Reichweite des Anspruchs auf Ersatz der mit der
Nacherfüllung verbundenen Kosten nach § 439 II BGB;
(verschuldensunabhängiger) Anspruch auf Ersatz von Gutachterkosten zum
Nachweis des Mangels
BGH, Urteil vom 30. April 2014 - VIII
ZR 275/13 - LG Koblenz
Fundstelle:
NJW 2014, 2351
BGHZ 201, 83
Amtl. Leitsatz:
a) § 439 Abs. 2 BGB erfasst
verschuldensunabhängig auch Sachverständigenkosten, die einem Käufer
entstehen, um die Ursache der Mangelerscheinungen des Kaufgegenstandes
aufzufinden und auf diese Weise zur Vorbereitung eines die Nacherfüllung
einschließenden Gewährleistungsanspruchs die Verantwortlichkeit für den
Mangel zu klären.
b) Stehen der Mangel und die Mangelverantwortlichkeit des Verkäufers fest,
besteht der Erstattungsanspruch für die "zum Zwecke der Nacherfüllung"
aufgewandten Sachverständigenkosten auch dann fort, wenn der Käufer später
zur Minderung übergeht.
Zentrale Probleme:
Eine sehr weitreichende, weil praktisch wichtige
Entscheidung zum Kaufrecht (s. dazu eingehend Lorenz NJW 2014,
2319): Nach § 439 II BGB hat der Verkäufer alle zur
Nacherfüllung notwendigen Kosten zu tragen. Das gilt - ganz unzweifelhaft -
auch dann, wenn die Nacherfüllung letztlich nicht erfolgreich war. Der BGH
liest diese Norm wie eine Anspruchsgrundlage (s. dazu die Anm. zu
BGHZ 189, 196 sowie zuletzt
BGH v. 19.7.2017 - VIII
ZR 278/16). Hier stellt sich nun die
Frage, ob das auch die Kosten für die Feststellung, ob überhaupt ein Mangel
vorliegt (hier: Gutachterkosten) erstreckt (zu den Ein- und Ausbaukosten,
die hier wegen der geltend gemachten Minderung nicht relevant waren, s.
BGH v.
21.12.2011 - VIII ZR 70/08). Der BGH argumentiert historisch:
Das sei und § 476a BGB a.F. so anerkannt gewesen, der Gesetzgeber habe diese
Rechtslage vorausgesetzt. damit gilt die hier festgestellte Rechtsfolge
allgemein, d.h. nicht nur im Verhältnis Unternehmer/Verbraucher.
Da der BGH die Lösung bereits dem autonomen Recht entnimmt, muss er sich
konsequenter Weise auch nicht fragen, ob die
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie dies auch anordnet (dann hätte er nämlich
nach Art. 267 AEUV an den EuGH vorlegen müssen), um sich dann die Frage
richtlinienkonformer Auslegung zu stellen. Das gilt vor allem deshalb, weil
es unschädlich wäre, wenn die Rl. das nicht vorsehen würde, denn die
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie folgt dem Grundsatz der Mindestharmonisierung
(s. Art. 8), d.h. das innerstaatliche Recht darf im Schutz des Käufers über
das Schutzniveau der Rl. hinausgehen. Unter der neuen
Verbraucherrechte-Rl. ginge das nicht mehr, denn diese folgt zumindest
partiell dem Prinzip der Vollharmonisierung.
©sl 2014
Tatbestand:
1 Die Kläger kauften im Herbst
2009 bei der Beklagten, die unter anderem mit Bodenbelägen handelt,
Massivholzfertigparkett, das sie anschließend durch einen Schreiner in ihr
Wohnhaus einbauen ließen. Dieser ging dabei nach einer von der
Beklagten mitgelieferten Verlegeanleitung vor, die von der Streithelferin
der Beklagten als der Herstellerin des Parketts stammte. In der Folgezeit
traten an dem verlegten Parkett Verwölbungen und andere Veränderungen wie
etwa ein Schrumpfen in Randbereichen auf. Die von den Klägern erhobene
Mängelrüge wies die Beklagte nach Rücksprache mit der Streithelferin zurück,
weil die Veränderungen nach deren Einschätzung auf einer zu geringen
Raumfeuchte beruhten. Die Kläger beauftragten daraufhin einen
Privatsachverständigen mit der Begutachtung der Mangelerscheinungen und
wandten dafür 1.258,72 € an Sachverständigenhonorar auf. Als
Gutachtensergebnis stellte sich heraus, dass die Veränderungen des
Bodenbelages auf eine in diesem Fall ungeeignete, in der
mitgelieferten Verlegeanleitung so aber als zulässig und möglich empfohlene
Art der Verlegung zurückzuführen war. Hierauf gestützt, begehrten
die Kläger anschließend eine Minderung des Kaufpreises um 30 Prozent.
2 Der auf Rückerstattung des Minderungsbetrags, auf Ersatz der für die
Einholung des Privatgutachtens aufgewandten Kosten sowie auf Freistellung
der Kläger von vorgerichtlichen Anwaltskosten gerichteten Klage hat das
Amtsgericht nur hinsichtlich des Minderungsbetrags stattgegeben. Auf die
Berufung der Kläger hat das Landgericht ihnen auch den Ersatz der
Sachverständigenkosten nebst Zinsen zugesprochen. Insoweit erstrebt die
Streithelferin der Beklagten mit der vom Berufungsgericht zugelassenen
Revision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
3 Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
4 Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse,
zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
5 Die Kläger könnten eine Erstattung der der Höhe nach unstreitigen
Sachverständigenkosten zwar mangels eines der Beklagten zurechenbaren
Herstellerverschuldens nicht als Schadensersatz
beanspruchen. Ihnen stehe ein solcher Anspruch aber gemäß § 439 Abs.
2 BGB zu. Nach dieser Vorschrift müsse der Verkäufer entsprechend
den darin umgesetzten Wertungen des Art. 3 der Richtlinie 1999/44/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten
Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl.
EG Nr. L 171 S. 12; im Folgenden: Richtlinie) die zum Zwecke der
Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen ungeachtet der Frage tragen, ob er
den Mangel verschuldet habe und ob der Käufer anschließend tatsächlich
Nacherfüllung und nicht etwa Minderung verlange.
6 Zu diesen Aufwendungen zählten auch die geltend gemachten
Sachverständigenkosten. Das ergebe sich aus der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs (Urteile vom 23. Januar 1991 - VIII ZR 122/90; vom 17.
Februar 1999 - X ZR 40/96), wonach der zur Nachbesserung Verpflichtete
verschuldensunabhängig zugleich die Kosten für die Erstellung von Gutachten
zu tragen habe, soweit diese zur Auffindung des zu beseitigenden Mangels
erforderlich seien. Denn ein Nachbesserungsverlangen setze voraus, dass die
Schadensursache festgestellt sei. Diese Sichtweise stehe zudem im Einklang
mit der Auslegung der Richtlinie durch den Gerichtshof der Europäischen
Union (Urteil vom 16.
Juni 2011 - C-65/09), nach der die dem Verkäufer
auferlegte Verpflichtung, den vertragsgemäßen Zustand des Verbrauchsguts
unentgeltlich und ohne erhebliche Unannehmlichkeiten zu bewirken, den
Verbraucher auch vor drohenden finanziellen Belastungen schützen solle,
welche ihn davon abhalten könnten, seine Ansprüche geltend zu machen.
7 Dem Anspruch aus § 439 Abs. 2 BGB stehe nicht entgegen, dass die Kläger
nach Vorlage des Gutachtens nicht Nacherfüllung verlangt hätten, sondern zur
Minderung (§ 437 Nr. 2, § 441 BGB) übergegangen seien. Ob und welche
Gewährleistungsrechte sinnvollerweise geltend gemacht werden könnten, könne
ein Käufer erst entscheiden, wenn feststehe, ob ein Mangel vorliege, worauf
er zurückzuführen sei und auf welche Weise und mit welchem Aufwand er
beseitigt werden könne. Da die Beklagte die Mangelerscheinungen einer
unzureichenden Raumfeuchte, also der Risikosphäre der Kläger, zugeordnet und
damit das Vorliegen eines Mangels bestritten habe, sei die Einholung des
Gutachtens aus der maßgeblichen ex ante-Sicht der Kläger erforderlich
gewesen. Nach dem Ergebnis des Gutachtens habe sich der durch die
fehlerhafte Verlegeanleitung bedingte Mangel zudem bestätigt und wäre die
Beklagte zum Ausbau des mangelhaften Bodenbelags sowie zum mangelfreien
Einbau eines Ersatzbelags auf ihre Kosten beziehungsweise bei absolut
unverhältnismäßigen Kosten einer solchen Ersatzlieferung zur
Kostenerstattung in Höhe eines angemessenen Betrags verpflichtet gewesen;
dabei wären ihr verschuldensunabhängig zugleich die Kosten für das
eingeholte Sachverständigengutachten zur Last gefallen.
8 Wenn sich der Käufer in dieser Lage für eine den Verkäufer eher noch
begünstigende Minderung entscheide, würde es ihn unangemessen
benachteiligen, wenn man ihm eine Erstattung der Sachverständigenkosten, die
nach ihrem Sinn und Zweck offensichtlich auch bereits vor Durchführung der
Nacherfüllung anfallen könnten, nur deshalb versagen wollte, weil er
aufgrund der durch das Gutachten gewonnenen Erkenntnisse - hier sogar nach
verweigerter Nacherfüllung - die Minderung gewählt habe. Dies folge nicht
nur aus der Systematik der Gewährleistungsrechte, sondern auch aus dem in
der Richtlinie verschiedentlich zum Ausdruck gekommenen Gebot, dem Käufer
bei Ausübung seiner Gewährleistungsrechte keine erheblichen
Unannehmlichkeiten zu bereiten. Umgekehrt werde der Verkäufer durch die
Kostentragung nicht unangemessen benachteiligt, da es angesichts seines
Bestreitens eines Mangels nicht unbillig sei, ihm die zur Klärung der
Schadensursache erforderlichen Kosten aufzuerlegen.
II.
9 Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand, so dass die
Revision zurückzuweisen ist.
10 Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass den Klägern
ein verschuldensunabhängiger Anspruch aus § 439 Abs. 2 BGB auf Erstattung
der Kosten des Privatgutachtens zusteht.
11 1. § 439 Abs. 2 BGB bestimmt, dass der Verkäufer die zum Zwecke
der Nacherfüllung erforderlichen Kosten, insbesondere Transport-, Wege-,
Arbeits- und Materialkosten zu tragen hat. Ob und unter welchen
Voraussetzungen darunter auch Kosten fallen, die der Käufer durch Einholung
eines Sachverständigengutachtens zur Feststellung des Vorliegens eines
Mangels aufwendet, hat der Senat bislang noch nicht entschieden.
Er hat in anderem Zusammenhang lediglich
ausgesprochen, dass es sich hierbei um eine Kostentragungsregelung mit
Anspruchscharakter handelt, welche die von Art. 3 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 der
Richtlinie geforderte Unentgeltlichkeit der Nacherfüllung gewährleisten
soll, dabei aber keine Rückschlüsse auf sonstige Rechte und Pflichten der
Kaufvertragsparteien zulässt (Senatsurteil
vom 13. April 2011 - VIII ZR 220/10, BGHZ 189, 196 Rn. 23 ff., 37).
Außerdem hat der Senat klar gestellt, dass die
Vorschrift, nach der der Käufer Anspruch auf Übernahme der "zum Zwecke der
Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen" durch den Verkäufer hat, in
zeitlicher Hinsicht voraussetzt, dass sich der Vollzug des Kaufvertrags bei
Entstehung der Aufwendungen im Stadium der Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 1
BGB befindet (Senatsurteil
vom 15. Juli 2008 - VIII ZR 211/07, BGHZ 177, 224 Rn. 9),
und dass solche zum Zwecke der Nacherfüllung getätigten Aufwendungen
nur dann vom Verkäufer zu tragen sind, wenn tatsächlich ein Mangel vorliegt
(vgl. Senatsurteil
vom 21. Dezember 2005 - VIII ZR 49/05, WM 2006, 1355 Rn.
21).
12 2. Im Schrifttum ist umstritten, ob zu den zum Zwecke der
Nacherfüllung erforderlichen Kosten, die § 439 Abs. 2 BGB zu Gunsten des
Käufers ersatzfähig stellt, auch Aufwendungen zählen, die - wie hier nach
den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts - nötig sind, um
die Ursache der Mangelerscheinungen aufzufinden und auf diese Weise zur
Vorbereitung eines die Nacherfüllung einschließenden
Gewährleistungsanspruchs die Verantwortlichkeit für den Mangel zu klären.
13 a) Teilweise wird angenommen, dass § 439 Abs. 2 BGB keine
Anspruchsgrundlage bilde für Aufwendungen des Käufers, die lediglich der
Vorbereitung von Gewährleistungsansprüchen dienten; derartige Aufwendungen
seien, da sie mit der Behebung des Mangels nicht zusammenhingen, nur auf der
Grundlage von § 280 Abs. 1 BGB ersatzfähig (MünchKommBGB/Westermann, 6.
Aufl., § 439 Rn. 15; BeckOK-BGB/Faust, Stand März 2011, § 439 Rn. 21 f.).
Überwiegend wird jedoch die Auffassung vertreten, dass darunter auch
Aufwendungen zur Klärung einer unklaren Mängelursache fielen, weil das damit
verbundene Kostenrisiko grundsätzlich dem Verkäufer zugewiesen sei
(Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, Neubearb. 2014, § 439 Rn. 16, 90;
Palandt/Weidenkaff, BGB, 73. Aufl., § 439 Rn. 11; Jauernig/Berger, BGB, 15.
Aufl., § 439 Rn. 37; Erman/Grunewald, BGB, 13. Aufl., § 439 Rn. 7; jurisPK-BGB/Pammler,
6. Aufl., § 439 Rn. 51; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 12. Aufl., Rn. 757
f.; Martis, MDR 2011, 1218, 1223 f.).
14 b) Letztgenannte, der Senatsrechtsprechung zum früheren Recht
(Senatsurteil vom 23. Januar 1991 - VIII ZR 122/90, BGHZ 113, 251,
261) entsprechende Ansicht verdient den Vorzug.
15 aa) § 439 Abs. 2 BGB stellt entgegen Faust (aaO Rn. 21) eine
eigenständige Anspruchsgrundlage dar (Senatsurteile
vom 13. April 2011 - VIII ZR
220/10, aaO Rn. 37;
vom 15. Juli 2008 - VIII ZR
211/07, aaO Rn. 9). Der Wortlaut lässt es ohne
Weiteres zu, darunter auch die zur Klärung der Mangelursache erforderlichen
Sachverständigenkosten zu fassen. Denn letztere werden mit der
Zielrichtung, dem Käufer die Durchsetzung eines daran anknüpfenden
Nacherfüllungsanspruchs zu ermöglichen, und damit "zum Zwecke der
Nacherfüllung" aufgewandt.
16 bb) Dieses Verständnis spiegelt sich
bereits in der Entstehungsgeschichte der Norm wider. Denn es war die Absicht
des Gesetzgebers, mit Schaffung des § 439 Abs. 2 BGB den auf das vereinbarte
Nachbesserungsrecht bezogenen, ansonsten aber weitgehend wortlautidentischen
bisherigen § 476a Satz 1 BGB aF zu übernehmen und darin aufgehen zu lassen
(BT-Drucks.
14/6040, S. 205, 231). Für diesen war durch die
höchstrichterliche Rechtsprechung (BGH, Urteile vom 23. Januar 1991
- VIII ZR 122/90, aaO; vom 17. Februar 1999 - X ZR 40/96, NJW-RR 1999, 813
unter II; ähnlich auch schon BGH, Urteil vom 22. März 1979 - VII ZR 142/78,
WM 1979, 724 unter I 3) geklärt, dass es sich um eine eigenständige,
von einem Verschulden des Verkäufers unabhängige Anspruchsgrundlage des
Käufers auf Erstattung seiner notwendigen Aufwendungen handelt.
Dazu zählen auch Kosten, die für ein die Schadensursache untersuchendes und
der Vorbereitung der Nachbesserung dienendes Gutachten aufgewandt werden.
Dass der Gesetzgeber von dem so geprägten Normverständnis abrücken wollte,
ist nicht ersichtlich.
17 cc) Zu Unrecht geht die Revision davon aus, dass die in Art. 3 Abs. 2 der
Richtlinie aufgeführten Rechtsbehelfe keine verschuldensunabhängige Haftung
für die in § 439 Abs. 2 BGB genannten Aufwendungen zuließen, sondern dass es
dazu einer in Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie angesprochenen
Verschuldenshaftung bedürfe. Diese Sichtweise
verkennt nicht nur den gegenüber den sonstigen Rechten und Pflichten der
Kaufvertragsparteien eigenständigen Anspruchscharakter des § 439 Abs. 2 BGB
und die hiermit verbundene Absicht des nationalen deutschen Gesetzgebers,
mit dieser Norm die von Art. 3 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 der Richtlinie
geforderte Unentgeltlichkeit der Nacherfüllung verschuldensunabhängig zu
gewährleisten (BT-Drucks.
14/6040, S. 231; vgl. dazu auch
Senatsurteil vom 21. Dezember 2011
- VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 50). Sie lässt
auch außer Acht, dass der deutsche Gesetzgeber, nicht gehindert gewesen
wäre, die Richtlinie durch die Übernahme der in § 476a Satz 1 BGB aF
vorgefundenen Regelung überschießend umzusetzen, ohne dabei auf die von der
Revision angenommenen gesetzessystematischen Grenzen zu stoßen. Denn Art. 8
Abs. 2 der Richtlinie hat es - wie in Erwägungsgrund 24 eigens hervorgehoben
ist - den Mitgliedstaaten freigestellt, im Anwendungsbereich der Richtlinie
strengere Bestimmungen zu erlassen oder aufrechtzuerhalten, um ein höheres
Schutzniveau für die Verbraucher sicherzustellen. Das schließt es ein, den
nach bisherigem Recht gemäß § 476a Satz 1 BGB aF für das vertraglich
vereinbarte Nachbesserungsrecht enthaltenen Schutzstandard beizubehalten und
auf das gesetzliche Nacherfüllungsrecht gemäß § 439 Abs. 1 BGB auszudehnen.
18 3. Dem Ersatzanspruch der Kläger aus § 439 Abs. 2 BGB steht
- anders als die Revision meint - nicht entgegen, dass sie nach der
Erstellung des Privatgutachtens nicht mehr gemäß § 439 Abs. 1 BGB
Nacherfüllung verlangt, sondern den Kaufpreis gemäß § 441 BGB gemindert
haben. Dies ändert nichts daran, dass die angefallenen
Sachverständigenkosten jedenfalls zum Zeitpunkt ihrer für den Ersatzanspruch
maßgeblichen Entstehung nach den unangegriffenen Feststellungen des
Berufungsgerichts zumindest auch zum Zwecke der Nacherfüllung als dem
anderen Gewährleistungsrechten vorgeschalteten Gewährleistungsrecht
aufgewandt worden sind und aus damaliger Sicht zur Klärung der Ursache des
Mangels und seiner Zurechnung erforderlich waren (vgl. BGH, Urteil vom 8.
Mai 2012 - XI ZR 61/11, WM 2012, 1189 Rn. 28, zu § 670 BGB). Ob
derartige Aufwendungen anschließend tatsächlich zu einer (erfolgreichen)
Nacherfüllung führen, ist für den zuvor bereits wirksam entstandenen
Ersatzanspruch ohne Bedeutung (jurisPK-BGB/Pammler, aaO Rn. 50).
Das gilt insbesondere auch dann, wenn der Verkäufer - wie hier nach den
unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts geschehen -
anschließend weiterhin jegliche Mängel
bestritten hat und deshalb der Käufer eine Nacherfüllung auch im Falle einer
Fristsetzung unter keinen Umständen erwarten konnte, so dass für ihn gemäß §
437 Nr. 2, § 440, § 323 Abs. 2 Nr. 1, § 441 Abs. 1 BGB der letztlich
eingeschlagene Weg zur Kaufpreisminderung eröffnet war.
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