"Internet-System-Vertrag" als Werkvertrag; Kündigung nach
§ 649 S. 1 BGB; Vergütungsbemessung nach § 649 S. 2 BGB
BGH, Urteil vom 27. Januar 2011 - VII ZR 133/10
Fundstelle:
NJW 2011, 915
für BGHZ vorgesehen
Amtl. Leitsatz:
a) Der Besteller darf einen Werkvertrag, mit dem
sich der Unternehmer für eine Mindestvertragslaufzeit von 36 Monaten zur
Bereitstellung, Gestaltung und Betreuung einer Internetpräsenz verpflichtet
hat, jederzeit gemäß § 649 Satz 1 BGB kündigen. Dieses Kündigungsrecht wird
nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Vertrag ein außerordentliches
Kündigungsrecht vorsieht.
b) Die Bemessung der nach § 649 Satz 2 BGB zu zahlenden Vergütung orientiert
sich nicht an den vereinbarten Zahlungsmodalitäten, wie etwa Ratenzahlungen.
Maßgebend ist der Betrag, der dem auf die erbrachten Leistungen entfallenden
Teil der vereinbarten Vergütung entspricht.
Zentrale Probleme:
Im Anschluss an
BGHZ 184, 345 qualifiziert der Senat den Internet-System-Vertrag als
Werkvertrag i.S.v. § 613 BGB. Dann kann ein solcher Vertrag jederzeit nach §
649 S. 1 BGB gekündigt werden, ohne dass hierfür ein besonderer Grund
vorliegen müsste. Der Unternehmer hat also grundsätzlich kein Recht darauf,
das Werk tatsächlich auszuführen. Damit wird die persönliche
Handlungsfreiheit des Bestellers aufrechterhalten und berücksichtigt, dass
der Unternehmer in der Regel kein schützenswertes Interesse hat, das Werk
wirklich auszuführen, sofern nur sein Lohnanspruch erhalten bleibt: Wer
einen Friseurtermin vereinbart, ist nicht verpflichtet, sich die Haare
schneiden zu lassen. Die Kündigung wirkt ex nunc, d.h. sie hebt den Vertrag
mit Wirkung für die Zukunft auf. Im Unterschied zur dienstvertraglichen
Regelung in § 627 BGB, die bei der Leistung „höherer Dienste“ ebenfalls ein
willkürliches Kündigungsrecht einräumt, bleibt aber im Falle einer Kündigung
nach § 649 S. 1 der Gegenleistungsanspruch des Unternehmers grundsätzlich in
voller Höhe aufrechterhalten. Dieser muss sich
lediglich ersparte Aufwendungen und dasjenige anrechnen lassen, was er durch
die anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder böswillig zu
erwerben unterlässt. Das schützt sein Interesse an der Gegenleistung. § 649 ist zwar dispositiv, war
hier aber nicht etwa deshalb konkludent abbedungen, weil die Parteien ein
Kündigungsrecht vereinbart hatten (zu § 627 BGB und dessen dispositiven
Charakter s. z.B.
BGH
NJW 2005, 2543). Um die Berechnung dieser Ersparnis geht
es hier. Die Komplikation ergibt sich daraus, dass der Werkvertrag hier -
ähnlich einem Dienstvertrag - eine zeitliche Komponente aufweist. daher
stellt sich die Frage, wie die vereinbarte Vergütung bzw. die Ersparnis
aufzuteilen ist. Werden die Hauptleistungen bereits vor der Kündigung
erbracht und amortisiert sich der Werkvertrag für den Unternehmer nur durch
seine Dauer, können die ersparten Aufwendungen deutlich geringer sein (zur
ähnlichen Problematik im Rahmen von § 627 BGB, wo nach § 628 BGB nur eine
Teilvergütung für bereits erbrachte Dienste geschuldet wird s.
BGH NJW 2010, 150).
S. dazu auch die Anm. von Peters LMK 2011, 316557. Zur Darlegungs-
und Beweislast s. BGH v. 24.3.2011 -
VII ZR 146/10.
©sl 2011
Tatbestand:
1 Die Klägerin befasst sich gewerblich mit der
Erstellung von Internetseiten. Am 28. März 2008 schloss sie mit dem
Beklagten als Inhaber der Firma P. einen so genannten
"Internet-System-Vertrag Premium Plus". Gegenstand der vertraglichen
Leistungsverpflichtung der Klägerin waren nach den im Revisionsverfahren
nicht angegriffenen Feststellungen des Amtsgerichts die Recherche nach der
Verfügbarkeit einer Wunschdomain und gegebenenfalls deren Registrierung,
ferner Beratung und Zusammenstellung der Webdokumentation durch einen
Webdesigner, die Gestaltung und Programmierung einer individuellen
Internetpräsenz, das "Hosten" von Website und Mailbox auf den Servern der
Klägerin und weitere Beratung und Betreuung. Für diese Leistungen hatte der
Beklagte eine Anschlussgebühr von 236,81 € sowie, jährlich im Voraus, ein
monatliches Entgelt von 194,40 € zu entrichten. Als Vertragslaufzeit waren
36 Monate vereinbart. Hierzu enthält § 2 der in den Vertrag einbezogenen
Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin folgende ergänzende
Regelungen:
"(1) Während der umseitigen Laufzeit ist der Vertrag aus
wichtigem Grund bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen kündbar …
(2) Der Vertrag verlängert sich über die umseitige Laufzeit hinaus jeweils
um 1 Jahr, wenn er nicht drei Monate vor Ablauf der jeweiligen
Vertragslaufzeit gekündigt wird. Auch im Verlängerungszeitraum ist der
Vertrag vorzeitig aus wichtigem Grund bei Vorliegen der gesetzlichen
Voraussetzungen schriftlich kündbar … ."
2 Die Klägerin hat mit der Klage die Anschlussgebühr und das monatliche
Entgelt für die ersten beiden Vertragsjahre nebst Zinsen beansprucht.
Darüber hinaus hat sie die Erstattung vorprozessual angefallener
Rechtsanwaltskosten von 265,70 € nebst Zinsen verlangt. Der Beklagte hat die
Klägerin mit seiner Widerklage auf Erstattung vorprozessual entstandener
Anwaltskosten von 555,60 € nebst Zinsen in Anspruch genommen.
3 Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage bis auf die
Zinsforderung stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin hat das
Landgericht den Beklagten unter Abänderung der erstinstanzlichen
Entscheidung und Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung von 1.379,21 €
nebst Zinsen verurteilt. Die Widerklage hat es abgewiesen. Mit der vom
Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin nun ihr
Klageanliegen in dem Umfang weiter, in dem das Berufungsgericht zu ihrem
Nachteil entschieden hat.
Entscheidungsgründe:
4 Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit zum
Nachteil der Klägerin entschieden worden ist, und zur Zurückverweisung an
das Berufungsgericht.
I.
5 Das Berufungsgericht führt aus, der Vertrag, bei dem es sich um einen
Werkvertrag handele, sei wirksam mit einer Laufzeit von 36 Monaten
geschlossen, jedoch mit Schriftsatz des Beklagten vom 30. Juni 2009 gemäß §
649 BGB gekündigt worden. Die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit der
"freien" Kündigung eines Werkvertrages sei nicht, insbesondere nicht durch
die Regelungen zur Vertragslaufzeit in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen
der Klägerin abbedungen worden. Dies hätte ohnehin nicht wirksam geschehen
können.
6 Gemäß § 649 Satz 2 BGB könne die Klägerin von dem Beklagten Zahlung der
vereinbarten Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen verlangen. Für die
Berechnung der Vergütung sei zwischen erbrachten und nicht erbrachten
Leistungen zu unterscheiden. Erbracht seien die vertraglich versprochenen
Leistungen bis zum 28. September 2008; an diesem Tag habe die Klägerin die
Website wieder aus dem Netz genommen und sich hinsichtlich der seitdem
ausstehenden Leistungen auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen.
Dementsprechend könne die Klägerin für einen Zeitraum von sechs Monaten die
vereinbarten monatlichen Entgeltraten von insgesamt 1.142,40 € beanspruchen.
Hinzu komme die Anschlussgebühr von 236,81 €. Für die Zeit nach dem 29.
September 2008 sei die vereinbarte Vergütung für nicht erbrachte Leistungen
um die ersparten Aufwendungen zu kürzen. Es sei Sache der Klägerin gewesen,
deren Höhe schlüssig darzulegen, was durch eine Gegenüberstellung der Kosten
für die Erbringung der Vertragsleistungen und des vertraglichen Entgelts
hierfür habe geschehen müssen. Den sich hieraus ergebenden Anforderungen an
einen schlüssigen Prozessvortrag genüge das Vorbringen der Klägerin nicht.
Deshalb sei ihrer Klage über die zuerkannten Beträge hinaus kein Erfolg
beschieden.
II.
7 Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung in einem
entscheidenden Punkt nicht stand.
8 1. Zu Recht geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass der
Beklagte den Vertrag wirksam gemäß § 649 Satz 1 BGB gekündigt hat.
9 a) Der zwischen den Parteien geschlossene
"Internet-System-Vertrag" ist rechtlich als Werkvertrag einzuordnen,
wie der Bundesgerichtshof für einen gleich gelagerten, ebenfalls die
Klägerin betreffenden Fall bereits entschieden hat (BGH,
Urteil vom 4. März 2010 - III ZR 79/09, BGHZ 184, 345).
10 b) Der Beklagte hat den Vertrag mit Schriftsatz vom 30. Juni 2009
wirksam gemäß § 649 Satz 1 BGB gekündigt. Ein Ausschluss des freien
Kündigungsrechts des Bestellers ergibt sich weder aus der Natur des
Vertrages noch aus den von den Parteien im Einzelnen getroffenen
vertraglichen Abreden.
11 aa) § 649 Satz 1 BGB gestattet es dem Besteller, den Werkvertrag
jederzeit zu kündigen. Die Zubilligung dieses "freien" Kündigungsrechts
beruht auf der gesetzgeberischen Überlegung, dass vorzugsweise der Besteller
an der Ausführung der Werkleistungen und der Erreichung des Werkerfolges
interessiert ist und er deshalb die Möglichkeit einer Lösung vom Vertrag für
den Fall erhalten soll, dass dieses Interesse entfällt. Dem in erster Linie
auf die Vergütung gerichteten Interesse des Werkunternehmers trägt § 649
Satz 2 BGB dadurch Rechnung, dass ihm der Anspruch auf die Gegenleistung im
Ausgangspunkt auch für diejenigen Leistungen verbleibt, die er wegen der
Kündigung des Vertrages nicht mehr erbringen muss (BGH, Urteil vom
8. Juli 1999 - VII ZR 237/98, BauR 1999, 1294 = ZfBR 2000, 30).
Dementsprechend ist der Besteller zur Kündigung des Werkvertrages nach § 649
Satz 1 BGB unabhängig davon berechtigt, welcher Art die versprochenen
Werkleistungen sind und innerhalb welchen Zeitraums der Unternehmer diese
Leistungen zu erbringen hat.
12 bb) Allerdings wird in Rechtsprechung und Literatur die
Auffassung vertreten, dass bei Werkverträgen, die für unbestimmte Dauer die
fortgesetzte Erbringung von Werkleistungen zum Gegenstand haben, § 649 BGB
keine Anwendung findet und statt dessen für beide Vertragsparteien die
Möglichkeit einer ordentlichen, an die Einhaltung einer angemessenen Frist
gebundenen Kündigung des Vertrages besteht (OLG Hamburg, MDR 1972,
866 - Gebäudereinigungsvertrag; OLG Düsseldorf, Urteil vom 15. Oktober 1996
- 23 U 27/96, veröffentlicht bei juris - Sukzessivwerkvertrag über
Dekorationsarbeiten; Staudinger/Frank Peters/ Florian Jacoby, BGB, Bearb.
2008, § 649 Rn. 65; MünchKommBGB/Busche, 5. Aufl., § 649 Rn. 4;
Erman/Schwenker, BGB, 12. Aufl., § 649 Rn. 9; a.A. Bamberger/Roth/Voit, BGB,
2. Aufl., § 649 Rn. 27: § 649 BGB anwendbar neben ordentlicher Kündigung).
13 (1) Diese Rechtsauffassung erscheint nicht unbedenklich,
soweit sie zu einem Ausschluss des Kündigungsrechts nach § 649 Satz 1 BGB
führt. Ein solcher Ausschluss kann abgesehen von der Anwendung des § 242 BGB
aus einer ergänzenden Auslegung des jeweiligen Vertrages dahin hergeleitet
werden, dass dem Besteller im Hinblick auf die Besonderheiten des Vertrages
die gesetzlich angeordnete Möglichkeit einer freien Kündigung nach § 649 BGB
genommen sein soll. Solche Besonderheiten ergeben sich allerdings
nicht allein daraus, dass der Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen
wurde. Sie können mit Rücksicht auf den Regelungsgehalt des § 649 BGB und
den vom Gesetzgeber mit dieser Vorschrift verfolgten Zweck vielmehr nur
dann vorliegen, wenn der Unternehmer über die Realisierung seines
Vergütungsanspruchs hinaus ein berechtigtes Interesse an der Ausführung der
Vertragsleistung hat, welches durch eine jederzeitige freie Kündigung des
Vertrages in einer Weise beeinträchtigt werden würde, die hinzunehmen ihm
nicht zugemutet werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 21. November 1985
- VII ZR 366/83, BGHZ 96, 275 für die Kündigung des die Errichtung des Baus
betreffenden Teils eines Bauträgervertrages).
14 (2) Aus diesen Grundsätzen kann die Klägerin nichts zu ihren Gunsten
herleiten. Die Parteien haben einen Vertrag mit einer
Mindestvertragslaufzeit von 36 Monaten geschlossen, die sich gemäß § 2 Abs.
2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen um jeweils ein Jahr verlängern
sollte, wenn der Vertrag nicht drei Monate vor Ablauf der jeweiligen
Vertragslaufzeit gekündigt wird. Durch diese Laufzeitregelung soll, worauf
die Klägerin selbst zutreffend hinweist, sichergestellt werden, dass sich
ihre insbesondere zu Beginn der Vertragslaufzeit für die Verwirklichung des
Werkerfolges anfallenden Aufwendungen amortisieren. Dieses
Vergütungsinteresse wird durch eine freie Kündigung des Vertrages nach § 649
Satz 1 BGB vor Ablauf der Mindestvertragsdauer nicht beeinträchtigt. Auch
dann erhält die Klägerin gemäß § 649 Satz 2 BGB die für die
Mindestvertragsdauer vereinbarte Vergütung, von der sie sich, abgesehen von
anderweitigem Erwerb, nur diejenigen Aufwendungen abziehen lassen muss, die
sie infolge der Kündigung erspart hat. Sie wird damit im Ergebnis
nicht anders behandelt als derjenige Werkunternehmer, der beispielsweise
Bauleistungen von erheblichem Umfang erbringen muss und sich dadurch für den
Zeitraum der Bauausführung vertraglich gebunden hat. Anhaltspunkte
dafür, dass der Klägerin über dieses Vergütungsinteresse hinaus daran
gelegen sein muss, ihre vertraglichen Leistungen bis zum Ende der
Mindestvertragslaufzeit erbringen zu dürfen, sind nicht ersichtlich. Allein
der Umstand, dass sie ihre Vergütung nach Maßgabe des § 649 Satz 2 BGB
abrechnen muss, rechtfertigt keine andere Beurteilung.
15 Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der von der Revision in Bezug
genommenen Entscheidung des
Bundesgerichtshofs vom 4. März 2010 (III ZR 79/09, BGHZ 184, 345).
Diese befasst sich nicht mit der Möglichkeit einer freien Kündigung nach §
649 Satz 1 BGB.
16 cc) Die Parteien haben das Kündigungsrecht nach § 649 Satz 1 BGB
nicht vertraglich abbedungen. Dahingehende ausdrückliche Abreden
enthält der Vertrag nicht. Sie ergeben sich auch nicht durch Auslegung der
Klausel in § 2 Abs. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin in
Verbindung mit der Regelung zur Vertragslaufzeit von 36 Monaten. Diese
Vertragsgestaltung ist darauf gerichtet, eine etwa für möglich gehaltene,
fristgebundene ordentliche Kündigung zu verhindern, um das Interesse der
Klägerin an der Erfüllung des Vertrages zu sichern. Dieses Interesse besteht
darin, ihr den Vergütungsanspruch für die gesamte Vertragslaufzeit zu
erhalten, damit sich ihre Aufwendungen für die Durchführung des Vertrages
amortisieren. Eine freie Kündigung gemäß § 649 Satz 1 BGB lässt
dieses Interesse unberührt. Dem Unternehmer steht nach § 649 Satz 2 BGB die
Vergütung abzüglich der ersparten Aufwendungen und anderweitigen Erwerbs zu.
Er wird wirtschaftlich dadurch so gestellt, als wäre der Vertrag erfüllt. Es
ist deshalb nach objektivem Verständnis kein Grund erkennbar, warum der
Unternehmer mit der von ihm gewählten Vertragsgestaltung das freie
Kündigungsrecht des Bestellers nach § 649 Satz 1 BGB hat ausschließen
wollen. Vor diesem Hintergrund hat das Berufungsgericht die
Vereinbarungen der Parteien zur Laufzeit und Kündbarkeit des Vertrages ohne
Rechtsfehler dahin ausgelegt, dass ihnen ein rechtsgeschäftlicher
Ausschluss des Kündigungsrechts nach § 649 Satz 1 BGB nicht entnommen werden
kann. Ob ein solcher Ausschluss formularmäßig wirksam hätte
vereinbart werden können, braucht der Senat deshalb nicht zu entscheiden.
17 2. Keinen Bestand haben hingegen die Erwägungen des
Berufungsgerichts zur Berechnung der von dem Beklagten gemäß § 649 Satz 2
BGB zu zahlenden Vergütung.
18 Im Ausgangspunkt allerdings zutreffend stellt es darauf ab, dass sich die
Vergütung in Ermangelung feststellbaren anderweitigen Erwerbs aus der
Differenz zwischen der vereinbarten Vergütung und den kündigungsbedingt für
nicht erbrachte Leistungen ersparten Aufwendungen ergibt. Ebenfalls nicht zu
beanstanden ist die hieran anknüpfende Annahme des Berufungsgerichts, dass
der Unternehmer nach einer freien Kündigung Anspruch auf Bezahlung der
erbrachten Leistungen hat. Maßgebend hierfür ist der Betrag, der dem auf die
erbrachten Leistungen entfallenden Teil der vereinbarten Vergütung
entspricht. Hierzu muss der Unternehmer schlüssig vortragen, wenn sich
dieser Anteil nicht ohne weiteres aus dem Vertrag ergibt. Denn allein er ist
dazu in der Lage, diesen Vergütungsanteil darzulegen, der sich dann
regelmäßig aus der dem Vertrag zugrunde liegenden Kalkulation ergibt, die
dem Besteller nicht zugänglich ist. Eine im Vertrag getroffene Regelung über
Ratenzahlungen muss insoweit nicht maßgebend sein für die Bemessung der
erbrachten Teilleistungen (Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3.
Aufl., 9. Teil Rn. 24 m.w.N.).
19 Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft für
erbrachte Leistungen lediglich eine Vergütung in Höhe der Summe aus der
Anschlussgebühr (236,81 €) und der für die ersten sechs Monate der
Vertragslaufzeit bis zur Abschaltung der Website und Einstellung der
Werkleistungen durch die Klägerin für erbrachte Leistungen vereinbarten
monatlichen Entgelte (1.142,40 €), insgesamt 1.379,21 €, zuerkannt.
Dabei hat es
entscheidungserheblichen Sachvortrag der Klägerin übergangen, wonach sie in
der Regel den ganz überwiegenden Teil der von ihr geschuldeten Leistungen am
Beginn der Vertragslaufzeit erbringt. Davon geht im Übrigen auch der
Bundesgerichtshof in seiner bereits erwähnten Entscheidung vom 4. März 2010
aus (BGH, aaO Rn. 33).
Deshalb liegt die Annahme nahe, dass die nach dem Vertrag vom Beklagten
dreißig Tage nach Vertragsbeginn anteilig für das erste Jahr der
Vertragslaufzeit zu leistende Vorauszahlung deutlich hinter dem Anteil am
Gesamtaufwand zurückbleibt, den sie zur Erfüllung ihrer Leistungspflichten
in diesem Zeitraum zu erbringen hatte. Erst Recht dürften vor diesem
Hintergrund die vom Berufungsgericht für die ersten sechs Monate der
Vertragslaufzeit zugebilligten Entgeltraten nicht der anteiligen
vertraglichen Vergütung für die bis dahin tatsächlich erbrachten Leistungen
entsprechen. Deshalb verbietet es sich, den auf diese Leistungen
entfallenden Teil der Vergütung lediglich mit einem Betrag zu bewerten,
welcher sich aus der Summe der Anschlussgebühr und der vereinbarten Raten
ergibt.
20 Das Berufungsgericht durfte die für die erbrachten Leistungen zu
zahlende Vergütung nicht mit der Erwägung, die Klägerin habe zu ihren
ersparten Aufwendungen nicht schlüssig vorgetragen, anhand der vereinbarten
Raten bemessen. Es ist zwar richtig, dass das Berufungsgericht
einen rechtlichen Hinweis gegeben hat, die Klägerin müsse dartun, welche
Aufwendungen sie durch die vorzeitige Vertragsbeendigung erspart hat. Dieser
Hinweis betrifft jedoch nicht die Vergütung für die erbrachten Leistungen,
sondern lediglich die Voraussetzungen für die Beurteilung der Ersparnis.
Diese ist nur für die Ermittlung des auf nicht erbrachte Leistungen
entfallenden Teils der Vergütung maßgebend.
21 Das Berufungsgericht wird somit nach Zurückverweisung der Sache für die
neue Berechnung des Vergütungsanspruchs die auf die erbrachten Leistungen
entfallenden Anteile der vereinbarten Vergütung ermitteln und der Klägerin
Gelegenheit geben müssen, ihren Tatsachenvortrag in diesem Punkt zu
ergänzen. In diesem Zusammenhang weist der Senat für das weitere Verfahren
vorsorglich darauf hin, dass die Klägerin zur schlüssigen Darlegung eines
den bereits zuerkannten Betrag übersteigenden Vergütungsanspruchs konkret
unter Offenlegung ihrer Vertragskalkulation wird vortragen müssen, welcher
Anteil der für die Mindestvertragslaufzeit insgesamt vereinbarten Vergütung
auf die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen entfällt. Dazu reicht eine -
in diesem Zusammenhang erstmals im Revisionsverfahren unterbreitete -
Darstellung der Vergütungsstruktur ihrer Verträge mit so genannten
Kauf-Kunden, denen nach ihrem eigenen Vorbringen ein anderes Preis- und
Leistungsgefüge zugrunde liegt, als es für den hier in Rede stehenden, im
Direktvertrieb angebotenen "Internet-System-Vertrag" maßgeblich ist, nicht
aus.
22 Nicht zu beanstanden ist es, dass das Berufungsgericht der Klägerin in
Ermangelung nachprüfbaren Sachvortrages zu ihren ersparten Aufwendungen
keine Vergütung für nicht erbrachte Leistungen zuerkannt hat. Dagegen bringt
auch die Revision nichts vor.
23 Nach der nun gebotenen Neuberechnung des berechtigten Vergütungsanspruchs
wird das Berufungsgericht schließlich erneut darüber zu befinden haben, ob
es die mit der Klage geltend gemachten vorgerichtlichen Mahnkosten wegen
einer erheblichen Zuvielforderung weiterhin für nicht erstattungsfähig
erachtet.
|