Voraussetzung der
treuwidrigen Berufung auf den Formmangel; Abgrenzung zur Verwirkung
BGH, Urt. v. 16. Juli 2004
- V ZR 222/03
Fundstelle:
NJW 2004, 3330
s. auch RGZ
117, 121 ("Edelmann-Fall");
BGHZ
48, 396 ("Kaufmannsehrenwort");
BGH NJW 1996, 1960;
BGH NJW 2002,
1050; BAG v.
16.9.2004, 2 AZR 659/03. Zur "einseitigen Abhängigkeit" s.
BGH NJW 2002, 2559
Amtl. Leitsatz:
Wird ein Vertrag trotz Verletzung gesetzlicher
Formvorschriften über einen längeren Zeitraum hinweg als wirksam behandelt,
so verstößt die Berufung auf den Formmangel nicht bereits dann gegen § 242
BGB, wenn die Voraussetzungen der Verwirkung gegeben sind.
Tatbestand:
Mit notariellem Vertrag vom 27./28. April 1993 verkaufte die M. B. GmbH an
die Beklagte zu 1 Teile ihrer Firmengrundstücke sowie Anlage- und
Vorratsvermögen zum Preis von 22.590.000 DM. Nach § 3 des Kaufvertrages
ergeben sich die einzelnen Gegenstände des Anlage- und Vorratsvermögens aus
Inventarverzeichnissen, die als Anlagen 5 und 6 der
Urkunde beigefügt und verlesen worden sein sollen. Die Beklagte zu 2
übernahm in der Vertragsurkunde im Wege des Schuldbeitritts die Mithaftung
für die vertraglichen Verpflichtungen der Beklagten zu 1. Der Kaufpreis
wurde bis auf restliche 5 Millionen DM gezahlt. Dieser Teilbetrag ist nach §
5 Abs. 4 des Kaufvertrages nebst 8 % Zinsen in fünf gleichen jährlichen
Raten zu leisten.
Gemäß § 5 Abs. 11 ist die Verkäuferin verpflichtet, auf die jeweils fällige
Rate nebst Zinsen zu verzichten, falls die Beklagte zu 1 bis zum 15. Februar
des betreffenden Jahres "… nachweist, daß in dem vorhergehenden Kalenderjahr
mindestens 500 Vollzeitdauerarbeitsplätze auf dem Vertragsgelände ständig
besetzt waren."
Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin aus abgetretenem Recht der
Verkäuferin, deren alleinige Gesellschafterin sie ist, die Beklagten auf
Zahlung des restlichen Kaufpreises nebst Zinsen in Anspruch. Die Beklagten
haben Zahlungen zunächst vor allem deshalb abgelehnt, weil innerhalb der
maßgeblichen Referenzjahre mehr als 500 Vollzeitdauerarbeitsplätze ständig
besetzt gewesen seien. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die
Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 5.172.444,44 DM verurteilt. In
der Berufungsinstanz haben die Beklagten erstmals die Formnichtigkeit des
Kaufvertrages geltend gemacht, weil die in § 3 Abs. 1 des Kaufvertrages
erwähnten Anlagen weder verlesen noch der Vertragsurkunde beigefügt worden
seien. Die Berufung der Beklagten ist gleichwohl ohne Erfolg geblieben.
Ferner hat das Kammergericht eine im zweiten Rechtszug von der Beklagten zu
1 erhobene Widerklage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Kaufvertrages
als unzulässig abgewiesen. Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die
Klägerin beantragt, verfolgen beide Beklagten das Ziel der Klageabweisung
weiter, die Beklagte zu 1 erstrebt außerdem, der Widerklage stattzugeben.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht
unterstellt wegen der angeblich weder verlesenen noch beigefügten Anlagen
die Formnichtigkeit des Kaufvertrages, ist aber der Ansicht, die Beklagten
könnten sich auf die damit begründete Einwendung wegen Verwirkung nicht
berufen. Angesichts der Zeit bis zur Geltendmachung der Formnichtigkeit und
des wegen ihrer spezifischen Aufgabenstellung schutzwürdigen Vertrauens der
Klägerin sei das Verhalten der Beklagten gravierend illoyal. Daran ändere
nichts, daß die Beklagten nach ihren Behauptungendie Formnichtigkeit erst im
Jahr 2001 bei einer erneuten rechtlichen Prüfung festgestellt hätten; denn
bei der gebotenen Wahrung ihrer rechtlichen Interessen hätten sie den
Formverstoß frühzeitig erkennen müssen. Der hiernach entstandene
Restkaufpreisanspruch sei auch nicht entfallen, nachdem die erforderliche
Zahl von Arbeitsplätzen nicht geschaffen worden sei. Die Auslegung des
Vereinbarten ergebe, daß die bei einer anderen Gesellschaft beschäftigten
Umschüler insoweit nicht zu berücksichtigen seien. Die von der Beklagten zu
1 erhobene Zwischenfeststellungswiderklage sei unzulässig, weil die Frage
der Unwirksamkeit des Kaufvertrages nicht mehr vorgreiflich für die
Entscheidung des Rechtsstreits sei.
Dies hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung in dem wesentlichen Punkt
nicht stand.
II. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Auffassung des
Berufungsgerichts, die Beklagten seien durch den Grundsatz von Treu und
Glauben daran gehindert, sich auf die Formnichtigkeit des Kaufvertrages vom
27./28. April 1993 zu berufen.
1. Frei von Rechtsfehlern bejaht das Berufungsgericht allerdings auf der
Grundlage des von ihm als richtig unterstellten Vorbringens der Beklagten
die Formnichtigkeit des Kaufvertrages nach § 125 Satz 1 BGB.
a) Das Formerfordernis für den Grundstückskaufvertrag aus § 313 BGB a.F.
(vgl. Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB) erstreckt sich auch auf den - für sich
allein nicht formbedürftigen - Verkauf des beweglichen Vermögens. Nach
ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bedarf eine Vereinbarung,
die mit einem Grundstücksgeschäft rechtlich zusammenhängt, ebenfalls der
notariellen Beurkundung (Senat, BGHZ 63, 359, 361; 89, 41, 43; BGHZ 76, 43,
48 f.). Hier bildeten der Verkauf der Grundstücksflächen und der Verkauf des
Anlage- und Vorratsvermögens ein einheitliches Geschäft, weil beide derart
von einander abhängig waren, daß sie miteinander "stehen und fallen"
sollten. Dafür spricht im Sinne einer tatsächlichen Vermutung bereits die
Zusammenfassung aller Abreden in einer Urkunde (vgl. Senat, BGHZ 89, 41,
43). Es handelte sich auch nicht etwa nur um eine einseitige Abhängigkeit
des Kaufs des beweglichen Vermögens von dem Grundstückserwerb (dazu Senat,
Urt. v. 26. November 1999, V ZR 251/98, NJW 2000, 951). Vielmehr waren beide
Geschäfte wechselseitig voneinander abhängig; denn das Berufungsgericht
stellt in anderem Zusammenhang von den Parteien unbeanstandet fest, daß es
sich bei dem Gesamtgeschäft "faktisch" um einen "Unternehmenskauf- und
Privatisierungsvertrag" gehandelt habe. Ging es mithin darum, daß die
Beklagte zu 1 auf den gekauften Flächen mit dem gleichzeitig gekauften
Anlage- und Vorratsvermögen einen Betrieb fortführen sollte, so folgt
hieraus die wechselseitige Abhängigkeit beider Kaufgeschäfte.
b) Dem Formerfordernis wurde jedoch nicht genügt. Nachdem das
Berufungsgericht insoweit keine Feststellungen getroffen hat, ist zugunsten
der Revision davon auszugehen, daß die zur Bestimmung der Gegenstände des
veräußerten Anlage- und Vorratsvermögens dienenden - jeweils mehrere hundert
Seiten starken - Inventarverzeichnisse weder verlesen noch der
Vertragsurkunde beigefügt worden sind. Revisionsrechtlich ist ferner davon
auszugehen, daß die entsprechend § 3 Abs. 1 der Vertragsurkunde mit "Anlage
5" und "Anlage 6" bezeichneten, später auf Grund der Inventarverzeichnisse
erstellten Saldenlisten der Urkunde erst nachträglich beigefügt und mithin
bei der Beurkundung ebenfalls nicht verlesen wurden. Damit ist das zwingende
Erfordernis des Beifügens von Schriftstücken, auf die in der Urkunde
verwiesen wird (§ 9 Abs. 1 Satz 2 BeurkG, vgl. Keidel/Kuntze/Winkler,
Freiwillige Gerichtsbarkeit, Teil B, 12. Aufl., § 9 BeurkG Rdn. 51), ebenso
wenig beachtet worden wie die Notwendigkeit des Verlesens auch solcher
Anlagen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 BeurkG, vgl. Keidel/Kuntze/Winkler, aaO, § 13
BeurkG Rdn. 12). Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BeurkG n.F. hätte möglicherweise
auf ein Verlesen verzichtet werden können, diese Bestimmung trat aber erst
am 8. September 1998 und damit nach der Beurkundung in Kraft; im übrigen
würde die Wirksamkeit auch nach dieser Vorschrift an der fehlenden
Feststellung eines Verzichts auf das Vorlesen nach § 14 Abs. 3 BeurkG n.F.
scheitern (vgl. Winkler, ZNotP, Beilage 1/1999, S. 16). Obwohl sich der
hiernach gegebene Formmangel nur auf den Kauf des beweglichen Vermögens
erstreckt, führt er nach § 139 BGB zur Unwirksamkeit des gesamten Geschäfts.
2. Zu Recht verneint das Berufungsgericht ferner eine Heilung des
Formfehlers nach § 313 Satz 2 BGB a.F. Zwar sind hinsichtlich der
veräußerten Grundstücksflächen die Auflassung und die Umschreibung des
Eigentums inzwischen erfolgt, zu einer Heilung könnte dies aber nur dann
führen, wenn zum Zeitpunkt der Auflassung am 24. Mai 1996 die
Willensübereinstimmung der Vertragspartner noch fortbestanden hätte (Senat,
Urt. v. 15. Oktober 1993, V ZR 19/92, NJW 1994, 586, 588 m.w.N.). Das war
aber nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts nicht
mehr der Fall. Die Parteien stritten zu diesem Zeitpunkt bereits vor Gericht
um die Auslegung einzelner Klauseln des Kaufvertrages, weil die jetzige
Beklagte zu 1 gegen die Klägerin und die Verkäuferin seit Mitte 1995
Schadensersatzansprüche wegen der Veräußerung von Teilen des
Betriebsvermögens geltend machte. Da sich die Willensübereinstimmung auf den
ganzen Inhalt des Vertrages beziehen muß (vgl. Staudinger/Wufka, BGB [2001],
§ 313 Rdn. 265 m.w.N.), steht die Divergenz über den Umfang der
Verkäuferpflichten zum verkauften Anlagevermögen bereits einer Heilung
entgegen. Die nach Ansicht der Klägerin bestehende Übereinstimmung
hinsichtlich der "grundsätzlichen vertraglichen Regelungen" reicht mithin
nicht aus.
3. Fehl geht jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagten
seien aus Gründen der Verwirkung gehindert, sich auf die Formnichtigkeit zu
berufen.
a) Zweifelhaft ist bereits, ob diese Einwendung überhaupt der Verwirkung
zugänglich ist. Fraglos unterliegen der Verwirkung alle subjektiven Rechte
(vgl. MünchKomm-BGB/Roth, 4. Aufl., Bd. 2a, § 242 Rdn. 298 m.w.N.); darüber
hinaus werden bisweilen auch alle "Rechtspositionen, die gegenüber einem
anderen geltend gemacht werden können", als verwirkungsfähig angesehen (so
Soergel/Teichmann, BGB, 12. Aufl., § 242 Rdn. 335; Palandt/Heinrichs, BGB,
63. Aufl., § 242 Rdn. 91). Ob hierzu auch Einwendungen wie die der
Formnichtigkeit nach § 125 Satz 1 BGB zählen können, erscheint fraglich;
denn sie zeichnen sich dadurch aus, daß sie im Rechtsstreit von Amts wegen
zu beachten sind, also nicht - in welcher Form auch immer - geltend gemacht
werden müssen (vgl. Senat, Urt. v. 13. Dezember 1968, V ZR 80/67, LM BGB §
125 Nr. 29). Es erscheint unklar, ob sich bei Einwendungen die für eine
Verwirkung kennzeichnende Situation feststellen läßt, wonach die Ausübung
einer Rechtsposition in Widerspruch zu einer länger dauernden, einen
Vertrauenstatbestandbegründenden Nichtausübung steht (vgl. BGH, Beschl. v.
1. Juli 1994, BLw 95/93 WM 1994, 1944, 1945 für die Mitgliedschaft in einer
Genossenschaft).
Insbesondere fehlt es für die Formnichtigkeit an einer Bestimmung, nach der
es den Beklagten oblegen hätte, diese Einwendung innerhalb einer bestimmten
Frist geltend zu machen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 18. Januar 2001, VII ZR
416/99, NJW 2001, 1649 zur zweimonatigen Prüfungsfrist für eine
Schlußrechnung nach § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B). Die Frage bedarf im
vorliegenden Fall jedoch keiner Klärung, weil eine Verwirkung der Einwendung
bereits aus anderen Gründen zu verneinen ist.
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts können die Verwirkungsregeln
jedenfalls für Einwendungen nicht gelten, die sich aus der Verletzung
gesetzlicher Formvorschriften ergeben. Dies folgt aus dem - vom
Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen - Grundsatz, daß
die Einhaltung gesetzlicher Formerfordernisse im Interesse der
Rechtssicherheit liegt und es deshalb nicht angeht, sie aus allgemeinen
Billigkeitserwägungen unbeachtet zu lassen (Senat, BGHZ 45, 179, 182; BGHZ
92, 164, 172; Senat, Urt. v. 14. Juni 1996, V ZR 85/95, NJW 1996, 2503,
2504).
aa) Für die Annahme eines Verstoßes gegen § 242 BGB bei Berufung auf die
Formnichtigkeit hat die Rechtsprechung deshalb strengere Anforderungen
entwickelt. Hiernach muß das Scheitern des Rechtsgeschäfts an dem Formmangel
zu einem Ergebnis führen, das für die betroffene Partei nicht nur hart,
sondern schlechthin untragbar ist (Senat, BGHZ 138, 339, 348 m.w.N.).
Diese Voraussetzung erfüllen insbesondere zwei Fallgruppen, nämlich zum
einen die Fälle der Existenzgefährdung und zum anderen die Fälle einer
besonders schweren Treuepflichtverletzung des anderen Teils (Senat, aaO).
bb) Die besonderen Erfordernisse für einen ausnahmsweise nach § 242 BGB
unschädlichen Formmangel liegen nicht ohne weiteres vor, wenn die
Voraussetzungen der Verwirkung erfüllt sind. Zur Verwirkung reicht es aus,
daß von einem Recht über einen längeren Zeitraum hinweg kein Gebrauch
gemacht wurde und besondere auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende
Umstände hinzutreten, die das Vertrauen rechtfertigen, das Recht werde nicht
mehr geltend gemacht (BGHZ 105, 290, 298 m.w.N.). Die Begründung
dieses Vertrauenstatbestandes setzt mithin nicht den Eintritt eines
schlechthin untragbaren Ergebnisses und insbesondere keine besonders schwere
Treuepflichtverletzung voraus. Zwar kann letztere auch daran anknüpfen, daß
ein Vertrag über längere Zeit als wirksam behandelt wurde, vergleichbar dem
"Zeitmoment" der Verwirkung also eine Geltendmachung der Formnichtigkeit
über einen längeren Zeitraum hinweg unterblieben ist. Allein die Mißachtung
des hierdurch begründeten Vertrauens genügt aber noch nicht für die Annahme
einer besonders schweren Treuepflichtverletzung. Zu einem wegen
Widersprüchlichkeit treuwidrigen Verhalten, zu dem als eigenständige
Ausprägung auch die Verwirkung zählt (MünchKomm-BGB/Roth, 4. Aufl., Band 2a,
§ 242 Rdn. 256, 297), müssen vielmehr Umstände hinzukommen, die das
Verhalten als im hohen Maße widersprüchlich erscheinen lassen (vgl. BGHZ
92, 164, 173; Senat, Urt. v. 14. Juni 1996, V ZR 85/95, aaO). So hat der
Senat etwa die Widersprüchlichkeit eines Verhaltens nicht ausreichen lassen,
die darin liegt, daß die begünstigte Partei die Wirksamkeit des Vertrages
zunächst nicht bezweifelte, um sich dann aber im Lauf des Rechtsstreits doch
auf Formnichtigkeit zu berufen (Senat, BGHZ 138, 339, 348).
cc) Diese Erwägungen liegen auch der von dem Berufungsgericht zitierten
Entscheidung des Senats (Urt. v. 18. Mai 2001, V ZR 353/99, VIZ 2001, 499,
501 f.) zugrunde. Die Auffassung des Berufungsgerichts, in dieser
Entscheidung habe der Senat eine Verwirkung des Nichtigkeitseinwandes
bejaht, geht fehl. Grundlage für die Annahme eines nach § 242 BGB
unschädlichen Formmangels war vielmehr ausdrücklich ein "in hohem Maße
widersprüchliches und treuwidriges" Verhalten. Die Partei, die sich auf die
Formnichtigkeit berief, hatte nicht nur über einen längeren Zeitraum,
nämlich zwanzig Jahre, hinweg erhebliche Vorteile aus einem nichtigen
Vertrag gezogen, sondern der formnichtige Vertragsschluß war aus Sicht
beider Parteien auch zur Verwirklichung ihrer Ziele - der Umgehung der
fehlenden Genehmigungsfähigkeit des Geschäfts nach der Rechtspraxis der DDR
- erforderlich (vgl. auch Senat, BGHZ 124, 321, 324 f.).
dd) Das Berufungsgericht hat - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung
- keine Feststellungen getroffen, die die Annahme eines in hohem Maße
widersprüchlichen Verhaltens der Beklagten tragen können. Zwar wurde der
Kaufvertrag auch von den Beklagten über einen längeren Zeitraum hinweg als
wirksam behandelt. Selbst für ein (nur) widersprüchliches Verhalten der
Beklagten reicht dies jedoch nicht aus, weil es an weiteren Umständen fehlt,
wie etwa der Feststellung, daß die Beklagten über längere Zeit aus dem
nichtigen Vertrag Vorteile gezogen haben und sich nunmehr ihren
Verpflichtungen unter Berufung auf den Formmangel entziehen wollen (vgl.
Senat, Urt. v. 14. Juni 1996, V ZR 85/95, aaO). Es wurden im Gegenteil die
beiderseitigen Leistungen zunächst vertragsgemäß ausgetauscht, und die
Zahlung des Restkaufpreises verweigerten die Beklagten zunächst nur deshalb,
weil sie der Ansicht waren, die vereinbarten Voraussetzungen für einen
Verzicht seien wegen Erfüllung der Arbeitsplatzzusage erfüllt. Soweit das
Berufungsgericht in anderem Zusammenhang das Verhalten der Beklagten als "in
gravierender Weise illoyal" kennzeichnet, rechtfertigt auch dies nicht den
Vorwurf einer besonders schweren Treupflichtverletzung. Das Berufungsurteil
enthält nur allgemeine Erwägungen zu den Aufgaben der Klägerin und der
verschlechterten wirtschaftlichen Situation. Hingegen fehlen konkreten
Feststellungen dazu, daß und in welchem Umfang die von der Klägerin
verfolgten Ziele auf volkswirtschaftlichem sowie sozial- und
strukturpolitischem Gebiet im Falle einer Rückabwicklung verfehlt werden und
welche Auswirkungen hiermit verbunden sind.
Auf dieser unzureichenden tatsächlichen Grundlage kann insbesondere nicht
eingeschätzt werden, ob sich die Beklagten - auch unter Berücksichtigung
etwa aus dem Geschäft erlangter Vorteile - mit der Berufung auf die
Formnichtigkeit in hohem Maße widersprüchlich verhalten.
4. Keinen Bestand hat das Berufungsurteil auch hinsichtlich der Abweisung
der von der Beklagten zu 1 erhobenen Zwischenfeststellungswiderklage.
Entgegen der Auffassung der Revision ist allerdings der rechtliche Ansatz,
mit dem das Berufungsgericht die Unzulässigkeit der
Zwischenfeststellungsklage begründet hat, nicht zu beanstanden. Es ist
vielmehr zutreffend davon ausgegangen, daß die nach § 256 Abs. 2 ZPO für die
Zulässigkeit der Zwischenfeststellungsklage erforderliche Vorgreiflichkeit
zu verneinen ist, wenn die Klage zur Hauptsache unabhängig davon abgewiesen
wird, ob das zwischen den Parteien streitige Rechtsverhältnis besteht
(Senat, Urt. v. 17. Juni 1994, V ZR 34/92, NJW-RR 1994, 1272, 1273). Nachdem
das Berufungsgericht auf Grund der von ihm angenommenen Verwirkung über die
Klage entschieden hat, ohne die - zum Gegenstand der
Zwischenfeststellungsklage gemachte - Formnichtigkeit des Kaufvertrages zu
klären, war im vorliegenden Fall eine solche Konstellation gegeben.
Gleichwohl war das Berufungsurteil auch insoweit aufzuheben, als es die
Entscheidung über die Zwischenfeststellungswiderklage zum Gegenstand hat (§
561 ZPO). Denn zum einen ist für die von dem Berufungsgericht angenommene
Verwirkung des Nichtigkeitseinwandes kein Raum und zum anderen sind bei der
erneuten Entscheidung des Rechtsstreits auch Feststellungen des
Berufungsgerichts zur Formunwirksamkeit des Kaufvertrages möglich.
III. Da der Rechtsstreit nicht entscheidungsreif ist, kann der Senat nicht
in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Zur Nachholung der
erforderlichen Feststellungen im Hinblick auf die behauptete Nichtbeachtung
des Formerfordernisses aus § 313 BGB a.F. und/oder zur Unbeachtlichkeit
eines Formmangels nach § 242 BGB auf der Grundlage der dargestellten
Rechtsprechung, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). |