Abgrenzung von
Werklieferungsvertrag (§ 651 BGB) und Werkvertrag (§ 631 BGB) nach "neuem"
Schuldrecht
BGH, Urteil vom 23. Juli
2009 - VII ZR 151/08
Fundstelle:
NJW 2009, 2877
für BGHZ vorgesehen
Bestätigt durch BGH v. 9.2.2010 - X ZR 82/07
Amtl. Leitsatz:
a) Kaufrecht ist auf sämtliche
Verträge mit einer Verpflichtung zur Lieferung herzustellender oder zu
erzeugender beweglicher Sachen anzuwenden, also auch auf Verträge zwischen
Unternehmern.
b) Verträge, die allein die Lieferung von herzustellenden beweglichen Bau-
oder Anlagenteilen zum Gegenstand haben, sind nach Maßgabe des § 651 BGB
nach Kaufrecht zu beurteilen. Die Zweckbestimmung der Teile, in Bauwerke
eingebaut zu werden, rechtfertigt keine andere Beurteilung.
c) Eine andere Beurteilung ist auch dann nicht gerechtfertigt, wenn
Gegenstand des Vertrages auch Planungsleistungen sind, die der Herstellung
der Bau- und Anlagenteile vorauszugehen haben und nicht den Schwerpunkt des
Vertrages bilden.
Zentrale Probleme:
Eine sehr wichtige Entscheidung zur
Abgrenzung von Werkvertragsrecht und Kaufrecht. Nach der im Zuge der
Schuldrechtsreform wesentlich vereinfachten Regelung des § 651 BGB ist auf
Verträge über die Lieferung herzustellender beweglicher Sachen
(Werklieferungsverträge) Kaufrecht (einschließlich Verbrauchsgüterkaufrecht
der §§ 474 ff) anzuwenden. Das schreibt für das Verhältnis
Unternehmer/Verbraucher auch die Art. 1 Abs. 4 der
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie
vor. Das gilt, wie sich aus einem Umkehrschluß aus § 651 S. 2 ergibt, selbst
dann, wenn das zur Herstellung notwendige Material allein vom Besteller
bereitgestellt wird. Ist eine nicht vertretbare Sache herzustellen, sind
nach § 651 S. 3 bestimmte werkvertragliche Regelungen zusätzlich anwendbar.
Bsp.: Ein Schreiner soll aus vom
Besteller bereitgestellten Holz einen nach Maß gefertigten Einbauschrank
herstellen. Mit der Herstellung erwirbt der Schreiner nach § 950
(originär) Eigentum an der neu hergestellten Sache, die er nach §§ 651
S. 1, 433 I S. 1 an den Besteller zu übereignen hat. Für Sachmängel
haftet er gem. § 651 S. 1 nach Kaufrecht (§ 437). Ist der Schrank wegen
eines Mangels des Holzes mangelhaft, entfällt seine Gewährleistung aber
nach §§ 651 S. 2, 442. Da es sich um eine nicht vertretbare Sache
handelt, finden zusätzlich die in § 651 S. 3 genannten Vorschriften des
Werkvertragsrechts Anwendung. Soll der Schreiner hingegen lediglich
einen vorhandenen Einbauschrank zum Einbau in einer anderen Wohnung
anpassen, liegt ein reiner Werkvertrag nach §§ 631 ff vor.
Hier geht es nun darum, ob dies auch dann
gilt, wenn die herzustellende und zu liefernde Sache in ein Bauwerk
eingebaut werden soll. Unter altem Recht wurden solche Verträge als reine
Werkverträge qualifiziert. Diese Tendenz zum Werkvertrag hatte ihren Grund
darin, daß das werkvertragliche Gewährleistungsrecht früher als angemessener
empfunden wurde, als das kaufrechtliche, welches früher etwa keinen
Nacherfüllungsanspruch kannte (s. dazu auch die früher übliche Qualifikation
von Verträgen über den Verkauf neu errichteter Häuser als Werkverträge, s.
dazu die Anm. zu BGH v. 26.4.2007 - VII ZR 210/05;
zum Kauf von Wohnungseigentum mit Modernisierungsverpflichtung s.
BGH NZM 2007, 519).
Der Senat verneint hier mit überzeugender Begründung die Anwendung von
Werkvertragsrecht und folgt der bewußten Entscheidung des Gesetzgebers zur
Anwendung von Kaufrecht. § 651 läßt damit für das Werkvertragsrecht
lediglich Raum für die Herstellung von Bauwerken,
reine Reparaturarbeiten und die Herstellung nicht-körperlicher Werke, wie
zum Beispiel die Planung von Architekten oder die Erstellung von Gutachten.
Der Senat läßt aber offen, ob nicht Werkvertragsrecht anzuwenden ist, wenn
im Vordergrund eine planerische Leistung tritt und die Herstellung der Sache
selbst vollkommen in den Hintergrund tritt. So kann etwa Werkvertragsrecht
anwendbar sein, wenn Gegenstand des Vertrages die planerische Entwicklung
eines Gegenstandes ist und der Schuldner lediglich zusätzlich einen Prototyp
herstellt.
Im vorliegenden Fall war die Abgrenzung entscheidend, weil bei Vorliegen
eines Werklieferungsvertrages Gewährleistungsansprüche des
Bestellers/Käufers nach § 377 HGB wegen der Verletzung seiner Untersuchungs-
und Rügeobliegenheit ausgeschlossen gewesen wären. S. auch
BGH v. 9.2.2010 - X ZR 82/07.
©sl 2009
Tatbestand:
1 Die Klägerin verlangt von der Beklagten Nacherfüllung aus einem Vertrag,
in dem sich die Beklagte verpflichtete, die für die Errichtung einer
Siloanlage benötigten Bauteile herzustellen und zu liefern. Außerdem begehrt
sie die Feststellung, dass die Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet ist.
2 Die Klägerin hatte für einen Auftraggeber in Russland eine Siloanlage zur
Einlagerung von Graspellets zu erstellen und auf einem von diesem zu
errichtenden Fundament zu montieren. Die Siloanlage besteht aus 14
unmittelbar nebeneinander befindlichen Boxen, die jeweils 6 Meter hoch, 20
Meter lang und 5 Meter breit sind. Die Boxen sind jeweils durch eine
Dammwand voneinander getrennt, die aus mehreren Stützen, zwischen denen
Trapezbleche montiert sind, bestehen. Die für die Erstellung der Siloanlage
erforderlichen Teile und Materialien bestellte die Klägerin am 2. März 2004
einschließlich einer prüffähigen Statik bei der Beklagten. Diese stellte die
Teile (u.a. Dammwände, Stützen und Zugstangen) her und lieferte sie an die
Klägerin aus. Die Anlage wurde von der Klägerin in Russland errichtet.
3 Zwischen den Parteien steht inzwischen nach Einholung eines Gutachtens im
selbständigen Beweisverfahren außer Streit, dass die von der Beklagten
gelieferten Silozellen eine zu geringe Blechdicke aufweisen und deshalb
nicht hinreichend beulsicher sind.
4 Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten
hatte keinen Erfolg. Mit der Revision, die das Berufungsgericht zur Klärung
der Frage, ob § 651 BGB außerhalb von Verbrauchsgütergeschäften Anwendung
findet, zugelassen hat, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag
weiter. Sie macht geltend, auf das Vertragsverhältnis der Parteien sei
entweder unmittelbar oder über § 651 BGB Kaufrecht anzuwenden. Für die
Klägerin habe daher gemäß §§ 377, 381 Abs. 2 HGB eine Untersuchungs- und
Rügepflicht bestanden, der sie nicht nachgekommen sei.
Entscheidungsgründe:
5 Auf die Revision der Beklagten ist das Berufungsurteil aufzuheben und die
Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen.
I.
6 Das Berufungsgericht sieht das Vertragsverhältnis der Parteien als
Werkvertrag an. Verpflichte sich ein Unternehmer dazu, eine bestimmte Sache
herzustellen und an seinen Vertragspartner zu übereignen, sei
Werkvertragsrecht und nicht Kaufrecht anzuwenden, wenn die Herstellung einer
konkreten Sache den Schwerpunkt der Pflichten des Unternehmers bilde und
daneben der für einen Kaufvertrag typische Warenumsatz in den Hintergrund
trete. Einer Herstellungsverpflichtung komme besonderes Gewicht zu, wenn sie
ganz wesentlich von geistigen Planungs-, Konstruktions- und
Implementierungsleistungen begleitet oder geprägt sei. Das sei regelmäßig
der Fall, wenn der Unternehmer die Verpflichtung übernehme, eine technisch
komplexe Sache eigens für die im Wesentlichen funktional definierten
Bedürfnisse des Bestellers zu konzipieren und herzustellen. Eine solche
Verpflichtung habe die Beklagte übernommen. Sie habe auf der Grundlage der
von der Klägerin erfolgten Angaben zur Abmessung des Objekts und dessen
Verwendungszwecks eine Siloanlage zu projektieren und zu liefern gehabt,
wobei die Dimensionierung der einzelnen Bauteile nach Maßgabe der
Berechnungen des von der Beklagten beauftragten Statikers vorgenommen worden
sei. § 651 BGB finde auf die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung
keine Anwendung. Diese Vorschrift sei einschränkend auszulegen, um die
rechtliche Einordnung gewerblicher Lieferverträge außerhalb des
Endkundenvertriebs weiterhin sachgerecht danach vornehmen zu können, wo der
Schwerpunkt der vertraglichen Leistungen liege. Sie erfasse den hier in Rede
stehenden Umsatz von Investitionsgütern außerhalb des Endkundenvertriebs
nicht.
II.
7 Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
8 Nach § 651 BGB finden auf einen Vertrag, der die Lieferung
herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen zum Gegenstand hat,
die Vorschriften über den Kauf Anwendung. Soweit es sich dabei um nicht
vertretbare Sachen handelt, ordnet § 651 Satz 3 BGB die Anwendung der §§
642, 643, 645, 649, 650 BGB mit der Maßgabe an, dass an die Stelle der
Abnahme der nach §§ 446, 447 BGB maßgebliche Zeitpunkt des Gefahrübergangs
tritt. Werkvertragsrecht tritt insoweit also nur ergänzend neben das
Kaufrecht und nicht verdrängend an dessen Stelle.
9 Die Voraussetzungen dieser durch das Gesetz zur Modernisierung des
Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) neu gefassten
Vorschrift liegen vor. Die Beklagte hat mit der Klägerin einen Vertrag
geschlossen, in dem sie sich zur Lieferung von noch herzustellenden Teilen
einer Anlage verpflichtet hat.
10 1. Diese Teile sind entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung
bewegliche Sachen im Sinne des § 651 BGB.
11 a) Der Senat muss nicht entscheiden, ob der Begriff der beweglichen Sache
im Sinne des § 651 Satz 1 BGB nach sachenrechtlichen Kriterien des
nationalen Rechts zu ermitteln ist. Dagegen werden besonders im Hinblick auf
die Errichtung von Bauwerken, die als Scheinbestandteile von Grundstücken zu
bewerten sind, Bedenken erhoben. Daher könnte einer Auslegung der Vorzug
zu geben sein, die sich am natürlichen Sprachgebrauch unter Berücksichtigung
tatsächlicher Abgrenzungskriterien orientiert. Für eine sich am natürlichen
Sprachgebrauch orientierende Betrachtung spricht, dass mit § 651 BGB auch
die Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.
Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien
für Verbrauchsgüter (Verbrauchsgüterkaufrichtlinie) umgesetzt werden sollte
(Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drucks.
BT-Drucks. 14/6040, S.
268). Verbrauchsgüter im Sinne dieser Richtlinie sind bewegliche körperliche
Gegenstände mit Ausnahme von bestimmten, näher bezeichneten Gütern, Art. 1
Abs. 2 lit. b) Verbrauchsgüterkaufrichtlinie. Anhaltspunkte dafür, dass der
autonom auszulegende Begriff des beweglichen körperlichen Gegenstandes nach
Kriterien des nationalen deutschen Sachenrechts zu beurteilen ist, sind
nicht ersichtlich (vgl. Messerschmidt/Voit-Messerschmidt/Leidig, § 651
Rdn. 17; Thode, NZBau 2002, 360, 362; Voit, BauR 2009, 369, 370; Sienz, BauR
2002, 181, 191; Preussner, BauR 2002, 231, 241; Konopka/Acker, BauR 2004,
251, 253; Nitschke, BauR 2004, 1340, 1341; Leistner, JA 2007, 81, 82;
Metzger; AcP 204 (2004) 231, 245, 254).
12 Nach jeder in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeit hatte die
Beklagte bewegliche Sachen zu liefern. Die Beklagte schuldete lediglich die
Anlieferung der Anlagenteile, so dass sie keine feste Verbindung mit einem
Grundstück herzustellen hatte.
13 b) Der Einordnung als bewegliche Sache im Sinne des § 651 BGB steht nicht
entgegen, dass die Anlagenteile dazu bestimmt waren, zu einer Anlage
zusammengesetzt und dann auf einem Grundstück fest installiert zu werden.
Maßgeblich ist, ob die Sachen im Zeitpunkt der Lieferung beweglich sind
(Schumann, ZGS 2005, 250, 251 m.w.N.; Rudolph, Die Abgrenzung zwischen Kauf-
und Werkvertragsrecht gemäß § 651, S. 82 ff.).
14 Verträge, die allein die Lieferung von herzustellenden Bau- oder
Anlagenteilen zum Gegenstand haben, sind gemäß § 651 BGB nach Kaufrecht zu
beurteilen (Dauner-Lieb/Langen-Raab, Schuldrecht Teilband 2, § 651 Rdn.
14; Messerschmidt/Voit-Messerschmidt/Leidig, Privates Baurecht, § 651 Rdn.
28; Leupertz, BauR 2006, 1648 f.; Voit, BauR 2009, 369, 370). Inwieweit
etwas anderes gilt, wenn der Lieferant eine Verpflichtung zum Einbau der
Teile in ein Bauwerk eingegangen ist oder die Teile selbst nach den von der
Rechtsprechung aufgestellten Kriterien als Bauwerk zu beurteilen sind, ist
hier nicht zu klären.
15 Soweit erwogen wird, die Lieferung herzustellender beweglicher Sachen
nicht nach Kauf-, sondern nach Werkvertragsrecht zu beurteilen, wenn sie zum
Einbau in Bauwerke bestimmt sind (Mankowski, MDR 2003, 854, 856;
Schudnagies, NJW 2002, 396, 398; Ulbrich/Ulbrich, Festschrift für Thode, S.
149, 157), kann dem nicht näher getreten werden. Für eine solche, sich an
der Zweckbestimmung der beweglichen Sache orientierende Einschränkung
ergeben sich weder nach nationalem deutschem Recht noch aus der
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie Anhaltspunkte (Rudolph, aaO, S. 82 ff.).
Unmaßgeblich ist, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach
altem Recht Verträge über die Lieferung von unvertretbaren Sachen, die
erkennbar für ein Bauwerk bestimmt waren, nach Werkvertragsrecht beurteilt
hat (BGH, Urteil vom 27. März 1980 - VII ZR 44/79, BauR 1980, 355).
Denn die Einordnung als Werkvertrag beruhte auf der Anwendung des nicht mehr
maßgeblichen, durch die Neufassung des § 651 BGB überholten Rechts.
Ebenfalls ohne jede Bedeutung ist entgegen der Auffassung der Revision, dass
diese Verträge und auch solche Verträge, bei denen ein Handwerker
Werkleistungen an beweglichen Sachen erbrachte, die - wie ihm bekannt war -
in ein bestimmtes Bauwerk eingebaut werden sollten, als Verträge über
Arbeiten „bei Bauwerken“ im Sinne des § 638 BGB a.F. angesehen wurden
(BGH, aaO; Urteil vom 12. Oktober 1978 - VII ZR 220/77, BGHZ 72, 206, 209;
Urteil vom 26. April 1990 - VII ZR 345/88, BauR 1990, 603, 604 = ZfBR 1990,
222). Es ist zwar richtig, dass dabei die sachenrechtliche Zuordnung nach
altem Recht keine Rolle spielte, sondern allein auf die Zweckbestimmung der
Leistung abgestellt wurde. Das lässt jedoch keinerlei Rückschlüsse auf die
Frage zu, unter welchen Voraussetzungen bewegliche Sachen im Sinne des § 651
BGB anzunehmen sind.
16 c) Allerdings hat die Anknüpfung an den Begriff der beweglichen Sache in
der Literatur erhebliche Kritik erfahren, soweit sie sich auf Verträge im
Zusammenhang mit der Errichtung von Bauwerken auswirkt. Dem Gesetzgeber,
der die Änderung des § 651 BGB auch mit der durch das Gesetz zur
Modernisierung des Schuldrechts vorgenommenen Angleichung von Werk- und
Kaufvertragsrecht begründet hat (BT-Drucks.
14/6040, S. 268), wird vorgeworfen, er habe nicht sämtliche Aspekte bei
der Unterscheidung zwischen Werkvertrag und Kaufvertrag berücksichtigt (Thode,
NZBau 2002, 360, 361 f.; Mankowski, MDR 2004, 854 ff., Schudnagies, NJW
2002, 396, 398; Ott, MDR 2002, 361, 363 ff.; Leistner, JA 2007, 81 ff.;
Konopka/Acker, BauR 2004, 251 ff.; Sienz, BauR 2002, 181, 190 f.). Diese
Kritik vermag nichts daran zu ändern, dass der Wille des Gesetzgebers
eindeutig dahin geht, diejenigen Werklieferungsverträge, die nach altem
Recht noch dem Werkvertragsrecht unterstellt waren, nunmehr als Kaufverträge
einzuordnen, was auch mit einer Angleichung an das UN-Kaufrecht begründet
worden ist (BT-Drucks. 14/6040,
S. 268). Dieser Wille ist durch die unmissverständliche Formulierung des
Gesetzes ausreichend zum Ausdruck gekommen. Das Gesetz kann nicht unter
Hinweis darauf umgangen werden, dass die alte Rechtslage vermeintlich zu
angemessenen Ergebnissen geführt hat (so auch Messerschmidt/Voit-Messerschmidt/Leidig,
aaO, Rdn. 28).
Auch ist ohne jede Bedeutung, dass die Verträge über die Lieferung von
Bauteilen in der Begründung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts
nicht erwähnt werden (vgl. Mankowski, aaO). Selbst wenn der Gesetzgeber
diese Verträge nicht vor Augen gehabt haben sollte, ändert das nichts an
seinem Willen, allein die Beweglichkeit der Sache als neues
Abgrenzungskriterium einzuführen. Eine teleologische Reduktion des § 651
BGB, die die Verträge über die Lieferung herzustellender beweglicher Sachen,
die für den Einbau in ein Bauwerk vorgesehen sind, von seinem
Geltungsbereich ausnimmt, ist schon deshalb nicht veranlasst, weil das mit
der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nicht zu vereinbaren wäre. Es ist
nicht erkennbar und wird auch von keiner Seite geltend gemacht, dass
Verträge über die Lieferung von Bauteilen vom Geltungsbereich dieser
Richtlinie im Hinblick darauf ausgenommen sein sollten, dass die Teile
später in ein Bauwerk eingefügt werden (Rudolph, Die Abgrenzung zwischen
Kauf- und Werkvertragsrecht, S. 68, 84).
17 Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass die von der Literatur
angeführten Wertungswidersprüche systematisch in der Regelung des § 651 Satz
1 BGB angelegt sind (Rudolph, aaO). Es mag als Wertungswiderspruch
empfunden werden, dass ein Vertrag mit demjenigen, der die Errichtung des
Bauwerks schuldet und dazu die Bauteile herstellt und anliefert, nach
Werkvertragsrecht zu beurteilen ist, während ein Vertrag mit demjenigen, der
die Bauteile herstellt und lediglich anliefert, grundsätzlich nach Kaufrecht
zu beurteilen ist. Dieser vermeintliche Wertungswiderspruch ist jedoch
allgemein in § 651 BGB angelegt, weil die Anwendung von Kaufrecht auf im
Kern erfolgsbezogene Verträge angeordnet und vom Gesetzgeber in der Meinung
akzeptiert worden ist, Kaufund Werkvertragsrecht unterschieden sich nicht
wesentlich. Das mag anders gesehen werden können, ändert aber nichts an
der Entscheidung des Gesetzgebers. Gleiches gilt für die zunächst
bestehenden Schwierigkeiten der Vertragsgestaltung, die durch eine
vertragstypologische Einordnung entstehen, die sich von einer auf
erfolgsbezogene Verträge passenden Typologie entfernt (vgl. Schumann, ZGS
2005, 250, 251).
18 3. Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, § 651 BGB sei nicht
anwendbar, weil die Beklagte wesentliche Planungsleistungen erbracht habe
und in diesem Fall die Vorschrift den hier in Rede stehenden Umsatz von
Investitionsgütern außerhalb des Endkundenvertriebs nicht erfasse.
19 a) Kaufrecht ist auf sämtliche Verträge mit einer Verpflichtung zur
Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen anzuwenden
(BT-Drucks. 14/6040, S.
268), also auch auf solche Verträge zwischen Unternehmern. Mit dem Gesetz
zur Modernisierung des Schuldrechts sollte nicht nur die
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie umgesetzt werden. Vielmehr hat der
Gesetzgeber einen Mangel der alten Rechtslage beseitigen wollen, den er in
der Unterscheidung zwischen der Herstellung und Lieferung von vertretbaren
und unvertretbaren Sachen mit einer unübersichtlichen Verweisung auf
einzelne Vorschriften des Kauf- und Werkvertragsrechts gesehen hat. Der
Gesetzgeber wollte eine starke Vereinfachung des Rechts über die
Werklieferung, die für sämtliche Verträge der in § 651 BGB bezeichneten Art
gelten soll (BT-Drucks. 14/6040,
S. 267 f.).
20 Dem Gesetz kann keine Beschränkung derart entnommen werden, dass
lediglich Verträge über die Lieferung von typischen Massengütern oder zum
Verbrauch bestimmten Gütern erfasst sein sollten (so aber Erman/Schwenker,
BGB, 12. Aufl., § 651 Rdn. 5). Der Wortlaut des § 651 BGB und die
dargestellten Motive geben dafür nichts her. Die Beschränkung lässt sich
auch nicht aus einer autonomen Auslegung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie
entnehmen, die für die Auslegung des Gesetzes bei einer Lieferung an einen
Verbraucher zu berücksichtigen wäre. Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie
findet allerdings nur auf Verträge Anwendung, die die Lieferung
herzustellender oder zu erzeugender Verbrauchsgüter an Verbraucher zum
Gegenstand haben. Daraus ergibt sich jedoch ausweislich der Richtlinie keine
Einschränkung der dargestellten Art. Denn Verbrauchsgüter sind gemäß Art. 1
Abs. 2 lit. b) der Richtlinie bewegliche körperliche Gegenstände mit
Ausnahme der dort benannten Gegenstände. Eine weitere Einschränkung enthält
die Legaldefinition der Richtlinie nicht. Sie ergibt sich auch nicht aus dem
Verfahren zur Richtlinie (vgl. Rudolph, aaO, S. 67). Insbesondere liegt
kein Anhaltspunkt dafür vor, dass die schwierige Abgrenzung von typischen
Massengeschäften oder zum Verbrauch bestimmten Gütern von anderen Gütern in
irgendeiner Weise durch die Richtlinie eröffnet sein sollte. Auch nach Sinn
und Zweck der Richtlinie ist eine Einschränkung auf typische Massengüter
oder zum Verbrauch bestimmte Güter nicht veranlasst. Denn die
Vereinheitlichung des Verbraucherschutzes mit den damit verbundenen
Schutzgarantien der Richtlinie ist bei allen Verbrauchergeschäften geboten.
21 Von dem Anwendungsbereich des Werkvertragsrechts erfasst bleiben damit
ausweislich der Begründung zum Entwurf des Gesetzes zur Modernisierung des
Schuldrechts im Wesentlichen die Herstellung von Bauwerken, reine
Reparaturarbeiten und die Herstellung nicht-körperlicher Werke, wie zum
Beispiel die Planung von Architekten oder die Erstellung von Gutachten (BT-Drucks.
14/6040, S. 268).
22 b) Das alles stellt das Berufungsgericht nicht in Frage. Es meint
vielmehr auf der Grundlage einer in der Literatur vertretenen Meinung zur
Einordnung von Verträgen zwischen Unternehmern über die Lieferung eines
herzustellenden typischen Investitionsgutes Werkvertragsrecht anwenden zu
müssen. In der Literatur wird geltend gemacht, § 651 BGB sei nicht
anzuwenden, wenn der Vertrag zwischen Unternehmern über die Lieferung eines
herzustellenden typischen Investitionsgutes andere zusätzliche wesentliche
Leistungen enthalte, zu denen etwa Planungs-, Konstruktions-, Integrations-
und Anpassungsleistungen gezählt werden. Dabei sind vor allem Leistungen
im Zusammenhang mit der Lieferung von in den Produktionsprozess
einzupassenden Maschinen oder Industrieanlagen oder Projektverträge im
Mittelpunkt der Diskussion (vgl. Leistner, JA 2007, 81, 88; Metzger, AcP
204 (2004), 231, 232 f.; Schumann, ZGS 2005, 250; Bamberger/Roth/Voit, BGB,
2. Aufl., § 651 Rdn. 12; Lapp in jurisPK-BGB, 3. Aufl., § 651 Rdn. 1).
Seien diese Leistungen für den Gesamterfolg des Vertrages von wesentlicher
Bedeutung, bildeten sie den Schwerpunkt des Vertrages (MünchKomm-Busche,
BGB, 5. Aufl., § 651 Rdn. 31) oder gäben ihm das Gepräge (Palandt/Sprau,
BGB, 68. Aufl., § 651 Rdn. 4), so sei Werkvertragsrecht anwendbar.
Werkvertragsrecht sei auch dann anwendbar, wenn ein Prototyp einer Maschine
entwickelt werde, weil die dafür erforderliche geistige Leistung den
Schwerpunkt des Vertrages bilde, während die Maschine selbst nur das
Substrat dieser Leistung sei (Staudinger/Peters/Jacoby (2008), § 651 Rdn.
8, 16; Palandt/Sprau, aaO).
23 b) Der Senat muss nicht entscheiden, ob in den dargestellten Fällen § 651
BGB nicht anwendbar ist. Denn ein solcher Fall liegt entgegen der Auffassung
des Berufungsgerichts nicht vor.
24 Allerdings geht auch der Senat davon aus, dass die Beklagte im vom
Berufungsgericht festgestellten Umfang Planungsleistungen übernommen hat.
Die dagegen gerichteten Verfahrensrügen der Klägerin hat er geprüft, jedoch
nicht für durchgreifend erachtet, § 564 Satz 1 ZPO.
25 Jedoch sind die Leistungen der Beklagten nicht von solchem Gewicht,
dass die Anwendung des Werkvertragsrechts gerechtfertigt wäre. Das
Berufungsgericht verkennt die Bedeutung der Planungsleistung im
Anwendungsbereich des § 651 BGB. Danach können solche Planungsleistungen,
die als Vorstufe zu der im Mittelpunkt des Vertrages stehenden Lieferung
herzustellender Anlagenteile anzusehen sind, der Beurteilung des Vertrages
nach den Vorschriften über den Kauf regelmäßig nicht entgegenstehen. Wäre es
anders, würde die Vorschrift des § 651 BGB weitgehend leer laufen, denn
jeder Herstellung geht eine gewisse Planungsleistung voraus
(Messerschmidt/Voit-Messerschmidt/Leidig, aaO, § 651 Rdn. 49; Motzke, in
Bauträger-, Bau- und Maklervertrag in der Praxis der Wohnungsunternehmen und
Immobilienverwaltungen, S. 22). Eine Ausnahme kann deshalb allenfalls
dann gelten, wenn die Planungsleistung so dominiert, dass sie den
Schwerpunkt des Vertrages bildet und deshalb die Anwendung des
Werkvertragsrechts erfordert. Das kann z.B. dann der Fall sein, wenn es
bei der Beauftragung im Wesentlichen um die allgemein planerische Lösung
eines konstruktiven Problems geht.
26 Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die von der Beklagten zu
liefernde prüffähige Statik sollte als Grundlage für die von dem Kunden der
Klägerin auszuführenden Erd- und Betonarbeiten dienen. Für die Beklagte war
sie dazu bestimmt, ausreichend dimensionierte Bauteile aus ihrem Sortiment
für die von der Klägerin an deren Abnehmer zu liefernde Siloanlage
zusammenzustellen. Schwerpunkt des Vertrags war damit nicht eine allgemein
planerisch und konstruktiv zu ermittelnde Problemlösung für die Lagerung von
Graspellets, sondern die Lieferung ausreichend dimensionierter Bauteile zur
Erstellung einer den Anforderungen der Klägerin entsprechenden Siloanlage.
Dies ergibt sich mittelbar - und nicht ausschlaggebend - auch aus der von
den Parteien getroffenen Preisvereinbarung. Danach wurden für die prüffähige
Statik nur 1.500 € netto berechnet, für die zu liefernden Bauteile dagegen
166.500 € zuzüglich Mehrwertsteuer.
III.
27 Das Berufungsurteil war daher aufzuheben und die Sache an das
Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird nunmehr zu prüfen haben, ob
die Klägerin ihrer Untersuchungs- und Rügepflicht gemäß § 381 Abs. 2, § 377
HGB rechtzeitig nachgekommen ist. |