Mietrecht, Vorkaufsrecht (§ 463 BGB); anfängliche
(subjektive) Unmöglichkeit: Haftung des Vermieters bei Vereitelung des
gesetzlichen Vorkaufsrechts des Mieters aus § 280 I, 249 I BGB; Haftung für
anfängliche (subjektive) Unmöglichkeit nach § 311a II BGB; Anforderungen an
die Beweislast bei subjektiver Unmöglichkeit (§ 275 I BGB)
BGH, Urteil vom 21. Januar 2015 -
VIII ZR 51/14 - LG Hamburg
Fundstelle:
NJW 2015, 1516
JZ 2015, 464 m. Anm.
Sittmann-Haury JZ 2015, 468
JuS 2016, 67 (Riehm)
Amtl. Leitsatz:
Sieht der Vermieter
pflichtwidrig davon ab, den vorkaufsberechtigten Mieter über den Inhalt des
mit einem Dritten über die Mietwohnung abgeschlossenen Kaufvertrags sowie
über das Bestehen des Vorkaufsrechts zu unterrichten, so kann der Mieter,
der infolgedessen von diesen Umständen erst nach Erfüllung des Kaufvertrags
zwischen Vermieter und Drittem Kenntnis erlangt, Ersatz der Differenz von
Verkehrswert und Kaufpreis (abzüglich im Falle des Erwerbs der Wohnung
angefallener Kosten) verlangen. Dies gilt auch dann, wenn der Mieter sein
Vorkaufsrecht nach Kenntniserlangung nicht ausgeübt hat (Fortführung von
BGH, Urteil vom 15. Juni 2005 - VIII ZR 271/04,
NJW-RR 2005, 1534).
Zentrale Probleme:
Ein sehr lehrreicher Fall an der Schnittstelle
zwischen Mietrecht, Vorkaufsrecht und allgemeinem Leistungsstörungsrecht
(daher auch klausurtauglich), der sich vereinfacht wie folgt darstellt: Ein
Vermieter/Eigentümer veräußert vermieteten Wohnraum an einen Dritten. Dabei
versäumt er es, dem Mieter nach § 577 BGB den Verkauf mitzuteilen und diesen
von seinem gesetzlichen Vorkaufsrecht zu unterrichten (§ 577 II). Dieser
fordert nun Schadensersatz in Höhe der Wertdifferenz zwischen dem
Vorkaufspreis und dem Verkehrswert der Wohnung, da er bei rechtzeitiger
Mitteilung sein Vorkaufsrecht ausgeübt hätte. Die Kernargumentation des BGH
ist wie folgt: Der Mieter hätte auch nach der Veräußerung sein Vorkaufsrecht
noch ausüben können (zur Frist s. § 577 I 3 iVm § 469 II BGB). Hätte er das
getan, wäre zwischen ihm und dem Vermieter ein weiterer Kaufvertrag zu
denselben Bedingungen zustandegekommen (§ 577 I 3 iVm § 464 II BGB). Da
zu diesem Zeitpunkt bereits Eigentum an den Dritten übertragen war, läge
insoweit ein Fall von § 311a II BGB vor (anfängliche Unmöglichkeit), der
Verkäufer hätte also auf Schadensersatz statt der Leistung und damit auf die
Wertdifferenz gehaftet (das für § 311a II BGB notwendige und vermutete
Vertretenmüssen muss sich hier wohl auf die Kenntnis des gesetzlichen
Vorkaufsrechts beziehen). Da es aber zu kompliziert ist, diesen Weg zu
gehen, kann der Mieter ebensogut nach § 280 I BGB in Bezug auf die
Verletzung der Mitteilungspflicht auf § 577 I BGB vorgehen. Das erstgenannte
Vorgehen ist dann im Rahmen der Kausalität bei der Haftungsausfüllung nach §
249 BGB beachtlich und führt dann zu demselben Ergebnis, wenn der Mieter
nachweist, dass er bei rechtzeitiger Mitteilung das Vorkaufsrecht
rechtzeitig ausgeübt hätte.
In diesem Zusammenhang wiederholt der BGH seine zutreffende Rechtsauffassung
zur Beweislast bei subjektiver Unmöglichkeit: Die bloße Tatsache, dass der
Verkäufer über den Gegenstand nicht verfügt, begründet an sich noch nicht
subjektive Unmöglichkeit, sondern erfordert auch den Nachweis, dass der
Schuldner auch nicht in der Lage ist, den Gegenstand (wieder) zu beschaffen
oder den Eigentümer zur Veräußerung an den Gläubiger zu veranlassen.
Allerdings wird in einem solchen Fall Unmöglichkeit nach § 275 I BGB
vermutet (s. dazu bereits BGHZ
141, 179 und BGH NJW 2007, 2841). Nicht
ganz klar ist, warum der Senat bei der möglichen Haftungsgrundlage auch §§
280 I, III, 281 BGB (in einem Atemzug mit § 311a II BGB) erwähnt. Das wäre
eine Haftung wegen Verspätung der Leistung. Möglicherweise will er damit
sagen, dass der Mieter bei zweifelhafter Möglichkeit der Leistung auch nach
§§ 280 I, III 281 BGB mit Erfolg hätte vorgehen können. Vgl. dazu auch die
(ablehnende) Anm. von Sittmann-Haury JZ 2015, 468.
©sl 2015
Tatbestand:
1 Die Klägerin ist Mieterin einer in einem
Mehrfamilienhaus gelegenen Wohnung in Hamburg. Sie bewohnt die im dritten
Obergeschoss befindlichen Räume aufgrund eines mit dem damaligen
Grundstückseigentümer R. M. am 18. Februar 1992 abgeschlossenen
Mietvertrags. Zu diesem Zeitpunkt war neben Herrn M. auch dessen Ehefrau
Miteigentümerin des Grundstücks. Streitig ist, wann hinsichtlich der im Haus
befindlichen sieben Wohnungen erstmals Wohnungseigentum gebildet worden ist.
Nach der Darstellung der Klägerin ist im Jahre 1996 Wohnungseigentum
begründet worden; die Beklagte macht dagegen geltend, es sei bereits im Jahr
1971 Wohnungseigentum gebildet worden.
2 Herr M. verstarb im Jahr 2006 und wurde von seiner Ehefrau beerbt, die am
13. September 2006 als Alleineigentümerin in das Grundbuch eingetragen
wurde. Mit notariell beurkundetem Schenkungsvertrag vom 8. Dezember
2010 überließ sie das Grundstück ihrer Tochter, der Beklagten, behielt sich
aber den lebenslangen Nießbrauch daran vor. Am 19. März 2011 verstarb auch
Frau M. . Daraufhin veräußerte die Beklagte sämtliche in dem
Mehrfamilienhaus gelegenen sieben Wohnungen mit notariellem Kaufvertrag vom
17. Mai 2011 zu einem Gesamtpreis von 1.306.000 € an die H. GmbH. Die
Klägerin wurde von der Beklagten weder von deren Veräußerungsabsicht noch
vom Kaufvertragsabschluss unterrichtet. Auf ein möglicherweise bestehendes
Vorkaufsrecht wurde sie ebenfalls nicht hingewiesen. Die Käuferin wurde am
18. Juli 2011 als neue Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen.
3 Mit Schreiben vom 23. August 2011 informierte die Hausverwaltung der
Erwerberin die Klägerin über die Veräußerung der Wohnungen. Am 12. Januar
2012 bot die neue Eigentümerin der Klägerin die von ihr bewohnte Wohnung
(Wohnung Nr. 5) gegen Zahlung eines Preises von 266.250 € zuzüglich circa 12
% Erwerbskosten zum Kauf an. Dabei wies sie darauf hin, dass sie die
weiteren sechs Wohnungen in den letzten zweieinhalb Monaten zum gleichen
Preis verkauft habe.
4 Die Klägerin macht geltend, die Beklagte habe durch die unterlassene
rechtzeitige Unterrichtung von dem Verkauf der Wohnung ihr gesetzliches
Vorkaufsrecht vereitelt und sei daher zum Ersatz des hierdurch entstandenen
Schadens verpflichtet. Bei Ausübung des Vorkaufsrechts hätte sie die
Wohnung, die einen Verkehrswert von 266.250 € aufweise, zu einem Kaufpreis
von nur) 186.571 € - auf ihre Wohnung entfallender Anteil an dem gezahlten
Gesamtkaufpreis - erwerben und dadurch einen Gewinn von 79.428,75 € erzielen
können.
5 Das Amtsgericht hat die auf Zahlung dieses Betrags nebst Zinsen
gerichtete Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin
hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen
Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
6 Die Revision hat Erfolg.
I.
7 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für
das Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:
8 Die Klägerin habe gegen die Beklagte weder aus § 280 Abs. 3, § 281 BGB
(Schadensersatz statt der Leistung) noch aus § 280 Abs. 1 BGB wegen
Verletzung einer mietvertraglichen Nebenpflicht Anspruch auf Ersatz des
geltend gemachten Schadens. Zwar sei die Beklagte als Vermieterin der
Klägerin gemäß §§ 469, 577 Abs. 2 BGB verpflichtet gewesen, die Klägerin
über die beabsichtigte Veräußerung der Wohnung zu unterrichten und diese auf
ihr gesetzliches Vorkaufsrecht hinzuweisen. Diesen Verpflichtungen sei sie
schuldhaft nicht nachgekommen, weswegen grundsätzlich ein
Schadensersatzanspruch in Betracht komme. Gleichwohl könne die Klägerin
nicht Ersatz des vorliegend geltend gemachten Schadens beanspruchen, der in
der Differenz zwischen anteiligem Kaufpreis für die Wohnung und deren
Verkehrswert bestehe.
9 Die Klägerin mache vorliegend einen Nichterfüllungsschaden gemäß § 280
Abs. 3, § 281 BGB geltend. Ein solcher könne dann bestehen, wenn die Wohnung
trotz wirksamer Ausübung des Vorkaufsrechts des Mieters vom Vermieter an den
Erwerber übereignet werde. In einem solchen Fall richte sich die Höhe des
Schadens nach dem Gesamtvermögensvergleich, bei dem die tatsächliche
Entwicklung und die im Falle ordnungsgemäßer Erfüllung bestehende
Vermögenslage einander gegenüber zu stellen seien. Der Vermögensschaden
bestehe dann regelmäßig in der Differenz zwischen dem anteiligen Kaufpreis
der Wohnung und deren Verkehrswert. Eine solche Fallgestaltung sei
vorliegend jedoch nicht gegeben. Die Klägerin habe das ihr zustehende
Vorkaufsrecht nicht ausgeübt, weswegen zwischen ihr und der Beklagten -
mangels Zustandekommen eines Kaufvertrags - kein (kauf-)vertraglicher
Leistungsanspruch begründet worden sei, der im Falle der Nichterfüllung
auszugleichen wäre.
10 Der damit allein in Betracht kommende Schadensersatzanspruch wegen
Verletzung einer mietvertraglichen Nebenpflicht (§ 280 Abs. 1 BGB) umfasse
nicht den von der Klägerin geltend gemachten Schaden. Zwar erstrecke sich
die Ersatzpflicht nach § 280 Abs. 1 BGB auf die unmittelbaren und
mittelbaren Folgen des schädigenden Verhaltens. Ausgenommen seien jedoch
Schäden, die außerhalb des Schutzzwecks der verletzten Pflicht lägen. Ein
erstattungsfähiger Schaden wäre daher etwa dann zu bejahen, wenn der
Vermieter den Kaufvertrag gegenüber dem (Dritt-)Käufer erfülle und dieser
dann das Mietverhältnis kündige. Werde die Wohnung dagegen an einen
Kapitalanleger ohne Eigennutzungs- oder Verwertungsabsicht veräußert,
entstehe dem Mieter im Allgemeinen kein ersatzfähiger Vermögensnachteil. Ein
ausgleichspflichtiger Vermögensschaden folge insbesondere nicht daraus, dass
zwischen den Parteien des Kaufvertrags ein unter dem Verkehrswert liegender
Kaufpreis vereinbart worden sei. Der Mieter könne in einem solchen Fall
nicht etwa geltend machen, dass er die Wohnung zu einem höheren Preis hätte
weiterverkaufen können, denn der Verlust eines Veräußerungsgewinns werde vom
Schutzzweck des § 577 BGB nicht gedeckt. Ebenso wenig könne er bei
Nichtausübung des Vorkaufsrechts geltend machen, er hätte die Wohnung zu
einem günstigeren Preis erworben.
II.
11 Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit
der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Klägerin
gemäß § 280 Abs. 1, § 577 Abs. 1 Satz 3, § 469 Abs. 1, § 577 Abs. 2, § 249
BGB auf Ersatz der geltend gemachten Differenz zwischen Verkehrswert der
Wohnung und anteiligem Kaufpreis nicht verneint werden.
12 1. Dem Berufungsgericht ist allerdings darin beizupflichten, dass die
Beklagte nach dem für das Revisionsverfahren maßgeblichen Sachverhalt die
sie als Vermieterin treffenden mietvertraglichen Nebenpflichten schuldhaft
verletzt hat, die Klägerin über das Bestehen eines gesetzlichen
Vorkaufsrechts und den Inhalt des mit der H. GmbH abgeschlossen Kaufvertrags
zu unterrichten.
13 a) Der Verkauf der von der Klägerin angemieteten Wohnung an die H. GmbH
begründete nach dem für das Revisionsverfahren maßgeblichen Sachverhalt
gemäß § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB ein gesetzliches Vorkaufsrecht der Klägerin.
14 aa) Die Beklagte war zum Zeitpunkt des Entstehens des Vorkaufsrechts
Vermieterin der Klägerin. Nach dem Tod des ursprünglichen Vermieters war
dessen Witwe als Alleinerbin in den mit der Klägerin bestehenden Mietvertrag
eingetreten. Diese Vermieterstellung behielt sie auch nach der unter
Nießbrauchvorbehalt (§§ 1068, 1030 BGB) erfolgten schenkweisen Überlassung
des Grundstücks an die Beklagte (vgl. Senatsurteil vom 7. September 2005
- VIII ZR 24/05, NJW 2006, 51 Rn. 13). Erst mit dem Ableben der
Nießbrauchberechtigten ist die Beklagte gemäß § 1056 Abs. 1, § 566 Abs. 1
BGB Vermieterin geworden (vgl. Senatsurteil vom 12. Oktober 2011 - VIII ZR
50/11, WuM 2011, 690 Rn. 11).
15 bb) Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob
bereits im Jahr 1971 - so die Darstellung der Beklagten - oder erst im Jahr
1996
- so der Vortrag der Klägerin (im Urteil des Amtsgerichts ist versehentlich
von 2006 die Rede) - Wohnungseigentum begründet worden ist. Es hat
letztlich, ebenso wie das Amtsgericht, zugunsten der Klägerin unterstellt,
dass Wohnungseigentum - wie von § 577 Abs. 1 BGB vorausgesetzt - erst nach
Abschluss des Mietvertrags begründet worden ist. Hiervon ist auch für das
Revisionsverfahren auszugehen.
16 cc) Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts sind
im Streitfall die weiteren Voraussetzungen eines gesetzlichen Vorkaufsrechts
der Klägerin gemäß § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllt. Die an die Klägerin
vermietete Wohnung ist erstmals nach der mietweisen Überlassung veräußert
worden. Der Umstand, dass die Wohnung zunächst schenkweise an die Beklagte
übereignet worden war, hindert - anders als die Revisionserwiderung meint -
die Entstehung eines Vorkaufsrechts nach § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht. Bei
dem Verkauf der Wohnung an die H. GmbH handelt es sich - ausgehend von einer
im Revisionsverfahren zu unterstellenden erstmaligen Begründung von
Wohnungseigentum im Jahr 1996 - um einen das Vorkaufsrecht auslösenden (vgl.
BGH, Urteil vom 22. Juni 2007 - V ZR 269/06, NJW 2007, 2699 Rn. 8; vgl. auch
Senatsurteile vom 14. April 1999 - VIII ZR 384/97, BGHZ 141, 194, 197 ff.
[zu § 2b Abs. 1 WoBindG]; vom 29. März 2006 - VIII ZR 250/05, BGHZ 167, 58,
61 ff. [zu § 570b BGB aF]) Erstverkauf. Denn der davor vollzogene
Eigentumsübergang auf die Beklagte war nicht aufgrund eines
Verkaufsgeschäfts, sondern aufgrund einer von § 577 BGB nicht erfassten
unentgeltlichen Übertragung erfolgt.
17 Die Annahme der Revisionserwiderung, ein Vorkaufsrecht des Mieters gemäß
§ 577 BGB sei auch dann ausgeschlossen, wenn dem Verkauf an einen Dritten -
wie hier - eine schenkweise Übertragung an Familienangehörige vorausgegangen
sei, findet im Gesetz keine Stütze. Ein Vorkaufsrecht entsteht nach der
Regelung des § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB nur, wenn der Vorkaufsver-pflichtete
eine ihrem inhaltlichen Gehalt nach als Kaufvertrag zu beurteilende
Vereinbarung abgeschlossen hat. Hiervon macht § 577 Abs. 1 Satz 2 BGB eine
Einschränkung bei einem Verkauf an Familien- und Haushaltsangehörige des
Vermieters, weil der Gesetzgeber in diesen Fällen dem Interesse des
Vermieters, die Wohnung an eine bestimmte Person zu verkaufen, höheres
Gewicht beigemessen hat (BT-Drucks. 12/3013, S. 18). Dass ein Ausschluss des
Vorkaufsrechts auch in den Fällen gegeben sein sollte, in denen der
Vermieter die Wohnung dem Familienangehörigen schenkweise überlassen hat,
ist weder dem Wortlaut noch den Gesetzesmaterialien zu entnehmen. Eine von
der Revisionserwiderung erwogene analoge Anwendung der als solche eng
auszulegenden Ausnahmeregelung des § 577 Abs. 1 Satz 2 BGB kommt schon
mangels Bestehens einer planwidrigen Regelungslücke nicht in Betracht.
18 Schenkungen des Vermieters an Familien- oder Haushaltsangehörige lösen
danach einerseits schon kein Vorkaufsrecht des Mieters aus, weil es sich
hierbei nicht um ein nach § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB vorausgesetztes
Kaufgeschäft handelt. Andererseits führen sie, wenn der mit einer Schenkung
bedachte Familienangehörige die Wohnung später an einen Dritten verkauft,
anders als die in § 471 BGB genannten Verkäufe im Wege der
Zwangsvollstreckung/aus der Insolvenzmasse und die in § 577 Abs. 1 Satz 2
BGB genannten Verkäufe an Familienangehörige (vgl. hierzu BGH, Urteil vom
22. Juni 2007 - V ZR 269/06, aaO), nicht dazu, dass es sich bei einem
späteren Verkauf an einen Dritten um einen das Entstehen eines
Vorkaufsrechts hindernden Zweitverkauf handelt.
19 b) Die Beklagte war daher gemäß § 577 Abs. 1 Satz 3, § 469 Abs. 1
Satz 1 BGB verpflichtet, der Klägerin den Inhalt des mit dem Dritten
geschlossenen Kaufvertrags unverzüglich mitzuteilen. Weiter traf sie die
Pflicht, die Klägerin über das Bestehen eines gesetzlichen Vorkaufsrechts zu
unterrichten (§ 577 Abs. 2 BGB). Beiden Verpflichtungen ist die Beklagte
nach den rechtsfehlerfreien, im Revisionsverfahren nicht angegriffenen
Feststellungen des Berufungsgerichts schuldhaft nicht nachgekommen.
20 2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch einen Anspruch der
Klägerin gemäß § 280 Abs. 1, § 249 BGB auf Ersatz der Differenz zwischen dem
Verkehrswert der von ihr bewohnten Wohnung und dem hierfür vereinbarten
anteiligen Kaufpreis verneint. Es hat - dem Amtsgericht folgend - die
Auffassung vertreten, der Ersatz eines solchen Schadens sei - auch wenn die
Klägerin letztlich einen Nichterfüllungsschaden geltend mache - nicht vom
Schutzzweck des § 577 BGB gedeckt. Werde - wie hier - das Vorkaufsrecht
nicht ausgeübt, liege ein erstattungspflichtiger Schaden des Mieters vor,
wenn der Käufer das Mietverhältnis (etwa wegen Eigenbedarfs) kündige.
Dagegen stelle der Umstand, dass zwischen den Kaufvertragsparteien ein unter
dem Verkehrswert liegender Kaufpreis vereinbart worden sei, anders als bei
der Nichterfüllung eines durch ein ausgeübtes Vorkaufsrecht zwischen den
Mietparteien zustande gekommenen Kaufvertrags, keinen ausgleichspflichtigen
Vermögensschaden dar.
21 a) Das Berufungsgericht hat damit zwar im Ausgangspunkt zutreffend
erkannt, dass die Klägerin der Sache nach einen Anspruch auf Schadensersatz
statt der Leistung ("Nichterfüllungsschaden") geltend macht, hat jedoch
diesen Ansatz rechtsfehlerhaft nicht weiterverfolgt. Es hat bei der von ihm
vorgenommenen Differenzierung zwischen ausgeübtem und nicht ausgeübtem
Vorkaufsrecht nicht hinreichend beachtet, dass die Klägerin infolge der von
der Beklagten unterlassenen Mitteilungen erst zu einem Zeitpunkt Kenntnis
von dem Inhalt des mit einem Dritten abgeschlossenen Kaufvertrags und von
dem Bestehen eines gesetzlichen Vorkaufsrechts erlangt hat, als dieser
Kaufvertrag schon vollzogen und der Käufer als neuer Eigentümer im Grundbuch
eingetragen war. Deswegen hat es sich den Blick dafür verstellt, dass es bei
der vorliegend gegebenen Sachlage für die Klägerin im Ergebnis keinen
Unterschied machte, ob sie durch Ausübung ihres Vorkaufsrechts einen
Kaufvertrag zustande brachte und anschließend von der Beklagten, der (wovon
in der Revisionsinstanz auszugehen ist) die Erfüllung dieses Vertrags von
Anfang an unmöglich gewesen wäre, Ersatz der Differenz zwischen Verkehrswert
und Kaufpreis verlangte, oder ob sie von dem bei dieser Sachlage für die
Verwirklichung ihres Erfüllungsinteresses sinnlosen Zwischenschritt der -
nach den für die Revisionsinstanz maßgeblichen Feststellungen des
Berufungsgerichts (§ 559 Abs. 1 ZPO) nicht erfolgten - Ausübung des
Vorkaufsrechts absah und sogleich Ersatz des entsprechenden Schadens
begehrte. In beiden Fällen wäre das Erfüllungsinteresse der Klägerin in
gleicher Weise beeinträchtigt worden. Entscheidend ist letztlich, dass die
Beklagte durch die Verletzung der sie nach § 577 Abs. 1 Satz 3, § 469 Abs.
1, § 577 Abs. 2 BGB treffenden Mitteilungspflichten das Vorkaufsrecht der
Klägerin nach § 577 BGB, also den Erwerb der Wohnung zu dem vereinbarten
anteiligen Kaufpreis, vereitelt hat.
22 aa) Nach der Konzeption der §§ 577, 463 ff. BGB dient nicht nur der -
durch die Ausübung des Vorkaufsrechts zustande kommende (§ 577 Abs. 1 Satz
3, § 464 Abs. 2 BGB) - Kaufvertrag zwischen den Mietvertragsparteien der
Realisierung des Vorkaufsrechts. Vielmehr haben auch die gesetzlich
vorgeschriebenen Mitteilungspflichten den Zweck, das Erfüllungsinteresse des
Vorkaufsberechtigten zu sichern, denn dieser wird erst durch die Mitteilung
vom Eintritt des Vorkaufsfalls (und im Falle des § 577 Abs. 2 BGB durch
Belehrung über seine Vorkaufsberechtigung) in die Lage versetzt, sein
Vorkaufsrecht auszuüben und damit seinen Erfüllungsanspruch zu begründen
(vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember 2001 - V ZR 212/00, juris Rn. 16 [zu §
510 Abs. 1 BGB aF, heute § 469 Abs. 1 BGB] mwN). Der aus der Verletzung
einer Mitteilungspflicht entstehende Anspruch auf Ersatz des vom
Mitteilungspflichtigen auszugleichenden Schadens kann, sofern dieser durch
die Unterlassung der Mitteilung adäquat verursacht wurde, auch auf das
Erfüllungsinteresse gerichtet sein (BGH, Urteil vom 14. Dezember 2001 - V ZR
212/00, aaO).
23 bb) So liegen die Dinge hier. Der Klägerin, die vor Abschluss des
Kaufvertrags zwischen der Beklagten und dem Dritten weder über Existenz und
Inhalt des Vertrages (§ 577 Abs. 1 Satz 3, § 469 Abs. 1 BGB) noch über das
Bestehen ihres Vorkaufsrechts (§ 577 Abs. 2 BGB) unterrichtet worden war,
standen lediglich zwei Wege offen, hierauf zu reagieren. Keiner der beiden
Schritte hätte aber zur Verwirklichung ihres Erfüllungsinteresses geführt.
Vielmehr blieb der Klägerin in beiden Fällen nur die Möglichkeit,
Schadensersatz wegen Vereitelung ihres Vorkaufsrechts zu verlangen.
24 (1) Die Klägerin hätte an sich, da die zweimonatige
Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts (§ 577 Abs. 1 Satz 3, § 469 Abs. 2
Satz 1 Halbs. 1 BGB) erst mit Mitteilung des Inhalts des mit dem Dritten
abgeschlossenen Kaufvertrags beginnt, das Vorkaufsrecht noch binnen einer
Frist von zwei Monaten ab Erhalt einer nachträglichen Mitteilung des
Vermieters oder des Käufers über den Inhalt des Kaufvertrags und das
Bestehen ihres Vorkaufsrechts (§ 577 Abs. 1 Satz 3, § 469 Abs. 1 Satz 2 BGB,
§ 577 Abs. 2 BGB) ausüben (vgl. OLG
Celle, ZMR 2008, 119) und hierdurch mit der Beklagten einen zweiten
Kaufvertrag zu denselben Bedingungen zustande bringen können, wie sie im
Kaufvertrag zwischen Beklagter und Drittem vereinbart worden sind
(§ 577 Abs. 1 Satz 3, § 464 Abs. 2 BGB; vgl. BGH, Urteil vom 22. November
2013 - V ZR 96/12, BGHZ 199, 136 Rn. 21 mwN). Diesen zweiten
Kaufvertrag hätte die Beklagte aber nicht mehr erfüllen können (§ 275 Abs. 1
BGB), weil sie das Eigentum am Grundstück schon vor der mit Schreiben der
Hausverwaltung vom 23. August 2011 erfolgten Unterrichtung der Klägerin über
den erfolgten Verkauf auf den Käufer übertragen hatte. Der
Eigentumswechsel war bereits am 18. Juli 2011 in das Grundbuch eingetragen
worden.
25 Daher hätte die Klägerin nach dem in der Revisionsinstanz
maßgeblichen Sachverhalt im Falle der Ausübung des Vorkaufsrechts lediglich
Schadensersatz statt der Leistung nach § 311a Abs. 1, 2 Satz 1, § 275 Abs.
1, § 280 Abs. 1, 3, § 281 BGB wegen anfänglicher subjektiver Unmöglichkeit
der Übereignung verlangen können. Zwar ist in den Fällen,
in denen ein Schuldner - wie hier - den Kaufgegenstand an einen Dritten
übereignet hat, dem Schuldner die Übereignung an den Gläubiger nicht schon
deswegen unmöglich, weil er über ihn nicht mehr verfügen kann und auf ihn
auch keinen Anspruch hat. Unmöglichkeit liegt vielmehr erst dann vor, wenn
feststeht, dass der Schuldner die Verfügungsmacht nicht mehr erlangen und
zur Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs nicht mehr auf die Sache
einwirken kann (BGH, Urteile vom 26. März 1999 - V ZR 368/97,
BGHZ
141, 179, 181 f.; vom
15. Juni
2005 - VIII ZR 271/04, NJW-RR 2005, 1534 unter II 3).
Ist die
Unmöglichkeit - wie bei einem Anspruch aus § 311a Abs. 2, § 280 Abs. 1, 3, §
281 BGB - anspruchsbegründende Voraussetzung, nimmt der Bundesgerichtshof
jedoch, um die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast des
Gläubigers nicht zu überspannen, in ständiger Rechtsprechung an, dass die
Weiterveräußerung die Unmöglichkeit indiziert, solange der Schuldner - wie
hier - nicht darlegt, dass er zur Erfüllung willens und in der Lage ist
(BGH, Urteile vom 26. März 1999 - V ZR
368/97, aaO S. 182 f. mwN; vom
15. Juni 2005
- VIII ZR 271/04, aaO).
26 (2) Statt ihr Vorkaufsrecht nach § 577 BGB nachträglich noch
auszuüben, stand der Klägerin aber auch die Möglichkeit offen, wegen
Verletzung der in § 577 Abs. 1 Satz 3, § 469 Abs. 1 BGB, § 577 Abs. 2 BGB
geregelten mietvertraglichen Nebenpflichten Schadensersatz gemäß § 280 Abs.
1 BGB zu verlangen (vgl. BGH, Urteile vom 17. Januar 2003 - V ZR
137/02, WuM 2003, 281 unter II 2 a aa, und V ZR 127/02, juris Rn. 21 f.
[jeweils zur Haftung aus pVV]). Für diesen Schritt hat sie sich entschieden.
27 Die Verletzung solcher Nebenpflichten führt zwar nicht stets zu
einem Anspruch auf Ersatz des Erfüllungsinteresses. Insbesondere wird es
Fälle geben, in denen sich die Verletzung der Mitteilungspflichten letztlich
nicht auswirkt, weil der Vorkaufsberechtigte noch rechtzeitig vor der
Übereignung der Kaufsache an den Dritten Kenntnis vom Inhalt des
Kaufvertrags (und im Falle des § 577 BGB von seiner Vorkaufsberechtigung)
erlangt und durch die Ausübung seines Vorkaufsrechts einen - noch
erfüllbaren - Kaufvertrag mit dem Mitteilungsverpflichteten zustande bringen
kann. Dieser muss dann entscheiden, welchen der beiden gegen ihn gerichteten
Ansprüche auf Übereignung der Kaufsache er erfüllt. Entschließt er sich für
eine Erfüllung des mit dem Dritten abgeschlossenen Kaufvertrags, hat er dem
Vorkaufsberechtigten wegen nachträglicher Unmöglichkeit Schadensersatz statt
der Leistung nach § 280 Abs. 1, 3, §§ 283, 275 Abs. 1 BGB zu leisten
(vgl. BGH, Urteile vom 14. Dezember 2001 - V ZR 212/00, aaO Rn. 16;
vom 15. Juni 2005 - VIII ZR 271/04, aaO unter
II 4 [zur Vorgängerregelung des § 325 BGB aF]).
28 Hiervon zu unterscheiden ist jedoch die vorliegend zu beurteilende
Fallkonstellation, bei der die Kenntniserlangung erst nach Übereignung des
Anwesens an den Dritten erfolgte und bei der daher die Verletzung der
Mitteilungspflichten unmittelbar zur Vereitelung des Vorkaufsrechts führte.
Infolge der unterbliebenen Unterrichtung hätte die Ausübung des
Vorkaufsrechts durch die Klägerin - wie bereits ausgeführt - nur noch
bewirken können, dass sie einen Kaufvertrag mit der Beklagten begründete,
dessen Erfüllung der Beklagten von vornherein unmöglich gewesen wäre
(anfängliche Unmöglichkeit) mit der Folge, dass sie der Klägerin gemäß §
311a Abs. 1, 2, § 275 Abs. 1, § 280 Abs. 1, 3, § 281 BGB Schadensersatz
statt der Leistung wegen Nichterfüllung des zustande gekommenen Kaufvertrags
hätte leisten müssen. Da die Ausübung des Vorkaufsrechts die
Klägerin somit nicht in die Lage versetzt hätte, ihr Erfüllungsinteresse
durchzusetzen, ist hier die Ausübung dieses Rechts (§ 577 Abs. 1 Satz 3, §
464 Abs. 1 BGB) als sinnloser Zwischenschritt zu werten.
29 (3) Weil das Erfüllungsinteresse der Klägerin unmittelbar durch
die Verletzung der mietvertraglichen Nebenpflicht vereitelt worden ist, ist
der aus der Verletzung der mietrechtlichen Nebenpflicht resultierende
Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB auf Ersatz des
Erfüllungsinteresses gerichtet (vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember
2001 - V ZR 212/00, aaO). Der Ersatz des Erfüllungsinteresses besteht hier -
ebenso wie in dem vom Senat bereits entschiedenen Fall der nachträglichen
Unmöglichkeit der Erfüllung eines zwischen Vorkaufsberechtigtem und
Mitteilungsverpflichteten zustande gekommenen Kaufvertrags (Senatsurteil
vom 15. Juni 2005 - VIII ZR 271/04, aaO) - im Ausgleich der Differenz
zwischen dem Verkehrswert der Wohnung und dem auf sie entfallenden Anteil
des Kaufpreises, allerdings abzüglich von der Klägerin ersparter Kosten
(insbesondere Erwerbs- und Finanzierungskosten).
30 Nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Vortrag der Klägerin
beläuft sich der mit dem Grundstückserwerber vereinbarte anteilige Kaufpreis
für die Wohnung (§ 577 Abs. 1 Satz 3, § 467 Satz 1 BGB) auf 186.571 € und
der Verkehrswert auf 266.250 €. Bei ordnungsgemäßer Unterrichtung hätte sie
diesen Vermögenszuwachs (abzüglich für den Erwerb und dessen Finanzierung
aufzuwendender Kosten) in Gestalt des Sondereigentums an der Wohnung und des
dazu gehörenden Miteigentumsanteils erhalten. An die Stelle des entgangenen
Vermögensvorteils tritt nun der geldwerte Ausgleich der Wertdifferenz.
31 (4) Die Verletzung der Mitteilungspflichten ist für den geltend gemachten
Schaden auch ursächlich geworden.
32 (a) Es ist davon auszugehen, dass die Klägerin bei rechtzeitiger
Mitteilung des Inhalts des Kaufvertrags (§ 577 Abs. 1 Satz 3, § 469 Abs. 1
BGB) und gleichzeitiger Belehrung über ihr Vorkaufsrecht (§ 577 Abs. 2 BGB)
von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht hätte. Die Mitteilungspflichten des
Vorkaufs-verpflichteten stellen vertragliche Aufklärungspflichten dar, die
dazu bestimmt sind, dem Berechtigten eine sachgerechte Entscheidung über
bestimmte Geschäfte - nämlich über die Ausübung des Vorkaufsrechts - zu
ermöglichen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Januar 2003 - V ZR 137/02,
aaO unter II 2 b bb). Bei Verletzung solcher Pflichten spricht eine
Vermutung für "aufklärungsrichtiges" Verhalten (BGH, Urteile vom
17. Januar 2003 - V ZR 137/02, aaO, und V ZR 127/02, aaO Rn. 28; jeweils mwN).
Umstände, die diese Vermutung widerlegten, sind weder von der
Revisionserwiderung aufgezeigt worden noch sonst ersichtlich.
33 (b) Ferner ist für die Revisionsinstanz zu unterstellen, dass die
Klägerin die sie treffende Kaufpreiszahlungspflicht aus einem - bei
rechtzeitiger Unterrichtung durch Ausübung ihres Vorkaufsrechts begründeten
- Kaufvertrag (§ 577 Abs. 1 Satz 3, § 464 Abs. 2 BGB) auch hätte erfüllen
können. Das Berufungsgericht hat zwar insoweit - von seinem Standpunkt aus
folgerichtig - keine Feststellungen getroffen. Die Revision verweist aber zu
Recht darauf, dass die Klägerin vorgetragen habe, sie wäre aufgrund ihrer
Kreditwürdigkeit und teilweise vorhandener Eigenmittel in der Lage gewesen,
den zwischen der Beklagten und dem Dritten ausgehandelten, anteilig auf die
von ihr genutzte Wohnung entfallenden Kaufpreis zu entrichten.
34 (5) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht auch der
Schutzzweck des § 577 BGB vorliegend einem auf Ersatz der Differenz zwischen
Verkehrswert der Wohnung und anteiligem Kaufpreis (abzüglich ersparter
Kosten) gerichteten Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1, § 249 BGB nicht
entgegen. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, wenn - wie hier -
das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt werde, sei dem vorkaufsberechtigten Mieter
nur der durch eine Verdrängung aus der Mietwohnung entstehende Schaden zu
ersetzen. Dagegen stelle der Umstand, dass zwischen den Kaufvertragsparteien
ein niedriger Kaufpreis vereinbart worden sei, anders als bei der
Nichterfüllung eines durch ein ausgeübtes Vorkaufsrecht zwischen den
Mietparteien zustande gekommenen Kaufvertrags, keinen ersatzpflichtigen
Vermögensschaden dar. Hierbei verengt das Berufungsgericht den Sinn und
Zweck des Vorkaufsrechts des Mieters nach § 577 BGB entgegen dem in den
Gesetzesmaterialien und auch in der genannten Bestimmung selbst zum Ausdruck
gekommenen Willen des Gesetzgebers.
35 (a) Der Senat hat sich mit der Frage, ob sich aus dem Schutzzweck des
gesetzlichen Vorkaufsrechts des Mieters Einschränkungen hinsichtlich der
Ersatzfähigkeit der dem Mieter entstandenen Vermögenseinbußen ergeben,
bereits im Zusammenhang mit Schadensersatzansprüchen wegen nachträglicher
Unmöglichkeit des mit der Ausübung des Vorkaufsrechts zwischen Mieter und
Vermieter begründeten Kaufvertrags befasst. Dabei hat er dem Zweck des in §
570b BGB aF (heute § 577 BGB) geregelten Vorkaufsrechts, den Schutz der
Mieter vor spekulativen Umwandlungen von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen
und deren Veräußerung an Dritterwerber zu verstärken, keine Beschränkung des
Anspruchs nach § 325 BGB aF (heute § 280 Abs. 1, 3, § 283 BGB) auf den
Schaden entnommen, den der Mieter infolge einer Verdrängung aus der
gemieteten Wohnung erleidet; vielmehr hat der Senat dem Mieter, dem die
Wohnung vom Vermieter nach Ausübung des Vorkaufsrechts nicht übereignet
worden war, einen Anspruch auf Ersatz der Wertdifferenz zwischen
Verkehrswert und vereinbartem Kaufpreis zugesprochen. Maßgebend dafür war
die Überlegung, dass das Gesetz den Schutz des Mieters durch dessen
Berechtigung realisiert, bei Eintritt des Vorkaufsfalls einen Kaufvertrag
zwischen sich und dem Verkäufer zustande zu bringen, und dass der Mieter -
wenn der Verkäufer die sich daraus ergebende Übereignungspflicht nicht
erfüllt - nach allgemeinem Schuldrecht Schadensersatz in Höhe des
Erfüllungsinteresses beanspruchen kann (Senatsurteil vom
15. Juni 2005 - VIII ZR 271/04, aaO).
36 (b) Diese Grundsätze lassen sich auch auf die vorliegende Fallgestaltung
übertragen, in der zwar kein Kaufvertrag zwischen den Mietvertragsparteien
begründet, gleichwohl aber das durch § 577 BGB gewährleistete
Erfüllungsinteresse des Mieters verletzt worden ist. Das Berufungsgericht,
das dies anders sieht, verkehrt den von § 577 BGB angestrebten Schutz des
Mieters in sein Gegenteil.
37 (aa) Es trifft zwar zu, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des
gesetzlichen Vorkaufsrechts des Mieters für den Fall des erstmaligen
Verkaufs einer in Wohnungseigentum umgewandelten Mietwohnung (§ 570b BGB aF;
§ 577 BGB) vor allem die Absicht verfolgte, den Mieter vor spekulativen
Umwandlungen von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen mit anschließender
Veräußerung an Dritterwerber zu schützen (BT-Drucks. 12/3013, S. 18;
12/3254, S. 40). Darin erschöpft sich der Schutzzweck dieser
Regelung jedoch nicht. Vielmehr war dem Gesetzgeber ausweislich der
Gesetzesmaterialien auch daran gelegen, dem Mieter die Möglichkeit zu
eröffnen, die Wohnung zu einem Kaufpreis zu erwerben, den auch ein Dritter
für die Wohnung zu zahlen bereit ist (BT-Drucks. 12/3013, aaO;
12/3254, aaO).
38 Hätte die Absicht des Gesetzgebers allein darin bestanden, den Mieter vor
einer Eigenbedarfs- oder Verwertungskündigung des Dritterwerbers zu
schützen, hätte er dieses Anliegen schon durch einen zeitweisen Ausschluss
der Kündigungsmöglichkeit des Erwerbers (vgl. § 577a BGB) verwirklichen
können. Dass er stattdessen das Instrument des Vorkaufsrechts gewählt hat,
belegt seine Zielsetzung, dem Mieter die Wohnung nicht nur zur Nutzung zu
erhalten, sondern dessen Interesse an einem Erwerb der Wohnung, insbesondere
wenn dieser aus seiner Sicht günstig ist, zu schützen. Denn das Wesen eines
Vorkaufsrechts liegt gerade darin, dass der Vorkaufsberechtigte bei Ausübung
des Vorkaufsrechts und bei Erfüllung des dadurch begründeten Kaufvertrags in
die Lage versetzt wird, an den zwischen Vorkaufsverpflichtetem und Drittem
ausgehandelten Konditionen zu partizipieren. Durch die Verweisung in § 577
Abs. 1 Satz 3 BGB auf die Bestimmungen zum Vorkaufsrecht (§§ 463 ff. BGB)
wird dem Mieter im Wesentlichen die gleiche Rechtsstellung eingeräumt wie
einem sonstigen Vorkaufsberechtigten. Er hat damit gemäß § 577 Abs. 1 Satz
3, § 464 Abs. 2 BGB die Möglichkeit, allein durch eine Erklärung gegenüber
seinem Vermieter einen Kaufvertrag mit diesem zu den Bedingungen zustande zu
bringen, die dieser mit dem Dritten vereinbart hat.
39 (bb) Das Interesse des Mieters an der Verwirklichung seines
Vorkaufsrechts wird aber nicht nur dann verletzt, wenn der durch Ausübung
des Vorkaufsrechts zustande gekommene Kaufvertrag vom Vermieter wegen
anfänglicher oder nachträglicher Unmöglichkeit der Eigentumsverschaffung
nicht vollzogen wird, sondern auch dann, wenn - wie hier die Beklagte - der
Mitteilungs-verpflichtete den Mieter so spät vom Verkaufsfall und dem
Vorkaufsrecht unterrichtet, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts im Hinblick
auf die bereits erfolgte Übereignung an einen Dritten leerliefe. Denn auch
die Mitteilungspflichten nach § 577 Abs. 1 Satz 3, § 469 Abs. 1 BGB, § 577
Abs. 2 BGB dienen - wie bereits ausgeführt - dazu, das Erfüllungsinteresse
des Vorkaufsberechtigten zu sichern; dieser wird erst durch die Mitteilung
vom Eintritt des Vorkaufsfalls (und durch die Belehrung über seine
Vorkaufsberechtigung) in die Lage versetzt, sein Vorkaufsrecht auszuüben und
damit seinen Erfüllungsanspruch zu begründen (vgl. BGH, Urteil vom 14.
Dezember 2001 - V ZR 212/00, aaO mwN [zu § 510 BGB aF, heute § 469 BGB]). Er
kann daher auch in diesen Fällen Anspruch auf Ersatz der Differenz zwischen
Kaufpreis und Wert der Wohnung haben (so auch Kinne in Kinne/Schach/Bieber,
Miet- und Mietprozessrecht, 7. Aufl., § 577 BGB Rn. 24; wohl auch Sternel,
Mietrecht aktuell, 4. Aufl., Rn. XI 283 f.). Ob eine andere Beurteilung in
den Fällen geboten ist, in denen der Mieter die Wohnung nicht zur
Eigennutzung, sondern von vornherein zur Weiterveräußerung erwerben will (so
AG Hamburg, WuM 1996, 477; Münch-KommBGB/Häublein, 6. Aufl., § 577 Rn. 22;
Staudinger/Rolfs, Neubearb. 2014, § 577 Rn. 58; Schmidt-Futterer/Blank,
Mietrecht, 11. Aufl., § 577 BGB Rn. 45) kann hier dahinstehen. Denn eine
solche Konstellation ist vorliegend nicht gegeben.
III.
40 Nach alledem hat das angefochtene Urteil keinen Bestand; es ist
aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif,
da das Berufungsgericht bislang keine Feststellungen zum Zeitpunkt der
Umwandlung in Wohnungseigentum, zur Entstehung eines kausalen Schadens und
zu dessen Höhe getroffen hat. Sie ist daher an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
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