Kaufgewährleistung: Abgrenzung zwischen Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I BGB) und Wissensmitteilung; Konkurrenz der Gewährleistungshaftung zur Haftung wegen fahrlässiger vorvertraglicher Falschangaben aus §§ 280 I, 311 II, 241 II BGB (culpa in contrahendo) BGH, Hinweisbeschluss v. 2.11.2010 - VIII ZR 287/09 Fundstelle: (Eigener) Leitsatz: 1. Zur Abgrenzung zwischen
Beschaffenheitsvereinbarung und Wissensmitteilung. Zentrale Probleme: Es handelt sich um einen bloßen Hinweisbeschluss (der zur Rücknahme der Revision geführt hat). Der Senat legt unter Hinweis auf BGH NJW 2008, 1517 ff die an eine Beschaffenheitsvereinbarung zu stellenden Anforderungen dar. Hierzu genügen bloße Wissensmitteilungen nicht, vielmehr muss sich eindeutig ein entsprechender Verpflichtungswille ergeben (s. dazu auch BGH v. 13.3.2013 - VIII ZR 186/12). Zur weiteren Abgrenzung zu Beschaffenheitsgarantien s. auch BGHZ 170, 86, 91/92 m.w.N. Weiter bestätigt der Senat die bisherige Rspr. zur Konkurrenz der Haftung aus c.i.c. und der Gewährleistungshaftung nach § 437 BGB (s. dazu die Anm. zu BGH NJW 2009, 2120 sowie BGH NJW 2010, 858): Im Anwendungsbereich des § 437 BGB ist eine solche Haftung bei bloßer Fahrlässigkeit ausgeschlossen (anders bei Vorsatz, s.BGH NJW 2009, 2120). Sobald also eine Wahrheits- oder Auskunftspflicht über Umstände verletzt ist, die Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung hätten sein können, ist die Haftung wegen fahrlässiger c.i.c. verdrängt (s. dazu sowie zu den str. Einzelheiten Medicus/Lorenz SchuldR II Rn. 272 ff. Gründe: 1 1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). 2 Das Berufungsgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache sowie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und zur Fortbildung des Rechts zugelassen (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO). Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergebe sich daraus, dass aufgrund der Verwendung eines Formularvertrags die hier maßgeblichen Klauseln "Ausschluss der
Sachmängelhaftung: Garantien und Erklärungen des
Verkäufers: Gesamtfahrleistung Vorbesitzer bei einer Vielzahl von Pkw-Kaufverträgen eine Rolle spielten. Überdies erforderten die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, damit dieser gegebenenfalls seine Rechtsprechung, die sich im Senatsurteil vom 12. März 2008 (VIII ZR 253/05, NJW 2008, 1517 ff.) auf die Wiedergabe von Inhalten des Fahrzeugbriefs bzw. Kenntnissen des Vorbesitzers durch den Verkäufer bezogen habe, auch im Hinblick auf die Wiedergabe nicht näher konkretisierter Kenntnisse des Verkäufers sowie im Hinblick auf die hier verwendete Klausel zum Gewährleistungsausschluss weiter präzisieren und fortentwickeln könne. 3 Diese Erwägungen tragen indes keinen der genannten Revisionszulassungsgründe. Die Maßstäbe für die Beantwortung der vom Berufungsgericht zum Anlass der Zulassung genommenen Frage sind durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinreichend geklärt. 4 Der Senat hat in seinem oben erwähnten Urteil vom 12. März 2008 (VIII ZR 253/05, aaO Rn. 12 ff., 16) entschieden, dass sich aus einer Angabe des Verkäufers, wonach Unfallschäden laut Vorbesitzer nicht vorlägen, keine Beschaffenheitsvereinbarung gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB ergebe, sondern dass es sich hierbei lediglich um eine Wissenserklärung oder - besser - Wissensmitteilung handele, mit der der Verkäufer die Angabe des Vorbesitzers wiedergebe. Der Senat hat in diesem Zusammenhang den Zusatz "laut Fahrzeugbrief" als einen der vorstehend genannten einschränkenden Formulierung vergleichbaren Zusatz angeführt. Damit und mit der im genannten Senatsurteil erfolgten abschließenden Beurteilung, dass nach der Schuldrechtsmodernisierung die Annahme der Vereinbarung einer Beschaffenheit nicht mehr "im Zweifel", sondern nur noch in einem eindeutigen Fall in Betracht komme (Senatsurteil vom 12. März 2008 - VIII ZR 253/05, aaO Rn. 13), hat der Senat die Maßstäbe geklärt, nach denen künftig das Vorliegen einer Beschaffenheitsvereinbarung bei Angaben mit einschränkenden Zusätzen, die die Eigenschaften des Fahrzeugs betreffen und zu denen auch der hier streitgegenständliche einschränkende Zusatz "soweit ihm bekannt" gehört, zu beurteilen ist. Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung für eine weitergehende höchstrichterliche Leitentscheidung. Die Maßstäbe für die rechtliche Bewertung sind vielmehr höchstrichterlich so weitgehend geklärt, dass hierdurch die rechtliche Beurteilung der Zulassungsfrage vorgezeichnet ist. 5 2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass von den Parteien aufgrund des einschränkenden Zusatzes "soweit bekannt" keine Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich der Anzahl der Vorbesitzer des verkauften Gebrauchtwagens getroffen worden ist und dem Kläger kein Recht auf Minderung des Kaufpreises zusteht, hält revisionsrechtlicher Prüfung stand. 6 a) Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe bei der Verneinung einer Beschaffenheitsvereinbarung rechtsfehlerhaft nicht gewürdigt, dass nach dem Vertrag nicht nur die Garantien, sondern auch die Erklärungen des Verkäufers von dem vereinbarten Ausschluss der Sachmängelgewährleistung ausgenommen worden seien, wodurch sich der Streitfall von der dem oben genannten Senatsurteil zugrunde liegenden Fallgestaltung unterscheide und woraus folge, dass der Beklagte für seine Erklärung zur Anzahl der Vorbesitzer trotz des Zusatzes "soweit ihm bekannt" nach §§ 434 ff. BGB zu haften habe. Entgegen der Auffassung der Revision hat sich das Berufungsgericht in den Gründen seiner Entscheidung mit diesem Gesichtspunkt ausdrücklich befasst. Es ist auch unter Zugrundelegung der Annahme, dass vom Gewährleistungsausschluss neben Garantien auch die Erklärungen des Verkäufers ausgenommen seien, zu dem Ergebnis gelangt, dass es dem Vertrag angesichts des Zusatzes "soweit bekannt" an der nach der Rechtsprechung des Senats für eine Beschaffenheitsvereinbarung erforderlichen Eindeutigkeit fehle. Gegen diese Beurteilung ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. 7 b) Ebenfalls ohne Erfolg bleibt die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe den Klageanspruch zu Unrecht nur unter dem Gesichtspunkt der Minderung geprüft, nicht aber die Frage aufgeworfen, ob die Klage (auch) unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen Verschuldens bei Vertragsschluss (§ 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB) begründet sei. Zwar macht die Revision zutreffend geltend, dass der Umstand, dass der Kläger in den Tatsacheninstanzen sein Begehren nicht auf einen Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen, sondern ausschließlich auf Kaufpreisminderung gestützt hat, nichts daran ändert, dass das Berufungsgericht gehalten gewesen ist, das Klagebegehren in den Grenzen des Klageantrags unter jedem nach dem Vortrag des Klägers in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen. An der fehlenden Erfolgsaussicht der Revision ändert dies indes nichts. Denn auf der unterbliebenen Prüfung eines möglichen Schadensersatzanspruchs wegen Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen beruht das Berufungsurteil nicht. Die Voraussetzungen eines solchen Schadensersatzanspruchs liegen nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht vor. 8 Entgegen der Auffassung der Revision steht einem Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss hier bereits der grundsätzliche Vorrang des Sachmängelgewährleistungsrechts entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2009 - V ZR 30/08, BGHZ 180, 205 Rn. 19 ff.; Senatsurteil vom 16. Dezember 2009 - VIII ZR 38/09, NJW 2010, 858 Rn. 20), auf das die Klage alleine gestützt worden ist und dessen Regelungsbereich hier, anders als die Revision meint, betroffen ist. Von einem arglistigen (vorsätzlichen) Verhalten des Beklagten, für das nach der vorstehend genannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Ausnahme vom Vorrang des Sachmängelgewährleistungsrechts gilt, ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht auszugehen. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte zu Fragen, deren Beantwortung erkennbar maßgebliche Bedeutung für den Kläger hatte, ohne tatsächliche Grundlagen ins Blaue hinein unrichtige Angaben gemacht hat (vgl. Senatsurteile vom 7. Juni 2006 - VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 13; vom 21. Januar 1975 - VIII ZR 101/73, BGHZ 63, 382, 388), lassen sich den Feststellungen ebenso wenig entnehmen wie solche für eine vorsätzliche Aufklärungspflichtverletzung seitens des Beklagten (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2009 - VIII ZR 38/09, aaO Rn. 21). 3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses. |