerung der kaufrechtlichen Verjährung aufrechtzuerhalten ist, ist eine sehr spannende und strittige Frage (s. dazu Lorenz/Riehm, Lehrbuch z. neuen Schuldrecht Rn. 582). Die Materialien zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz lassen dies offen (BT-Drucks. 14/6040 S. 229).

Nach neuem Schuldrecht wäre der Schadensersatz auf §§ 280 I, 433 I 2 als Schadensersatz "neben der Leistung" zu stützen und bereits bei bloßer Fahrlässigkeit gegeben, so daß ein Abstellen auf Arglist insofern nicht notwendig wäre. Die Verjährung unterläge nach hM § 438 I Nr. 3 (2 Jahre ab Ablieferung), weil es sich um einen Schadensersatzanspruch aus § 437 Nr. 3 handelt, der an die Lieferung einer mangelhaften Sache anknüpft. Dies gilt auch dann, wenn man den Anspruch auf eine Nebenpflichtverletzung (§§ 280 I, 241 II) stützt. Eine Mindermeinung will freilich für Mangelfolgeschäden an durch § 823 I geschützten Rechtsgütern die regelmäßige Verjährung der §§ 194, 199 anwenden (Canaris, Karlsruher Forum 2002, S. 5, 98).

Die Frage des arglistigen Verschweigen eines Mangels ist nach neuem Schuldrecht noch relevant im Rahmen der §§ 438 III, 442 I, 444 BGB.

Nicht nachvollziehbar sind freilich die Ausführungen des BGH zur Zurechnung de
s Verschuldens des GmbH-Geschäftsführers oder "eines anderen zuständigen Mitarbeiters" im Rahmen des Anspruchs aus § 823 I BGB: Der BGH wendet hier § 278 an, der aber ein bestehendes Schuldverhältnis voraussetzt und nur innerhalb der Haftung aus diesem Schuldverhältnis, nicht aber im Zusammenhang mit § 823 angewendet werden kann. Das Verschulden des GmbH-Geschäftsführers wäre vielmehr analog § 31 BGB zuzurechnen, bei sonstigen Mitarbeitern gälte § 831 BGB (mit der Möglichkeit zur Exkulpation!).

S. auch die Anm. zu BGH v. 12.12.2000, VI ZR 242/99, zu BGH, Urteil vom 27. Januar 2005 - VII ZR 158/03 sowie zu BGH v. 15.4.2015 - VIII ZR 80/14.
 

©sl 2004


Tatbestand:

Die Klägerin macht aus übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin, der Firma K. GmbH, gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Beklagte ist Vertragshändlerin der Firma Ferrari. Im Juni 1998 verkaufte sie einen gebrauchten, im August 1996 erstmals zugelassenen PKW der Marke Ferrari an einen Kunden, nachdem sie auf dessen Wunsch an dem Fahrzeug vier neue Reifen, die sie von einer Reifenhandelsfirma bezogen hatte, montiert hatte. Einige Zeit später kaufte sie den PKW, der in der Zwischenzeit etwa 2.000 km gefahren worden war, zurück und veräußerte ihn am 5. Dezember1998 mit einem Kilometerstand von ca. 20.000 an die Firma K. GmbH weiter. Das Fahrzeug wurde am 22. Dezember 1998 ausgeliefert. Dem Kaufvertrag lagen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten für den Verkauf gebrauchter Kraftfahrzeuge (Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen) zu Grunde, die in Ziff. VII einen Gewährleistungsausschluß und in Ziff. VIII eine Begrenzung der Haftung für leichte Fahrlässigkeit u.a. auf solche Schäden vorsahen, die nicht durch eine Fahrzeugversicherung oder - bei Drittschäden - durch die Haftpflichtversicherung gedeckt sind.

Am 7. August 1999 kam es auf der Autobahn zu einem Verkehrsunfall, bei dem der PKW einen Totalschaden erlitt. Ursache des Unfalls war ein Platzen des linken Hinterreifens. Bei dem von der Klägerin anschließend eingeholten Sachverständigengutachten stellte sich heraus, daß der Reifen in der 16. Kalenderwoche (19.-25. April) 1993 hergestellt worden war; für den normalen Betrieb des Ferrari, dessen Höchstgeschwindigkeit 295 km/h beträgt, war der Reifen bereits spätestens im Dezember 1998 aufgrund seines Alters nicht mehr geeignet.

Die Klägerin, bei der der PKW in der Fahrzeug- und Haftpflichtversicherung versichert war, hat den Unfallschaden in Höhe von insgesamt 193.472,14 DM reguliert. Mit ihrer am 28. Juni 2000 bei Gericht eingegangenen Klage macht sie die gemäß § 67 VVG auf sie übergegangenen Ersatzansprüche abzüglich der Selbstbeteiligung ihrer Versicherungsnehmerin in Höhe von 5.000 DM gegen die Beklagte geltend. Die Beklagte hält eine Haftungsgrundlage für nicht gegeben; außerdem hat sie die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr in Höhe von 95.549,76 € stattgegeben. Mit der vom Senat zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Beklagte hafte der Klägerin für den geltend gemachten Schaden auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung gemäß § 463 Satz 2 BGB a.F. in Verbindung mit § 67 VVG, weil sie beim Verkauf des Fahrzeugs an die Firma K. GmbH arglistig verschwiegen habe, daß der Reifen bereits im April 1993 hergestellt und infolge der langen Lagerzeit überaltert und für den Fahrbetrieb des Ferrari nicht mehr geeignet gewesen sei. Es habe dem an den Kaufverhandlungen beteiligten Geschäftsführer der Beklagten nicht unbekannt bleiben können, daß das Fahrzeug mit einer derart verkehrsunsicheren Bereifung nicht hätte ausgeliefert werden dürfen und daß der Kunde erwarte, beim Kauf eines erst zwei Jahre alten und 220.000 DM teuren Sportwagens keine überalterten Reifen zu erhalten. Dennoch habe die Beklagte die gebotene und unschwer mögliche Überprüfung des Alters der Reifen anhand der aufgeprägten DOT-Nummer nicht vorgenommen, sondern sich blindlings darauf verlassen, daß die von ihr gekauften Reifen in Ordnung seien.  Damit seien die Voraussetzungen der Arglisthaftung erfüllt; dazu genüge, daß der Verkäufer bei Vertragsabschluß einen offenbarungspflichtigen Umstand zumindest bedingt vorsätzlich in dem Bewußtsein verschweige und billigend in Kauf nehme, daß der Käufer bei Kenntnis dieses Umstandes den Kauf nicht oder nicht zu den vereinbarten Bedingungen abgeschlossen hätte. Der Geschäftsführer der Beklagten habe gewußt oder sich zumindest bedingt vorsätzlich der sich aufdrängenden Erkenntnis verschlossen, daß die Käuferin eines so hochwertigen und extrem schnellen Fahrzeugs zumindest eine äußerliche Sicherheitskontrolle erwarte, die insbesondere auch die Verkehrssicherheit der Reifen umfaßt habe; er habe auch gewußt, daß diese Kontrolle in ihrem Fachbetrieb nicht erfolgt sei. Durch das Verschweigen dieses Umstandes habe er vereitelt, daß die Käuferin eine solche Sicherheitskontrolle, die letztlich den Unfallschaden verhindert hätte, durchführen ließ.

II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Urteil erweist sich im Ergebnis aber aus einem anderen Grund als richtig, so daß die Revision zurückzuweisen ist.

1. Ein kaufrechtlicher Anspruch auf Schadensersatz wegen arglistigen Verschweigens eines Fehlers (§ 463 Satz 2 BGB a.F.) besteht entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht.

Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß ein Verkäufer einen offenbarungspflichtigen Mangel arglistig verschweigt, wenn er einen Fehler mindestens für möglich hält, gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, daß der Vertragspartner den Fehler nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (st. Rspr., zuletzt BGH, Urteil vom 30. April 2003 - V ZR 100/02, NJW 2003, 2380 = BGHReport 2003, 853 unter II 2 b  m.w.Nachw.); die Voraussetzungen der Arglist müßten für einen kaufrechtlichen Gewährleistungsanspruch der Firma K. gegeben sein, weil die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 477 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. seit Auslieferung des Fahrzeugs am 22. Dezember 1998 bis zur Klageeinreichung am 28. Juni 2000 abgelaufen war und die Beklagte die Verjährungseinrede erhoben hat. Rechtsfehlerhaft nimmt das Berufungsgericht jedoch an, diese Voraussetzungen seien erfüllt, weil der Geschäftsführer der Beklagten gewußt habe oder sich zumindest bedingt vorsätzlich der sich aufdrängenden Erkenntnis, daß die Käuferin eines so hochwertigen und extrem schnellen Fahrzeugs zumindest eine äußerliche Sicherheitskontrolle vor dessen Auslieferung erwartete, verschlossen habe. Diesen Erwägungen kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil es für die Frage der Arglist im Sinne des § 463 Satz 2 BGB a.F. in erster Linie nicht auf die Vorstellungen des Verkäufers von den Erwartungen des Käufers ankommt, sondern darauf, ob der Verkäufer einen (offenbarungspflichtigen) Fehler kennt oder zumindest für möglich hält. Dazu fehlt es an entsprechenden Feststellungen.

Das Berufungsgericht hat es zwar als erwiesen angesehen, daß die Beklagte vor der Auslieferung des Fahrzeuges die Reifen nicht auf ihr Alter überprüft und sich "blindlings darauf verlassen" habe, daß die von ihr gekauften Reifen in Ordnung seien. Kenntnis von der Überalterung des Hinterreifens hat das Berufungsgericht damit jedenfalls nicht festgestellt. Die Annahme, die Beklagte habe einen solchen Mangel wenigstens für möglich gehalten, ist auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen gleichfalls nicht gerechtfertigt; irgendwelche Anhaltspunkte in dieser Richtung liegen auch nicht vor. Ob unter den gegebenen Umständen das Verhalten der Beklagten als fahrlässig anzusehen ist, kann in diesem Zusammenhang dahinstehen; für die Bejahung eines arglistigen Verschweigens eines Fehlers würde fahrlässige Unkenntnis nicht ausreichen.

2. Da ein arglistiges Verhalten der Beklagten zu verneinen ist, greift die Einrede der Verjährung gleichfalls durch, soweit das Berufungsgericht eine der Schadenspositionen als Mangelfolgeschaden ansieht, der jedenfalls aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung zu ersetzen sei. Im Kaufrecht unterliegen auch die auf Ersatz von Mangelfolgeschäden gerichteten Ansprüche, wenn sie sich unmittelbar auf einen Sachmangel gründen, der kurzen gewährleistungsrechtlichen Verjährungsfrist des § 477 BGB a.F. (Senatsurteil vom 2. Juni 1980 - VIII ZR 78/79, NJW 1980, 1950 unter II 3 m.w.Nachw.). 

III. Das Urteil erweist sich jedoch im Ergebnis als richtig (§ 561 ZPO), weil die Beklagte aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung (§ 823 Abs. 1 BGB) den Unfallschaden zu ersetzen hat.

Dem Käufer eines Gebrauchtwagens, der mit unvorschriftsmäßigen Reifen versehen ist, können gegen den Verkäufer Schadensersatzansprüche aus Eigentumsverletzung (§ 823 Abs. 1  BGB) zustehen, wenn die mangelhafte Bereifung später Ursache eines Unfallschadens an dem Fahrzeug wird. In einem solchen Fall ist, wie der Senat in seinem Urteil vom 5. Juli 1978 (VIII ZR 172/77, NJW 1978, 2241 unter II 1 b) im einzelnen dargelegt hat, zwischen dem Schadensersatzanspruch aus Vertragsverletzung und demjenigen aus unerlaubter Handlung eine echte Anspruchskonkurrenz gegeben mit der Folge, daß jeder Anspruch der ihm eigenen gesetzlichen Regelung folgt (ebenso Senatsurteil BGHZ 66, 315). Nichts anderes gilt, wenn die Reifen zwar den vorgeschriebenen technischen Daten entsprechen, aber aufgrund ihres Alters im Zeitpunkt des Verkaufs nicht mehr uneingeschränkt verkehrssicher sind. Die Voraussetzungen eines derartigen deliktischen Schadensersatzanspruchs für den eine dreijährige - im Streitfall bis zur Klageeinreichung noch nicht verstrichene - Verjährungsfrist (§ 852 BGB a.F.) gilt (Senat aaO unter II), liegen hier vor.

1. Die Beklagte trifft das für eine Haftung aus unerlaubter Handlung erforderliche Verschulden an dem Schadensfall. Die auf ihrer Seite Verantwortlichen haben fahrlässig gehandelt. Sie haben die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht gelassen (§ 276 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F., ebenso § 276 Abs. 2 BGB n.F.), als sie der Firma K. im Dezember 1998 das Kraftfahrzeug mit einem Hinterreifen überließen, der zwischen dem 19. und 25. April 1993 angefertigt worden war. Das Herstellungsdatum des Reifens hätten sie bei Einhaltung der ihnen obliegenden Sorgfaltspflichten erkennen und dadurch die für den Unfall ursächliche Gefahrenlage unschwer vermeiden können (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 1975 - VII ZR 137/73, NJW 1975, 685).

2. Das Berufungsgericht hat - im Rahmen der von ihm erörterten und bejahten Arglisthaftung - entscheidend darauf abgestellt, die Beklagte hätte jedenfalls, auch ohne besondere Anhaltspunkte, das Alter der Reifen anhand der aufgeprägten DOT-Nummer überprüfen müssen. Ob dieser Ansicht in einem Fall wie dem vorliegenden zu folgen ist, ob ein Autohändler, der einen Gebrauchtwagen mit einem kurz zuvor von seinem Reifenfachhändler neu erworbenen, äußerlich einwandfreien Hinterreifen veräußert, auf die DOT-Nummer achten muß, erscheint zweifelhaft, kann aber unentschieden bleiben (zu den Sorgfaltspflichten eines Reifenfachhändlers vgl. OLG Nürnberg, DAR 2002, 270). Denn hier bestanden solche konkreten Anhaltspunkte, aufgrund deren es sich der Beklagten hätte aufdrängen müssen, sich anhand der DOT-Nummer über das Herstellungsdatum der Reifen zu vergewissern. Zutreffend weist die Revisionserwiderung darauf hin, daß die von der Beklagten im Juni 1998 montierten Reifen des Typs "P Zero" ein Profil aufwiesen, das seit Anfang 1996 – im Zusammenhang mit der Umstellung auf den Reifentyp "P Zero Asimetrico" - unstreitig nicht mehr hergestellt wurde. Jedenfalls dies hätte der Beklagten bei der gebotenen routinemäßigen Sichtkontrolle auch der Bereifung (vgl. dazu Senatsurteil vom 5. Juli 1978 aaO unter II 2 a) vor dem Verkauf des Fahrzeugs an die Firma K. im Dezember 1998 auffallen müssen; die Kenntnis des Umstandes, daß und zu welchem Zeitpunkt die Firma Pirelli als Lieferantin der Firma Ferrari das Profil an den Reifen des Typs "P Zero" geändert hatte, muß von der Beklagten als Ferrari-Vertragshändlerin erwartet werden. War aber das Profil des Reifens überholt, bestand für die Beklagte Anlaß, den Reifen anhand der DOT-Nummer auf sein Herstellungsdatum zu untersuchen. Dies war von ihr schon deshalb zu erwarten, weil einerseits der Zustand der Bereifung für die Verkehrssicherheit eines Fahrzeugs, das extrem hohe Geschwindigkeit erreicht, und damit auch für Leben und Gesundheit der Insassen - und auch der sonstigen Verkehrsteilnehmer - von entscheidender Bedeutung ist, und andererseits die Überprüfung der Reifen anhand des Profils und der DOT-Nummer keinen nennenswerten Aufwand verursacht; ein kurzer Blick auf die für den Fachmann unschwer zu entschlüsselnde DOT-Nummer genügt hierfür.

Hätte die Beklagte diese ohne weiteres mögliche Überprüfung vor dem Verkauf des Ferrari an die Firma K. im Dezember 1998 vorgenommen, hätte sie festgestellt, daß der später geplatzte Hinterreifen bereits in der 16. Kalenderwoche (19.-25. April) 1993 hergestellt, im Dezember 1998 mithin schon rund 5 Jahre und 8 Monate alt war. Aufgrund dieser ihr möglichen Erkenntnis hätte die Beklagte nach den rechtsfehlerfreien, tatrichterlichen Feststellungen wissen müssen, daß der Reifen - wie das Berufungsgericht nach den Ausführungen des Sachverständigen angenommen hat - schon damals überaltert und für den normalen Fahrbetrieb des PKW Ferrari mit einer Geschwindigkeit bis zu 295 km/h nicht mehr geeignet war.

3. Der Umstand, daß die Beklagte die Reifen erst wenige Monate zuvor - im Juni 1998 - von einer Reifenhandelsfirma als Neureifen erworben hatte und die Reifen seitdem erst etwa 2.000 Kilometer gefahren waren, entlastet sie nicht. Damals bereits hätte ihr bei einer auch nur flüchtigen Sichtprüfung das alte Profil auffallen und dies hätte ihr Anlaß zu einer näheren Überprüfung anhand der DOT-Nummer geben müssen. Da die Beklagte aber vor dem Kauf der Reifen im Juni 1998 die sich wegen des alten Profils aufdrängende Prüfung nicht vorgenommen hatte, hätte diese Kontrolle im Dezember 1998 nicht unterbleiben dürfen.

4. Das Unterlassen der gebotenen und zumutbaren Überprüfung der Reifen durch ihren Geschäftsführer oder einen anderen zuständigen Mitarbeiter muß sich die Beklagte als Verschulden anrechnen lassen (§ 278 BGB). Dabei kann offen bleiben, ob dieses Verschulden als einfache (leichte) oder schon als grobe Fahrlässigkeit anzusehen ist. Denn auch beim Vorwurf einfacher Fahrlässigkeit haftet die Beklagte für den Unfallschaden vom 7. August 1999.

Allerdings enthalten die Vertragsbestandteil gewordenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten in Nr. VIII 1 einen Ausschluß der Haftung für leichte Fahrlässigkeit, soweit der Schaden durch die Fahrzeug- und Haftpflichtversicherung gedeckt ist. Die Klausel ist jedoch unwirksam, weil sie die Rechtsposition des Vertragspartners in mehrfacher Hinsicht nicht hinreichend klar regelt und deshalb insgesamt gegen das aus § 9 AGBG (jetzt: § 307 BGB) herzuleitende Transparenzgebot verstößt (s. dazu im einzelnen und mit ausführlicher Begründung Senatsurteil BGHZ 145, 203, 240 ff; a.A. Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 4. Aufl., § 9 Rdnr. G 84 und N 14). Der Umstand, daß das genannte Senatsurteil die Neuwagen-Verkaufsbedingungen des Kraftfahrzeughandels betraf, während es hier um eine Klausel in den Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen geht, ist für die Frage der Transparenz ohne Bedeutung.

5. Das Unterlassen der erforderlichen Kontrolle des Alters der Reifen war unter Zugrundelegung der fehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts ursächlich für den bei dem Unfall vom 7. August 1999 entstandenen Schaden. Hätte die Beklagte das Herstellungsdatum der Reifen überprüft und dadurch feststellen können, daß die Hinterreifen überaltert waren, dann hätte sie entweder von sich aus die vorhandenen durch einwandfreie neue Reifen ersetzen oder zumindest die Käuferin auf das Alter der Reifen und die damit verbundenen Risiken hinweisen müssen. Es liegt auf der Hand, daß die Käuferin dann auf der Montage nicht überalteter Reifen bestanden hätte, so daß der Unfall vermieden worden wäre.

IV. Nach alledem erweist sich die Revision im Ergebnis als unbegründet. Dies kann der Senat abschließend entscheiden, da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind (§ 563 Abs. 3 ZPO).