Inspektionsklausel bei der Herstellergarantie -
Reichweite der Inhaltskontrolle von AGB; Voraussetzung eines Verstoßes gegen
§ 307 I BGB bei entgeltlicher und unentgeltlicher Garantie; Abgrenzung zu
kontrollfreien Leistungsbeschreibungen
BGH, Versäumnisurteil vom 6. Juli 2011
- VIII ZR 293/10
Fundstelle:
NJW 2011, 3510
Amtl. Leitsatz:
In einer formularmäßigen Vereinbarung über eine
Anschlussgarantie für Materialoder Herstellungsfehler eines Kraftfahrzeugs,
die der Fahrzeughersteller einem Fahrzeugkäufer gegen Entgelt gewährt, ist
eine Klausel, nach der Garantieansprüche davon abhängen, dass der
Garantienehmer die nach den Herstellerangaben erforderlichen Wartungen in
den vorgegebenen Intervallen von einer Vertragswerkstatt des Herstellers
durchführen lässt, wegen unangemessener Benachteiligung des Garantienehmers
unwirksam, wenn sie Garantieansprüche unabhängig davon ausschließt, ob eine
Verletzung der Wartungsobliegenheit für den eingetretenen Schaden ursächlich
geworden ist (Fortführung der Senatsurteile vom
17. Oktober 2007 - VIII ZR 251/06, WM 2008, 263,
und vom 12. Dezember 2007 - VIII ZR 187/06, WM 2008, 559).
Zentrale Probleme (s.
dazu auch die
Pressemeldung des BGH Nr. 120/2011 vom 6.7.2011):
Eine interessante Entscheidung sowohl zum AGB-Recht als
auch zum Kaufrecht. Es geht um die Frage, inwieweit ein Hersteller seine
Garantie von der Einhaltung bestimmter Inspektionsintervalle in
Vertragswerkstätten abhängig machen darf (s. dazu schon
BGH NJW 2008, 214 sowie BGH NJW 2009, 3714).
Dabei stellt sich zunächst die Frage, ob das überhaupt einer AGB-Kontrolle
unterliegt, denn nach § 307 III BGB können ja - abgesehen von der sog.
Transparenzkontrolle (§ 307 III S. 2) - nur Klauseln überprüft werden, die
vom dispositiven Recht abweichen. Da der Hersteller ja nicht verpflichtet
ist, eine solche Garantie zu geben, kann er sie grundsätzlich inhaltlich
beliebig ausgestalten. Da Leistung/Gegenleistung nicht gesetzlich bestimmt
werden, ist der Inhalt der Garantie eigentlich kontrollfrei. Das zieht die
Rspr. aber sehr eng: Kontrollfrei sind letztlich nur die essentialia negotii,
d.h. diejenigen Vereinbarungen, ohne die ein Vertrag gar nicht vorliegen
könnte (s. dazu schon BGH NJW 2080, 214).
Daher war hier die Einschränkung der Garantie durch die Inspektionsklausel
kontrollfähig. Vollkommen zu recht sagt der Senat, dass dies unabhängig von
der Art der Formulierung gelten muss, d.h es kann nicht darauf ankommen, ob
die Inspektionsobliegenheit als Voraussetzung der Garantie ("Die Garantie
setzt voraus, dass ...") oder als Ausschlusstatbestand ("Die Garantie
entfällt, wenn ...") formuliert ist. Der BGH differenziert bei der dann
erfolgenden Billigkeitskontrolle nach § 307 I BGB in nachvollziehbarer Weise
danach, ob die Garantie unentgeltlich oder entgeltlich erfolgte. Kern der
Argumentation: Im ersten Fall ist die Klausel durch das legitime Interesse
des Herstellers gedeckt, die Aufwendungen für Garantiefälle durch
Kundenbindung wieder zu erwirtschaften. Bei einer entgeltlichen Garantie hat
er diese Aufwendungen schon abgedeckt. Zur Frage der Entgeltlichkeit s. auch
BGH v. 25.9.2013 -
VIII ZR 206/12.
©sl 2011
Tatbestand:
1 Der Kläger kaufte am 18. Februar 2005 von der Beklagten,
der deutschen Tochtergesellschaft des schwedischen Fahrzeugherstellers,
einen am 30. Juni 2004 erstmals zugelassenen Vorführwagen Saab 9.5. Bei dem
Kauf erhielt er für das Fahrzeug eine Urkunde über eine auf die Beklagte als
Garantiegeberin bezogene "Saab Protection"-Garantie, deren formularmäßig
gestaltete Bedingungen (im Folgenden: Garantiebedingungen) auszugsweise wie
folgt lauten:
"2. Allgemeines
Saab garantiert bei Material- oder Herstellungsfehlern die kostenlose
Reparatur oder den kostenlosen Ersatz des betreffenden Teils bei jedem
Saab-Vertragshändler. Die Garantie ist an das in diesem Dokument
beschriebene Fahrzeug gebunden und geht beim Weiterverkauf des Fahrzeugs auf
den nächsten Erwerber über ...
4. Garantie-Dauer
Die vorliegende Garantie beginnt mit Ablauf der zweijährigen
Herstellergarantie. Sie hat eine Laufzeit von einem Jahr, gerechnet ab dem
Zeitpunkt des Ablaufs der Herstellergarantie ...
6. Garantie-Voraussetzungen
Garantieansprüche können nur bei einem Saab-Vertragshändler unter folgenden
Bedingungen geltend gemacht werden:
- Das Fahrzeug muss gemäß den im Serviceheft beschriebenen Vorschriften bei
einem Saab-Vertragshändler unter ausschließlicher Verwendung von Saab
Originalteilen gewartet worden sein.
- Die ordnungsgemäße Wartung muss im Serviceheft bestätigt sein.
- Das Nachweisdokument ist bei der Schadensmeldung vorzulegen."
2 Am 27. Dezember 2006 kam es bei einem Kilometerstand von 69.580 km zu
einem Defekt an der Dieseleinspritzpumpe, den der Kläger im Saab-Zentrum
W. beseitigen ließ. Dieses führte anlässlich der Reparatur zugleich die nach
den Herstellerangaben im Serviceheft erforderliche, bis dahin jedoch
unterbliebene 60.000-Kilometer-Inspektion durch. Nachdem die Beklagte wegen
einer Überschreitung der vorgeschriebenen Serviceintervalle eine
Eintrittspflicht abgelehnt hatte, stellte das Saab-Zentrum W. dem Kläger
unter dem 7. Mai 2007 für die Reparatur 3.138,23 € in Rechnung.
3 Der Kläger, der die Reparaturrechnung nicht bezahlt hat, begehrt von der
Beklagten die Freistellung von einer Inanspruchnahme durch das SaabZentrum
W. aus der genannten Reparaturrechnung zuzüglich Zinsen und angefallener
vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten sowie hilfsweise die Feststellung,
dass die der Rechnung zugrunde liegende Reparatur ein Garantiefall im Sinne
der zwischen den Parteien bestehenden "Saab Protection"-Garantie ist. Die
Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit seiner vom
Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein
Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
4 Die Revision hat Erfolg. Über das Rechtsmittel ist antragsgemäß durch
Versäumnisurteil zu entscheiden, da die Beklagte in der mündlichen
Revisionsverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten war.
Inhaltlich beruht das Urteil indessen nicht auf der Säumnis der Beklagten,
sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR
110/60, BGHZ 37, 79, 81 ff.).
I.
5 Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
6 Die Beklagte brauche für die Reparatur an der Dieseleinspritzpumpe schon
deshalb nicht einzustehen, weil der Kläger die Inspektion für sein Fahrzeug
nicht - wie vorgesehen - bei 60.000 km, sondern erst zusammen mit der
streitigen Reparatur bei einem Stand von 69.580 km habe durchführen lassen.
Ob die unterbliebene Inspektion bei 60.000 km für den eingetretenen Defekt,
wie von der Beklagten geltend gemacht, ursächlich gewesen sei, sei
unerheblich. Denn für eine Inanspruchnahme der Beklagten aus dem
Garantieversprechen sei die in Ziffer 6 der Garantiebedingungen genannte
Eintrittsvoraussetzung der regelmäßigen Wartung nicht erfüllt. Es gehe hier
- vergleichbar mit der "mobilo-life"-Garantie, wie sie dem Urteil des
Bundesgerichtshofs vom 12. Dezember 2007 (VIII ZR 187/06) zugrunde gelegen
habe - um eine sich an die zweijährige Herstellergarantie ab Erstzulassung
anschließende Neuwagengarantie des Fahrzeugherstellers im Sinne von § 443
Abs. 1 BGB, welche der Kläger mit dem Erwerb des Fahrzeugs übernommen habe,
und nicht um die im Zusammenhang mit dem Fahrzeugkauf erst neu begründete
Gebrauchtwagengarantie eines Dritten, für die der Bundesgerichtshof in
seinem Urteil vom 17.
Oktober 2007 (VIII ZR 251/06) einen von der
Schadensursächlichkeit unabhängigen Haftungsausschluss des Garantiegebers
bei Nichteinhaltung vorgeschriebener Wartungsintervalle als unwirksam
angesehen habe.
7 Unerheblich sei auch, ob die von der Beklagten eingeräumte Garantie vom
Kläger nur gegen eine besondere Gegenleistung oder unentgeltlich übernommen
worden sei. Abgesehen davon, dass derartige Entgeltbestandteile häufig mehr
oder weniger versteckt in einem meist runden Gesamtpreis enthalten seien, so
dass sie im Nachhinein kaum noch als gesondertes Entgelt nachvollzogen
werden könnten und schon deshalb nicht als trennscharfes rechtliches
Kriterium taugten, habe der Kläger das Fahrzeug gerade nicht als Neuwagen
erworben. Ob die Beklagte in den Jahren 2004/2005 oder auch heute noch ihre
zusätzliche Garantie grundsätzlich nur gegen gesonderte Vergütung angeboten
habe, spiele angesichts der Besonderheiten der Preiskalkulation weder bei
Neufahrzeugen noch bei sogenannten Tageszulassungen oder Vorführwagen eine
entscheidende Rolle. Maßgeblich für die Abgrenzung sei daher nicht die Frage
der (möglicherweise versteckten) Entgeltlichkeit, sondern der Umstand, ob es
sich um eine Neuwagengarantie des Herstellers oder um eine
Gebrauchtwagengarantie eines Dritten handele. Denn das Garantieversprechen
aus einer Neuwagengarantie habe der Hersteller in zulässiger Weise von einer
Einhaltung der vorgeschriebenen Wartungsintervalle und einer Erfüllung
entsprechender Dokumentationspflichten abhängig machen können.
II.
8 Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im entscheidenden Punkt
nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein
Freistellungsanspruch des Klägers aus der "Saab Protection"-Garantie nicht
verneint werden.
9 Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es für die
Wirksamkeit der unter Ziffer 6 der Garantiebedingungen geregelten
GarantieVoraussetzungen nicht nur darauf an, dass es sich um eine
Neuwagengarantie des Herstellers - und nicht um eine Gebrauchtwagengarantie
eines Dritten -handelt, sondern auch darauf, ob die Beklagte die von ihr
eingeräumte Anschlussgarantie entgeltlich oder unentgeltlich übernommen hat.
Für das Revisionsverfahren ist dabei zu unterstellen, dass die Garantie, wie
von dem Kläger behauptet, jedenfalls zum Zeitpunkt ihrer Übernahme nur gegen
Zahlung eines zusätzlichen Entgelts gewährt worden ist. Zumindest
für diesen Fall unterliegen die unter Ziffer 6 der Garantiebedingungen
geregelten Garantie-Voraussetzungen einer Inhaltskontrolle am Maßstab des §
307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dieser Inhaltskontrolle halten sie jedoch, wie die
Revision mit Recht geltend macht, nicht stand, weil die darin geregelten
Garantieeinschränkungen den Garantienehmer - hier gemäß Ziffer 2 Satz 2 der
Garantiebedingungen den Kläger - entgegen den Geboten von Treu und Glauben
unangemessen benachteiligen, so dass die von ihm aus Ziffer 2 Satz 1 der
Garantiebedingungen beanspruchte Reparaturkostenerstattung nicht allein
schon wegen der unterbliebenen 60.000-Kilometer-Inspektion ausgeschlossen
ist.
10 1. Die unter Ziffer 6 der Garantiebedingungen geregelten
GarantieVoraussetzungen sind nicht gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB einer
AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle entzogen. Zwar ist danach
insbesondere § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht auf solche Abreden anzuwenden,
die Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistung und den dafür zu
zahlenden Preis unmittelbar regeln (Senatsurteile
vom 17. Oktober 2007 - VIII ZR 251/06, WM 2008, 263 Rn. 12;
vom 24. März 2010 - VIII ZR 304/08, WM 2010, 1050 Rn. 25; jeweils mwN).
Diese Freistellung gilt jedoch nur für den
unmittelbaren Leistungsgegenstand. Dagegen werden Regelungen, die die
Leistungspflicht des Verwenders einschränken, von der Freistellung nicht
erfasst, so dass Allgemeine Geschäftsbedingungen der Inhaltskontrolle
unterworfen sind, wenn sie anordnen, dass der Verwender unter bestimmten
Voraussetzungen die versprochene Leistung nur modifiziert oder überhaupt
nicht zu erbringen hat. Für die der Überprüfung entzogene
Leistungsbeschreibung bleibt deshalb nur der enge Bereich der
Leistungsbezeichnungen, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder
Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhaltes ein wirksamer Vertrag nicht
mehr angenommen werden kann (BGH,
Urteile vom 17. Oktober 2007 - VIII ZR 251/06, aaO; vom
24. März 1999 - IV ZR 90/98, BGHZ 141, 137, 141; jeweils mwN). Darum geht es
bei den in der genannten Klausel geregelten GarantieVoraussetzungen indessen
nicht.
11 a) Eine Kontrollfreiheit der Klausel ergibt sich nicht schon daraus, dass
der Garantievertrag gesetzlich nicht geregelt ist. Auch Vertragstypen, die
im Gesetz ungeregelt geblieben sind, können am Maßstab der §§ 307 ff. BGB
gemessen werden (Senatsurteil vom 23. März 1988 - VIII ZR 58/87, BGHZ 104,
82, 90). Dementsprechend hat der Senat in der Vergangenheit Garantieverträge
einer AGB-rechtlichen Kontrolle insoweit unterworfen, als es um Klauseln
ging, die über die vertragliche Festlegung des unmittelbaren
Leistungsgegenstandes hinaus das hierin gegebene Leistungsversprechen wieder
eingeschränkt oder sonst modifiziert haben (Senatsurteile vom 24. April 1991
- VIII ZR 180/90, WM 1991, 1384 unter II; vom
17. Oktober 2007 - VIII ZR 251/06,
aaO Rn. 13; vom 14. Oktober
2009 - VIII ZR 354/08, NJW 2009, 3714 Rn. 11 ff.; vgl.
auch Senatsurteil vom 12. Dezember 2007 - VIII ZR 187/06, WM 2008, 559 Rn.
13 ff.) oder die in ansonsten bestehende (Gewährleistungs-) Rechte des
Vertragspartners eingegriffen haben (Senatsurteil vom 23. März 1988 - VIII
ZR 58/87, aaO S. 90 f.).
12 b) Der Senat hat dabei allerdings die Frage offen gelassen, ob eine - wie
hier - als negative Anspruchsvoraussetzung formulierte Garantieklausel, die
Leistungen aus der Garantie nicht durch die Aufstellung bestimmter
Obliegenheiten einschränkt, sondern nach der gewählten Formulierung
von vornherein nur unter der Voraussetzung durchgeführter Wartungsarbeiten
verspricht, als eine der Inhaltskontrolle entzogene Leistungsbeschreibung zu
qualifizieren ist (Senatsurteil vom
17. Oktober 2007 - VIII ZR 251/06,
aaO).
13 aa) Vor allem in der Instanzrechtsprechung wird die gewählte
Klauselformulierung für maßgeblich erachtet, so dass in Fällen, in denen die
Durchführung vorgeschriebener Wartungsarbeiten nicht als Einschränkung der
zuvor gegebenen Garantie, sondern als Voraussetzung des Garantieanspruchs
formuliert ist, die Möglichkeit einer Klauselkontrolle verneint wird,
solange der Inhalt der Garantiezusage nicht hinter dem verkehrstypischen und
vom Kunden nach Treu und Glauben zu erwartenden Deckungsumfang zurückbleibt
(OLG Nürnberg, NJW 1997, 2186; LG Freiburg, ZfSch 2006, 627, 628; Fuchs in
Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl., § 307 BGB Rn. 69; offen
gelassen von OLG Karlsruhe, NJW-RR 2006, 1464). Die Abhängigkeit der
Garantiezusage von der Durchführung vorgeschriebener Inspektions- und
Wartungsarbeiten dergestalt, dass deren Unterlassen zwingend zum
Anspruchsverlust führt, wird dabei jedenfalls im Neuwagenhandel für
verkehrstypisch erachtet mit der Folge, dass der Kunde auch keine darüber
hinausgehenden Rechte aus der Garantie erwarten könne (OLG Nürnberg, aaO; LG
Freiburg, aaO).
14 bb) Demgegenüber lehnt das Schrifttum eine Maßgeblichkeit der gewählten
Klauselformulierung überwiegend ab. Es wird stattdessen
vorgeschlagen, lediglich den Kernbereich der Garantiezusage wie die
Garantiezeit und die Art der Garantieleistung (z.B. Nachbesserung,
Ersatzlieferung, finanzielle Erstattungsleistungen oder eine Kombination
hiervon) gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB kontrollfrei zu stellen
(Christensen in Ulmer/Brandner/Hensen, aaO, Teil 3
Garantieklauseln/-verträge Rn. 3). Ansonsten sei unabhängig von der
Formulierung einer Garantiebeschränkung als Inhaltsbeschreibung oder als
Einschränkung oder Modifizierung der versprochenen Garantieleistung
grundsätzlich vom Vorliegen einer kontrollfähigen Leistungsbeschränkung
auszugehen, die am Maßstab der Schutzwürdigkeit des Garantienehmers,
insbesondere seiner berechtigten Erwartungen an den Inhalt der Garantie,
gemäß § 307 Abs. 1 BGB auf eine Unangemessenheit der darin liegenden
Benachteiligung zu überprüfen sei (Christensen, aaO Rn. 4; Dammann
in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 5. Aufl., Klauseln Rn. G 21; Abeling,
ZGS 2010, 66, 67 f.; Niebling, DAR 2008, 22, 24; Reinking/Eggert, Der
Autokauf, 10. Aufl., Rn. 2055).
15 c) Der Senat entscheidet die Frage nunmehr im Sinne der zuletzt
genannten Auffassung.
16 aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verbleibt - wie
vorstehend unter II 1 ausgeführt - für die gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der
Überprüfung entzogene Leistungsbeschreibung nur der enge Bereich der
Leistungsbezeichnungen, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder
Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhaltes ein wirksamer Vertrag nicht
mehr angenommen werden kann (BGH, Urteile vom
17. Oktober 2007 - VIII ZR 251/06,
aaO Rn. 12; vom 24. März 1999 - IV ZR 90/98, BGHZ 141,
137, 141; jeweils mwN). Von diesen zum Kernbereich privatautonomer
Vertragsgestaltung gehörenden und deshalb nicht der Inhaltkontrolle
unterliegenden Abreden sind die kontrollfähigen Nebenabreden zu
unterscheiden, also Abreden, die zwar mittelbare Auswirkungen auf Preis und
Leistung haben, an deren Stelle aber, wenn eine wirksame vertragliche
Regelung fehlt, dispositives Gesetzesrecht treten kann
(Senatsurteil vom 24. März 2010 - VIII ZR 304/08, aaO mwN). Anders
als die unmittelbaren Leistungsabreden bestimmen sie nicht das Ob und den
Umfang der zu erbringenden Leistungen, sondern treten als ergänzende
Regelungen, die lediglich die Art und Weise der Leistungserbringung und/oder
etwaige Leistungsmodifikationen zum Inhalt haben, "neben" eine bereits
bestehende Leistungshauptabrede (vgl. BGH, Urteile vom 26. Januar
2001 - V ZR 452/99, BGHZ 146, 331, 338; vom 24. März 2010 - VIII ZR 304/08,
aaO).
17 bb) Um eine solche lediglich ergänzende Regelung handelt es sich bei den
unter Ziffer 6 der Garantiebedingungen geregelten Garantie-Voraussetzungen
jedenfalls dann, wenn die von der Beklagten gewährte
Anschlussgarantie - wie hier für die revisionsrechtliche Beurteilung zu
unterstellen ist - nur gegen Zahlung eines dafür zu entrichtenden Entgelts
zu erlangen war.
18 (1) Ob die genannte Klausel das abgegebene Garantieversprechen
unmittelbar regelt oder lediglich ergänzt, kann der Senat selbst
feststellen. Denn die formularmäßig gestalteten Garantiebedingungen der
Beklagten unterliegen der uneingeschränkten revisionsrechtlichen
Nachprüfung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, an die der
Gesetzgeber bei der Neufassung des § 545 Abs. 1 ZPO angeknüpft hat
(BT-Drucks. 16/9733, S. 302), sind Allgemeine Geschäftsbedingungen wie
revisible Rechtsnormen zu behandeln und infolgedessen vom Revisionsgericht -
ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht
vorgebildeten durchschnittlichen Vertragspartners unter Abwägung der
Interessen der normalerweise beteiligten Kreise - frei auszulegen, da bei
ihnen ungeachtet der Frage, ob sie über den räumlichen Bezirk des
Berufungsgerichts hinaus Verwendung finden, ein Bedürfnis nach einheitlicher
Handhabung besteht (Senatsurteil vom 9. Juni 2010 - VIII ZR 294/09, NJW
2010, 2877 Rn. 11 f. mwN). Diese Auslegung ergibt, dass die genannte
Klausel das auf Gewährung einer Anschlussgarantie gerichtete
Hauptleistungsversprechen der Beklagten lediglich durch Hinzufügung einer
Einschränkung ergänzt.
19 (2) Anders als in dem Fall, in dem die Garantie dem Kunden nur
"um den Preis" der regelmäßigen Durchführung der Wartungsdienste in den
Vertragswerkstätten gewährt wird, die Durchführung der Wartungsdienste also
- bei wirtschaftlicher Betrachtung - die "Gegenleistung" für die
Garantiegewährung darstellt (vgl. Senatsurteil vom 12. Dezember 2007 - VIII
ZR 187/06, aaO Rn. 17), bildet aus Kundensicht das vom
Garantienehmer zu entrichtende Entgelt die Gegenleistung für das unter
Ziffer 2 Satz 1 der Garantiebedingungen dahin umschriebene
Hauptleistungsversprechen der Beklagten, bei Material- oder
Herstellungsfehlern für die kostenlose Reparatur oder den kostenlosen Ersatz
des betreffenden Teils bei jedem Saab-Vertragshändler einstehen zu wollen.
20 Dieses Hauptleistungsversprechen reicht aus, um einen wirksamen
Garantievertrag anzunehmen. Dagegen gehören die unter Ziffer 6 der
Garantiebedingungen geregelten Garantie-Voraussetzungen nicht mehr zum
kontrollfreien Minimum, ohne das dem Vertrag ein so wesentlicher Bestandteil
fehlte, dass ihm die Wirksamkeit zu versagen wäre. Diese Regelung
beschränkt das in Ziffer 2 Satz 1 der Garantiebedingungen bereits
vollständig geregelte Garantieversprechen vielmehr in der Weise, dass sie
eine Inanspruchnahme der Beklagten aus der Garantie von einer Wahrung der
beschriebenen Wartungsanforderungen und deren Nachweis abhängig macht, und
modifiziert dadurch das gegebene Hauptleistungsversprechen entsprechend
(vgl. BGH, Urteile vom 24. März 1999 - IV ZR 90/98, aaO S. 141 f.; vom 26.
September 2007 - IV ZR 252/06, NJW-RR 2008, 189 Rn. 14).
21 2. Der in Ziffer 6 der Garantiebedingungen als Folge einer unterlassenen
Durchführung der dort beschriebenen Wartungsarbeiten vorgesehene Verlust der
Garantieansprüche benachteiligt den Kläger unangemessen und ist deshalb
gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
22 a) Eine Formularklausel ist nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs unangemessen, wenn der Verwender missbräuchlich eigene
Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von
vornherein die Interessen seines Partners hinreichend zu berücksichtigen und
ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (Senatsurteile vom 17. Oktober
2007 - VIII ZR 251/06, aaO Rn. 15; vom 12. Dezember 2007 - VIII ZR 187/06,
aaO Rn. 14; vom 14. Oktober 2009 - VIII ZR 354/08, aaO Rn. 13; jeweils mwN).
Dies ist bei den in der genannten Klausel aufgestellten
Garantievoraussetzungen der Fall, wenn - wie revisionsrechtlich zu
unterstellen ist - die Beklagte die Gewährung der Anschlussgarantie von der
Zahlung eines gesonderten Entgelts abhängig macht.
23 b) Zwar ist ein Interesse der Beklagten anzuerkennen, zur Sicherstellung
der Funktionsfähigkeit der von der Garantie erfassten Fahrzeuge auf die
Einhaltung der vorgegebenen Wartungsintervalle zu dringen, um auf diese
Weise das Risiko von Garantiefällen zu vermindern. Auch mag ihr ein
Interesse daran nicht abzusprechen sein, ihre Neuwagenkunden über die
gesetzliche Gewährleistungszeit hinaus an ihr Werkstattnetz zu binden, um
dadurch nicht nur dessen Auslastung, sondern auch eine sachgerechte, nach
ihren Vorgaben durchzuführende Wartung der Fahrzeuge und darüber zugleich
den qualitativen Ruf der Fahrzeugmarke zu fördern sowie die von ihr
eingegangenen Garantieverpflichtungen hinreichend kalkulierbar gestalten zu
können. Diese Gesichtspunkte rechtfertigen es für sich allein jedoch
noch nicht, den Garantiegeber von seiner Leistungsverpflichtung ohne
Rücksicht darauf freizustellen, ob der Verstoß des Garantienehmers gegen
seine Obliegenheit zur Durchführung der Wartungsarbeiten für den
reparaturbedürftigen Schaden ursächlich geworden ist.
24 aa) Zwar ist ein Fahrzeughersteller, der eine
gesetzliche Haftung durch eine zusätzlich zum Kaufvertrag übernommene
Herstellergarantie freiwillig erweitert, in der Bestimmung von Inhalt und
Reichweite dieser zusätzlich gewährten Garantie grundsätzlich frei, was auch
bei einer AGB-rechtlichen Beurteilung nicht unberücksichtigt bleiben kann
(vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 1997 - I ZR 46/95, WM 1997, 2043
unter II 3 b - Herstellergarantie). Dementsprechend hat der Senat das von
vorstehenden Erwägungen getragene Interesse eines garantiegebenden
Herstellers, von einer für Neuwagen übernommenen zusätzlichen
Garantieverpflichtung bereits bei Nichteinhaltung der dem Kunden auferlegten
Wartungsobliegenheiten in verkehrsüblichen Intervallen vollständig frei zu
werden, für (Anm.: erg. wohl: den) Fall als berechtigt anerkannt, dass
ungeachtet einer möglichen Bereitschaft des Kunden, für das mit einer
solchen Garantie versehene Neufahrzeug einen höheren Preis zu zahlen, die
Garantie als zusätzliche Leistung zum Fahrzeugkauf angeboten wird und der
Kunde, um in deren Genuss zu kommen, als - wirtschaftlich gesehen -
"Gegenleistung" lediglich zur regelmäßigen Durchführung der Wartungsdienste
in den Vertragswerkstätten gehalten ist. Für diesen Fall hat der Senat die
Interessen des Kunden, die - ohnehin regelmäßig notwendigen -
Wartungsarbeiten zwecks Erhalts des Garantieanspruchs nach den Vorgaben des
Herstellers in dessen Werkstattnetz durchführen zu lassen, durch die
betreffende Verfallklausel nicht für unangemessen beeinträchtigt erachtet,
da es der freien Entscheidung des Kunden überlassen bleibt, ob und
ab wann er - etwa im Hinblick auf das Alter des Fahrzeugs - von den
regelmäßigen Wartungen Abstand nehmen oder diese bei anderen
(preisgünstigeren) Werkstätten durchführen lassen will
(Senatsurteil vom 12. Dezember 2007 - VIII ZR 187/06, aaO Rn. 17 f.).
25 Ebenso hat es der Senat außerhalb dieser besonderen Interessenlagen beim
Absatz von Neuwagen nicht missbilligt, wenn ein Garantiegeber in seinen
Garantiebedingungen von einer Obliegenheit des Kunden ausgegangen ist, vom
Fahrzeughersteller vorgeschriebene oder empfohlene Wartungsarbeiten in
zumutbarer Weise (dazu
Senatsurteil vom 14. Oktober 2009 - VIII ZR 354/08, aaO)
durchführen zu lassen, und bei versäumter Fahrzeugwartung dem Kunden den
Beweis fehlender Ursächlichkeit zwischen dem Wartungsversäumnis und dem
Garantiefall auferlegt hat (Senatsurteil
vom 17. Oktober 2007 - VIII ZR 251/06, aaO mwN).
26 bb) Um solche Fallgestaltungen geht es hier aber nicht. Die mit dem
Fahrzeugkauf auf den Kläger übergegangene Anschlussgarantie der Beklagten
stellt nicht lediglich eine zusätzliche Leistung des Herstellers
beim Neufahrzeugkauf zwecks Schaffung eines absatzfördernden
Qualitätsmerkmals seiner Fahrzeuge dergestalt dar, dass sich die
"Gegenleistung" für die gewährte Garantie weitgehend in einer bis zum
Garantiefall durchgeführten regelmäßigen Fahrzeugwartung im Werkstattnetz
des Herstellers erschöpft (vgl. Senatsurteil vom 12. Dezember 2007
- VIII ZR 187/06, aaO Rn. 17). Vielmehr handelt es sich - wie
revisionsrechtlich zu unterstellen ist - um eine gesondert zu
erwerbende und zu vergütende Garantie. Für diesen Fall kann das
grundsätzlich anzuerkennende Interesse eines Fahrzeugherstellers, seine
Kunden bei dem Absatz von Neufahrzeugen zu den vorgeschriebenen oder
empfohlenen Wartungsarbeiten in seinem Werkstattnetz anzuhalten, um dadurch
den Ruf seiner Marke als wenig schadensanfällig zu stärken und den Kunden an
das eigene Werkstattnetz zu binden (vgl. Senatsurteil vom 12. Dezember 2007
- VIII ZR 187/06, aaO Rn. 17 f.; Christensen, aaO), keinen Vorrang
vor dem Interesse des Kunden an einem Schutz vor einer Aushöhlung von
Garantiezusagen durch einschränkende Nebenbestimmungen beanspruchen.
Vielmehr verdient, wenn die Garantieleistungen nicht automatisch als
zusätzliche Leistung zum Fahrzeugkauf mitgewährt werden, sondern erst durch
ein gesondertes Entgelt erkauft werden müssen, die berechtigte Erwartung des
Kunden am (Fort-) Bestand der erkauften Garantieleistung jedenfalls dann den
Vorrang, wenn die mangelnde Beachtung der vorgeschriebenen
Wartungsobliegenheiten keinen Einfluss auf den Eintritt des Garantiefalls
hat. Die in diesem Fall eintretende Belastung
des Garantiegebers mit der Klärung von Kausalitätsfragen rechtfertigt - wie
der Senat in seinem Urteil
vom 17. Oktober 2007 (VIII ZR 251/06, aaO) entschieden
hat - unter den genannten Umständen ebenfalls keinen Untergang des
Garantieanspruchs allein schon wegen einer Säumnis des Garantienehmers mit
seiner Wartungsobliegenheit.
III.
27 Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben, es ist aufzuheben (§
562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie
zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
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