Haftung wegen
nachträglichen Unvermögens beim Doppelverkauf; Voraussetzungen der
subjektiven Unmöglichkeit bei fehlender Verfügungsmacht; Voraussetzungen des
"wucherähnlichen Rechtsgeschäfts" nach § 138 I BGB; Aufrechterhaltung des
Kaufpreisanspruchs bei vom Käufer zu vertretender Unmöglichkeit (§ 324 BGB
a.F. = § 326 II 1 BGB n.F.)
BGH, Urt. v. 29. Juni 2007
- V ZR 1/06
Fundstelle:
NJW 2007, 2841
Amtl. Leitsatz:
Der bei einem besonders
groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung zulässige Schluss
auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten kann nicht allein deshalb
als erschüttert angesehen werden, weil die benachteiligte Vertragspartei das
Missverhältnis kannte.
Zentrale Probleme:
Der Sachverhalt des noch nach früherem Schuldrecht
entschiedenen, sehr lehrreichen Falls ist relativ komplex. Die Entscheidung
ist aber auch unter dem neuen Recht von gleichbleibendem Interesse und
äußerst lehrreich - nahezu ein Musterklausurfall aus dem allgemeinen
Leistungsstörungsrecht:
Vereinfacht geht es um einen Doppelverkauf: Der Bekl. zu 2
(Verkäufer) hatte ein Grundstück zunächst an den Rechtsvorgänger des Klägers
(Käufer/Weiterverkäufer) verkauft, der das Grundstück an den Bekl. zu 1
(Zweitkäufer) weiterverkaufte. Noch vor einer Übereignung veräußerte der
Bekl. zu 2 (Verkäufer) das Grundstück selbst ebenfalls an den Bekl. zu 1
(Zweitkäufer) und übereignete es ihm. Damit haftet der Bekl. zu 2 dem Kl.
wegen nachträglicher Unmöglichkeit (§ 325 BGB a.F., jetzt nach §§ 280 I, III
iVm 283 BGB).
Hierzu hat sich der Senat zunächst mit der Frage zu befassen, wann in einem
solchen Falle tatsächlich Unmöglichkeit (in Gestalt sog. subjektiver
Unmöglichkeit, auch als "Unvermögen" bezeichnet) vorliegt, denn es ist ja
nicht ausgeschlossen, daß sich der Bekl. zu 2 durch Rückerwerb oder
Einwilligung des Eigentümers (§ 185 BGB) in die Lage versetzen kann, dem
Käufer Eigentum zu verschaffen (s. dazu schon die Anm. zu
BGHZ
141, 179, 183 sowie
BAG NZA 2005, 118).
Dazu findet sich hier - wie bereits in
BGHZ
141, 179 - folgende
wichtige Aussage:
"Bei Schuldverhältnissen, die auf
die Verschaffung des Eigentums an einer Sache gerichtet sind, begründet
der Umstand, dass der Schuldner die rechtliche Verfügungsmacht über die
Sache verloren hat, sein Unvermögen zur Leistung, solange er nicht
behauptet und beweist, dass er zur Erfüllung des Vertrages durch
Wiedererwerb der Sache willens und in der Lage ist".
Das ist unter § 275 I BGB n.F. von gleichbleibender
Relevanz. Bei Schuldverhältnissen, die nicht auf die Verschaffung von
Eigentum gerichtet sind, gibt es eine solche Indizwirkung nicht, s. dazu die
Anm. zu
BAG NZA 2005, 118 (betr.
Informationspflichten).
Eine Haftung des Bekl. zu 2. setzt allerdings die Wirksamkeit des (ersten)
Kaufvertrages zwischen dem Bekl. zu 2 und dem Käufer/Weiterverkäufer voraus.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage der Sittenwidrigkeit nach § 138
I BGB beim sog. "wucherähnlichen Rechtsgeschäft". Die Darlegungen hierzu
resümieren hervorragend den derzeitigen Stand der Rspr., s. dazu
die Anm. zu
BGHZ 146, 298 = NJW 2001, 1127
sowie BGH
NJW 2000, 1254;
BGH NJW 2002,
55;
BGH
NJW 2002, 3165; BGH NJW 2003, 283
und BGH NJW 2006, 3054 und zuletzt
BGH v. 10.2.2012 - V ZR 51/11).
Ein Anspruch des Käufers/Weiterverkäufers gegen den Zweitkäufer kann sich
freilich nicht aus § 325 BGB a.F. (jetzt §§ 280 I, III, 283 BGB) ergeben,
denn der Zweitkäufer hat sich ja keine eigene Verpflichtung gegenüber dem
Käufer unmöglich gemacht. Nur in Extremfällen kann hier eine Haftung aus §
826 BGB wegen sog. "Verleitung zum Vertragsbruch" in Betracht kommen. Im
vorliegenden (Sonder-)Fall bliebe aber der Kaufpreisanspruch des Käufers als
Weiterverkäufer gegenüber dem Zweitkäufer aus dem mit diesem geschlossenen
Kaufvertrag aufrechterhalten, wenn der Zweitkäufer für die Unmöglichkeit der
Übereignung an ihn durch den Käufer/Weiterverkäufer verantwortlich ist (§
324 BGB a.F., jetzt § 326 Abs. 2 S. 1 BGB). Dann müßte aber die Tatsache,
daß er sich das Grundstück vom Verkäufer (Bekl. zu 2) hat übereignen lassen,
die Unmöglichkeit einer Übereignung an ihn durch den Käufer verursacht
haben. Das ist, wie der Senat zutreffend darlegt, dann nicht der Fall, wenn
dem Käufer/Weiterverkäufer wegen der Sittenwidrigkeit seines Vertrages mit
dem Verkäufer bereits vor dem Eigentumserwerb des Zweitkäufers nicht in der
Lage war, sich bzw. dem Zweitkäufer Eigentum zu verschaffen. Auch insoweit
lag subj. Unmöglichkeit (Unvermögen) vor, weil der Käufer/Weiterverkäufer
nie Verfügungsmacht hatte und nicht behauptet hat, bereit und in der Lage
gewesen zu sein, dem Zweitkäufer Eigentum zu verschaffen.
Damit zeigt sich aber auch, daß auch bei Wirksamkeit des Vertrages zwischen
dem Verkäufer und dem Käufer/Weiterverkäufer kein Schadensersatzanspruch des
Käufers/Weiterverkäufers gegen den Verkäufer bestehen würde: Zwar liegt eine
vom Verkäufer zu vertretende nachträgliche Unmöglichkeit vor, so daß die
Haftungsbegründung aus §§ 280 I, III, 283 BGB unproblematisch ist. Es fehlt
aber an einem Schaden, wenn der Zahlungsanspruch gegen den Zweitkäufer nach
§ 326 II 1 BGB aufrechterhalten bleibt: Denkt man sich nämlich das
schädigende Ereignis (Veräußerung an den Zweitkäufer) weg, stünde der
Käufer/Weiterverkäufer nicht anders. Allerdings wird der
Käufer/Weiterverkäufer in diesem Fall seinerseits nach § 326 I 1 BGB von der
Zahlungspflicht gegenüber dem Verkäufer frei und kann nach § 326 IV BGB den
seinerseits gezahlten Kaufpreis zurückverlangen. Dieses muß er sich gem. §
326 II 2 BGB gegenüber dem Zweitkäufer als ersparte Aufwendung anrechnen
lassen. Der Zweitkäufer schuldet dem Weiterverkäufer damit nach § 326 II 1
BGB den Kaufpreis abzüglich des Einkaufspreises des Weiterverkäufers.
©sl 2007
Tatbestand:
1 Durch notariellen Vertrag vom 1. Juni 1994 verkaufte die Beklagte zu 2 ein
in Brandenburg belegenes, über 63.000 qm großes Grundstück zum Preis von
50.000 DM an den Kaufmann I. A. (nachfolgend: Zedent). Eine Teilfläche
dieses Grundstücks, das etwa 13.000 qm große Flurstück 27, verkaufte der
Zedent mit notariellem Vertrag vom 21. Juni 1994 zum Preis von 680.000 DM an
den während des Rechtsstreits verstorbenen H. K. (nachfolgend: Beklagter zu
1) weiter.
2 Mit notarieller Ergänzungsvereinbarung vom 24. Mai 1995 erhöhten die
Beklagte zu 2 und der Zedent in Änderung des Kaufvertrages vom 1. Juni 1994
den Kaufpreis auf 120.000 DM. In der Vereinbarung heißt es, dem Verkäufer
sei der Inhalt des Vertrages vom 21. Juni 1994 zwischen dem Käufer und dem
Zweiterwerber K. (dem Beklagten zu 1) bekannt.
3 Mit Vereinbarung vom 23. Dezember 1997 änderten der Zedent und der
Beklagte zu 1 den Kaufvertrag vom 21. Juni 1994 dahin, dass sich die
verkaufte Fläche verringern und der Beklagte zu 1 als Kaufpreis - unter
Berücksichtigung bereits erbrachter 50.000 DM - noch weitere 290.000 DM
zahlen sollte.
4 Mit notariellem Vertrag vom 20. April 1999 verkaufte die - weiterhin im
Grundbuch eingetragene - Beklagte zu 2 das Flurstück 27 zum Preis von
120.000 DM an den Beklagten zu 1. Der beurkundende Notar wies dabei auf die
Erfüllungsverpflichtung der Beklagten zu 2 aus dem Kaufvertrag vom 1. Juni
1994 und auf mögliche Schadensersatzansprüche des Ersterwerbers hin. Der
Beklagte zu 1 zahlte den vereinbarten Kaufpreis und wurde im August 1999 als
Eigentümer des Flurstücks 27 in das Grundbuch eingetragen.
5 Der Kläger, dem der Zedent Ende 1994 seine Rechte aus den mit den
Beklagten geschlossenen Verträgen abgetreten hatte, hat von dem Beklagten zu
1 die Zahlung des Restkaufpreises von 630.000 DM aus dem Kaufvertrag vom 21.
Juni 1994 verlangt. Gegenüber der Beklagten zu 2 hat er denselben Betrag als
Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Vertrages vom 1. Juni 1994
beansprucht. Ferner hat er von den Beklagten die Auskehr von Einnahmen aus
der Vermietung eines sich auf dem Flurstück 27 befindlichen Gebäudes in Höhe
von 3.351,52 € verlangt.
6 Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Unter Zurückweisung der
weitergehenden Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Beklagten
als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 148.274,65 € (290.000 DM)
nebst Zinsen zu zahlen. Ferner hat es die Beklagte zu 2 zur Zahlung weiterer
3.351,52 € verurteilt.
7 Mit ihrer von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der
Kläger beantragt, erstreben die Beklagten die Wiederherstellung des
erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
I.
8 Das Berufungsgericht meint, die Beklagten seien dem Zedenten und damit dem
aus dessen Recht vorgehenden Kläger gemäß § 325 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. zu
Schadensersatz in Höhe des von dem Beklagten zu 1 geschuldeten
Restkaufpreises von 290.000 DM verpflichtet. Mit der Durchführung des
Kaufvertrages vom 20. April 1999 hätten sie einen Eigentumserwerb des
Ze-denten am Flurstück 27 verhindert und es ihm damit unmöglich gemacht,
seine Verpflichtungen aus dem mit dem Beklagten zu 1 geschlossenen Vertrag
zu erfüllen. Der Vertrag vom 1. Juni 1994, mit dem der Zedent das Flurstück
27 von der Beklagten zu 2 gekauft habe, sei wirksam. Zwar liege - auch wenn
die Kaufpreiserhöhung vom 24. Mai 1995 berücksichtigt und nur auf das
Flurstück 27 bezogen werde - ein besonders grobes Missverhältnis zwischen
dem Kaufpreis und dem Wert des Grundstücks vor. Die daraus folgende
Vermutung der verwerflichen Gesinnung des Zedenten sei jedoch entkräftet.
Aus der Vereinbarung über die Kaufpreiserhöhung vom 24. Mai 1995 ergebe
sich, dass der Beklagten zu 2 der Inhalt des zwischen dem Zedenten und dem
Beklagten zu 1 geschlossenen Kaufvertrages vom 21. Juni 1994 bekannt gewesen
sei. Somit habe die Beklagte zu 2 Kenntnis davon gehabt, dass das Flurstück
27 zu einem erheblich höheren Kaufpreis weiterveräußert worden sei.
Deutlicher habe ihr das Missverhältnis zwischen dem Wert des Grundstücks und
dem mit ihr vereinbarten Kaufpreis nicht vor Augen geführt werden können.
Nach dem Vorbringen der Beklagten zu 2 sei auch nicht davon auszugehen, dass
der Zedent ihre Unerfahrenheit oder eine Zwangslage ausgenutzt habe.
II.
9 Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10 1. a) Im Ausgangspunkt zutreffend nimmt das Berufungsgericht allerdings
an, dass der Beklagten zu 2 infolge der Übereignung des Flurstücks 27 an den
Beklagten zu 1 die ihr aus dem Vertrag vom 1. Juni 1994 gegenüber dem
Zedenten obliegende Leistung teilweise unmöglich geworden und die Vorschrift
des § 325 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. daher Grundlage des gegen sie gerichteten
Schadensersatzanspruchs ist. Denn bei Schuldverhältnissen, die auf die
Verschaffung des Eigentums an einer Sache gerichtet sind, begründet der
Umstand, dass der Schuldner die rechtliche Verfügungsmacht über die Sache
verloren hat, sein Unvermögen zur Leistung, solange er nicht behauptet und
beweist, dass er zur Erfüllung des Vertrages durch Wiedererwerb der Sache
willens und in der Lage ist (vgl. BGH, Urt. v. 21. Mai 1973, II ZR
54/72, WM 1973, 1202; Staudinger/Löwisch, BGB [1995], § 275 Rdn. 50).
11 b) Ein Anspruch aus § 325 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. setzt die Wirksamkeit
des die unmöglich gewordene Leistungspflicht begründenden gegenseitigen
Vertrages voraus. Dies hat das Berufungsgericht zwar nicht verkannt. Seine
Annahme, der zwischen dem Zedenten und der Beklagten zu 2 geschlossene
Kaufvertrag vom 1. Juni 1994 sei nicht sittenwidrig im Sinne des § 138 Abs.
1 BGB, beruht jedoch auf rechtsfehlerhaften Erwägungen.
12 aa) Entgegen der Auffassung der Revision folgt dies allerdings nicht
schon daraus, dass das Berufungsgericht die Sittenwidrigkeit des am 1. Juni
1994 geschlossenen Kaufvertrages aufgrund eines Umstands - der Kenntnis der
Beklagten zu 2 von dem erheblich höheren Weiterverkaufspreis - verneint hat,
welcher erst nach Vertragsschluss entstanden ist.
13 Zwar muss bei der Prüfung, ob ein Rechtsgeschäft sittenwidrig ist, auf
den Zeitpunkt seiner Vornahme abgestellt werden (vgl. BGHZ 100, 353, 359
mwN). Wird das Rechtsgeschäft aber - wie hier - nachträglich geändert oder
durch eine Zusatzvereinbarung ergänzt, können auch Umstände Bedeutung
erlangen, die erst zu diesem Zeitpunkt gegeben sind. Zum einen vermögen sie
die Sittenwidrigkeit des - geänderten - Rechtsgeschäfts zu begründen (vgl.
BGH, Urt. v. 27. Januar 1977, VII ZR 339/74, WM 1977, 399, 400). Umgekehrt
können sie aber auch dazu führen, dass bei Vertragsschluss vorhandene Gründe
für die Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts entfallen. Zwar hat dies für
sich genommen keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts,
weil für diese, wie dargelegt, der Zeitpunkt des Vertragsschlusses
maßgeblich ist. Der Fortfall der die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände
führt aber dazu, dass eine Bestätigung des Rechtsgeschäfts (§ 141 BGB) - die
ausgeschlossen ist, solange die Nichtigkeitsgründe andauern (vgl. BGHZ 60,
102, 108) - möglich wird (vgl. BGH, Urt. v. 6. Mai 1982, III ZR 11/81, NJW
1982, 1981 f.).
14 Das Berufungsgericht hat der notariellen Ergänzungsvereinbarung vom 24.
Mai 1995 ersichtlich eine solche Bestätigung entnehmen wollen und - im
Hinblick darauf, dass diese nicht nur mit einer Vertragsänderung verbunden,
sondern in der Änderungsvereinbarung selbst gesehen werden kann (Senat, BGHZ
7, 161, 163; BGH, Urt. v. 6. Mai 1982, III ZR 11/81, NJW 1982, 1981) -im
Ausgangspunkt auch ohne Rechtsfehler entnehmen dürfen. Den notwendigen
Bestätigungswillen, der mindestens Zweifel der Parteien an der
Rechtsbeständigkeit des Rechtsgeschäfts erfordert (vgl. BGHZ 11, 59, 60;
129, 371, 377), sieht das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu
beanstandender Weise als gegeben an, weil die Beklagte zu 2 in Ziffer 9 der
notariellen Ergänzungsvereinbarung vom 24. Mai 1995 erklärt hat, die gegen
den Bestand des Kaufvertrages erhobenen Einwände nicht mehr geltend zu
machen.
15 bb) Rechtsfehlerhaft ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, die
Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB hätten bei Abschluss der
Ergänzungsvereinbarung nicht (mehr) vorgelegen.
16 (1) Gegenseitige Verträge können, auch wenn der Wuchertatbestand des §
138 Abs. 2 BGB nicht in allen Voraussetzungen erfüllt ist, als
wucherähnliches Rechtsgeschäft nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig sein, wenn
zwischen Leistung und Gegenleistung objektiv ein auffälliges Missverhältnis
besteht und mindestens ein weiterer Umstand hinzukommt, der den Vertrag bei
Zusammenfassung der subjektiven und objektiven Merkmale als sittenwidrig
erscheinen lässt. Das ist insbesondere der Fall, wenn eine verwerfliche
Gesinnung des Begünstigten hervorgetreten ist, weil er etwa die
wirtschaftlich schwächere Position des anderen Teils bewusst ausgenutzt oder
sich zumindest leichtfertig der Erkenntnis verschlossen hat, dass sich der
andere nur unter dem Zwang der Verhältnisse auf den für ihn ungünstigen
Vertrag eingelassen hat (Senat, BGHZ 146, 298, 301 f.). Ist das
Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besonders grob - hiervon
ist bei Grundstücksgeschäften bereits dann auszugehen, wenn der Wert der
Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung -, lässt
dies den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten zu
(Senat, BGHZ 146, 298, 305; BGHZ 160, 8, 14;
Urt. v. 8. November 1991, V ZR 260/90, NJW 1992, 899, 900; Urt. v. 23. Juni
1995, V ZR 265/93, NJW 1995, 2635, 2636, insoweit in BGHZ 130, 101 nicht
abgedruckt; Urt. v. 4. Februar 2000, V ZR 146/98, NJW 2000, 1487, 1488; Urt.
v. 5. Oktober 2001, V ZR 237/00, NJW 2002, 429, 430; Urt. v. 19. Juli 2002,
V ZR 240/01, NJW 2002, 3165, 3166). Diese tatsächliche Vermutung kommt nur
dann nicht zum Tragen, wenn sie im Einzelfall durch besondere Umstände
erschüttert ist (Senat, BGHZ 146, 298, 305).
17 (2) Das Berufungsgericht geht zwar von diesen Grundsätzen aus.
Rechtsfehlerhaft sieht es die - aus dem festgestellten besonders groben
Missverhältnis zwischen dem Wert der verkauften Grundstücke und dem (auch
erhöhten) Kaufpreis folgende - Vermutung der verwerflichen Gesinnung des
Ze-denten aber allein deshalb als erschüttert an, weil dieses Missverhältnis
der Beklagten zu 2 bekannt gewesen sei.
18 Der Schluss von dem besonders groben Äquivalenzmissverhältnis auf eine
verwerfliche Gesinnung des Begünstigten leitet sich aus dem Erfahrungssatz
her, dass außergewöhnliche Leistungen in der Regel nicht ohne Not oder einen
anderen den Benachteiligten hemmenden Umstand zugestanden werden und der
Begünstigte diese Erfahrung teilt (Senat, BGHZ
146, 298, 302 f.; Urt. v. 5. Oktober 2001, V ZR 237/00, NJW 2002, 429,
432 mwN). Faktoren, die den Vertragspartner in seiner Entscheidungsfreiheit
beeinträchtigen, können insbesondere die in § 138 Abs. 2 BGB genannten
Tatbestände sein, also eine Zwangslage, Unerfahrenheit, ein Mangel an
Urteilsvermögen oder eine erhebliche Willensschwäche. Sie scheiden zwar
teilweise, keineswegs aber durchgängig aus, wenn der Benachteiligte das
Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung kennt. Befindet sich
der Benachteiligte beispielsweise in einer Zwangslage oder leidet er an
einer erheblichen Willensschwäche (vgl. dazu Senat,
Urt. v. 23. Juni 2006, V ZR 147/05, WM 2006, 1915, 1918), ist ihm das
Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung in der Regel bewusst. Er sieht
sich aber durch seine Notlage zu dem Abschluss des Rechtsgeschäfts gezwungen
oder ist aufgrund seiner verminderten psychischen Widerstandsfähigkeit nicht
in der Lage, diesen zu verweigern. Lässt sich aus dem Umstand, dass der
Benachteiligte um das Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung weiß,
aber nicht folgern, dass er in seiner Entscheidung, das Rechtsgeschäft
abzuschließen, frei ist, kann dieser Umstand auch nicht ausreichen, um die
Vermutung der verwerflichen Gesinnung des Begünstigten als erschüttert
anzusehen.
19 Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass die Kenntnis des Benachteiligten
von dem Äquivalenzmissverhältnis zusammen mit anderen besonderen Umständen
im Einzelfall Anlass gibt, die Vermutung einer verwerflichen Gesinnung des
Begünstigten als erschüttert anzusehen. Dies kommt etwa in Betracht, wenn
dem benachteiligten Käufer das Wertverhältnis gleichgültig war, weil er ein
besonderes Affektionsinteresse an dem Kaufgegenstand hatte (vgl.
Senat, BGHZ 146, 298, 305). Es bleibt aber auch
in diesem Fall Sache des Begünstigten, alle Umstände darzulegen und
erforderlichenfalls zu beweisen, die zusammen genommen die Vermutung
erschüttern, er habe einen den Vertragspartner in seiner
Entscheidungsfreiheit beeinträchtigenden Faktor bewusst oder jedenfalls grob
fahrlässig ausgenutzt (vgl. zur Beweislast, Senat,
BGHZ 146, 298, 305; Urt. v. 19. Juli 2002, V ZR 240/01, NJW 2002, 3165,
3166). Solche Umstände sind hier weder von dem Berufungsgericht festgestellt
worden noch dem Vortrag des darlegungspflichtigen Klägers zu entnehmen.
III.
20 1. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die
Sache ist zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO), weil weitere
tatsächliche Feststellungen nicht zu erwarten sind, nachdem die
Sittenwidrigkeit des mit der Beklagten zu 2 geschlossenen Vertrages bereits
Gegenstand der erstin-stanzlichen Entscheidung war und der Kläger keine
Umstände vorgetragen hat, die - allein oder zusammen mit der Kenntnis der
Beklagten zu 2 von dem Äquivalenzmissverhältnis - geeignet wären, die
Vermutung einer verwerflichen Gesinnung des Zedenten zu erschüttern. Dies
gilt auch unter Berücksichtigung der Feststellung des Berufungsgerichts, die
Beklagte zu 2 habe die mit dem Zedenten geschlossenen Verträge vom 1. Juni
1994 und 24. Mai 1995 durch Vertrag vom 5. März 1997 nochmals bekräftigt.
Denn der Kläger hat auch keine Umstände dargelegt, die die - fortbestehende
- Vermutung für diesen Zeitpunkt erschüttern könnten.
21 2. Die Berufung des Klägers war zurückzuweisen, weil das Landgericht die
Klage im Ergebnis zu Recht insgesamt abgewiesen hat.
22 a) Infolge der Sittenwidrigkeit des zwischen dem Zedenten und der
Beklagten zu 2 geschlossenen Kaufvertrages fehlt nicht nur dem gegen sie
gerichteten Schadensersatzanspruch, sondern auch einem Anspruch auf Auskehr
der von ihr vereinnahmten Mieten die Grundlage.
23 b) Die Sittenwidrigkeit des Vertrages steht ferner dem gegen den
Rechtsnachfolger des Beklagten zu 1 gerichteten Anspruch - der sich entgegen
der Auffassung des Berufungsgerichts allerdings nicht aus § 325 Abs. 1 Satz
1 BGB a.F., sondern nur aus § 324 Abs. 1 BGB a.F. ergeben kann - entgegen.
24 Zwar könnte der Kläger gemäß § 324 Abs. 1 BGB a.F. die Zahlung des
Kaufpreises aus dem zwischen dem Zedenten und dem Beklagten zu 1 am 21. Juni
1994 geschlossenen und am 23. Dezember 1997 geänderten Vertrag verlangen,
wenn die Erfüllung dieses Vertrages nur daran gescheitert wäre, dass der
Beklagte zu 1 das Eigentum an dem Flurstück 27 auf andere Weise, nämlich
aufgrund des mit der Beklagten zu 2 im Jahr 1999 geschlossenen Vertrages,
erworben hat. Grundsätzlich hat es der Gläubiger im Sinne des § 324 Abs.
1 BGB zu vertreten, wenn er dem Schuldner die Leistung dadurch unmöglich
macht, dass er sich die Sache von dem Eigentümer selbständig verschafft
(vgl. Staudinger/Otto, BGB [1995], § 324 Rdn. 12). Etwas anderes gilt aber,
wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass es dem Schuldner aus anderen, von
dem Gläubiger nicht zu vertretenden Gründen unmöglich war, die ihm
obliegende Leistung zu erbringen. Steht nämlich fest, dass die
Durchführung des Vertrages auch ohne die Obliegenheitsverletzung des
Gläubigers gescheitert wäre, hat der Gläubiger die Unmöglichkeit nicht
verursacht und damit auch nicht zu vertreten. Die Gegenleistungsgefahr
verbleibt in diesem Fall nach der Grundregel des § 323 BGB a.F. bei dem
Schuldner.
25 So verhält es sich hier. Da der Vertrag, mit dem der Zedent unter anderem
das Flurstück 27 erwerben wollte, sittenwidrig und damit nichtig ist, steht
fest, dass er auf diesem Wege die - für die Erfüllung des mit dem Beklagten
zu 1 notwendige - rechtliche Verfügungsmacht über das Flurstück 27 nicht
erlangen konnte. Da der Kläger auch nicht behauptet, dass der Zedent willens
und in der Lage gewesen wäre, sich die Verfügungsmacht über das Grundstück
anderweit zu beschaffen, ist davon auszugehen, dass ihm die Erfüllung des
Vertrages mit dem Beklagten zu 1 schon aus diesem Grund, also unabhängig von
dem Verhalten des Beklagten zu 1, unmöglich war.
IV.
26 Die Kostenentscheidung beruht auf den Vorschriften der §§ 91 Abs. 1, 97
Abs. 1 ZPO. |